Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221041/17/Schi/Km

Linz, 18.04.1996

VwSen-221041/17/Schi/Km Linz, am 18. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des F S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19. Juli 1994, Ge96-68-1993-Pa, wegen Übertretungen nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 12. April 1996, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die zu 1 lit.a bis f verhängten Geldstrafen auf je 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe auf je 12 Stunden) und die zu Punkt 2 verhängte Geldstrafe auf 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) herabgesetzt werden. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Die Verfahrenskostenbeiträge für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigen sich daher auf (zusammengezählt) 800 S. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens hat zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 9, 16, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idF BGBl. Nr. 620/1995.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 sowie § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19.7.1994, Ge96-68-1993-Pa, wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe es als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der "L Granitindustrie GesmbH (Steinmetzmeistergewerbe im Standort G) zu vertreten, wie anläßlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk am 13. Mai 1993 festgestellt wurde, daß am 13. Mai 1993 im Betrieb in L, G, 1. die Arbeitnehmer a) B H als Steinhauer, b) G T als Steinmetz, c) C H als Steinsäger, d) Y C als Steinhauer, e) G P als Ladegerätfahrer und f) K H als Steinmetz beschäftigt wurden, wobei diese Arbeitnehmer bei den genannten Tätigkeiten der Einwirkung durch Quarzfeinstaub ausgesetzt waren, obwohl vorher nicht durch eine ärztliche Untersuchung festgestellt wurde, daß deren Gesundheit derartige Beschäftigungen zuläßt und 2. der Staub auf den Fahrbahnen im Bereich der Hauhütten, des Steinbruches und der Brecheranlage nicht gebunden war, obwohl mit gewerbepolizeilichem Betriebsanlagenbescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19.6.1990, Ge01/5/7/1989/R, unter Punkt 27 rechtskräftig vorgeschrieben wurde, daß während der trockenen Jahreszeit durch eine ausreichende Befeuchtung der Verkehrswege zu gewährleisten ist, daß keine Staubbelastung der Arbeitnehmer auftritt.

Der Beschuldigte habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach 1. a-f, jeweils § 8 Abs.2 iVm § 31 Abs.2 lit.d des Arbeitnehmerschutzgesetzes 1972, BGBl.Nr. 234, und 2. Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19.6.1990, Ge01/5/7/1989R, iVm § 27 Abs.2 und § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz 1972, BGBl.Nr. 234, jeweils idgF begangen. Gegen den Beschuldigten wurden deshalb hinsichtlich der Punkte 1. a-f jeweils 2.000 S gemäß § 31 Abs.2 lit.d Arbeitnehmerschutzgesetz und 2. 3.000 S gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz verhängt. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen treten an deren Stelle folgende Ersatzfreiheitsstrafen: 1. a-f jeweils 1 Tag; 2. 2 Tage. Der Beschuldigte hat gemäß § 64 Abs.2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz 10 % der verhängten Strafen, ds insgesamt 1.500 S, zu bezahlen.

2. Mit Schriftsatz vom 28.7.1994 hat der Bw rechtzeitig Berufung erhoben und die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen mit verschiedenen Gründen bekämpft und beantragt, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen bzw. die Strafe in eine Ermahnung umzuwandeln.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil in den einzelknen Fällen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.2. Im Grunde der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12. April 1996 iVm dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie den ergänzenden Ermittlungen des O.Ö.

Verwaltungssenates (vor der Verhandlung) ist von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt auszugehen:

3.2.1. Anläßlich einer Überprüfung durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk (Zeuge Ing.

W W) wurde am 13. Mai 1993 festgestellt, daß an diesem Tag im gegenständlichen Betrieb in , 1. die Arbeitnehmer H als Steinhauer, T als Steinmetz, C H als Steinsäger, G P als Ladegerätfahrer und K H als Steinmetz beschäftigt wurden; Y C war in der Zeit von 20.4.1993 bis 21.6.1993 im Krankenstand; es bestand jedoch ein aufrechtes Beschäftigungsverhältnis. Diese Arbeitnehmer waren jedoch bei ihren Tätigkeiten der Einwirkung durch Quarzfeinstaub ausgesetzt, obwohl vorher nicht durch eine ärztliche Untersuchung festgestellt wurde, daß deren Gesundheit derartige Beschäftigungen zuläßt. Bereits aus den Vorakten (VwSen-221839 und VwSen-220840, Erk. vom 1.2. und 2.2.1996; in diesen hat der Bw erstmalig das ÖSBS-Gutachten vom 30.6.1994 vorgelegt und somit das ÖSBS-Gutachten vom 5.10.1990, welches weitaus schlechtere Werte aufwies, nämlich zB einen MAK-Wert von 0,19 mg/m3 Quarz im Feinstaub neben dem Spalthammer, "entkräftet") und auch aus dem ggst.

Akt, insbesondere auch aus den vom Bw in der Verhandlung (neuerlich) vorgelegten ÖSBS-Gutachten vom 30.6.1994 geht klar und eindeutig hervor, daß die Arbeitnehmer im gegenständlichen Betrieb an ihren Arbeitsplätzen (grundsätzlich) der Einwirkung durch Quarzfeinstaub ausgesetzt sind. Es ist auch im gesamten Verfahren nie behauptet worden, daß die unter a-f in Z.1 angeführten Arbeitnehmer entsprechend einer besonderen ärztlichen Untersuchung zugeführt worden sind.

Weiters wurde vom Zeugen Ing. W W festgestellt, daß am 13.5.1993 im gegenständlichen Betrieb der Staub auf den Fahrbahnen im Bereich der Hauhütten, des Steinbruches und der Brecheranlage nicht gebunden war und daher der Staub auf den nichtbefeuchteten Fahrwegen von den verschiedenen Fahrzeugen, wie LKW, Radlader usw. aufgewirbelt wurde.

3.2.2. Dies ergibt sich aus den glaubwürdigen und schlüssigen Zeugenaussagen des Ing. W vom Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk in Linz. Dieser hat bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung in der Verhandlung glaubwürdig ausgeführt, daß am Tattag ein trockenes Wetter herrschte und außerdem eine Trockenperiode vorangegangen ist. Mit Ausnahme der Verbindungsstraße waren die Fahrwege nirgends befeuchtet; insbesondere haben die verschiedenen Fahrzeuge auf den Fahrwegen Staub aufgewirbelt; von der Ladetätigkeit allein ist sicherlich dieser Staub nicht entstanden. Er hat auch nicht wahrgenommen, daß der Bw gerade im Begriffe war, die Verkehrswege zu befeuchten. Die Kontrolle erfolgte am späten Vormittag.

3.2.3. Dagegen gab die Zeugin G S, die Ehegattin des Bw, an, daß sie zwar nicht mehr mit Sicherheit sagen könne, daß sie bei diesem Kontrollgang dabeigewesen sei. Jedenfalls sei die Verbindungsstraße bis zur Siebanlage befeuchtet gewesen.

Außerdem habe ihr Ehegatte gerade mit dem Radlader die Verkehrswege befeuchtet bzw. befand er sich auf der Fahrt mit diesem Fahrzeug zur Wasserstelle hinunter in den alten Steinbruch. Im übrigen räumt sie sogar ein, daß jener Weg, der links zu den Hauerhütten hinaufführt, wahrscheinlich nicht befeuchtet war, da dieser nur höchstens drei- bis viermal täglich von einem Radlader befahren werde.

3.2.4. Dazu ist zunächst festzustellen, daß diese Aussagen in wesentlichen Teilen sogar mit den Angaben des Zeugen Ing.

W übereinstimmen. Sie hat lediglich keine Staubentwicklung wahrgenommen bzw. ist ihr eine solche nicht erinnerlich, wobei noch hinzukommt, daß sie nicht sicher sagen konnte, daß sie bei der ggst. Kontrolle dabei gewesen wäre. Umso mehr ist daher den klaren und schlüssigen Ausführungen des Zeugen Ing. W zu folgen.

Weiters ist festzuhalten, daß, wenn der Bw tatsächlich zum Kontrollzeitpunkt mit dem Radlader zur Wasserstelle unterwegs war, um die Verkehrswege zu befeuchten bzw. um Wasser zu holen, so konnte dieser naturgemäß vom Zeugen nicht gesehen werden, da - wie sich aus dem in der mündlichen Verhandlung besichtigten Foto (eine Luftaufnahme des gesamten Areals) ergibt, ist diese Wasserstelle nur bergab über einen Waldweg in den alten Steinbruch zu erreichen.

Schließlich ist darauf zu verweisen, daß - soweit sich hier Widersprüche hinsichtlich der übrigen Verkehrswege bzw. der Häufigkeit des Verkehrs auf diesen Verkehrswegen auftun nach der Lebenserfahrung anzunehmen ist, daß die Zeugin zu dieser Zeit sicherlich nicht eine derartig erhöhte Aufmerksamkeit auf diese Dinge gelegt hat, wie der Arbeitsinspektor, da ihr ja nicht bekannt war, worauf dieser sein Augenmerk jeweils legt. Weiters gab sie selbst an, nicht mehr mit Sicherheit angeben zu können, ob sie damals bei der Kontrolle dabei gewesen ist. Umso mehr war daher von den glaubwürdigen und schlüssigen Aussagen des als Zeugen vernommenen Arbeitsinspektors Ing. W W auszugehen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1 Gemäß § 8 Abs.1 Arbeitnehmerschutzgesetz dürfen Arbeitnehmer zu Tätigkeiten, bei denen die dabei Beschäftigten Einwirkungen ausgesetzt sein können, die erfahrungsgemäß die Gesundheit zu schädigen vermögen, nicht herangezogen werden, deren Gesundheitszustand eine derartige Beschäftigung nicht zuläßt. Dies gilt für Tätigkeiten, bei denen infolge der Art der Einwirkung die Gefahr besteht, daß Arbeitnehmer an einer Berufskrankheit erkranken, für Tätigkeiten deren Ausübung mit besonderen physischen Belastungen und schweren Bedingungen verbunden ist, und ähnliche Tätigkeiten. Diese Tätigkeiten sind durch Verordnung festzustellen.

Gemäß § 8 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz dürfen Arbeitnehmer, sofern nach der Art der Einwirkung oder Belastung einer ärztlichen Untersuchung prophylaktische Bedeutung zukommt, zu Tätigkeiten nach Abs.1 erst herangezogen werden, nachdem durch eine besondere ärztliche Untersuchung festgestellt wurde, daß ihr Gesundheitszustand eine derartige Beschäftigung zuläßt. Arbeitnehmer, die bei solchen Tätigkeiten verwendet werden, müssen ferner in bestimmten Zeitabständen, für deren Ausmaß vor allem und vor allem Art und Umfang der schädigenden Einwirkung, nötigenfalls auch eine Beeinträchtigung der Gesundheit der Arbeitnehmer maßgebend sind, durch einen Arzt daraufhin untersucht werden, ob ihr Gesundheitszustand eine weitere Beschäftigung mit diesen Tätigkeiten zuläßt.

Gemäß § 3 Abs.1 der Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 14. Dezember 1973 über die gesundheitliche Eignung von Arbeitnehmern für bestimmte Tätigkeiten, BGBl.Nr. 39/1974, dürfen Arbeitnehmer, die bei ihrer beruflichen Tätigkeit infolge einer der nachstehend angeführten Einwirkungen erkranken können, zu solchen Tätigkeiten erst herangezogen werden, nachdem durch eine besondere ärztliche Untersuchung festgestellt wurde, daß ihr Gesundheitszustand vor allem hinsichtlich der spezifisch in Betracht kommenden Organe eine derartige Beschäftigung zuläßt. Dies sind unter anderem Einwirkungen durch quarz-, asbest- oder sonstige silikathaltige Staube (Z.14). Bei derartigen Einwirkungen ist zufolge der Anlage zu dieser Verordnung alle zwei Jahre eine besondere ärztliche Untersuchung, welche eine Röntgenaufnahme der Thoraxorgane und Untersuchung der Funktion der Lunge sowie bei der ersten Untersuchung auch eine allgemeine ärztliche Untersuchung zu beinhalten hat, durchzuführen.

Nach Auflagepunkt 27 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19.6.1990, Ge01/5/7/1989/R, ist im Betriebsgelände der L G F S GesmbH (nunmehr L Granitindustrie GesmbH) während der trockenen Jahreszeit durch ausreichende Befeuchtung der Verkehrswege zu gewährleisten, daß keine Staubbelastung der Arbeitnehmer auftritt.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.d Arbeitnehmerschutzgesetz 1972 begehen Arbeitnehmer und deren Bevollmächtigte, die zu Tätigkeiten, bei denen die dabei Beschäftigten Einwirkungen ausgesetzt sein können, die erfahrungsgemäß die Gesundheit zu schädigen vermögen, Arbeitnehmer heranziehen, bei denen die besondere ärztliche Untersuchung (§ 8 Abs.2, erster Satz) nicht vorgenommen wurde oder deren Gesundheitszustand nach dem Ergebnis einer besonderen ärztlichen Untersuchung eine derartige Beschäftigung nicht zuläßt (§ 8 Abs.2 erster Satz) oder Arbeitnehmer, die in bestimmten Zeitabständen einer Untersuchung zu unterziehen sind, ohne diese Untersuchung weiterbeschäftigen (§ 8 Abs.2, 2. Satz), eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr.

234/1972 idgF (kurz: ANSchG), begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

4.2. Wie schon oben unter Darlegung des maßgeblichen Sachverhaltes (Punkt 3.) ausgeführt wurde, hat der Bw im Lichte der zitierten Gesetzes- bzw. Verordnungsbestimmungen sowie der Bescheidauflage eindeutig die ihm zur Last gelegten Taten objektiv begangen. Denn entgegen den Ausführungen des Bw, wonach sämtliche Arbeitnehmer, insbesondere die ausländischen, eine ärztliche Untersuchung benötigen, um überhaupt die Beschäftigungsbewilligung zu erhalten, ergibt sich aus § 8 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz sowie der Verordnung BGBl.Nr. 39/1974, daß für die vorliegende Tätigkeit noch zusätzlich eine besondere ärztliche Untersuchung erforderlich ist. Dies insbesondere deshalb, weil aus dem Gesetzestext eindeutig hervorgeht, daß es sich hier um Tätigkeiten handelt, bei denen die dabei Beschäftigten Einwirkungen ausgesetzt sein können, die erfahrungsgemäß die Gesundheit zu schädigen vermögen (§ 8 Abs.1 Arbeitnehmerschutzgesetz). Gemäß der zitierten Verordnung sind dies unter anderem auch Einwirkungen durch quarz-, asbest- oder sonstige silikathaltige Staube. Daß sich aber derartige Staube, gleichgültig in welcher Konzentration, im gegenständlichen Betrieb entwickeln, geht aus dem ggst. Akt, den oben zitierten Vorakten und Vorerkenntnissen und auch aus dem vom Bw selbst in der mündlichen Verhandlung vorgelegten ÖSBS-Gutachten vom 30.6.1994 hervor (welches - wie bereits dargelegt - auch in den Verfahren zu VwSen-220839 und 220840 vorgelegt und verwendet wurde), wenngleich daraus ersichtlich ist, daß zu diesem Probenahmezeitpunkten (19.5. und 21.6.1994) die MAK-Werte nicht überschritten wurden. Nach den zitierten gesetzlichen- und Verordnungsbestimmungen kommt es aber hier - im Gegensatz zu den Verfahren zu VwSen-220839 und VwSen-220840 - nicht auf den Grenzwert an, sondern auf die bloße Möglichkeit der schädlichen Einwirkung.

Daß der Arbeitnehmer Y C sich zum Kontrollzeitpunkt am 13.5.1996 im Krankenstand befand ist daher unerheblich, zumal er in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis zum Bw stand und somit bis vor Beginn seines Krankenstandes am 20.4.1993, ohne daß die besondere ärztliche Untersuchung vorgenommen worden war, beschäftigt wurde; dabei ist noch zu berücksichtigen, daß zufolge den Angaben der Zeugin G S in der Verhandlung, dieser Arbeitnehmer bereits seit 1992 im ggst. Betrieb beschäftigt worden ist, zumal die allgemeine ärztliche Untersuchung zur Erlangung der Beschäftigungsbewilligung bereits am 16.7.1992 beim Amtsarzt der BH Freistadt stattfand. Die besondere ärztliche Untersuchung des Y C war daher längst überfällig. Der Krankenstand dieses Arbeitnehmers am Kontrolltag kann daher den Bw in keiner Weise entlasten. Ebenso unerheblich ist es, daß der Arbeitnehmer Peter Gutman "nur" als Ladegerätfahrer eingesetzt war, zumal er auch als solcher dem Staub - wenn auch in vermindertem Ausmaß - ausgesetzt war.

Hinsichtlich des Arbeitnehmers H K bzw. des Einwandes, daß dieser vorher bei einer anderen Firma (Firma F) gearbeitet habe und deshalb dort untersucht worden sein mußte (da es sich hier offenbar um einen gleichartigen Betrieb handelt), ist auf folgendes zu verweisen: Entsprechend § 5 Abs. 1 der Verordnung BGBl.Nr. 39/1974, sind über jeden Arbeitnehmer, dessen Gesundheitszustand durch besondere ärztliche Untersuchungen nach § 3 zu überwachen ist, Aufzeichnungen zu führen, die u.a. Tag der Aufnahme der Beschäftigung, für die eine besondere ärztliche Untersuchung vorgeschrieben ist, und Art derselben (Z.2); Tag jeder besonderen ärztlichen Untersuchung und den Vermerk des ermächtigten Arztes über die Eignung (Z.5) usw enthalten müssen. Im Hinblick auf diese Aufzeichnungspflichten und dem Umstande, daß alle zwei Jahre eine besondere ärztliche Untersuchung der Arbeitnehmer stattzufinden hat, war der Bw verpflichtet, sich entweder die diesbezüglichen Befunde von der Fa.

Friepess zu besorgen oder selbst zu veranlassen, daß der Arbeitnehmer einer entsprechenden neuerlichen Untersuchung unterzogen wird.

Hinsichtlich der Übertretung nach Punkt 2 (Nichtbefeuchtung der Fahrwege) ist noch festzuhalten, daß der O.ö. Verwaltungssenat sehr wohl die diesbezügliche Bescheidauflage als hinreichend konkret und somit als vollziehbar ansieht.

Sicherlich erscheint es überzogen bzw. ist diese Bestimmung nicht so auszulegen, daß überhaupt kein Staub entstehen darf. Im gegenständlichen Fall kann davon jedoch keine Rede sein. Denn - wie schon oben unter Punkt 3. ausgeführt waren - bis auf die Verbindungsstraße - die Verkehrswege überhaupt noch nicht befeuchtet, obwohl bereits später Vormittag war. Noch dazu hat es sich damals um eine Trockenperiode gehandelt, wobei der 13.5.1993 ebenfalls wieder ein heißer Tag war; aus diesem Grund hätte der Bw schon am früheren Vormittag mit der Befeuchtung beginnen müssen. Es ist daher der Berufung auch diesbezüglich nicht gelungen, das Vorliegen des objektiven Tatbestandes mit Erfolg zu bekämpfen.

4.3. Zum Verschulden:

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Bw den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Bw gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war.

Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, daß er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH v. 2. April 1990, Zl. 90/19/0078). Ein derartiges Vorbringen - von Tatsachen oder von Beweismitteln -, das geeignet gewesen wäre, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, hat der Bw aber nicht erstattet.

Aus diesem Grund hat der Bw die Übertretungen auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

5. Zur Straffrage:

5.1. Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG:

Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14).

Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs.1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

5.2. Wegen der möglichen Gefährdungen, die durch derart verzögerte besondere ärztliche Untersuchungen für die Arbeitnehmer entstehen können (Silikoseerkrankung) sowie der starken Staubbelastung infolge Nichteinhaltung der Bescheidauflage bzw. der Nichtbefeuchtung der Verkehrswege der Arbeitnehmer, war das Verschulden des Bw keinesfalls so gering, daß mit einer Ermahnung das Auslangen hätte gefunden werden können. Daß die allfälligen Folgen der Übertretungen unbedeutend gewesen wären, kann einerseits nicht abschließend beurteilt werden, da sich diese oft erst später durch entsprechende Krankheiten herausstellen, war aber andererseits nicht nötig, darauf weiter einzugehen, da bereits das Nichtvorliegen des geringfügigen Verschuldens die Erteilung einer Ermahnung ausschließt (VwGH 29.9.1989, 85/18/0153).

6. Zur Strafbemessung:

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

6.2. Obgleich die belangte Behörde dies nicht ausdrücklich dartut, bewertet sie im Zuge ihres Strafbemessungsverfahrens den Unrechtsgehalt der Taten im Sinne des § 19 Abs.1 VStG strafbemessend doch als sehr erheblich. Dabei ist noch in der Bewertung des objektiven Unrechtsgehaltes der Tat miteinzubeziehen, daß die Gesetzesübertretungen sonst nachteilige Folgen offensichtlich (zB Erkrankungen von Arbeitnehmern) nicht nach sich gezogen hat. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß im gegenständlichen Falle von einer fahrlässigen Begehung auszugehen ist und der Bw - wie sich eindeutig aus der mündlichen Verhandlung ergeben hat dafür Sorge getragen hat, daß in Kürze, nämlich am 26. Mai 1993, die entsprechenden Untersuchungen durch das Eintreffen des Röntgenbusses im Betrieb veranlaßt wurden. Es ist daher insoweit von einer etwas geminderten Schuld auszugehen. Das Unrecht der Taten war sohin nicht von einem so gravierenden Ausmaß, welches derartig hohe Strafen erfordert. Es konnte daher in Anbetracht, daß keine nachteiligen Folgen bekannt wurden, mit geringeren Strafen das Auslangen gefunden werden. Dieses entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Bw. Die nunmehr festgesetzten Geldstrafen sind als tat- und schuldangemessen zu werten und als ausreichend zu betrachten, um den Bw nun von weiteren Tatbegehungen abzuhalten bzw. ihn in Hinkunft zu einem gesetzeskonformen Vorgehen zu verhalten. Gemäß § 16 Abs.2 VStG war daher auch die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend neu festzusetzen.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw im Sinne der zitierten gesetzlichen Bestimmungen einen entsprechend verminderten Verfahrenskostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz zu tragen; ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren hat zu entfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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