Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221023/2/Kon/Fb

Linz, 27.10.1994

VwSen-221023/2/Kon/Fb Linz, am 27. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der T H, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 11.7.1994, GZ: MA2-Ge-4252-1993, wegen zweier Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der unter Faktum 1) und Faktum 2) vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und die Strafverfahren eingestellt.

II. Die Vorschreibungen zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz entfallen. Der Berufungswerberin sind keine Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 44a Z1 VStG und § 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehende Tatvorwürfe:

"Sie haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma Ing. H Autoverleih GmbH., mit Firmensitz in W, zu verantworten, daß nachstehendes anläßlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat am 9.1.1992 bei der Firma Ing. H Autoverleih GmbH. am Standort 1300 Flughafen W, Ankunftshalle, festgestellt wurde:

1. Der Arbeitsraum besitzt keine ins Freie führende Lichteintrittsfläche.

2. Den Arbeitnehmern steht keine von Kunden bzw. Flughafengästen nicht mitbenützte Abortanlage zur Verfügung.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. § 8 Abs. 1 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV, BGBl.Nr. 218/1983 i.d.g.F. i.Vm. § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 i.d.g.F.

2. § 85 Abs. 1 und 5 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV, BGBl.Nr. 218/1983 i.d.g.F. i.V.m. § 31 Abs.2 lit.

p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972." Aus Anlaß der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 44a Z1 hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

Diesem, im § 44a Z1 begründeten Erfordernis entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses in bezug auf die gegen die Beschuldigte unter Faktum 1) und Faktum 2) erhobenen Tatvorwürfe aus folgenden Gründen nicht:

Zu Faktum 1) (Übertretung des § 8 Abs.1 AAV):

Gemäß § 8 Abs.1 AAV müssen Arbeitsräume, soweit die Art der Arbeitsvorgänge oder die Zweckbestimmung des Raumes dem nicht entgegenstehen, ins Freie führende Lichtflächen besitzen.

Gemäß § 8 Abs.3 AAV kann das Arbeitsinspektorat bei Vorliegen wichtiger Gründe, wie bei dringend benötigten zusätzlichen Arbeitsräumen, über Antrag zulassen, daß Räume als Arbeitsräume verwendet werden, die nicht natürlich belichtet sind.

Aus dem Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses, welcher lautet: "Der Arbeitsraum besitzt keine ins Freie führende Lichteintrittsfläche", kann nicht entnommen werden, daß dem Fehlen dieser Lichteintrittsflächen Arbeitsvorgänge oder die Zweckbestimmung des Raumes entgegenstehen. Weiters ist im Hinblick auf die Bestimmung des Abs.3 des § 8 AAV dem Tatvorwurf nicht zu entnehmen, daß die Verwendung dieses Arbeitsraumes vom Arbeitsinspektorat nicht zugelassen wurde.

Zu Faktum 2):

Gemäß § 85 Abs.5 AAV ist in Betrieben mit Kundenverkehr dafür Sorge zu tragen, daß Abortanlagen für Arbeitnehmer nicht von Kunden benützt werden können.

Im Tatvorwurf laut Straferkenntnis wird der Beschuldigten angelastet, daß den Arbeitnehmern keine von Kunden bzw Flughafengästen nicht mitbenützte Abortanlage zur Verfügung stehe.

In Ansehung der zitierten Verordnungsstelle des § 85 Abs.5 AAV wäre eine für alle Tatbestandsmerkmale umfassende Tatumschreibung erforderlich gewesen, anzuführen, daß es sich um einen Betrieb mit Kundenverkehr handelt und die Beschuldigte nicht dafür Sorge getragen hat, daß die ihren Arbeitnehmern zur Verfügung stehende Abortanlage nicht von Kunden benützt werden kann.

Die unter Faktum 1) und 2) erfolgten Tatumschreibungen erfolgten sohin nicht in Ansehung aller in § 8 Abs.1 und Abs.3 AAV bzw § 85 Abs.5 AAV angeführten Tatbestandsmerkmale.

Eine Sanierung des Spruches war dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr möglich, da das angefochtene Straferkenntnis erst nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist erlassen wurde. Auch anhand der rechtzeitig gesetzten Verfolgungshandlungen der als örtlich unzuständige Behörde tätig gewordenen Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung wäre eine Sanierung nicht möglich gewesen, da deren Tatumschreibungen die selben Mängel aufweisen. Aufzuzeigen ist, daß das Straferkenntnis der örtlich unzuständigen Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 20.7.1993 ebenfalls erst nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist erlassen wurde; in bezug auf Faktum 2) hätte deren Straferkenntnis eine ausreichend konkretisierte Tatumschreibung aufgewiesen.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

zu II.:

Der Kostenspruch ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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