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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221020/4/Kon/Fb

Linz, 15.02.1995

VwSen-221020/4/Kon/Fb Linz, am 15. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Ing. F T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 6.6.1994, SV-28-1993-Du, wegen Übertretungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren wird hinsichtlich Faktum 1) (Verwaltungsübertretung gemäß § 11 Abs.1 AÜG) mit der Feststellung, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet eingestellt; Hinsichtlich Faktum 2) (Verwaltungsübertretung gemäß § 12 Abs.1 AÜG) mit der Feststellung, daß Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, eingestellt.

II. Die vorgeschriebenen Verfahrenskostenbeiträge entfallen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24 VStG und § 45 Abs.1 Z1, zweiter Fall VStG (Faktum 1)) und § 45 Abs.1 Z3 VStG (Faktum 2)).

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält in seinem Schuldund Strafausspruch nachstehenden Tatvorwurf:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der IFT.

Ing. F T GesmbH. und somit gemäß § 9 VStG als das zur Vertretung nach außen berufene und als das zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliche Organ der IFT.

Ing. F T GesmbH. mit Sitz in W, zu verantworten.

1. daß der Schlosser F B, am 19.4.1993, der Maschinenschlosser J R am 9.3.1993, der Kfz-Mechaniker K S am 17.3.1993, der Maschinenschlosser F T am 4.3.1993 und der Schlosser C P, am 20.3.1993 der VA-S GesmbH. in L zur Arbeitsleistung überlassen wurden, ohne daß die Dienstzettel dieser fünf Arbeitskräfte die im § 11 Abs. 1 Z.5 AÜG geforderten Angaben über den Einsatzbereich (Bundesländer und Staaten) enthielten; 2. daß für die Überlassung des Herrn G M, 12.9.1956, an die Fa. N in L ab 18.5.1993 bis 1.6.1993 die für die Überlassung wesentlichen Umstände gem. § 12 Abs.1 AÜG nicht mitgeteilt und ehestmöglich schriftlich bestätigt wurden. In der Überlassungsmitteilung fehlten hinreichende Angaben über die je weilige voraussichtliche Arbeitszeit, die Auswirkungen auf Entgeltfortzahlung, Überstundenzuschläge und allfällige Zulagen, weshalb die Gefahr eines Schadens für die Arbeitskraft bestand. Eine schriftliche Bestätigung wurde bis 1.6.1993 nicht ausgefolgt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 9 VStG iVm. § 11 Abs. 1 AÜG, BGBl.Nr.196/88 2. § 9 VStG iVm. § 12 Abs. 1 AÜG, BGBl.Nr.196/88." In seiner rechtzeitig erhobenen Berufung wendet der Beschuldigte gegen seine Bestrafung ein wie folgt:

zu Faktum 1):

Die Erstbehörde habe die Grundvereinbarung mit ihrem vorgesehenen Mindestinhalt und der nun allgemein bestehenden Aufzeichnungspflicht (Geppert AÜG, 149) zu Unrecht außer Acht gelassen. Wenn ihm der Hinweis auf eine mögliche Auslandsverwendung über besondere Weisung zur Last gelegt werde, müsse er zweierlei einwenden:

1. An eine grenzüberschreitende Dienstverschaffung sei nie gedacht gewesen. Er hätte aber den überlassenen Arbeitnehmern erklärt, daß sie unter Umständen damit rechnen müßten, vom Beschäftiger zu einer Dienstreise ins Ausland mitgenommen zu werden. Dies sollte auch im Dienstzettel festgehalten werden.

Zu einem tatsächlichen Auslandseinsatz sei es tatsächlich nur bei einem Arbeitnehmer (J R) gekommen. Außerdem scheine der Hinweis auf alle Bundesländer, ausgenommen Vorarlberg, ausreichend, weil jeder Österreicher die neun Bundesländer kenne.

zu Faktum 2):

Zur Frage des notwendigen Inhalts der ebenfalls eine bloße Wissenserklärung darstellenden Überlassungsmitteilung (Geppert 164) beziehe sich die Behörde auf die extrem weite Auslegung im Kommentar von Geppert (163). Wäre diese Auslegung hinsichtlich der voraussichtlichen Arbeitszeit richtig, so wäre die für die Disposition des Beschäftigers prohibitiv. Gemäß § 6 AÜG sei auch hinsichtlich des Arbeitszeitschutzes vorrangig der Beschäftiger verantwortlich. Die nach Abs. 4 des § 6 leg.cit. warhzunehmende Mitverantwortung des Überlassers könne erst wahrgenommen werden, wenn AZG-Übertretungen erkennbar würden. Auch aus diesem Zusammenhang zeige sich, daß wohl nicht mehr als die Angabe der mit dem Beschäftiger abzuklärenden Regelarbeitszeit - im Rahmen der Grundvereinbarung - verlangt sein könne. Es müsse ihm auch hinsichtlich dieses Tatvorwurfes eine vertretbare Gesetzesauslegung zugebilligt werden.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

zu Faktum 1):

Gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.b AÜG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlungen bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Wiederholungsfall von 5.000 S bis 20.000 S zu bestrafen, wer eine Arbeitskraft ohne Ausstellung eines Dienstzettels, der den Vorschriften des § 11 entspricht, überläßt.

Dem Beschuldigten wird unter Faktum 1) zur Last gelegt, namentlich angeführte Arbeitnehmer an einen namentlich ange führten Beschäftiger überlassen zu haben, ohne daß die Dienstzettel der überlassenen Arbeitskräfte Angaben über den Einsatzbereich (Bundesländer und Staaten) enthalten hätten.

Hiezu ist aufzuzeigen, daß die zitierte Strafnorm (§ 22 Abs.1 Z2 lit.b AÜG) zwar die Nichtausstellung eines Dienstzettels für den Fall der Überlassung sanktioniert, nicht aber auch eine Ausstellung entgegen den Anordnungen des § 11 Abs.1 Z1 bis 5 leg.cit. Unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall die gegenständlichen Dienstzetteln der Z5 entsprechen oder nicht, kann jedenfalls der Straftatbestand des § 22 Abs.1 Z2 lit.b leg.cit. nicht auf den Tatvorwurf laut Spruch ausgedehnt werden (siehe hiezu Geppert AÜG [1989], Erläuterung zu § 22 Abs.1 Z2 lit.b, Seite 239). Zu erwägen wäre von der Erstbehörde allenfalls gewesen, daß die in den verfahrensgegenständlichen Dienstzetteln vorgenommene Angabe der Einsatzorte iSd Z5 in dieser Weise eine Abmachung darstellt, die aufgrund der Bestimmungen der §§ 8 und 11 Abs.1 AÜG nicht hätte vereinbart werden dürfen, wodurch der Straftatbestand des § 22 Abs.1 Z1 lit.a leg.cit. vorgelegen wäre. Gegen die Nichtaufnahme von durch § 11 Abs.1 Z1 bis 5 vorgeschriebenen Regelungen in den Dienstzettel muß sich aber die überlassene Arbeitskraft zivil- bzw arbeitsvertragrechtlich (zB über ihr "Leistungsverweigerungsrecht") zur Wehr setzen (siehe Geppert, AÜG 1989, ebendort).

Da die dem Beschuldigten angelastete Tat laut Spruch sohin nicht den Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt, ihm aber Vereinbarungen entgegen den Bestimmungen der §§ 8 und 11 Abs.2 AÜG innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgeworfen wurden, war zu Faktum 1) wie im Spruch zu entscheiden.

zu Faktum 2):

Gemäß § 12 Abs.1 AÜG ist der Überlasser verpflichtet, der Arbeitskraft vor jeder Beschäftigung in einem anderen Betrieb die für die Überlassung wesentlichen Umstände, insbesondere den Beschäftiger, die voraussichtliche Arbeitszeit der überlassenen Arbeitskraft im Betrieb des Beschäftigers und das Entgelt, das für die Dauer der Überlassung gebührt, mitzuteilen und ehestmöglich schriftlich zu bestätigen.

Gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.c AÜG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Mitteilungspflicht (§ 12) nicht einhält, wenn dadurch die Gefahr eines Schadens für die Arbeitskraft besteht.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Der zitierten Vorschrift ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen. Es bedarf daher, im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (iSd § 44a Z2 leg.cit.) erforderlich sind. Es reicht daher nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern ist die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses (Faktum 2) entspricht daher insofern nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG, weil er seiner wörtlichen Formulierung nach keine Darlegungen darüber enthält, wodurch die Gefahr eines Schadens für die überlassenen Arbeitskräfte aufgrund des Verstoßes gegen die Mitteilungspflicht (§ 12) bestanden hat. Hiedurch wurde der Beschuldigte in seinen Verteidigungsmöglichkeiten dahingehend eingeschränkt, als es ihm nicht möglich gemacht wird, Beweise dafür anzubieten, daß die Gründe für die behauptete Schadensgefahr eben nicht bestanden hätten. Weiters hätte es im Sinne des Konkretisierungsgebotes im Spruch eines Hinweises bedurft, daß die ehestmögliche schriftliche Bestätigung schon vor dem 1.6.1993 hätte erfolgen können.

Eine Sanierung des Spruches allenfalls anhand der Begründung des Straferkenntnisses war schon deshalb nicht möglich, weil dieses erst nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist erlassen worden ist.

Es war daher wie im Spruch (zu Faktum 2)) zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall der Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichts hof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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