Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221037/2/Kon/Fb

Linz, 22.05.1995

VwSen-221037/2/Kon/Fb Linz, am 22. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des G H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.6.1994, Ge96/382/1993, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich beider unter Faktum 1) und 2) zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen Folge gegeben, das Straferkenntnis insgesamt behoben und das Strafverfahren hinsichtlich beider Übertretungen eingestellt.

II. Die Beitragsvorschreibungen zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz entfallen. Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht aufzuerlegen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24 VStG und § 45 Abs.1 Z1 (zweiter Fall) VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthält nachstehenden Tatvorwurf:

"Sie haben in H, Parz.Nr. KG. N, wie von Organen des Gendarmeriepostens H festgestellt wurde, am 5.11.1993 um 15.55 Uhr und am 7.11.1993 um 16.45 Uhr Kunden gegen Entgelt Go-Karts zur Verfügung gestellt und die Benützung des dortigen Go-Kart-Rundkurses gewährt und dadurch 1) das Gewerbe 'Betrieb einer Go-Kart-Anlage' ausgeübt, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, 2) eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage, welche geeignet ist, Nachbarn durch Motorlärm oder Abgasgeruch zu b e l ä s t i g e n, o h n e d i e h i e f ü r e r f o r d e r l i c h e gewerbebehördliche Genehmigung betrieben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) § 366 Abs.1 Ziff. 1 i.V.m. §§ 1 Abs.4, 5 Abs.1, 5 Abs.2 Ziff. 3 und 339 Abs.1 Gewerbeordnung 1994, BGBl.Nr.

194/1994 2) § 366 Abs.1 Ziff. 2 i.V.m. § 74 Abs.2 Ziff. 2 Gewerbeordnung 1994" In seiner rechtzeitig dagegen erhobenen Berufung wendet der Beschuldigte im wesentlichen unrichtige Sachverhaltsfeststellungen und unzureichende Begründung ein. Dies gelte insbesondere in bezug auf die Fragen, ob überhaupt eine Gewerbeausübung iSd GewO vorliege, ob eine gewerbliche Betriebsanlage vorliege und ob überhaupt Nachbarn iSd § 74 Abs.2 Z2 GewO vorhanden seien.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu Faktum 1):

Gemäß § 2 Abs.1 Z17 GewO 1994 ist dieses Bundesgesetz unbeschadet weiterer Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf Betrieb von Unternehmen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art nicht anzuwenden.

Zu den öffentlichen Belustigungen und Schaustellungen aller Art zählen beispielsweise auch jahrmarktsmäßige Volksvergnügungen, wobei hier wiederum Autodroms und ähnliches anzuführen sind (vgl auch FN 114 zu § 2 Abs.1 Z17 GewO 1973, Mache-Kinscher, Manz'sche-Sonderausgabe Nr. 15, Seite 37).

Nach der Tatbeschreibung laut Spruch des angefochtenen Erkenntnisses vermag der unabhängige Verwaltungssenat im Betrieb der verfahrensgegenständlichen Go-Kart-Anlage nur eine der öffentlichen Belustigung dienende Einrichtung, vergleichbar etwa den Autodrom-Anlagen oder auch Go-Kart-Anlagen in Vergnügungsparks, zu erblicken.

Da sohin die dem Beschuldigten angelastete Tat nicht vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung 1994 erfaßt ist, ist die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung allein schon von der objektiven Tatseite her nicht gegeben.

Nur ergänzend, und ohne Einfluß auf die vorliegende Entscheidung sei bemerkt, daß der Tatvorwurf auch nicht den Bestimmungen des § 44a Z1 VStG entspricht, weil daraus das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 GewO nicht hervorgeht. Aus der angeführten Entgeltlichkeit allein läßt sich keine Gewerbsmäßigkeit ableiten. Dies deshalb, weil daraus nicht erkennbar ist, ob dessen Einhebung bloß kostendeckend oder mit Ertragsabsicht erfolgt.

Zu Faktum 2):

Gemäß § 74 Abs.1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Unter gewerblicher Tätigkeit ist dabei eine gewerbsmäßige Tätigkeit iSd § 1 Abs.2 leg.cit., welche der GewO 1994 unterliegt, zu verstehen. Da, wie in der Begründung zu Faktum 1) ausgeführt, die dem Beschuldigten angelastete Tätigkeit als von der Gewerbeordnung ausgenommen zu gelten hat (§ 2 Abs.1 Z17 GewO) kann bei der gegenständlichen Go-Kart-Anlage nicht von einer gewerblichen Betriebsanlage iSd § 74 Abs.1 leg.cit. gesprochen werden, sodaß auch der unter Faktum 2) erhobene Tatvorwurf nicht in Betracht kommen kann.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch (Spruchabschnitt I.) zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall der Verfahrenskosten ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zu lässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h