Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221003/2/Ga/La

Linz, 27.12.1994

VwSen-221003/2/Ga/La Linz, am 27. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des C B in B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14. Juni 1994, Zl.

Ge96-37-4-1994/Pef, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z1 bis Z3, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Der Berufungswerber wird mit dem angefochtenen Straferkenntnis einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z2 iVm §§ 74 ff GewO 1994 schuldig gesprochen und deswegen mit Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe:

sieben Tage) kostenpflichtig bestraft.

Das vorgelegte Rechtsmittel bekämpft Straf- und Schuldausspruch dieses Straferkenntnisses.

2. Als Tat iSd § 44a Z1 VStG wird dem Berufungswerber im Schuldausspruch vorgeworfen, er habe an einem näher angegebenen Standort "eine gewerbliche Betriebsanlage" errichtet und diese Betriebsanlage seit 11. Dezember 1991 jedenfalls bis 28. März 1994 betrieben; diese Betriebsanlage sei wegen ihrer Betriebsweise, ihrer Ausstattung bzw. sonst geeignet, die in § 74 Abs.2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen, sodaß die Errichtung und das Betreiben der Anlage einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfe, die der Berufungswerber jedoch nicht erworben habe.

Dieser so formulierte Schuldspruch verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG.

Gemäß dieser Vorschrift hat ein Schuldspruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten, dh der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert und welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde.

Um diesen Grundsätzen zu entsprechen, muß nach der seit dem Erk. [verst.Sen.] vom 13.6.1984, Slg.NF Nr. 11466/A, diesbezüglich ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat, jedenfalls nach Ort und Zeit, unverwechselbar feststeht (vgl. dazu die allgemeinen Fußnoten zu § 44a VStG in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage 1990, 936 ff). Diesen Bestimmtheitsanforderungen muß, soll der Lauf der Verfolgungs verjährungsfrist unterbrochen werden, auch schon die (erste) Verfolgungshandlung iSd § 32 VStG genügen (vgl. das bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], 294 ff., zu § 32 unter E5. zit. Erk. VwSlg. 12.375 A/1987; ferner zB VwGH 9.7.1992, 92/10/0004; uva).

2.1. Zunächst verfehlt der Schuldspruch die Unverwechselbarkeit der Tat schon dadurch, daß für die angelastete Errichtung der Betriebsanlage keine Tatzeit angegeben ist.

2.2. Den Bestimmtheitsanforderungen genügt das angefochtene Straferkenntnis aber auch in folgenden Punkten nicht:

- Aus der spruchgemäßen Bezeichnung der dem Berufungswerber angelasteten Tat geht nicht hervor, bezüglich welcher "örtlich gebundenen Einrichtung" (vgl. § 74 Abs.1 GewO 1994) sowie in Ansehung welcher gewerblichen Tätigkeit der inkriminierte Vorwurf erhoben wird, zumal auch - hier gar nicht vorhandene - Begründungsdarlegungen eine dem § 44a Z1 VStG widersprechende Spruchfassung nicht zu sanieren vermögen (vgl. VwGH 28.6.1988, 88/04/0047 ua).

- Es wäre aber auch erforderlich gewesen, jene Tatumstände anzuführen, die eine Beurteilung dahin zulassen, welche der in § 74 Abs.2 GewO 1994 genannten Interessen die Betriebsanlage konkret sachverhaltsbezogen zu beeinträchtigen geeignet ist und daß die Anlage (erst) deshalb genehmigungspflichtig ist (zB VwGH 25.6.1991, 90/04/0216; UVS : -220246/2/Kl vom 11.5.1993, -220359/2/Kl vom 25.1.1994, -220794/2/Ga vom 16.12.1994 ua). Im Grunde dieser Rechtsprechung genügt es jedenfalls nicht, bloß den Gesetzeswortlaut der Z1 bis Z5 des § 74 Abs.2 GewO 1994 und diesen nur allgemein, somit ohne jede Bezugnahme auf den im Einzelfall vorliegenden Sachverhalt dem Beschuldigten mitzuteilen, so wie es die belangte Behörde im Berufungsfall mit der eben deswegen als Verfolgungshandlung untauglichen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28. April 1994 unternommen hat.

- Schließlich hat die belangte Behörde noch verkannt, daß die als verletzt zugrundegelegte Rechtsvorschrift des § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 zufolge ihres klaren Wortlautes errichtet oder betreibt - zwei unterschiedliche Übertretungstatbestände enthält, die durch je selbständige Taten in echter Realkonkurrenz verwirklicht werden und daher dem Kumulierungsgebot des § 22 VStG unterliegen. In diesem Zusammenhang ist deshalb auch zu bedenken, daß für beide Delikte - das unbefugte Errichten und das unbefugte Betreiben - der Beginn des Laufes der Verjährungsfrist unterschiedlich beurteilt werden muß, weil die eine Übertretung als Herbeiführungsdelikt, die andere hingegen als fortgesetztes Begehungsdelikt einzuordnen ist.

3. Die Unbestimmtheit wird verstärkt, weil die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift im Spruchelement gemäß § 44a Z2 VStG unvollständig angeführt ist. Es hätte das iSd § 74 Abs.2 GewO 1994 nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens als beeinträchtigt angenommene öffentliche Interesse mit der entsprechenden Ziffer angegeben werden müssen.

Daß der Strafausspruch für eine Verwaltungsübertretung wie der vorliegend angelasteten iSd § 44a Z3 VStG nicht unspezifiziert auf den gesamten § 366 GewO 1994 gestützt werden darf, sondern hiefür allein § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1994 anzuführen ist, hat unmißverständlich der unabhängige Verwaltungssenat - in Weitergabe der diesbezüglich strengen Formaljudikatur des VwGH - schon wiederholt ausgesprochen.

Und schließlich enthält sich die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Strafbemessung der ihr gemäß § 60 AVG (§ 24 VStG) aufgetragenen Begründungspflicht dadurch, daß sie sich mit dem Unrechtsgehalt der Tat nachvollziehbar nicht auseinandersetzt.

4. Zusammenfassend war das Straferkenntnis wegen Vorwurfs einer gehäuft unbestimmten Tat aufzuheben. Gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht durchzuführen.

5. Die Aufhebung und die Einstellung bewirken auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum Strafverfahren weder vor der belangten Behörde noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten ist.

6. Bei diesem Ergebnis erweist sich die Ausführung der belangten Behörde im Vorlageschreiben, wonach die "Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung ... zwar geprüft, im gegenständlichen Fall aber als nicht zielführend erachtet" worden sei, als bloße Floskel.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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