Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221054/2/Kl/Rd

Linz, 25.08.1994

VwSen-221054/2/Kl/Rd Linz, am 25. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der W W, vertreten durch Dr. O E, gegen den Zurückweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28.6.1994, Ge96-231-1994, wegen einer Bestrafung nach dem Arbeitszeitgesetz zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 4, 9 und 17 des Zustellgesetzes, BGBl.Nr. 200/1982 idgF.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 19.5.1994, Ge96-231-1994/Le, wurde eine Geldstrafe von insgesamt 9.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 228 Stunden, wegen Verletzung von Bestimmungen nach dem AZG in fünf Fällen verhängt.

Diese Strafverfügung wurde nach einem zweiten Zustellversuch am 26.5.1994 beim Postamt G-H hinterlegt und zur Abholung bereitgehalten.

Dagegen hat die Beschuldigte mit Eingabe vom 20.6.1994, zur Post gegeben am 20.6.1994, Einspruch erhoben, welcher mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28.6.1994 gemäß § 49 Abs.1 VStG iVm § 17 Zustellgesetz als verspätet eingebracht zurückgewiesen wurde.

2. Gegen diesen Zurückweisungsbescheid richtet sich die nunmehr fristgerecht eingebrachte Berufung und es wird darin im wesentlichen begründet, daß das Personal wie die Betriebsinhaber während der Saison in der Schutzhütte wohnen, welche nur durch die Seilbahn erreichbar sei. Die Hinterlegung der Schriftstücke beim Postamt G gelangte erst am 6.6.1994 zur Kenntnis und es wurde die Behebung sofort durchgeführt. Es wurde daher gebeten, "eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu gewähren", den Bescheid zu kassieren und das Verfahren wiederaufzunehmen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen. Da sich die Berufungsausführungen im wesentlichen auf die rechtliche Beurteilung der Rechtzeitigkeit beziehen und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG nicht anzuberaumen.

Ergänzende Erhebungen durch Nachfrage beim Postamt G-H haben ergeben, daß Frau W W während der Saison (im Sommer) sich in dem Berggasthof G-H aufhält, welcher sich in einem Post-Außenbezirk befinde. Die Berufungswerberin komme ca.

einmal wöchentlich zum Postamt, um Sendungen abzuholen.

4. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben.

Die oben zitierte Strafverfügung wurde laut Zustellnachweis am 26.5.1994 beim Postamt G-H hinterlegt und zur Abholung ab diesem Zeitpunkt bereitgehalten.

4.1. Gemäß § 4 des Zustellgesetzes ist die Abgabestelle der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf; das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anläßlich einer Amtshandlung auch deren Ort.

Wäre daher die Zustellung an den Arbeitsplatz grundsätzlich gerechtfertigt, so war im konkreten Fall zu berücksichtigen, daß die Berufungswerberin vertreten war.

Gemäß § 9 Abs.1 Zustellgesetz hat die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist und eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Die allgemeine Bevollmächtigung zur Vertretung beinhaltet auch die Ermächtigung zur Empfangnahme von Schriftstücken.

Es hat daher die Behörde nur mehr an den Zustellungsbevollmächtigten und nicht mehr an den Vertretenen zuzustellen.

Wird stattdessen an den Vertretenen selbst zugestellt, dann ist diese Zustellung unwirksam. Die irrtümliche Zustellung an die Partei selbst löst demnach keine Rechtswirkungen aus, kommt jedoch das Schriftstück tatsächlich dem Zustellungsbevollmächtigten zu, dann gilt die Zustellung in diesem Zeitpunkt als vollzogen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 1184 ff).

Die Berufungswerberin machte ihre Kenntnisnahme von der Zustellung bzw. vom Schriftstück am 6.6.1994 geltend, weshalb die Einbringung des Einspruches mit 20.6.1994 jedenfalls - weil die Kenntnisnahme des Vertreters jedenfalls später war - rechtzeitig erfolgte.

4.2. Abgesehen von dieser Frage wäre aber auch sonst die Einbringung des Einspruches rechtzeitig, weil gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz hinterlegte Sendungen nicht als zugestellt gelten, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte.

Die Berufungswerberin machte eine erste Kenntnisnahme am 6.6.1994 geltend - entsprechende Erhebungen wurden von der belangten Behörde vor der Zurückweisung in rechtswidriger Weise nicht durchgeführt -, weshalb die Zustellung am folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam wurde. Im übrigen wurde ermittelt, daß die Abgabestelle (Arbeitsplatz bzw. Betriebsstätte G-H) in einem Post-Außenbezirk gelegen ist. Es wird an die (in einem gleichgelagerten Fall) ergangene Judikatur erinnert, daß ein Postamt bzw. ein Postschließfach keine zulässige Abgabestelle ist, die Hinterlegung nicht rechtmäßig wäre und daher nicht die gesetzlichen Wirkungen der Zustellung entfalten könnte.

Aus den angeführten Gründen war der Zurückweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28.6.1994 rechtswidrig, weshalb er spruchgemäß aufzuheben war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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