Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221101/2/Kl/Bk

Linz, 12.01.1995

VwSen-221101/2/Kl/Bk Linz, am 12. Jänner 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des C T, vertreten durch RAe Dr. N, Dr. H, Dr. S, Mag. K, Mag. B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. September 1994, Ge-96/141/1992/Tr, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit eingangs zitiertem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. September 1994 wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 10.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z4 iVm §§ 81 Abs.1 und 74 Abs.2 Z2 und 5 GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 686/1991, verhängt, weil er als gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der "T-PAPIER Gesellschaft m.b.H." für das Gewerbe "Verarbeitung von Papier in der Form eines Industriebetriebes" zu vertreten hat, daß am 23. und 27.

April 1992, wie von Organen der BH Linz-Land festgestellt wurde, im Betrieb in T, die dortige unter der ha. Aktenzahl Ge-6508 genehmigte Betriebsanlage für die Verarbeitung von Papier ohne die erforderliche Genehmigung der Behörde nach erfolgter Änderung - durch Betrieb eines neu errichteten vierten Festbettadsorbers bei der bestehenden Lösungsmittelrückgewinnungsanlage in einem an das Kesselhaus südwestseitig anschließenden Gebäude - durch den Betrieb einer neuen 4-Farben-Tiefdruckrotationsmaschine BIRO 4 und eines Heißölgenerators im bestehenden Lagerbereich an der Südostseite der do. Betriebsanlage - durch den Betrieb einer Waschmaschine für das Reinigen von Anlagenteilen und Gebinden (Fabrikat Renzmann Type 310-22) in einem an die neuere Farbmischanlage anschließenden Raum wodurch die Möglichkeit einer Belästigung von Nachbarn durch Geruch und Lärm und die Möglichkeit der Herbeiführung einer nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit des Grundwassers im Falle eines Auslaufens von Flüssigkeiten beim Betrieb der o.a. Anlagen bestand - betrieben wurde.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher der Bescheid in seinem ganzen Umfang angefochten wurde und dazu im wesentlichen als Begründung angeführt wurde, daß das Tatbestandsmerkmal "ändern" nur dann erfüllt sei, wenn sich durch die Maßnahme Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen iSd § 74 Abs.2 GewO ergeben können. Unter Hinweis auf die erfolgten Stellungnahmen wurde aber weiters hingewiesen, daß die inkriminierten Änderungen die Emissions- und Immissionssituation der genehmigten Anlagenteile in erheblichem Ausmaß reduziert haben, weshalb die Änderungen, die die Belastungssituation nicht verschlechtern können, keiner Genehmigung nach § 81 bedürfen.

Durch die konkrete Verbesserung der Belastungssituation bestehe keine abstrakte Möglichkeit einer Beeinträchtigung.

Im übrigen wurde Notstand gemäß § 6 VStG als Entschuldigung vorgebracht und schließlich auf die Anwendung des § 21 VStG hingewiesen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und mitgeteilt, daß von einer vom Beschuldigten beantragten Einholung einer gutachtlichen Äußerung des gewerbetechnischen und des immissions- und luftreinhaltungstechnischen Amtssachverständigen aus dem Grunde abgesehen wurde, zumal im Zuge des durchgeführten Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens von diesem Sachverständigen ausführliche Befunde aufgenommen und Gutachten erstattet wurden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 686/1991, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Nach § 81 Abs.1 leg.cit. bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung iSd vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Zufolge § 74 Abs.2 leg.cit dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Z1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

4.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. Erk.

des verst. Sen. vom 13. Juni 1984, Slg NF Nr. 11.466/A).

Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 81 Abs.1 GewO bedarf nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, sondern nur eine solche, die geeignet ist, die im § 74 Abs.2 leg.cit. umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen.

Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z4 GewO muß daher, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs.2 GewO genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (vgl. VwGH vom 5.11.1991, Zl. 91/04/0167).

Unter dem Begriff "Änderung" iSd § 81 ist jede durch die bereits erteilte Genehmigung nicht gedeckte Maßnahme des Inhabers einer Betriebsanlage zu verstehen, durch die einer der in dieser Bestimmung angeführten Umstände eintritt (vgl.

Stolzlechner-Wendl-Zitta, "Die gewerbliche Betriebsanlage", RZ 284 mNw).

Um dem Sprucherfordernis des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ist es daher erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses zur Konkretisierung der genehmigten Betriebsanlage der (die) Genehmigungsbescheid(e) angeführt wird (werden) (vgl. VwGH vom 28.1.1993, Zl. 91/04/0246) die Anführung einer Aktenzahl hingegen genügt nicht, zumal aktenkundig die ursprüngliche gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung zu einer anderen Aktenzahl erfolgte - und die getroffenen Änderungsmaßnahmen umschrieben werden. Aus dem gefällten Spruch läßt sich nur erahnen, daß der "Betrieb" von näher angeführten Maschinen die Änderungsmaßnahmen darstellen soll.

4.3. Die belangte Behörde stellt im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses darauf ab, daß die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage nach Änderung "betrieben wurde", verabsäumte es jedoch, darzulegen, worin das Betreiben nach der Änderung gelegen sein sollte. Es wurde daher verabsäumt, das Tatverhalten hinlänglich - iSd § 44a Z1 VStG - darzulegen (vgl. VwGH vom 26. April 1994, Zl.

93/04/0243). Dies ist aber insbesondere deshalb erforderlich, um aus dem näher umschriebenen Betrieb nach der vorgenommenen Änderung der Betriebsanlage die Eignung der Beeinträchtigung der nach § 74 Abs.2 Z2 und 5 GewO genannten Interessen in eindeutiger Weise ableiten zu können, und dies zwar immer im Hinblick auf die jeweils vorgenommene Änderung.

Da innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ein der angeführten Konkretisierung entsprechender Tatvorwurf nicht erfolgt ist, war daher - ohne daß auf die Sache selbst näher einzugehen war - das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

4.4. Abschließend wird jedoch der Berufungswerber darauf hingewiesen, daß er mit seinen Behauptungen hinsichtlich der Genehmigungspflicht der Änderungsmaßnahmen nicht im Recht ist. Nach § 81 Abs.1 erster Satz GewO ergibt sich nämlich die Genehmigungspflicht schon bei der bloßen Möglichkeit der im Gesetz näher umschriebenen Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen und Einwirkungen, also immer dann, wenn diese Umstände nicht auszuschließen sind. Dies wurde bereits von der belangten Behörde ausreichend dargelegt.

Daß die behauptete Verbesserung der Emissions- bzw Immissionssituation eine Genehmigungspflicht ausschließe, ist lediglich im Hinblick auf die bereits genehmigte Anlage zu sehen, weil gemäß § 81 Abs.1 zweiter Satz GewO die Genehmigung auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen hat, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist. Werden nach der obzitierten Rechtslage durch die Änderung der Anlage neue oder größere Immissionen auch durch die bestehende, bereits genehmigte Anlage ausgelöst, dann hat die Genehmigung der Änderung insoweit und diesbezüglich auch die bereits genehmigte Anlage zu umfassen (vgl. StolzlechnerWendl-Zitta, RZ 286, S. 274 mNw).

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum