Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221033/12/Le/La

Linz, 19.12.1994

VwSen-221033/12/Le/La Linz, am 19. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des H K, (auch K), gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Juni 1994, Zl.

Ge96/166/1993/Ew, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird bezüglich des Schuldausspruches keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt ergänzt wird: Nach den Worten "... locker und brüchig war" wird folgender Nebensatz eingefügt: "und unterhalb der Kabelsohle bis zur Künettensohle überwiegend schottrig war".

II. Der Berufung wird, sofern sie sich gegen den Strafausspruch richtet, insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe von 10.000 S auf 7.000 S herabgesetzt wird. Gleichzeitig wird für den Nichteinbringungsfall die Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen auf 2 Tage herabgesetzt.

III. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I. und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu III.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I. u. II:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15.6.1994 wurde Herr H K als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "S Bauges.m.b.H." wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes mit einer Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) bestraft. Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen dafür verantwortlich zu sein, daß am 5.4.1993 bei einer Baustelle in E, der Arbeitnehmer L I mit dem Einmessen von Kunststoffabflußrohren in einer ca. 2 m tiefen und 3 m langen Künette beschäftigt wurde, wobei die Künette gänzlich ungepölzt gewesen war, obwohl das Erdmaterial im Bereich bis zur Kabelsohle locker und brüchig gewesen wäre.

Eine örtliche Standfestigkeit, die an jene von Felsen herankommt, wäre nicht vorgelegen, weshalb die Künette auf jeden Fall hätte gepölzt sein müssen.

Er habe dadurch § 16 Abs.4 der Bauarbeitenschutzverordnung, BGBl.Nr. 267/1954 idgF iVm § 33 Abs.1 lit.a Z12 und Abs.7 und § 31 Abs.2 lit.p und Abs.5 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972 idgF verletzt.

1.2. In der Begründung wurde folgendes dargelegt:

Das Verwaltungsstrafverfahren wurde auf Grund der Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 14.4.1993 eingeleitet.

In dieser Anzeige wurde die Künette so beschrieben, daß sich parallel zum oberen Künettenrand in einer Tiefe von ca. 80 cm Kabel befanden und das Material im Bereich bis zur Kabelsohle extrem locker und brüchig gewesen sei. Die Gefahr für den in der Künette beschäftigten Arbeitnehmer, durch herabfallende Gesteinsteile verletzt zu werden, sei groß gewesen. Das Vorbringen des Beschuldigten, daß in der genannten Künette erhebliche Lagen von Konglomerat aufgetreten wären, dessen Standfestigkeit an jene von Felsen in etwa herankomme, sei somit durch die dienstlichen Wahrnehmungen des Arbeitsinspektors klar widerlegt, unglaubwürdig und als Schutzbehauptung zu qualifizieren.

Zur subjektiven Verantwortlichkeit führte die Erstbehörde aus, daß der Beschuldigte als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG anzusehen wäre. Auch wenn der Bauleiter Ing.

A und in weiterer Folge auch der Vorarbeiter H G mündlich eine Bevollmächtigung gemäß § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz entgegengenommen hätten, könnte dies den Beschuldigten nicht entlasten, da aus den Zeugenaussagen der beiden genannten Personen hervorgehe, daß diese auf Grund des ihnen zugeteilten Arbeitsausmaßes gar nicht die Möglichkeit gehabt hätten, durch entsprechende Kontrollmaßnahmen effektiv für die Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen zu sorgen. Selbst der Vorarbeiter H G wäre noch bei zwei anderen Baustellen als Baupolier eingesetzt gewesen. Daraus ergebe sich, daß ein Versäumnis bei der Geschäftsführung liege, welches darin bestehe, daß das Kontrollsystem auf Grund der Überlastung der als Kontrollorgane eingesetzten Personen untauglich konstruiert wurde.

Da bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehöre, handle es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, bei welchem der Gesetzgeber den Täter schon durch den objektiven Tatbestand belaste und die Schuld präsumiere, solange der Beschuldigte nicht das Gegenteil glaubhaft mache.

Beim Tatbestand des § 31 des Arbeitnehmerschutzgesetzes genüge die bloße Erteilung von Weisungen nicht; entscheidend sei, ob auch eine wirksame - nicht nur stichprobenartige Kontrolle der Einhaltung dieser Weisungen erfolgte.

Falls diese Kontrolle dem Verantwortlichen aus zeitlichen Gründen nicht möglich wäre, sei er verpflichtet, durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von ihrerseits wieder überwachten Aufsichtsorganen dafür zu sorgen, daß die von den Beschäftigten zu beachtenden Vorschriften diesen nicht nur bekannt seien, sondern auch tatsächlich im Einzelfall eingehalten würden.

Im vorliegenden Fall hätten die Kontrollen durch den Beschuldigten offensichtlich nicht ausgereicht, um die Arbeitnehmer zu einer lückenlosen Befolgung der Arbeitnehmerschutzgesetze zu bewegen. Dieser Sorgfaltsmangel sei dem Beschuldigten anzulasten.

Er hätte der Behörde durch seine Rechtfertigungsangaben nicht glaubhaft machen können, daß er die erforderlichen Maßnahmen zur Hintanhaltung dieser Verwaltungsübertretung ergriffen hätte und ihn daher an der Verletzung dieser Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe.

Sodann wurden die Gründe für die Strafbemessung im einzelnen dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 14.7.1994, mit der das gesamte Straferkenntnis angefochten wird.

In der Begründung dazu verwehrt sich der nunmehrige Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw.) zunächst dagegen, daß die in seinen Stellungnahmen genannten Argumente im Grunde als Lügen dargestellt würden.

Im einzelnen bringt er folgendes vor:

a) Ein Widerspruch sei insofern festzustellen, als ausdrücklich angeführt sei, das Material bis zur Kabelsohle (ca. 80 cm Tiefe) sei locker gewesen. Daß darunter Konglomeratschichten, die felsartigen Charakter haben, vorhanden wären, wäre weder in der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates noch im Straferkenntnis erwähnt oder berücksichtigt worden. Damit sei aber jedenfalls klar, daß die Beschaffenheit der Künette keineswegs so gewesen sei, daß eine Gefährdung des Arbeiters absolut gegeben gewesen wäre.

b) Auch die Begründung hinsichtlich der Verantwortlichkeit sei schlichtweg unrichtig: Herr Ing. A sei bis zum 16.5.1993 Angestellter der Firma S Bauges.m.b.H.

gewesen. Nach seinem Dienstvertrag hätte er die Abteilung Kanalbau eigenverantwortlich und selbständig zu leiten gehabt. Daher hätte sich schon ergeben, daß Herr Ing.

A zur Beaufsichtigung der auf der Baustelle in E eingesetzten Arbeitnehmer verpflichtet war und auch dazu, daß die Arbeitnehmer die arbeitsrechtlichen Vorschriften entsprechend einhielten.

Wenn dieser argumentiere, er sei überlastet gewesen, so sei dies wiederum schlichtweg falsch. Es stehe der Behörde nicht zu, die Auslastung oder Überlastung eines Angestellten zu beurteilen - "dies in Sonderheit der Tatsache, daß es einem Unternehmer obliege, die Bewertung der Auslastung eines leitenden Angestellten zu beurteilen". Es würden in ihrer Firma keinerlei Informationen aufliegen, daß sich Herr Ing.

Arthofer jemals derart ausgelastet oder überlastet gefühlt hätte, daß damit die Aufsichtspflicht über seine Baustelle vernachlässigt worden wäre. Es könne daher dem Bw. in keiner Weise Verschulden oder auf Grund dieses Verschuldens Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.

Er beantragt daher, seiner Berufung stattzugeben und das Straferkenntnis vom 15.6.1994 aufzuheben.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Gegenäußerung erstattet.

Das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk bezog mit Schreiben vom 8.11.1994 zum Berufungsvorbringen Stellung und legte gleichzeitig 3 Lichtbilder vor, die die gegenständliche Künette am Tattag zeigen. Auf dem Bild Nr.1 ist anhand eines angelegten Maßstabes erkennbar, daß die Künette 2 m tief ist; weiters ist deutlich ersichtlich, daß mehrere Rohre und Kabelschächte verlegt sind. Solche Kunststoffrohre sind auch auf Bild Nr.2 deutlich zu sehen.

Am Bild Nr.3 ist ein Arbeitnehmer der Firma S Bauges.m.b.H. in der Künette stehend abgebildet. Es ist ersichtlich, daß die Künette tiefer ist als der Mann groß ist und daß sie nicht gesichert ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat führte am 14.12.1994 eine mündliche Verhandlung durch, an der sowohl der Beschuldigte als auch der Arbeitsinspektor, der die Besichtigung der Baustelle vorgenommen hatte, teilnahmen und bei der der frühere Bauleiter der Firma S Bauges.m.b.H., Herr Ing. J A, als Zeuge befragt wurde. Die belangte Behörde entsandte aus Zeitgründen keinen Vertreter.

Der Berufungswerber legte den Dienstvertrag zwischen der S Bauges.m.b.H. und Herrn Ing. A vor, der kopiert und als Beilage 1 zur Verhandlungsschrift genommen wurde.

4. Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Am 5.4.1993 waren Arbeitnehmer der Firma S Bauges.m.b.H.

in E, damit beschäftigt, etwa 100 lfm Kanalrohre zu erneuern. Zu diesem Zweck wurde an drei Stellen in zusammenhängenden Straßenzügen, unter anderem in der B, Grabungen durchgeführt. Im Bereich der Bäckergasse hoben sie dazu mit einem Bagger eine ca. 2 m tiefe Künette aus. Zum Zeitpunkt der Überprüfung durch den Arbeitsinspektor war diese Künette nicht gepölzt; ein Arbeitnehmer, Herr L I, arbeitete in dieser Künette.

Der Untergrund, in den diese Künette gegraben wurde, war im Bereich der ersten 80 cm, dem Bereich also, in dem Kabelrohre verlegt waren, relativ locker und brüchig. Es handelte sich dabei um Schüttmaterial. Unterhalb dieser Kabelsohle bis zur Künettensohle fand sich schottriger Untergrund mit höchstwahrscheinlich nur einer dünnen Konglomeratschicht (die auf Lichtbild 2 erkennbar ist). Es handelte sich somit um keinen Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankommt.

Die Arbeitnehmer hatten (wahrscheinlich aus Zeitgründen) die Künette nicht gepölzt und darauf vertraut, daß diese durch die Kabelschächte ohnedies zusammengehalten würde.

Zum Zeitpunkt der Überprüfung durch den Arbeitsinspektor befand sich kein Pölzungsmaterial auf dieser Baustelle.

Der als Polier eingesetzte H G befand sich zum Zeitpunkt der Überprüfung nicht auf diesem Teil der Baustelle. Anläßlich seiner Einvernahme vor der Erstbehörde am 23.7.1993 (die in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen wurde) gab er an, daß er - wenn er auf der Baustelle anwesend gewesen wäre und die Vorgangsweise bei den Arbeiten gesehen hätte, dies sofort unterbunden hätte.

Darüber hinaus war Herr Ing. J A laut Dienstvertrag mit der Firma S Baugesellschaft m.b.H. als selbständiger Gebietsbauleiter der Abteilung Tiefbau eingesetzt. Auch er war bei dieser Baustelle im Überprüfungszeitpunkt nicht anwesend.

Der Bw. H K ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der S Bauges.m.b.H. und als solcher zur Vertretung nach außen befugt. Dies ist nach eigenen Aussagen im Firmenbuch eingetragen.

Herr Ing. A hatte bereits vor diesem 5.4.1993 gekündigt und war einvernehmlich mit der Geschäftsleitung vereinbart gewesen, daß er seine Baustellen noch abschließt.

Hinsichtlich der Familienverhältnisse des Bw. wurde festgestellt, daß er für seine Gattin sorgepflichtig ist und überdies die Sorgepflicht für ein behindertes Kind aus der Verwandtschaft übernommen hat.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Dem Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde (§ 51 Abs.1 VStG).

Durch diese Bestimmung wird die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates begründet.

Gemäß § 51c VStG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Da im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S verhängt wurde, entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder.

5.2. Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 idgF, begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen .....

zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Als derartige Verordnung gilt auch die Verordnung vom 10.11.1954, BGBl.Nr. 267 über Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, die gemäß § 33 Abs.1 lit.a Z12 des Arbeitnehmerschutzgesetzes als Bundesgesetz weiter gilt.

In dieser in Gesetzesrang stehenden Verordnung ist in § 16 Abs.4 vorgeschrieben, daß Künetten, die nicht in Felsen oder in einem Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankommt, bei Tiefen von mehr als 1,25 m auf jeden Fall gepölzt werden müssen.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes steht fest, daß die gegenständliche Künette nicht in Felsen oder einem solchen Untergrund eingebaut war, dessen Standfestigkeit jener von Felsen gleichkommt und daher jedenfalls zu pölzen gewesen wäre. Das ergibt sich aus der Aussage des Poliers H G sowie des Arbeitsinspektors Ing. W und wird durch die im Tatzeitpunkt angefertigten Lichtbilder von dieser Baustelle bestätigt. Diese Feststellungen konnten vom Berufungswerber nicht entkräftet werden, weil er lediglich allgemeine Angaben über die Bodenbeschaffenheit in Enns machen konnte, die gegenständliche Künette jedenfalls aber nicht selbst gesehen hat und daher auf Angaben seiner Arbeitnehmer angewiesen war, die nach allgemeiner Lebenserfahrung sicherlich subjektiv in Richtung Verharmlosung gefärbt waren, um einer Rüge oder Bestrafung durch den Vorgesetzten zu entgehen.

5.4. Zur Verantwortung des Berufungswerbers ist folgendes auszuführen:

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die vorgeworfene Verwaltungsübertretung des § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz bestimmt hinsichtlich des Verschuldens nichts anderes, sodaß zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt.

Die Fahrlässigkeit ist anzunehmen, weil im vorliegenden Fall gegen das Gebot des § 16 Abs.4 der Bauarbeitenschutzverordnung verstoßen wurde; der Eintritt eines Schadens ist nicht erforderlich. Eine Gefahr für den in der Künette beschäftigten Arbeitnehmer war aber durchaus gegeben.

Der Berufungswerber hat nicht glaubhaft machen können, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, und zwar aus folgenden Gründen:

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind.

Nach dem zitierten Abs.2 sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt ...... aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens muß bei der Behörde ein - aus der Zeit vor der Begehung der Übertretung stammender Zustimmungsnachweis des verantwortlichen Beauftragten einlangen (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S 759).

§ 23 Abs.1 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (ArbIG) legt fest, daß die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 des VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung des ArbIG erst rechtswirksam wird, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist ... .

§ 26 Abs.3 ArbIG legt unter der Überschrift "Übergangsbestimmungen" fest, daß eine vor dem 1.4.1993 erfolgte Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 bis 4 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht für Übertretungen gilt, die nach diesem Zeitpunkt begangen wurden, sofern nicht bis zu diesem Zeitpunkt eine Mitteilung an das Arbeitsinspektorat gemäß § 23 Abs.1 erfolgt.

Eine Bestellung des damaligen Bauleiters Ing. J A oder des Poliers H G als verantwortliche Beauftragte iSd § 9 Abs.2 VStG liegt nicht vor, weil beide weder der Behörde noch dem Arbeitsinspektorat gegenüber schriftlich als solche bezeichnet worden wären.

Den Bw. trifft daher allein seine aus § 9 Abs.1 VStG resultierende Haftung als handelsrechtlichen Geschäftsführer (und somit für die Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen Verantwortlichen).

Er wäre daher verpflichtet gewesen, nicht nur dafür zu sorgen, daß seine Arbeitnehmer stets aktuell und regelmäßig wiederkehrend über die Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen belehrt werden, sondern er wäre auch verpflichtet gewesen dafür zu sorgen, daß die Einhaltung dieser Vorschriften auch kontrolliert wird.

Wenn der Verantwortliche für eine Kontrolle selbst nicht in der Lage ist, muß er ein entsprechendes Kontrollsystem einrichten. Im vorliegenden Fall vermeinte der Berufungswerber, dieses Kontrollsystem mit der Bevollmächtigung des Ing. J A als Bauleiter bzw.

des Poliers H G getan zu haben. Allerdings räumte er in der mündlichen Verhandlung selbst ein, auf den Baustellen kaum jemals selbst kontrolliert zu haben, weil er mit anderen Aufgaben beschäftigt sei. Gerade im vorliegenden Fall wäre aber eine Kontrolle an Ort und Stelle unumgänglich gewesen, weil der Berufungswerber doch selbst gewußt hat, daß der Bauleiter Ing. Arthofer gekündigt hatte. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß in einem solchen Fall auch ein leitender Angestellter seine Aufgaben nicht mehr mit 100%iger Genauigkeit erfüllt.

Offensichtlich war auch der eingesetzte Polier überfordert, der auf dieser Baustelle drei voneinander räumlich getrennte Arbeitsstellen hatte und daher nicht überall zugleich anwesend sein konnte. Hier hätte durch eine bessere Arbeitseinteilung dem Polier die Möglichkeit gegeben werden müssen, wirkungsvoller kontrollieren zu können.

Bei einem entsprechend ausgebauten Kontrollsystem hätten dem nunmehrigen Berufungswerber solche Mängel auffallen müssen und er hätte die Möglichkeit gehabt, diese rechtzeitig abzustellen. Dadurch aber, daß im vorliegenden Fall ein wirksames Kontrollsystem nur fragmentarisch vorhanden war, konnte es zu dieser Verwaltungsübertretung kommen. Infolge Fehlens eines ausreichenden Kontrollsystems, dessen Einrichtung Sache des Berufungswerbers gewesen wäre, ist diese Übertretung dem Berufungswerber anzulasten.

5.5. Durch die vorgenommene Spruchergänzung soll klargestellt werden, daß nicht bloß im Bereich bis zu 80 cm Tiefe das Bodenmaterial im Bereich der Künette nicht an die Standfestigkeit von Felsen heranreicht, sondern daß auch unterhalb der Kabelsohle bis hin zur Künettensohle kein derartiges Material in nennenswerter Größenordnung vorhanden war.

5.6. Im Zuge des Berufungsverfahrens kam hervor, daß der Berufungswerber zwei Sorgepflichten hat, die - mangels Bekanntgabe durch den Beschuldigten - im erstinstanzlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden konnten.

Im Berufungsverfahren, wo sie nunmehr bekannt sind, wurden sie entsprechend berücksichtigt und war daher die verhängte Strafe in eine mildere umzuwandeln.

Zu III.:

Gemäß § 65 VStG sind die Kosten des Berufungsverfahrens dem Bw. nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben oder die Strafe gemäß § 51 Abs.4 abgeändert worden ist.

Da die Strafe herabgesetzt wurde, entfällt sohin ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren.

Die Kosten des Strafverfahrens erster Instanz ermäßigen sich dadurch ebenfalls, und zwar von 1.000 S auf 700 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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