Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221015/3/Ga/La

Linz, 12.09.1995

VwSen-221015/3/Ga/La Linz, am 12. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des K... B..., vertreten durch Dr. E... H..., Dr.

R... L..., Rechtsanwälte in L..., L..., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. Mai 1994, Zl. 502-32/Kb/We/39/94b, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und durch öffentliche Verkündung am 17. August 1995, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; im Spruchpunkt 1. wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1 und Abs.2, § 51g, § 51i; §§ 64 f.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem Spruchpunkt 1. wirft das angefochtene Straferkenntnis dem Berufungswerber vor, er sei schuldig, er habe gemäß § 9 VStG in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer verwaltungsstrafrechtlich für die B... BaugesmbH, Sitz in M..., dafür einzutreten, daß diese Gesellschaft auf einem Teil des Grundstücks Nr. ..., KG L..., in Linz zumindest am 9. September 1992 eine gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973 genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich einen Lagerplatz für Schotter, Erde und gebrochenem Gestein betrieben habe, ohne daß die hiefür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen wäre, obwohl diese Betriebsanlage insbesondere auf Grund der Zuund Abfahrt von Lastkraftwagen im Zusammenhang mit dem Transport der abgelagerten Materialien geeignet gewesen sei, Nachbarn durch Lärm, Staub und Geruch zu belästigen.

Dadurch habe er § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973 verletzt, weshalb er mit einer Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage) kostenpflichtig zu bestrafen gewesen sei.

2. Dagegen richtet sich die bei der Strafbehörde rechtsfreundlich eingebrachte, mit näherer Begründung gegen Schuld und Strafe gerichtete, unter anderem das Vorhandensein von Nachbarn, die hätten belästigt werden können, bestreitende Berufung. Dieses Rechtsmittel hat die belangte Behörde zugleich mit dem Strafakt ohne Gegenäußerung vorgelegt.

Der Berufungswerber beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe, jedenfalls aber die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

3.1. Zur Klärung von Tatfragen hat der unabhängige Verwaltungssenat am 17. August 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Beschuldigtenpartei und ihres Rechtsfreundes durchgeführt. Die gleichfalls geladene belangte Behörde war nicht vertreten. Dabei wurden der bisherige Verfahrensgang und die Verhandlungsgrundlage anhand des zu Zl. 502-32/Kb/39/94d vorgelegten Strafaktes dargestellt. Im Beweisverfahren erfolgte die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigter; auch wurde Einsicht in Bescheinigungsmittel genommen. Der eingehend befragte Berufungswerber hinterließ für das erkennende Einzelmitglied einen glaubwürdigen Eindruck. In seinen Antworten wirkte er sicher und plausibel; Widersprüchlichkeiten zu seinem aus dem Strafakt ersichtlichen bisherigen Vorbringen waren nicht festzustellen.

3.2. Das Ergebnis des Beweisverfahrens ist unter Hinweis auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz gemäß § 51i VStG dahin auf den Punkt zu bringen, daß der zum gegenständlichen Lagerplatz ermittelte Lebenssachverhalt die rechtliche Einordnung des Platzes als eigenständige gewerbliche Betriebsanlage nicht erlaubt.

Im einzelnen stellt der unabhängige Verwaltungssenat als maßgebenden Sachverhalt fest:

Gegenständlich hat es sich auf dem angegebenen Grundstück um eine baubehördlich bewilligte Baustelle, nämlich um die Errichtung eines Butangaslagers gehandelt.

Die involvierte Gesellschaft war Subunternehmerin des die Baustelle betreibenden Unternehmens. Die Aufgabe der vom Berufungswerber vertretenen Gesellschaft bestand in der Anlieferung der für die Ummantelung des Butangaslagers erforderlichen Kies- und Schottermaterialien. Dieses Material wurde am angegebenen Ort auf einen Haufen zwischengelagert. Von dort wurde es vom bauführenden Unternehmen mit Kleingeräten jeweils entnommen und damit der Tank lagenweise ummantelt. Bewilligungsträger dieser Baustelle war glaublich die OMV oder eine Tochterfirma.

Sämtliche Materialanlieferungen haben sich nur im Rahmen dieser Baustelle 'Butangaslager' abgespielt. Eine von dieser Baustelle losgelöste Betriebsanlage oder sonstige Anlage ist von der involvierten Gesellschaft auf dem bezeichneten Grundstück nicht betrieben worden. Diesen Lagerplatz, der eigentlich ein Zwischenlager gewesen ist, hätte es ohne die beschriebene Baustelle, die ein halbes bis höchstens dreiviertel Jahr bestanden hat, nicht gegeben. Auch die im Zuge der Baustelle notwendigen Erdaushubarbeiten führte die involvierte Gesellschaft durch. Zur angegebenen Tatzeit war eine vom Lagerplatz ca. 300 m entfernte Schrebergartenanlage vorhanden. Die Zufahrtsstrecke von der Abzweigung vom öffentlichen Wegenetz durch das Betriebsareal war ca. 200 m lang. Entlang dieser Zufahrtsstrecke gab es zur Tatzeit keine Nachbarn. Auch im angrenzenden Betriebsgelände selbst haben zur Tatzeit keine Arbeitnehmer der OMV, zB in einer in der Nähe befindlichen Dienstwohnung oder dgl., gewohnt. Pro Arbeitstag hat es je nach Bedarf zwischen einer einzigen und zwanzig Zu- und Abfahrten gegeben.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Die für die rechtliche Beurteilung in diesem Fall maßgebenden Vorschriften der Gewerbeordnung in der zur Tatzeit geltenden Fassung (§ 74 Abs.1, § 74 Abs.2 Z2, § 366 Abs.1 Z3) sind in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses vollständig wiedergegeben, sodaß zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie verwiesen werden kann.

Vor diesem Hintergrund steht fest, daß der Berufungswerber die ihm spruchgemäß angelastete Verwaltungsübertretung nicht verwirklicht hat.

Das für eine gewerbliche Betriebsanlage wesentliche Merkmal der örtlich gebundenen Einrichtung konnte vorliegend für dieses, einem eng umschriebenen Zweck in von vornherein zeitlicher Beschränkung dienende Zwischenlager nicht erwiesen werden. Der unabhängige Verwaltungssenat hält die Darstellung des Berufungswerbers, wonach es dieses Zwischenlager ohne die baubehördlich bewilligte Baustelle 'Errichtung eines Butangaslagers' nicht gegeben hätte, für zutreffend. Das Zwischenlager stand nach der Absicht seines Betreibers faktisch in einem Bedingungsverhältnis zu dieser Baustelle. Hatte aber das Zwischenlager keine Eigenständigkeit als Anlage, so fehlte ihm auch das für die Einordnung als gewerbliche Betriebsanlage iSd § 74 Abs.1 GewO 1973 erforderliche Wesensmerkmal der 'stabilen Einrichtung' (vgl. Kinscher, Der Begriff der Betriebsanlage, in Stolzlechner - Wendl - Zitta [Hrsg], Gewerbliche Betriebsanlage 2.A [1991] Rz 156, 3.1).

Wie sich nun herausgestellt hat, ist die Existenz des Zwischenlagers von der erwähnten Baustelle sachlich und zeitlich in der Weise abhängig gewesen, daß nur im Rahmen dieser Baustelle die für die Aufführung des bewilligten Bauwerks benötigten Materialien vom Berufungswerber dorthin zwischengelagert und von dort ausschließlich für die Ummantelung des Gaslagers verwendet wurden. Somit lag in Wahrheit eine als Arbeitsplatz zu wertende Baustelle vor, die allenfalls, wie vom Berufungswerber schon im Zuge des strafbehördlichen Ermittlungsverfahrens vorgebracht worden ist (so in seiner rechtfertigenden Stellungnahme vom 22.

Februar 1993), dem Regime des § 84 GewO 1973 zu unterziehen gewesen wäre.

Bei diesem Ergebnis kommt es darauf, ob Nachbarn, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe durch das Zu- und Abfahren von LKW iSd § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973 hätten belästigt werden können, zum Zwischenlager überhaupt vorhanden gewesen sind, nicht mehr an. Es ist aber festzuhalten, daß im Beweisverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat solche Nachbarn nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Gewißheit hervorgekommen sind.

4.2. Im Recht ist der Berufungswerber mit seiner Verfahrensrüge, daß nämlich die Annahme des gegenständlich dem Schuldspruch zugrundegelegten Sachverhalts in Wahrheit unbegründet geblieben ist. Tatsächlich bezieht sich nur ein einziger Halbsatz im ersten Absatz der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses (Seite 3) auf den Sachverhalt zu Spruchpunkt 1. Allerdings birgt die dort enthaltene Feststellung, daß "auf der südlichen Teilfläche des unbefestigten Grundstückes Nr. ..., KG L..., erhebliche Mengen vor allem von Asphaltaufbruchmaterialien ohne Gewässerschutzvorkehrungen gelagert" würden, einen Widerspruch zum Schuldspruch. Dieser spricht nämlich nur von einem Lagerplatz "für Schotter, Erde und gebrochenem Gestein"; Asphaltaufbruchmaterialien scheinen in der spruchgemäßen Tatannahme nicht auf.

5. Aus allen diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis im Spruchpunkt 1. aufzuheben, weil der Berufungswerber wegen eines Deliktes, das er nicht begangen hat, bestraft worden ist. Gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z2 erster Fall VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den zugleich angefochtenen Spruchpunkt 2. ist die Kammer zuständig.

6. Mit diesem Verfahrensergebnis entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers zu diesem Spruchpunkt gänzlich (die Aufhebung bewirkt diesbezüglich zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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