Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221063/2/Le/La

Linz, 24.03.1995

VwSen-221063/2/Le/La Linz, am 24. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Herrn F K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 3.8.1994, Ge96-46-1994-Fr/Gut, eingeschränkt auf die Strafe, wegen Übertretung des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf 3.000 S herabgesetzt wird; gleichzeitig wird die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 43 Stunden reduziert.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in erster Instanz wird auf 300 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51 idgF iVm §§ 19, 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 3.8.1994 wurde der Berufungswerber (im folgenden kurz Bw.) wegen Übertretung des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes mit einer Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen) bestraft.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, daß er es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Lagerhausgenossenschaft G und Umgebung reg.

Genossenschaft m.b.H. zu verantworten habe, daß am 3.5.1994 in der Betriebsstätte in W, die dort beschäftigten Jugendlichen T H und G S (beide im zweiten Lehrjahr) mit dem Betanken von Kundenfahrzeugen beauftragt bzw. beschäftigt worden sind.

Der Sachverhalt sei durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt worden.

1.2. In der Begründung wurde nach einer Wiedergabe der Rechtslage dargelegt, daß der Sachverhalt durch ein Organ des Arbeitsinspektorates festgestellt worden sei. Da der Beschuldigte der Aufforderung zur Rechtfertigung keine Folge geleistet habe, werde dieses Verschweigen zum Tatvorwurf als Geständnis gewertet.

Bei der Strafbemessung wurde ausgeführt, daß nach den Umständen der Tat eine zumindest grob fahrlässige Handlungsweise zu unterstellen sei und daher das Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden könne. Die Bemessung der verhängten Geldstrafe erfolge im übrigen nach den Bestimmungen des § 19 VStG unter Berücksichtigung seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse. In Ermangelung einer Äußerung zum Tatvorwurf hätten eventuelle Strafmilderungsgründe nicht berücksichtigt werden können und wäre daher entsprechend dem objektiven Unrechtsgehalt dieses Verhaltens dem Strafantrag des Arbeitsinspektorates in bezug auf die Strafhöhe vollinhaltlich Rechnung zu tragen gewesen.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 23.8.1994, die ausdrücklich gegen die Höhe des Strafausmaßes erhoben wurde. Darin verwies der Berufungswerber darauf, daß das Straferkenntnis jede Begründung vermissen lasse, weshalb die Behörde von einem so schwerwiegenden Grad der Sorgfaltsverletzung wie "grobe Fahrlässigkeit" ausgehe. Der Bw. bestritt zwar nicht die Verwirklichung der objektiven Tatbestandsmerkmale, doch wären die subjektiven Tatbestandsmerkmale keinesfalls gegeben. Zwar sehe das VStG bei Ungehorsamsdelikten vor, daß die Behörde fahrlässiges Begehen annehmen könne, wenn der Beschuldigte seine Unschuld nicht zu bescheinigen vermöge, doch könne dies nicht soweit gehen, daß automatisch grobe Fahrlässigkeit angenommen werde.

Er stellte ausdrücklich in Abrede, daß er seine Sorgfaltspflicht über ein ungewöhnlich hohes Ausmaß verletzt habe.

Darüber hinaus verwies er auf seine persönliche Vermögenssituation, die er der Erstbehörde bereits mit Schreiben vom 28.7.1994 dargelegt hatte. Darin hatte er mitgeteilt, daß er für seine Gattin und sechs minderjährige Kinder unterhaltspflichtig sei, wobei eines seiner Kinder schwerst behindert sei. Weiters hätte er den Einheitswertbescheid und den Grundsteuerbescheid für seine Landwirtschaft vorgelegt, wobei der Einheitswert seiner Landwirtschaft mit 102.000 S bemessen worden sei. Da für landwirtschaftliche Betriebe die Grundsätze über die Bewertung nach Ertragswerten angewendet würden, lasse sich schon aus diesem Bescheid erkennen, daß die monatlichen Erträge unter dem Existenzminimum lägen und das Strafausmaß daher unverhältnismäßig hoch sei.

Er stellte daher den Antrag, das Strafausmaß auf das im Gesetz vorgesehene Minimum zu reduzieren.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Gegenäußerung erstattet. Dabei legte sie aber auch einen Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister vor, aus dem hervorgeht, daß der Bw. mit Straferkenntnis vom 11.8.1994, Ge96/46/1994, wegen Übertretung des § 5 Abs.1 Z5 KJBG mit Geldstrafe in Höhe von 5.000 S bestraft worden war.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt.

Da sich die Berufung ausdrücklich nur gegen die Höhe der Strafe richtet und in der Berufung nicht eine mündliche Verhandlung beantragt wurde, war gemäß § 51e Abs.2 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Dem Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde (§ 51 Abs.1 VStG).

Durch diese Bestimmung wird die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates im vorliegenden Fall begründet.

5.2. Die Strafbemessung richtet sich nach den Grundsätzen des § 19 VStG. Demnach ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32-35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die von der Erstbehörde angewendete Bestimmung des § 30 des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes sieht für die vorliegende Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von (mindestens) 1.000 S bis (höchstens) 15.000 S vor (im Wiederholungsfall: 3.000 S bis 30.000 S).

Das Arbeitsinspektorat hat im vorliegenden Fall in seiner Anzeige vom 24.5.1994 aufgezeigt, daß die im zweiten Lehrjahr beschäftigten Lehrlinge T H und Günther Steindl unter anderem mit dem Betanken von Kundenfahrzeugen im Betrieb der Lagerhausgenossenschaft Grein beauftragt waren. Nach einer Wiedergabe der Rechtsgrundlage stellte das Arbeitsinspektorat fest, daß beide Lehrlinge nicht zum Betanken von Fahrzeugen herangezogen werden dürfen. Es wurde daher beantragt, gegen die strafrechtlich Verantwortlichen ein Strafverfahren einzuleiten und sie mit 5.000 S zu bestrafen.

Die Erstbehörde hat im Ermittlungsverfahren die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten erhoben. Dabei gab dieser an, daß er für seine Gattin und sechs unversorgte Kinder, wovon eines erheblich behindert sei, zu sorgen habe. Hinsichtlich seines Einkommens übersandte er den Einheitswertbescheid vom Jänner 1988.

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde die Strafe mit 5.000 S festgesetzt; in der Begründung zur Strafbemessung verwies die Erstbehörde darauf, daß nach den Umständen der Tat eine zumindest grob fahrlässige Handlungsweise zu unterstellen sei und das Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden könne. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse äußerte die Behörde keine nähere Begründung, sondern gab lediglich an, daß sie diese berücksichtigt hätte. Eventuelle Milderungsgründe hätten in Ermangelung einer Äußerung zum Tatvorwurf durch den Beschuldigten nicht berücksichtigt werden können.

5.3. Damit hat die Erstbehörde die Strafe antragsgemäß festgesetzt. Sie hat jedoch keine eigenen Ermittlungen darüber angestellt, inwieweit die Verwaltungsübertretung Schädigungen der beschäftigten Jugendlichen nach sich gezogen hat, ob es sich um einen Einzelfall handelte oder um eine dauernde Beschäftigung und dergleichen.

Weiters geht aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren keineswegs hervor, welche Umstände die Erstbehörde dazu bewogen haben, grobe Fahrlässigkeit anzunehmen. Wenngleich der Erstbehörde zuzustimmen ist, daß im Sinne des § 5 Abs.1 VStG Fahrlässigkeit angenommen werden konnte, weshalb die subjektive Tatseite erfüllt war, wären hinsichtlich der Intensität der Fahrlässigkeit weitere Erhebungen (in Richtung grober Fahrlässigkeit) erforderlich gewesen. Der erhobene Tatumstand, nämlich daß zwei Jugendliche im zweiten Lehrjahr mit dem Betanken von Kundenfahrzeugen beauftragt waren, reicht jedenfalls noch nicht aus, hier eine "zumindest grob fahrlässige" Handlungsweise zu unterstellen.

Eine solche grob fahrlässige Handlungsweise ist für den unabhängigen Verwaltungssenat aus dem vorliegenden Sachverhalt nicht erkennbar, sodaß bei der Strafbemessung daher von leichter Fahrlässigkeit auszugehen ist.

Darüber hinaus sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu würdigen: Wenngleich der vom Bw.

vorgelegte Einheitswertbescheid aus dem Jahre 1988 schon älteren Datums ist, kann daraus doch geschlossen werden, daß das Einkommen im Hinblick auf die familiäre Situation (sechs Kinder, wobei eines davon erheblich behindert ist) eher im unteren Bereich anzusiedeln ist, weshalb auch die zu verhängende Strafe im unteren Bereich des Strafrahmens festzulegen ist.

Da der Bw. bereits eine noch nicht getilgte einschlägige Vorstrafe nach dem Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz aufzuweisen hat, war von dem für den Wiederholungsfall geltenden Strafrahmen von 3.000 S bis 30.000 S auszugehen und demgemäß die Strafe spruchgemäß mit 3.000 S festzusetzen.

Zu II.:

Die Herabsetzung der verhängten Strafe hat auf der Kostenseite zur Folge, daß der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz, der mit 10 % der verhängten Strafe zu bemessen ist, entsprechend herabzusetzen war.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind dem Bw. gemäß § 65 VStG nicht aufzuerlegen, weil seiner Berufung teilweise Folge gegeben worden ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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