Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221157/10/Schi/Ka

Linz, 14.03.1996

VwSen-221157/10/Schi/Ka Linz, am 14. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des F S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6.12.1994, Ge96-79-4-1994/Pef, wegen einer Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben als die verhängte Geldstrafe auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabgesetzt werden; im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß a) der erste Absatz des Spruches wie folgt zu lauten hat:

"Sie haben jedenfalls in der Zeit vom 6.7.1994 bis 3.8.1994 bei Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb mit Standort W Nr. , über den buschenschankmäßig erlaubten Betrieb hinaus durch entgeltliche Verabreichung von Speisen wie Schmalz, Topfen, Speck und Schweinernes, welches kalt oder warm serviert wurde, das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Jausenstation ausgeübt, obwohl Sie hiefür nicht im Besitz einer entsprechenden Gastgewerbeberechtigung gemäß § 142 Abs.1 Z 2 bzw. einer Berechtigung für das 'freie' Gastgewerbe gemäß § 143 Z. 7 GewO 1994 waren"; b) die Rechtsvorschrift, nach der die Geldstrafe verhängt wurde (§ 44a Z 3 VStG), um das Wort "Einleitungssatz" ergänzt wird.

Der Antrag auf Erteilung einer Ermahnung wird hingegen abgewiesen.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Strafverfahren in erster Instanz ermäßigt sich daher auf S 100; ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 16, 19, 21, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: §§ 64 Abs. 2 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6.12.1994 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung nach § 366 Abs.1 Z1 iVm § 142 GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt. Gleichzeitig wurde er zum Kostenersatz verpflichtet. Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe jedenfalls in der Zeit vom 6.7.1994 bis 3.8.1994 bei seinem landwirtschaftlichen Betrieb mit Standort W Nr., eine Jausenstation betrieben, wobei Speisen wie Schmalz, Topfen, Speck und Schweinernes, welches kalt oder warm serviert wird, gegen Entgelt verabreicht, obwohl er nicht im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung gemäß § 142 GewO 1994 gewesen sei. Diese Tätigkeit sei gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 gewerbsmäßig ausgeübt worden, da sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wurde, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Der Bw habe somit ein Gewerbe (Gastgewerbe) ausgeübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der beantragt wurde, das Straferkenntnis aufzuheben, in eventu es bei einer Verwarnung bewenden zu lassen. Begründend wird im wesentlichen nach Wiederholung des Tatvorwurfes ausgeführt, daß gemäß § 2 Abs.7 GewO 1994 für die Verabreichung von Speisen im Rahmen des Buschenschankes eine eigene Erzeugung nicht erforderlich sei. Im Rahmen des Buschenschankes sei die Verabreichung von kalten Speisen und der Ausschank von Mineralwasser und kohlensäurehaltigen Getränken zulässig, wenn dies dem Herkommen im betreffenden Bundesland entspreche. Seitens der BH Urfahr-Umgebung sei diesbezüglich keine Erhebung gemacht und auch keine Feststellung getroffen worden. Darin erblicke er eine Rechtswidrigkeit und auch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Was die Annahme eines schuldhaften Verhaltens anlange, möchte er darauf hinweisen, daß er diese beanstandete Ausübung einer Jausenstation schon seit dem Jahr 1977 ausübe. Es dürfte der Behörde nicht bekannt sein, daß seine Tätigkeit laufend kontrolliert werde, sowohl vom Tierarzt als auch seitens der Lebensmittelpolizei der BH Urfahr-Umgebung. Festhalten möchte er ausdrücklich, daß niemals ein Anlaß zur Beanstandung bestanden habe. Er habe die Kontrollen von Amtsorganen guten Gewissens über sich gehen lassen und sei auch im Glauben gewesen, hiefür keine Gewerbeberechtigung zu benötigen. Er wende sich daher mit Nachdruck dagegen, daß die Strafbehörde schuldhaftes bzw fahrlässiges Verhalten ihm anlaste. Er wende sich daher auch gegen die über ihn verhängte exemplarische Strafe von 5.000 S. Bei der Strafbemessung sei zwar berücksichtigt worden, daß er die beanstandete Tätigkeit nicht bestritten habe, es sei aber bei der Strafbemessung seiner Ansicht nach viel zu wenig berücksichtigt worden, daß er nur über ein monatliches Nettoeinkommen von 10.000 S verfüge. Die über ihn verhängte Strafe von 5.000 S stehe hiezu in einem krassen Mißverhältnis. Unberücksichtigt sei auch geblieben, daß die Rechtslage hinsichtlich des Umfanges des Buschenschankes durchaus nicht eindeutig sei.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.3. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann.

Weitere Beweise hinsichtlich des Sachverhaltes waren daher nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Berufungswerber gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

3.4. Im Hinblick insbesondere auf die rechtliche Beurteilung hat der O.Ö. Verwaltungssenat Stellungnahmen der Wirtschaftskammer Oberösterreich und der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich eingeholt. Diese Äußerungen wurden dem Bw zur Kenntnis gebracht; mit Schreiben vom 24.1.1996 hat der Bw dazu eine abschließende Stellungnahme abgegeben und beantragt, der Berufung Folge zu geben.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Dem Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat (§ 51 Abs.1 VStG).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer 1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben; ...

Beim Gastgewerbe handelt es sich um ein nicht bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe iSd § 124 Z. 9 iVm § 142 GewO 1994.

4.2. Zunächst ist die Frage der Gewerbsmäßigkeit zu prüfen.

Zur Prüfung dieser Frage ist daher zunächst § 1 GewO heranzuziehen; in dieser Bestimmung ist der Geltungsbereich der Gewerbeordnung 1994 festgelegt. Demnach gilt diese für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

Eine Tätigkeit wird nach Abs.2 leg.cit. gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

"Selbständigkeit" iSd Gesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Aus dem Akteninhalt, insbesondere auch aus den niederschriftlichen Angaben des Bw anläßlich seiner Einvernahme am 30.8.1994, ergibt sich eindeutig, daß der Bw die ggst. Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr, sohin "selbständig" iSd § 1 Abs.3 GewO ausgeübt hat.

Das Tatbestandsmerkmal "regelmäßig" wird in § 1 Abs.4 leg.cit. damit definiert, daß auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit gilt, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.

Es steht nach der Aktenlage fest und wurde vom Bw auch nicht bestritten, daß diese Tätigkeit im vorgeworfenen Tatzeitraum vom 6.7.1994 bis 3.8.1994 ausgeübt wurde. Damit ist aber jedenfalls das Tatbestandsmerkmal "längere Zeit" erfüllt.

Das letzte Tatbestandsmerkmal, nämlich einen "Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen" wurde vom Bw nicht ausdrücklich bestritten, sondern aufgrund seiner Angaben implizit zugestanden.

4.3. Gemäß § 142 Abs.1 bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 124 Z9) für 1. die Beherbergung von Gästen; 2. die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen; 3. den Ausschank von alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen; 4. den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen.

Zufolge Abs.2 dieses Paragraphen ist unter Verabreichung (Abs.1 Z2) und unter Ausschank (Abs.1 Z3 und Z4) jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, daß die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden. Nach Abs.3 dieses Paragraphen wird ein Gastgewerbe auch dann ausgeübt, wenn einzelne Dienstleistungen, die in ihrer Gesamtheit eine gastgewerbliche Tätigkeit gemäß Abs.1 ergeben, gesondert von zwei oder mehreren Unternehmen für dieselben Leistungsempfänger und im selben Standort erbracht werden.

Gemäß § 2 Abs.1 ist dieses Bundesgesetz - unbeschadet weiterer Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - ua auf den Buschenschank nicht anzuwenden (Z5).

Nach § 2 Abs.9 GewO 1994 ist unter Buschenschank im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs.1 Z5) der buschenschankmäßige Ausschank von Wein und Obstwein, von Trauben- und Obstmost und von Trauben- und Obstsaft durch Besitzer von Wein- und Obstgärten, soweit es sich um deren eigene Erzeugnisse handelt, zu verstehen; im Rahmen des Buschenschankes ist auch die Verabreichung von kalten Speisen und der Ausschank von Mineralwasser und kohlensäurehältigen Getränken zulässig, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß diese Tätigkeiten dem Herkommen im betreffenden Bundesland in Buschenschenken entsprechen. Die Verabreichung von warmen Speisen aufgrund dieser Ausnahmebestimmung ist nicht zulässig.

Der O.ö. Verwaltungssenat hat daher zum Umfang der Berechtigung des Buschenschankes ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durchgeführt, in deren Zuge die Wirtschaftskammer Oberösterreich und die Landwirtschaftskammer für Oberösterreich einschlägige Gutachten erstellt haben.

4.4. Die Landwirtschaftskammer für Oberösterreich weist in ihrer Stellungnahme vom 3.1.1996 ua darauf hin, daß sie aufgrund der langjährigen Beratung und Betreuung direktvermarktender Landwirte einen relativ guten Überblick über die Verkaufsaktivitäten von Bauern habe. Im Zusammenhang mit Buschenschenken konnte dabei die Beobachtung gemacht werden, daß Bauern in Oberösterreich seit jeher neben selbst erzeugtem Most und Süßmost auch kalte Speisen sowie Mineralwässer und kohlensäurehältige Getränke verabreichen. Die Landwirtschaftskammer geht daher davon aus, daß diese Verabreichungen dem Herkommen in Oberösterreich im Sinn des § 2 Abs.9 GewO 1994 entsprechen.

Diese Rechtsmeinung werde auch durch einige Entscheidungen des Amtes der O.ö. Landesregierung, Abteilung Gewerbe, gestützt. So habe beispielsweise das Amt der O.ö.

Landesregierung in einem Feststellungsverfahren gemäß § 348 Abs.1 GewO 1973 mit Bescheid vom 8.3.1993, Ge-060051-1-1993/Pö/Ra, festgestellt, daß die Verabreichung von kalten Speisen und der Ausschank von Mineralwasser und kohlensäurehältigen Erfrischungsgetränken im Rahmen einer Mostschank nicht der Gewerbeordnung 1993 unterliege. Dieser erstinstanzliche Bescheid sei aufgrund einer Berufung der Wirtschaftskammer nicht rechtskräftig, zeige jedoch, daß seitens der Gewerbebehörde die Zulässigkeit der Verabreichung von Minerlwässern und kohlensäurehältigen Getränken anerkannt wurde. Das diesbezügliche Feststellungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen, zuletzt sei aber mit Bescheid des Amtes der O.ö. Landesregierung vom 5.12.1995, Zl.Ge-060051/19-1995/Pö/Ra, in einem Teilspruch die Zulässigkeit der Verabreichung von Schweinsbraten, Geselchtem, Speck, Leberwurst, Sulz, Schmalz, Topfen- und Erdäpfelkäse und Butter sowie Brot festgelegt worden. Die Landwirtschaftskammer für Oberösterreich habe im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit ihre Mitglieder auch davon informiert, daß die Gewerbebehörde entsprechend dem Feststellungsbescheid vom 8.3.1993 vorerst von der Zulässigkeit der Verabreichung von kalten Speisen und des Ausschanks von Mineralwässern und kohlensäurehältigen Erfrischungsgetränken ausgehe.

4.5. Im Gegensatz dazu führt die Wirtschaftskammer Oberösterreich in ihrer Stellungnahme vom 15.12.1995 aus:

"Nach Ansicht der Wirtschaftskammer entspricht das Buschenschankrecht der Landwirte in Oberösterreich nur insoweit dem Herkommen, als der Ausschank von Most und die Verabreichung von Schwarzbrot den Landwirten seit alters her erlaubt war. Darüber hinaus hat es jedenfalls zum hier maßgeblichen Versteinerungszeitpunkt (1.10.1925) keine Rechte der Landwirte gegeben. Unsere Ansicht stützt sich insbesondere auf einen Erlaß des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3.11.1934, C/6 Zl.1572/2/1934. Daß diese im Erlaß festgehaltene Auffassung auch den tatsächlichen historischen Gegebenheiten in Oberösterreich entspricht, haben wir ausführlich recherchiert und in einer Stellungnahme an die oö Landesregierung vom 7.9.1992, Dr.

Fi/Si, festgehalten und näher begründet. Die oö Landesregierung hat in einem Feststellungsverfahren gemäß § 348 GewO diese Ansicht nicht geteilt, doch hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 9.2.1994 die Entscheidung der Landesregierung wieder aufgehoben und im wesentlichen unsere Ansicht bestätigt. Die oö Landesregierung, Gewerbeabteilung, hat bisher keine (neue) Entscheidung getroffen. Da aufgrund der in insbesondere im Hinblick auf den Erlaß des Landeshauptmannes aus dem Jahre 1934 bzw der sonstigen historischen Quellen die Rechtslage aber ohnedies eindeutig ist, ist ein derartiges Feststellungsverfahren auch gar nicht notwendig. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß eben Verabreichungsrechte und Ausschankrechte, soweit sie nicht ausdrücklich durch § 2 Abs.9, 1. Satz GewO 1994 von der Gewerbeordnung ausgenommen sind, in Oberösterreich den Landwirten eben nicht zustehen".

Weiters hat die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich in einer Stellungnahme vom 7.9.1992 zu dem erwähnten Feststellungsverfahren nach § 348 GewO 1973 betreffend Buschenschank an das Amt der O.ö. Landesregierung ua ausgeführt:

"Zur Klärung der Frage, welche Ausschank- und Verabreichungstätigkeiten nicht der GewO unterliegen und daher von Bauern vorgenommen werden dürfen, ist nach der Judikatur des VfGH die einfach-gesetzliche Rechtslage am 1.10.1925 (sog. Versteinerungszeitpunkt) maßgeblich. Davon hängt es ab, ob die Materie in die Bundeskompetenz (Art. 10 Z8 B-VG) oder die Landeskompetenz (Art. 15 B-VG, hier landund forstwirtschaftliches Nebenrecht) fällt (siehe zu dem Problem Pauger-Rack, Rechtsfragen des Buschenschankes, ZfV 1981, 442 und Fialka-Wallner, Komm zur GewO, § 2, Seite 25 f). Nun ist es speziell im Gewerberecht durchaus möglich, daß die Abgrenzung zwischen Bundes- und Landesgewerberecht nicht in jedem Bundesland gleich verläuft, da im Gewerberecht seit jeher auf das Herkommen (§ 2 Abs.7 GewO) und auf die Anschauungen und Vereinbarungen der (auch örtlich verschiedenen) gewerblichen Kreise abzustellen ist, wie es heute noch im § 29 GewO festgeschrieben steht (siehe auch Pauger-Rack, aaO, 439 insbesondere FN 41).

Da der Gesetzgeber der GewO jedenfalls den Ausschank von Wein und Obstwein, von Trauben- und Obstmost und von Trauben- und Obstsaft, im § 2 Abs.7 ausdrücklich für Bauern, soweit diese die Getränke ausschließlich aus eigener Erzeugung herstellen, von der GewO ausnimmt, ist unabhängig von der Zuständigkeit insofern eine Gewerbeberechtigung nicht notwendig. Hinsichtlich des Ausschankes von Mineralwässern, etc. sowie der Verabreichung von Speisen wird aber zu Recht auf das Herkommen im jeweiligen Bundesland abgestellt.

Soweit also am 1.10.1925 in Ländern das Buschenschankrecht zu Recht ausgeübt wurde, ist dies Landessache geblieben. Zur Feststellung dazu ist es notwendig, gesetzliche Vorschriften aus dieser Zeit aufzusuchen und soweit solche nicht bestehen, anhand von Zeitdokumenten etc. festzustellen, was in Oö damals erlaubt war. Bei der Suche danach sind wir auf reichhaltige Quellen gestoßen, wobei jedoch auffiel, daß zum Begriff "Buschenschank in " überhaupt keine Quellen auffindbar sind. Dies allein ist schon ein gewichtiges Indiz dafür, daß es ein Buschenschankrecht wie in anderen Bundesländern in nie gegeben hat.

Im einzelnen haben unsere Nachforschungen folgendes ergeben:

Neben dem schon erwähnten Dekret der obderennsischen Landesregierung vom 6.1.1827, wo den "Obsterzeugern im Innkreise und in den Parzellen des Hausruckkreises" der Ausschank des selbsterzeugten Mostes gestattet wurde, sind weitere Quellen beachtlich. Das Kundmachungspatent zur GewO 1859 (RGpl 227/1859), abgedruckt in Heilinger, Komm. zur GewO, Manz-Wien, 1909, 1 ff; Praunegger, die österreichische GewO, Leykam 1925, 1 ff sowie Heller-Laszky-Nathasky, Komm.

zur GewO, Manz-Wien, 1937, selbst trägt wenig zur Klärung bei und verweist lediglich auf den in einigen Landesteilen durch "ältere Einrichtungen" den Besitzern von Wein- und Obstgärten gestatteten Ausschank des eigenen Erzeugnisses.

Nur letzteres war also ursprünglich von der GewO ausgenommen, von der Verabreichung von Speisen war damals schon nicht die Rede. In finden sich an "älteren Einrichtungen" neben dem Dekret vom 6.1.1827 noch ein Beschluß der Stände vom 25.8.1757, der auf Drängen der "Bräumeister" das Mostausschenken der Bauern auf zwei Tage im Jahr, nämlich "Georgi" und "Michaeli" beschränkte (siehe dazu Rieß, der Most, Geschichte und Geräte, im Jahrbuch des Musealvereins Wels, 73/74, 58 (60)) sowie iZm dem Weinbau in ein generelles strafbewehrtes Verbot des Wein- und Mostausschankes durch den Landeshauptmann datiert mit März 1757. Dort heißt es wörtlich, "die Beamten sollen die unbefugten Winkelwirtschaften sogleich abstellen und sich verantworten, warum sie diesen Unfug den Generalien zuwider solange gestattet hätten", (zitiert aus Gugitz, vom Weinbau in Aschach/Donau, in "der Heimatgau" Jahrgang 1942, 32 (44)). Wie ebenfalls bei Gugitz nachzulesen ist, haben die "Untertanen" dagegen an die NÖ Landesregierung appelliert und wurde ihnen schließlich doch gestattet, die eigene "Weinfechsung" bei ihren Häusern auszuschenken, ansonsten aber jede Winkelwirtschaft zu unterlassen. Außerdem mußten sie die Verfahrenskosten ("Expensen") zahlen. Weitere Quellenhinweise finden sich bei Lipp, Most und Mostwirtschaft in in Vergangenheit und Gegenwart, im Bericht über den 9. österreichischen Historikertag in Linz, 156, der darauf verweist, daß schon seit Mitte des 17.

Jahrhunderts die Beschwerden der Wirte über das unbefugte Mostausschenken der Bauern nicht mehr abrissen, was dem reichlichen Aktenmaterial, welches für die Mostforschung ein bedeutendes Quellenmaterial sei, zu entnehmen ist. Ähnliches findet sich bei Karning, oberösterreichischer Most, Heimatland 1936, 150 bis 156 und Krackowizer, der Most. Eine wissenschaftliche Studie, Linz 1899, insbesondere 6 ff.

Allen diesen Quellen ist gemeinsam, daß den Bauern in wenn überhaupt - nur der Ausschank des eigenen Mostes bzw.

Weines erlaubt war, daß aber von einem Recht der Bauern, eigene Speisen zu verabreichen oder Limonaden und dgl.

auszuschenken, nirgends und niemals die Rede war.

Die gegenteiligen und im übrigen nicht im geringsten mit Beweismaterial bezogen auf die Zeit vor 1925 belegten Behauptungen der Landwirtschaftskammer sind daher vor diesem rechtlichen und historischen Hintergrund unhaltbar. Im übrigen sind Verstöße der Bauern gegen die GewO durch Ausschenken von anderen als eigenen Mosterzeugnissen bzw.

durch Verabreichen von Speisen, - wie auch sämtliche Bezirksstellen der HK glaubwürdig mitteilten, erst in den letzten Jahren festzustellen. Da ein Gewohnheitsrecht sich nicht gegen geltendes Recht durchsetzen kann, sind derartige Verstöße nach wie vor strafbar und sollen von den zuständigen Beamten iSd Ausführungen bei Gugitz (aaO, 44) auch entsprechend geahndet werden.

Bei allem Verständnis für die berechtigten Anliegen der Bauern muß doch darauf geachtet werden, daß die Gesetze und damit faire Wettbewerbsbedingungen eingehalten werden, wobei die Kammer etwa nichts dagegen hätte, wenn bei Nachsichten zur Zulassung zur Konzessionsprüfung etc. großzügig vorgegangen wird".

4.6. Dagegen hat der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Feststellungsbescheid vom 8.3.1993, Ge-060051/1-1993/Pö/Ra, ausgesprochen, daß die Verabreichung von kalten Speisen und der Ausschank von Mineralwasser und kohlensäurehältigen Erfrischungsgetränken im Rahmen einer Mostschank nicht der GewO 1973 unterliege. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:

"Soweit sich die Entwicklung des Buschenschankes in den Bundesländern generell verfolgen läßt, müßte überhaupt das Vorliegen eines Herkommens betreffend die Verabreichung von Speisen in Buschenschenken in Zweifel gezogen werden. So wird etwa in der Dissertation von Jutta Figl, "Die Entwicklung des Weinbaues und des Heurigenwesens in Neustift am Walde", Wien 1983, festgestellt, daß es erst in den späten 60er Jahren üblich geworden sei, daß die Gäste beim Heurigen Essen "kauften". Bis dahin sei es selbstverständlich gewesen, das Essen mitzunehmen.

Diese Situation habe sich aber verändert, wobei das Essen dem Trinken ein wenig den Rang abgelaufen habe. So "war früher den Leuten das wichtigste der gute Wein, heute geht man eher zu den Hauer, der das ansprechendere Buffet bietet." Bei einer ähnlichen Entwicklung in den übrigen Wein- und Obstbaugebieten Österreichs dürften nach der Bestimmung des § 2 Abs.7 GewO 1973 in keinen Buschenschenken Speisen verabreicht werden. Dies ist aber aufgrund der Buschenschankgesetze in den Bundesländern Wien, Niederösterreich, Steiermark, Burgenland und Kärnten nunmehr unstrittig.

Eine ähnliche Entwicklung wie bei den Heurigen ist allerdings in weit geringerer Anzahl - auch bei den in verschiedenen Teilen Oberösterreichs eingerichteten Mostschenken feststellbar. Was den Most betrifft, ist dieses ursprünglich als "Bettelmännergetränk" eingestufte Getränk nun immer besser absetzbar geworden, sodaß es bei gutem Standort des Betriebes eine geeignete Grundlage für einen Buschenschank darstellt. Gleich dem Heurigen kann aber auch eine Mostschenke nur geführt werden, wenn zugleich ein - auf den Most abgestimmtes - Angebot an kalten Speisen verabreicht wird.

Dieser Sachverhalt ist nicht anders zu beurteilen, als die Entwicklung in den Weinbaugebieten Wiens, Niederösterreichs, der Steiermark, Burgenlands und Kärntens. Da dort das Recht der Speisenverabreichung - inzwischen - unstrittig ist, kann auch den Betreibern von Mostschenken dieses Recht wohl nicht aberkannt werden. Neben den kalten Speisen ist ihnen - schon im Interesse der Verkehrssicherheit - auch der Ausschank von Mineralwasser und von kohlensäurehältigen Erfrischungsgetränken zu gestatten.

Daß dies keinen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte der Gastronomie darstellt, ist schon dadurch gewährleistet, daß in Mostschenken nur Most aus eigener Erzeugung ausgeschenkt werden darf. Damit ist weder der Zukauf von Most noch der Ausschank von anderen alkoholischen Getränken zulässig. Der Betrieb einer Mostschank ist daher durch die Menge des selbsterzeugten Mostes beschränkt, sodaß eine gewisse Größe und Dauer des Betriebes nicht überschritten werden kann.

Betreibern von Mostschenken steht es mit Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 im übrigen frei, durch Anmeldung eines freien Gastgewerbes gemäß § 149 Z7 (gemeint wohl: § 143 Z.7) neben der Mostschank im selben Standort auch einen - eingeschränkten - Gastgewerbebetrieb mit dem Recht zur Verabreichung von warmen Fleischspeisen und zum Ausschank von Milchmischgetränken und Flaschenbier zu führen".

4.7. Dieser Bescheid wurde mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 9.2.1994, GZ 316.295/2-III/4/93, aufgehoben. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:

"Zunächst ist davon auszugehen, daß im Gegensatz zur Regelung des Art. V lit.a des Kundmachungspatentes zur GewO 1859, worin den Besitzern von Wein- und Obstgärten der Ausschank der eigenen Erzeugnisse nur insoweit zugestanden wird, als 'er in einigen Landesteilen durch ältere Einrichtungen gestattet war', nunmehr in § 2 Abs.7 iVm § 2 Abs.1 Z5 GewO 1973 allen Besitzern von Wein- und Obstgärten (im Wege der Ausnahme vom Anwendungsbereich der GewO) dieses Recht zugestanden wird. Hinsichtlich des Ausschankes von Mineralwasser und kohlensäurehältigen Getränken und der Verabreichung von kalten Speisen im Rahmen des Buschenschankes wird hingegen an der Beschränkung auf das Herkommen in Buschenschenken im betreffenden Bundesland festgehalten; die dem Herkommen im jeweiligen Bundesland 'entsprechende Verabreichung kalter Speisen und der diesem Herkommen entsprechende Ausschank (zB von heimischem Mineralwasser) ist in eigenen landesrechtlichen Buschenschankvorschriften festgehalten' (Erläuterungen zur Regierungsvorlage 395 BlG.Nr. 13. GP).

Der angefochtene Bescheid geht hingegen (obgleich in einer Stelle der Begründung von dem "auf den Most abgestimmten" Angebot an kalten Speisen die Rede ist) offenkundig davon aus, daß - insoweit das Nebenrecht der Verabreichung von kalten Speisen (bzw. des Ausschanks von Mineralwasser usw.) an das Herkommen geknüpft wird - damit die Verabreichung kalter Speisen generell und nicht bezogen auf jeweils bestimmte Arten kalter Speisen zuerkannt werde. Darüber hinaus zieht der angefochtene Bescheid aus dem Umstand, daß in den erwähnten fünf Bundesländern durch bestehende Buschenschankgesetze der Umfang dieser Verabreichungstätigkeiten (wenngleich von Land zu Land unterschiedlich geregelt) nunmehr eindeutig abgegrenzt ist, den Schluß, daß diese Verabreichungsbefugnis auch in Oberösterreich (mangels eines Buschenschankgesetzes unbeschränkt) zugestanden werden müsse; insoweit entfernt sich dieser Bescheid vom Wortlaut des § 2 Abs.7 GewO 1973, welcher ausdrücklich auf das Herkommen im betreffenden Bundesland abstellt. Im Anschluß an Pauger-Rack (ZfV 1981, S. 433 ff) kann folgendes festgehalten werden:

Rechtsvorschriften, die den Besitzern von Wein- und Obstgärten das Recht zum Ausschank der eigenerzeugten Getränke einräumten, lassen sich bereits im 18. Jahrhundert nachweisen. Die GewO 1859 ließ den durch diese "älteren Einrichtungen" (ds ältere hoheitliche Privilegien) gestatteten Ausschank von Getränken unberührt und nahm ihn von ihrem Anwendungsbereich aus. Mit Inkrafttreten der Kompetenzverteilung am 1.10.1925 (sogen.

Versteinerungszeitpunkt) erlangte diese Trennung kompetenzrechtliche Bedeutung nach dem B-VG. Der Buschenschank zählte als von der GewO ausgenommene Tätigkeit demnach nicht zum Begriff des Gewerbes iS Art.10 Abs.1 Z8 B-VG und fiel nach der Generalklausel des Art.15 B-VG in die Regelungszuständigkeit der Länder. Wollte man nun eine absolute Versteinerung der 1925 festgestellten Grenzen annehmen, so könnte die von der ursprünglichen Regelung (Art.V lit.a KMP 1859) abweichende des § 2 Abs.1 Z5 iVm Abs.7 GewO 1973 nicht mehr die Kompetenzgrenze markieren; die GewO 1973 hätte dann (nur) manche dem Kompetenztatbestand Gewerbe zuzuzählende Bereiche regelungsfrei und somit Teile des Gastgewerbes bewilligungsfrei (aufgrund der GewR-Nov. 1992 schlechthin gewerbefrei) gestellt. Sofern die Buschenschankgesetze diese Bereiche ihrem Regime unterstellten und dem Buschenschankrecht zuzählten, würden sie bei dieser Sicht die Landeskompetenz überschreiten und verfassungswidrig sein. Eine Lösung dieses Problems ist dann möglich, wenn man akzeptiert, daß die "intrasystematische" Fortentwicklung komplementärer Kompetenzbegriffe (wie Buschenschank und Gewerbe) nicht auf die Fortentwicklung der unter-verfassungsgesetzlichen Rechtslage beschränkt sein kann, sondern eine Fortentwicklung des Kompetenztatbestandes selbst mit der Konsequenz der Verschiebung von Kompetenzgrenzen gegenüber dem Versteinerungszeitpunkt bedeutet. Hiebei ist zu berücksichtigen, daß komplementäre Kompetenzbegriffe sich immer nur gegenläufig entwickeln können; in dem Maß, in dem sich der eine "entwickelt", muß der andere "weichen". Wirtschaftliche Triebkräfte und Verbrauchergewohnheiten haben in diesem Sinne den Kompetenztatbestand Buschenschank zweifach weiterentwickelt:

Einerseits sind die Befugnisse der Buschenschenker gewachsen, andererseits ist ein Trend zur Vereinheitlichung der Buschenschankberechtigungen ersichtlich geworden - wie sich dies insbesondere in der vor der GewO 1973 (§ 2 Abs.7) vorgenommenen Abgrenzung dokumentiert. Entsprechend räumen die Buschenschankgesetze der Länder den Buschenschenkern als Nebenbefugnis das Recht zur Verabreichung gewisser (kalter) Speisen und zum Ausschank bestimmter alkoholfreier Getränke ein; Kernbereich inklusive Nebenbefugnisse machen nunmehr den Kompetenztatbestand "Buschenschank" aus.

Sieht man in diesem Sinn die Regelung der GewO 1973 als Kompetenzgrenze (in diesem Falle bleiben keine ungeregelten Bereiche im Rahmen des Gewerbe-Kompetenztatbestandes), so sind die den Buschenschank betreffenden Landesgesetze an ihr zu messen. Angesichts der extensiven Gestalt und der Ausnahmebestimmung der GewO 1973 wird hiebei (weiterhin Pauger-Rack folgend) ein strenger Maßstab anzulegen sein.

Was die Nebenrechte betrifft, sind im Detail verfassungsrechtliche Bedenken angebracht: zwar kann im einzelnen nicht beurteilt werden, ob die im jeweiligen Buschenschankgesetz geregelten Verabreichungs- und Ausschankbefugnisse tatsächlich dem Herkommen im jeweiligen Bundesland entsprechen; bereits nach dem Wortlaut geht aber die Berechtigung zum Ausschank von Milch und Fruchtsäften in einigen Buschenschankgesetzen über den zulässigen Rahmen hinaus (vgl. § 2 Abs.7 GewO 1973). Nach der historischen Entwicklung und ihrem Wortlaut schöpfen die Buschenschankgesetze den ihnen zustehenden Regelungsbereich jeweils voll aus (die historische Betrachtung erweist, daß bereits vor Inkrafttreten der GewO 1859 gebietsweise unterschiedliche Vorschriften in Geltung standen; diese 1925 aufrechten Bestimmungen prägten mit Inkrafttreten der Kompetenzverteilung den Begriff "Buschenschank" und damit indirekt den Gewerbebegriff - diesem wohnte damit 1925 eine örtliche Komponente inne, an der sich bis heute nichts geändert hat). Die Buschenschankgesetze umfassen somit den gesamten, den Buschenschank ausmachenden Berechtigungsumfang - da sie bundesländerweise differieren, ergibt sich, daß eine in einem Bundesland noch als Buschenschank zu beurteilende Tätigkeit in einem anderen nicht mehr Buschenschank, sondern bereits Gewerbe ist (die unterschiedlichen Länderregelungen lassen damit als Komplementärbegriff unterschiedliche Gewerbebereiche zurück - partikuläres Gewerberecht). Da es auch in den Ländern ohne Buschenschankgesetze (wie insbesondere in Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg) einschlägige alte Regelungen gab, wird für diese unter Berücksichtigung der Vereinheitlichungstendenz der GewO 1973 (danach wird im Kernbereich nicht mehr das alte Herkommen geprüft) ein Buschenschankrecht in Anlehnung an das der übrigen Bundesländer anzunehmen sein. Die Tätigkeit selbst findet jedoch (soweit nicht noch Regelungen aus der Monarchie in Kraft stehen) im gesetzesfreien Raum statt - dies bedeutet, daß in diesen Bundesländern der Buschenschank zum Beispiel keiner Anmeldung bedarf und keine Sperrstundenregelungen oder Ausstattungsvorschriften unterliegt.

Da die Nebenbefugnisse (wie insbesondere die Verabreichung kalter Speisen) gemäß § 2 Abs.7 GewO 1973 weiterhin von "Herkommen im betreffenden Bundesland" abhängen, kann jedoch nicht aus dem Fehlen einer Buschenschankregelung in Oberösterreich der Schluß gezogen werden, daß in diesem Bundesland das Recht auf Verabreichung kalter Speisen im Rahmen von Buschenschenken (zum Unterschied von jenen Ländern, in welchen dieses eine ausdrückliche und differenzierte Regelung erfahren hat) unbegrenzt zustünde, sind doch erst im Wege dieser Buschenschankgesetze (im Einklang mit der wirtschaftlichen Entwicklung) die Befugnisse der Buschenschenker gewachsen - es kann darin der Maßstab für das jeweilige Herkommen im betreffenden Bundesland gesehen werden. In Ländern ohne Buschenschankregelung kann dagegen der Umfang der jeweiligen Nebenbefugnisse nur im Wege der Prüfung des Herkommens hinsichtlich der einzelnen verabreichten Speisen (bzw Arten von Speisen) festgestellt werden.

Dem eingangs zitierten § 348 Abs.1 GewO 1973 idF der Gewerberechtsnovelle 1992 zufolge ist wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Bestimmung des zulässigen Feststellungsumfanges der bei der Behörde im Anlaßverfahren bestehende Zweifel. Dieser Zweifel bezog sich auf die in der oben wiedergegebenen Anzeige konkret angeführten kalten Speisen. Indem die Vorinstanz aus dem Fehlen eines Buschenschankgesetzes in Oberösterreich den (unzutreffenden) Schluß zog, daß deshalb insbesondere die Nebenbefugnisse der Verabreichung kalter Speisen im Rahmen einer Mostschank unbeschränkt zustehen und daher diese Tätigkeiten schlechthin nicht der GewO 1973 unterliegen, hat sie auch den Rahmen des dem Verfahren zugrundeliegenden Feststellungsumfanges überschritten. Da die Entscheidung damit klar über die den Gegenstand des Verfahrens bildenden Zweifel hinausging und ein Teilabspruch in diesem Sinne durch die Berufungsinstanz nicht als möglich erscheint, sah sich das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zu einer Behebung des angefochtenen Bescheides bestimmt, um eine neuerliche Entscheidung im Rahmen des Verfahrensgegenstandes (aufgrund des entsprechenden zu erhebenden Sachverhaltes) zu ermöglichen." 5. Dem Berufungswerber wurde das gesamte Ermittlungsergebnis zur Kenntnis gebracht; er gab mit Schreiben vom 24.1.1996 eine abschließende Stellungnahme ab, in der er seinen Standpunkt in der Berufung im wesentlichen wiederholte.

Zusätzlich führt der Bw noch aus, als Landwirt berufe er sich selbstverständlich auf die ihm zutreffend und fundiert erscheinenden Ausführungen der Landwirtschaftskammer für Oö., in denen ausdrücklich darauf hingewiesen werde, daß das Amt der Oö. Landesregierung in einem Feststellungsverfahren mit Bescheid vom 8.3.1993 festgestellt habe, daß die Verabreichung von kalten Speisen und der Ausschank von Mineralwasser und kohlensäurehältigen Getränken im Rahmen einer Mostschank nicht der Gewerbeordnung unterliege. Daraus müsse der Schluß zulässig sein, daß er zur Tatzeit (6.7. bis 3.8.1994) nicht das Gastgewerbe nach § 142 GewO 1994 ausgeübt habe, sondern eine nicht der Gewerbeordnung unterliegende Tätigkeit, nämlich eine Mostschank im Sinne des § 2 Abs.1 Z5 GewO 1994. Dessen ungeachtet sei die von der Wirtschaftskammer vertretene Ansicht, wonach es in Oberösterreich dem Herkommen entspräche, daß beim Ausschank von Most nur Schwarzbrot verabreicht worden wäre, unhaltbar sei, den diese Behauptung stehe im krassen Widerspruch zu der herkömmlichen Übung und Praxis. Die Erfahrung des täglichen Lebens bestätigten die Feststellungen der Landwirtschaftskammer für Oö., daß nämlich oberösterreichische Bauern seit jeher im Rahmen des Mostausschanks kalte Speisen verabreicht und Mineralwasser sowie kohlensäurehältige Getränke ausgeschenkt hätten. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage würde sich zwar erübrigen, noch auf die Verschuldensfrage einzugehen.

Trotzdem möchte er diesbezüglich bemerken, daß es für die Annahme eines Verschuldens keinerlei Grundlage geben könne.

Wenn das Problem des Umfangs des Buschenschankes in Oberösterreich vom VwGH abgehandelt werde, so zeige dies, welche gewerberechtlichen Probleme hier zu lösen seien. Den Landwirten, die sich mit den Mostausschank befassen, zuzumuten, zu wissen, was hier rechtens sei, wäre geradezu absurd. Es sei daher seiner Ansicht nach in seinem Fall auch der leichteste Grad einer Fahrlässigkeit auszuschließen.

6.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, daß entsprechend dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lediglich die Verabreichung von verschiedenen Speisen, nicht aber der Ausschank von alkoholischen oder nichtalkoholischen Getränken dem Bw zur Last gelegt wurde. Auch die Berufungsbehörde darf daher sachlich nicht über "mehr" entscheiden, als Gegenstand der Entscheidung der unteren Instanz war (VwGH 31.3.1987, Zl.84/07/0086). Das heißt für den gegenständlichen Fall, daß der unabhängige Verwaltungssenat keine Feststellungen darüber treffen darf, welcher Ausschank von Getränken im Rahmen des Buschenschankes zulässig gewesen wäre. Hinsichtlich des (unzulässigen) Ausschankes alkoholischer Getränke wie Bier und Schnaps wird auf ein kürzlich ergangenes Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 8.2.1996, VwSen-221319/7/Gu/Atz, hingewiesen.

6.2. Weiters ist darauf zu verweisen, daß dem Bw auch die Verabreichung von warmen Speisen ("Schweinernes, welches kalt oder warm serviert wird") zur Last gelegt wurde und er dies auch zugestanden hat (siehe Niederschrift der BH Urfahr-Umgebung vom 30.8.1994). Allein schon in dieser Hinsicht hat der Bw eindeutig seinen Berechtigungsumfang überschritten, da § 2 Abs.9 letzter Satz GewO 1994 ausdrücklich bestimmt, daß die Verabreichung von warmen Speisen aufgrund dieser Ausnahmebestimmung nicht zulässig ist.

Hier ist noch darauf zu verweisen, daß sogar die Buschenschankgesetze der Bundesländer (vgl. NÖ - §§ 11, Wien - § 10 Abs.2, Burgenland - § 7 Abs. 3 und Steiermark - § 5 Abs. 2) ebenfalls die Verabreichung von warmen Speisen ausdrücklich untersagen. Der Bw hat somit allein schon deshalb seine Berechtigung im Rahmen des Buschenschankes überschritten.

6.3. Weiters war aber noch zu prüfen, inwieweit die im Spruch angeführten kalten Speisen rechtlich zu beurteilen sind.

Während nun in den Buschenschankgesetzen der angeführten Bundesländer jene kalten Speisen, im einzelnen angeführt sind, verabreicht werden dürfen, fehlt für das Bundesland Oberösterreich ein derartiges Landesgesetz. Wie bereits sowohl in der Stellungnahme der Handelskammer (siehe oben Punkt 4.5.) sowie im o.a. Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8.3.1993 (sh. oben Pkt.

4.7.) schlüssig und zutreffend dargelegt wurde, hängen diese Befugnisse vom Herkommen im jeweiligen Bundesland ab (vgl.

dazu auch die Erl. zur RV 395 Blg.Nr. 13 GP).

Für Oberösterreich heißt dies im Ergebnis, daß die Verabreichung der im Spruch angeführten kalten Speisen ungesetzlich war bzw. über den Berechtigungsumfang des Buschenschankes hinausgeht. Dies geht zunächst aus den eindeutigen Ergebnissen der rechtshistorischen Untersuchung der Wirtschaftskammer Oberösterreich (mit Unterstützung des - seinerzeitigen - Zentralkataloges der wissenschaftlichen Bibliotheken der Landesregierung) hervor; dabei wird im Gutachten vom 7.7.1992 im einzelnen dargelegt, daß bereits seit sehr früher Zeit (16. Jhdt) verschiedenste Klagen über einschlägige Tätigkeiten der Bauern erhoben worden waren, wobei als Folge von der jeweils zuständigen Landesbehörde entsprechende Anweisungen und Maßnahmen ergangen sind; so z.B. als frühest nachweisbare Quellen ein Verbot des Landeshauptmannes vom März 1757, ein Beschluß der oberösterreichischen Landstände vom 25.8.1757 (Beschränkung des Mostausschankes auf zwei Tage im Jahr) sowie ein Dekret der obderennsischen Landesregierung vom 6.1.1827; weiters für die jüngere Vergangenheit ein Erlaß der Landeshauptmannschaft vom 3.11.1934, Zl. 31.1572/2-1934, betreffend den Buschenschank, in dem u.a. in Ziffer 3 bestimmt wird, daß "die Verabreichung von Speisen aller Art (Brot selbstverständlich ausgenommen) und von alkoholischen Getränken.... unbedingt verboten ist".

6.4. Es scheint daher eindeutig klargestellt, daß sich der Bw auch hinsichtlich der Verabreichung der angeführten kalten Speisen nicht mit Erfolg auf ein entsprechendes Herkommen in Oberösterreich berufen konnte. Auch die Ausführungen der Landwirtschaftskammer für OÖ. konnten an diesem Ergebnis nichts ändern, zumal im wesentlichen nur auf den angeführten Feststellungsbescheid des Amtes der o.ö.

Landesregierung Bezug genommen wurde, der jedoch mit dem o.a. Bescheid des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten aufgehoben worden war; dabei wurde mit ausführlicher und schlüssiger Begründung dargelegt, daß in Ländern ohne Buschenschankregelung der Umfang der jeweiligen Nebenbefugnisse nur im Wege der Prüfung des Herkommens hinsichtlich der einzelnen verabreichten Speisen festgestellt werden kann (sh. oben Pkt. 4.7.).

6.5. Schließlich war noch zu prüfen, ob nicht die Verabreichung von kalten Speisen bei Mostschenken in inzwischen gewohnheitsrechtlich doch zulässig geworden ist, zumal in den letzten Jahren objektiv eine Zunahme derartiger Tätigkeiten festzustellen ist. Insbesondere einige Ausführungen des Bw in seiner abschließenden Stellungnahme vom 24.1.1996 scheinen in diese Richtung zu gehen.

6.6. Unter "Gewohnheitsrecht" wird Recht verstanden, das durch lang andauernde Übung der Rechtsgenossen entsteht, wobei dieses tatsächliche Verhalten von "Rechtsüberzeugung" getragen sein muß (vgl. Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, Wien 1986, S 178ff). Spricht man von Gewohnheitsrecht, so ist dabei nicht an "Gewohnheiten", also an jene Fälle gedacht, in denen das gesatzte Recht auf tatsächliche Verhaltensweisen, etwa auf die "Übung" oder auf die "Verkehrssitte" innerhalb bestimmter Gruppen und Kreise Bezug nimmt. In diesem Zusammenhang ist gerade auf den verfahrensgegenständlichen Hinweis in § 2 Abs. 9 GewO 1994 betreffend das "Herkommen im jeweiligen Bundesland" Bedacht zu nehmen. Derartige Verweisungen auf gruppenübliche Verhaltensweisen sind keine Einschränkung der Herrschaft des gesatzten Rechts; die damit gemeinten "Gewohnheiten" oder "Übungen" sind vielmehr mittelbarer Inhalt des gesatzten Rechts; sie haben aufgrund der Verweisung ihre Rechtsgrundlage im Gesetz selbst, und sind nicht selbst Rechtsquelle. Eine solche wäre erst gegeben, wenn bestimmte, mit Rechtsüberzeugung geübte Gewohnheiten unabhängig von einer Verweisung im gesatzten Recht neues Recht schaffen oder gesatztem Recht derogieren könnten.

Liegt nun hier ein solches Gewohnheitsrecht als eigene Rechtsquelle, die dem gesatztem Recht gleichwertig ist, vor? Dies muß wohl eindeutig verneint werden. Denn aus der Tatsache allein, daß sich die Rechtsunterworfenen mit Rechtsüberzeugung in bestimmter Weise verhalten, kann nämlich noch nicht gefolgert werden, daß man sich so verhalten soll, weil aus einem bloßen Sein nicht ein Sollen abgeleitet werden kann. Im übrigen wäre im vorliegenden Fall (zum jetzigen Zeitpunkt) auch das konstitutive Element der "langdauernden Übung" (noch) nicht erfüllt.

Aus all diesen Gründen konnte somit vom Vorliegen eines entsprechenden Gewohnheitsrechtes nicht ausgegangen werden.

6.7. Es steht sohin fest, daß der Bw tatbestandsmäßig und, indem er gegen die obzitierten Rechtsnormen der GewO 1994 verstoßen hat, auch rechtswidrig gehandelt hat. Da im Bundesland Oberösterreich kein Buschenschank-Landesgesetz existiert, hätte der Bw zumindest eine Anmeldung des "freien" Gastgewerbes nach § 143 Z.7 GewO 1994 durchführen oder die entsprechende Gastgewerbeberechtigung erlangen müssen, um nicht gegen die GewO 1994 zu verstoßen. Um dieser Differenzierung gerecht zu werden, mußte der Spruch entsprechend neu gefaßt werden.

7. Zum Verschulden:

7.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war.

Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht.

7.2. Mit den Ausführungen des BW im letzten Absatz der abschließenden Stellungnahme vom 24.1.1996 zielt er allenfalls auch auf einen Rechtsirrtum ab.

In dieser Hinsicht ist auf § 5 Abs.2 VStG zu verweisen; danach entschuldigt eine Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Dies bedeutet, daß ein verschuldeter (dh fahrlässiger) Irrtum den Vorsatz bzw auch die Fahrlässigkeit nicht ausschließt, also keinen Schuldausschließungsgrund bildet.

Nur der unverschuldete Rechtsirrtum bildet einen Schuldausschließungsgrund (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österr. Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, Rn.749, 750). Die Gesetzesmaterialien zu § 5 Abs.2 führen dazu ua aus: Schuld fällt nur dem zur Last, der sich auch der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens bewußt ist oder doch bei gehöriger Aufmerksamkeit bewußt sein könnte. Wie nach § 3 die krankhafte Störung der Geistestätigkeit einen Menschen, die ihn unfähig macht, das Unerlaubte der Tat einzusehen, die wichtigste Voraussetzung der Schuld, die Zurechnungsfähigkeit ausschließt, so soll nach dem zweiten Absatz des § 5 auch einen zurechnungsfähigen Menschen sein Verhalten nicht zur Schuld gerechnet werden, wenn er es nicht als schädlich oder gefährlich, als unverträglich mit der guten Ordnung des Gemeinwesens erkennen konnte und ihn trotz der Aufwendung der Aufmerksamkeit, die er nach seinem Stande, Amte, Berufe, Gewerbe, seiner Beschäftigung oder überhaupt nach seinen besonderen Verhältnissen aufzuwenden verpflichtet war, auch die Verwaltungsvorschrift unbekannt geblieben ist, die das Verhalten untersagt oder gebietet.

Der Entwurf hat damit den Mittelweg zwischen den beiden Extremen gewählt, von denen das eine zur Strafbarkeit das Bewußtsein der formellen Rechtswidrigkeit, also die Kenntnis der Vorschrift fordert, der zuwidergehandelt wird, während das andere der Kenntnis des Gesetzes jede Bedeutung für die Strafbarkeit der Tat abspricht. Nach dem Entwurf soll die Behörde auch in dieser Frage von der Annahme ausgehen dürfen, daß jeder seine Pflicht kennt oder an ihrer Unkenntnis selbst Schuld trägt. Die Verteidigung des Beschuldigten, er habe nicht gewußt, daß er zu einer bestimmten Handlung verpflichtet gewesen sei oder daß er eine Handlung nicht hätte vornehmen dürfen, soll ihn nach dem zweiten Absatz des § 5 nicht vor Strafe schützen, wenn nicht erwiesen wird, daß ihn auch bei Aufwendung pflichtmäßiger Sorgfalt der Gedanke an das Unerlaubte seines Verhaltens gar nicht kommen konnte (AB 1925).

In diesem Sinne hat der VwGH widerholt dargelegt, daß, wer ein Gewerbe betreibt, verpflichtet ist, sich vor Ausübung über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten (VwGH 16.12.1986, 86/04/0091). Die Unkenntnis eines Gesetzes kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemanden die Verwaltungsvorschift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (VwGH 22.2.1979, 2435/76).

Insbesondere muß von einem Gewerbetreibenden verlangt werden, daß er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (VwSlg.7603 A/1969). Dabei ist auch die irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, die den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, daß sie unverschuldet war und daß er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte (VwGH 30.11.1981, 81/17/0126).

Da der Berufungswerber im Hinblick auf seine Beschäftigung bzw auf seine Tätigkeit verpflichtet gewesen wäre, sich entsprechend über die Zulässigkeit seines Tuns zu informieren, war ihm ein allfälliger "Gesetzesirrtum" bzw.

eine diesbezügliche Rechtsunkenntnis iS dieser Ausführungen vorzuwerfen.

8. Zur Straffrage:

8.1. Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG:

Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14).

Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs.1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

8.2. Im vorliegenden Fall erscheint nach der Sachlage der Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert der Tat nicht derartig geringfügig, daß ein Absehen von der Strafe zur Anwendung kommen konnte. Da somit ein geringfügiges Verschulden nicht vorlag, war iS der Judikatur des VwGH die weitere Voraussetzung der unbedeutenden Folgen der Tat nicht mehr zu prüfen.

9. Zur Strafbemessung:

9.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

9.2. Im Lichte dieser Bestimmungen mußte aber das Strafausmaß entsprechend vermindert werden, insbesondere auch im Hinblick auf die vom Bw selbst angegebenen Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse (siehe Niederschrift vom 30.8.1994). Weiters hat die Tat offensichtlich keine nachteiligen Folgen gezeitigt und scheint der Bw bisher unbescholten auf.

Die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe erscheint aber tat- und schuldangemessen und ist geeignet, den Bw in Hinkunft vor gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten; dabei waren auch generalpräventive Aspekte nicht ganz außer Acht zu lassen, zumal dem O.ö. Verwaltungssenat auch aus anderen einschlägigen Strafverfahren bekannt ist (vgl.zB.

VwSen-221319/7/Gu/Atz vom 8. 2. 1996), daß es sich hier nicht um Einzelfälle handelt.

9.3. Um im Lichte des § 16 VStG die Verhältnismäßigkeit zu wahren, war auch die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend zu reduzieren.

10. Der Judikatur des VwGH entsprechend mußte die Spruchänderung verfügt werden.

11. Der Ausspruch über den Beitrag der verminderten Verfahrenskosten I. Instanz sowie zum Entfall der Berufungskosten hat seinen Grund in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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