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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221065/8/Gu/Bk

Linz, 15.12.1994

VwSen-221065/8/Gu/Bk Linz, am 15. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des F P, gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. Juli 1994, Zl. Ge-96/400/1993/Ew, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes verhängten Strafe nach der am 7. November 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben und der Straf- und Kostenausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses bei weiterhin aufrechtem Schuldspruch aufgehoben.

Ein Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 21 Abs.1 VStG, § 23 Abs.3, § 100, § 102 Abs.3 AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idF BGBl.Nr. 593/1987, § 31 Abs.2 lit.p ANSchG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der F P GesmbH (Komplementär GesmbH zur Arbeitgeberin F P GesmbH & Co KG, T) vertreten zu müssen, daß in der Betriebsstätte in M, am 5.10.1993 der Notausgang im hinteren Bereich des Verkaufsraumes versperrt war und ein Öffnen lediglich mit einem Schlüssel, welcher in einem Schlüsselkästchen neben dem Notausgang verwahrt war, möglich war, und sich der Notausgang somit nicht ohne fremde Hilfsmittel von innen öffnen ließ, obwohl dies § 23 Abs. 3 der AAV gebiete.

Wegen Verletzung des § 23 Abs.3 iVm § 100 AAV im Zusammenhang mit § 31 Abs.2 lit.p des ANSchG wurde dem Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 2.000 S und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden und ein Verfahrenskostenbeitrag von 200 S auferlegt.

In seiner rechtzeitig gegen die Höhe der verhängten Strafe gerichteten Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß er die in Rede stehenden Verhältnisse um den Notausgang deswegen so gelassen habe, um Ladendiebstahl hintanzuhalten.

Aus bautechnischen und betriebsorganisatorischen Gründen sei die Überwachung des Eingangsbereiches durch die Dienstnehmer problematisch. Das Bereithalten eines Schlüssels für das Öffnen des Notausganges habe sich in der Vergangenheit bestens bewährt und seien die Mitarbeiter für einen etwaigen Notfall bestens geschult. Auch bei anderen Objekten und in öffentlichen Gebäuden sei ein Notsignal oder Feueralarm nur durch das Einschlagen eines Kästchens zur Betätigung der Alarmsirene möglich. All diese Umstände und das geringe Verschulden rechtfertigte nicht das ausgesprochene Strafausmaß. Er beantragt daher diesbezügliche Behebung des Strafausspruches und Ausspruch einer Ermahnung.

Aufgrund der Berufung wurde am 7. November 1994 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihres rechtlichen Gehörs geboten.

Im Anschluß an die mündliche Verhandlung führte der Vertreter des Arbeitsinspektorates mit dem Beschuldigten einen Augenschein durch, um die Notausgangsituation im vorher erwähnten Betrieb einer zweckentsprechenden Lösung zuführen zu können, was im Ergebnis auch gelungen ist und darüber hinaus eine der Behörde nicht beanstandete Fluchtwegsituation auch im Lagerbereich einer zweckmäßigen Lösung zugeführt werden konnte.

Die F P GesmbH & Co KG hat ihr Handelsgewerbe im Standort M, am 13. Juni 1983 angemeldet und hat die Betriebsanlage von der Polstermöbelfabrik Sleepy übernommen, für welche die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land seinerzeit eine gewerberechtliche Genehmigung ausgesprochen hat. Mangels besonderer Anknüpfungspunkte hat die genannte Bezirkshauptmannschaft eine Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage oder eine Neugenehmigung der Betriebsanlage nicht als erforderlich erachtet. Die F P GesmbH & Co KG hat an maßgeblichen Bauteilen, so auch an den Notausgängen, keine Veränderungen vorgenommen.

Fest steht, daß diese KG auch keinen individuellen Verwaltungsakt erhalten hat, der iSd § 102 Abs.3 AAV eine Absprache der Behörde in Würdigung der Gefährdungssituation bzw des Kostenaufwandes enthielt.

Nach der am 3.6.1993 ergangenen Inspektion des Arbeitsinspektorates forderte dieses das Unternehmen auf ua den Notausgang bezüglich der Sperreinrichtung anders zu lösen.

Nach Anzeige bei der Behörde hat sich der Rechtsmittelwerber ähnlich wie in der Berufung gerechtfertigt. Aufgrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vergl. Erkenntnis vom 25.9.1990, Zl. 89/08/0009/6) reicht die Zuhilfenahme eines Schlüssels, der sich neben einem Notausgang befindet, zur Erfüllung der gesetzlichen Pflicht der leichten Öffenbarkeit nicht mehr hin. (§ 23 Abs.3 AAV).

Nachdem der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses durch die bloße Strafberufung in Teilrechtskraft erwachsen ist, bildete das Vertrauen des Rechtsmittelwerbers auf die nicht aktualisierte Nachrüstpflicht zumindest einen minderen Grad des Verschuldens. Nachdem auch der objektive Unrechtsgehalt durch die ohnedies intakte (Alt) Vorkehrung zum Schutze der Dienstnehmer (und Kunden) gering war - Folgen der Übertretung sind zum bestehenden Ungehorsamsdelikt nicht erforderlich - war mit dem Absehen von einer Bestrafung und somit mit der Behebung des Straferkenntnisses und des anknüpfenden Kostenausspruches vorzugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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