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VwSen-221000/11/Gu/Atz

Linz, 21.09.1994

VwSen-221000/11/Gu/Atz Linz, am 21. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Ing. P P, vertreten durch Rechtsanwalt gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10.5.1994, Zl. Ge-96/183/1993/Ew, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes in Verbindung mit der Bauarbeiterschutzverordnung, nach der am 15. September 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 2.000 S binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung an den O.ö.

Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG, § 31 Abs. 2 lit.p ASchG iVm § 43 Abs. 1 Bauarbeiterschutzverordnung, § 5 Abs. 1 VStG, § 19, § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Beschuldigten als, für die Baustelle A-Zubau-Post, zuständiger Montageleiter und somit verantwortlicher Bevollmächtigter der "F Metall- und Glasverarbeitungstechnik GesmbH. & Co KG", H, schuldig erkannt, es vertreten zu müssen, daß am 11.12.1992 auf der Baustelle ARGE-Zubau-Post in Linz drei Arbeitnehmer des o.a. Betriebes mit der Herstellung einer Lichtbandkonstruktion aus Metall im Bauteil 5 zwischen den Achsen A/B bzw. 15-29 beschäftigt waren, wobei die Arbeiten in ca. 8 - 10 m Höhe über der Geschoßdecke durchgeführt wurden und als Standplatz ein ca.

50 cm breiter Laufsteg diente, welcher über die Dachaussparrung gelegt worden war und welcher über keinerlei Absturzsicherung (Brust- und Mittelwehr) verfügte und die Arbeitnehmer auch nicht durch sonstige Vorkehrungen (Sicherheitsgurt, Gerüst, Hebebühne mit Personenkorb) gegen Absturz gesichert waren, obwohl § 43 Abs. 1 der Bauarbeitenschutzverordnung vorschreibt, daß Arbeiten auf Dächern, wie Dachdecker-, Spengler-, Bauglaser- oder Anstreicherarbeiten, sowie Arbeiten an Blitzschutzanlagen erst nach Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen, Materialien und Geräten hintanzuhalten geeignet sind, begonnen werden dürfen.

Wegen Verletzung des § 31 Abs. 2 lit.p iVm § 33 Abs. 1 lit.a Z.12 und § 33 Abs. 7 AnSchG, BGBl.Nr. 234/1972 idgF iVm § 43 Abs. 1 der Bauarbeitenschutzverordnung (BAV) wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 10.000 S - im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen und ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S verhängt.

In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte geltend, daß der Vorarbeiter der in Frage kommenden Partie namens K ohnedies mit Weisungsbefugnissen im Bezug auf Arbeitnehmerschutzbestimmungen an die ihm unterstellten Arbeiter ausgestattet worden sei und dieser vor Ort für die konkrete permanente Umsetzung der Schutzvorkehrungen die Verantwortung getragen habe. Dem Beschuldigten sei kein konkretes Fehlverhalten vorgeworfen worden. Es fehlten Ausführungen, wie das lückenlose schuldbefreiende Kontrollsystem aussehen solle. Im übrigen sei der Beschuldigte bei seiner langjährigen Tätigkeit im gegenständlichen Bereich verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, was seine Sorgfalt bescheinige. Im übrigen sei der Zeuge K im erstinstanzlichen Verfahren nicht ausreichend zur konkreten Weisung und Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen befragt worden. Aus all diesen Gründen beantragt der Beschuldigte die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe.

Aufgrund der Berufung wurde am 15. September 1994 in Gegenwart des Beschuldigten, seines Vertreters und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9.

Aufsichtsbezirk die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen sowie Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen R K und durch Erörterung des von der Baustelle angefertigten Fotomaterials sowie durch Erörterung des Schreibens der Herren Ing. S und Ing. T an das um Rechtshilfe ersuchte Gemeindeamt H vom 16. April 1993.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Am 11.12.1992 verrichteten drei Arbeitnehmer der "F" Metall- und Glasverarbeitungstechnik GesmbH. & Co KG mit dem Sitz in H, auf der Baustelle A-Zubau-Post in L im Bauteil 5 zwischen den Achsen A/B bzw. 15-29 in einer Höhe von ca. 8 - 10 m über der Geschoßdecke auf ca. 50 cm breiten Laufstegen Arbeiten zur Herstellung einer Lichtbandkonstruktion aus Metall im Dachbereich, wobei die Laufstege keine Absturzsicherung (Brust- und Mittelwehr) besaß und die Arbeitnehmer auch nicht durch sonstige Vorkehrungen, (wie Sicherheitsgurte, Gerüste etc.) gegen Absturz gesichert waren. Diese Situation wurde von einem Organ des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk auf Inspektion wahrgenommen, welches darüber Lichtbilder anfertigte.

Nachdem die Arbeitgeberin eine GesmbH. & Co KG ist, gaben in dem darauf eingeleiteten Verfahren die zur Rechtfertigung verhaltenen Geschäftsführer Ing. S und Ing. T mit Schriftsatz vom 16. April 1993 an das im Amtshilfeweg einschreitende Gemeindeamt H bekannt, daß sie mit der konkreten Überwachung der Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften den Montageleiter Herrn Ing. P, geb. 11.3.1954, und zwar für alle Baustellen der "F" GesmbH. & Co KG in Österreich betraut haben.

Der daraufhin als Bevollmächtigter der Arbeitgeberin zur Rechtfertigung verhaltene Beschuldigte berief sich seinerseits auf die Vorarbeiter und deren Weisungsbefugnisse - im konkreten Fall - auf R K.

Im Betrieb wurden jährlich die erforderlichen Schulungen durchgeführt. Drei- bis viermal fanden Schulungen speziell für Vorarbeiter statt. Der Beschuldigte überließ es dem Vorarbeiter, über die Art der Sicherung bei den gefährlichen Arbeiten im einzelnen zu entscheiden. Der Vorarbeiter hatte auf der in Rede stehenden Baustelle zwei Partien zu betreuen und war bei den einzelnen Trupps alle zwei bis drei Stunden zugegen, um dort nachzusehen und Pläne zu erklären, Material zu reichen und technische Probleme aufzuklären. Der Beschuldigte kontrollierte die Baustelle wöchentlich einmal, nur im Bedarfsfalle öfter.

Das tatsächliche Ungesichertsein der Arbeitnehmer zum Kontrollzeitpunkt ist - wohl aufgrund der erdrückenden Beweislage - nicht bestritten. Das geringe Maß an Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschuldigten und des Vorarbeiters K (letzterer als der nach der Sachlage bei der Wahrnehmung der Aufsichtspflichten in Betracht kommenden Erfüllungsgehilfen) zu den Kernfragen der angemessenen, durchgeführten und kontrollierten Sicherungsmaßnahmen, ist schon durch die Divergenz der als wahrgenommen hingestellten Sicherungsarten - der Beschuldigte will gesehen haben, daß sich der Arbeitnehmer in diesem Bereich (anders, als bei anderen Arbeitsbereichen) an einem seitlichen Stahlträger angehängt habe - der Vorarbeiter K spricht von einem Anhängen an einem Führungsseil, welches vom Giebel einer bestehenden Brandschutzmauer zu einer Stahlkonstruktion im Firstbereich abgespannt war dokumentiert. Der Vorarbeiter, der zwei Bautrupps zu betreuen hatte und daher nur alle zwei bis drei Stunden wechselte, konnte daher gar nicht wahrnehmen, daß die Arbeitnehmer mit Ausnahme, gerade des einzigen Zeitpunktes der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat, sonst immer angegurtet bzw. gesichert waren.

Daß der Beschuldigte Bevollmächtigter der Arbeitgeberin im Sinne des § 31 Abs. 2 Einleitungssatz AnSchG war, ergibt sich aus dem eingangs erwähnten Schriftsatz der Geschäftsführer Ing. S und Ing. T vom 16. April 1993. Nur er ist dort benannt. Sein Weisungs- und Kontrollrecht wird von ihm selbst nicht bestritten. Von einem Weisungs- und Kontrollrecht an unterstellte Arbeitnehmer seitens eines R K, mit welchem auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung des Beschuldigten Ing. P P ausgeschlossen würde, ist dort nicht die Rede und hat der vernommene Vorarbeiter - dazu konform - einen von ihm zu leistenden Willensakt für eine Bevollmächtigung, nämlich seine Zustimmung, konstant in Abrede gestellt.

Diesbezüglich bedurfte es daher keiner weiteren Beweisaufnahme, weil der Sachverhalt klar gegeben ist.

Ob die im Fotomaterial abgebildeten Arbeitnehmer erst- und einmalig nicht gesichert waren, war für die Verwirklichung des Tatbildes ohne Belang. Die Aufnahme weiterer Beweise war daher entbehrlich.

Auf der subjektiven Tatseite muß sich der Beschuldigte nämlich vorwerfen lassen, daß die wöchentliche und nur im Bedarfsfall öftere Kontrolle der Baustelle, das bedenkenlose Überlassen der Anweisungen über anzuwendende Sicherheitsvorkehrungen an den Vorarbeiter und das mangelnde Augenmerk des Beschuldigten über die tatsächlichen angewendeten Sicherungsmaßnahmen bei seinen wöchentlichen (rudimentären) Kontrollen nicht ausreichten, um der gebotenen Sorgfaltspflicht als Bevollmächtigter der Arbeitgeberin zu genügen.

Die erste Instanz hat das Verhalten zutreffend als mit dem Gebot des § 43 Abs. 1 der Bauarbeitenschutzverordnung (BAV) in Widerspruch stehend gewürdigt und unter Bedachtnahme auf § 31 Abs. 2 lit.p AnSchG einen Schuldspruch gefällt.

Was die Bemessung der Strafe anlangt, so ist gemäß § 19 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand bedeutsam, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 - 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen beträgt gemäß § 31 Abs. 2 Auslaufsatz AnSchG an Geldstrafe bis zu 50.000 S.

Die erste Instanz hat auf das Monatseinkommen von 25.000 S und das Freisein von Sorgepflichten Bedacht genommen und als mildernd das Freisein von Vorstrafen in Anschlag gebracht.

Das hohe Maß der Gefährdung der Arbeitnehmer war insoweit zu berücksichtigen, als damit auf der objektiven Tatseite gegen das geschützte Interesse gewichtig verstoßen wurde. In der Zusammenschau und im Ergebnis ist der ersten Instanz daher kein Ermessensmißbrauch vorzuwerfen, wenn sie den Strafrahmen mit einem Fünftel ausgeschöpft hat.

Die Erfolglosigkeit der Berufung brachte es mit sich, daß dem Beschuldigten ein Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens vorzuschreiben war (§ 64 Abs. 1 und 2 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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