Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221161/2/Le/Km

Linz, 12.06.1995

VwSen-221161/2/Le/Km Linz, am 12. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des R.

K., .............., ............, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .......... vom 18.11.1994, Ge96/99/4-1993-Do/M, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß als Strafnorm im Sinne des § 44a Z3 VStG "§ 31 Abs.2 letzter Satzteil ASchG" zu zitieren ist.

II. Als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist ein Betrag von 1.000 S, d.s. 20 % der verhängten Strafe, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG idgF, BGBl.Nr. 51/1991 iVm §§ 24, 44a, 51, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.

52/1991 idgF.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ......... vom 18.11.1994 wurde der nunmehrige Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) als der Verantwortliche für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen in der K. Ges.m.b.H. & Co.KG. mit einer Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden) bestraft, weil er es zu verantworten habe, daß am 17.7.1993 in der Tischlerei-Betriebsanlage der K.

Ges.m.b.H. & Co.KG. in ........... eine Langschnittkreissäge nicht mit den im Gesetz vorgesehenen Schutzvorrichtungen versehen war und der Arbeitnehmer M. S. aufgrund des Fehlens dieser Schutzvorrichtung an diesem Tag einen Arbeitsunfall erlitten hat.

In der Begründung wurde nach einer Wiedergabe der Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk darauf hingewiesen, daß der Beschuldigte anläßlich seiner Vernehmung vom 17.11.1993 die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung vollinhaltlich zugegeben hat. Er hätte aber darauf hingewiesen, daß es aus technischen Gründen nicht so einfach möglich wäre, eine Schutzvorrichtung an dieser Langschnittkreissäge anzubringen; er hätte bereits mit verschiedenen Firmen wegen Anbringung dieser Schutzvorrichtung Gespräche geführt.

Nach einer Wiedergabe der maßgeblichen anzuwendenden Rechtslage legte die Erstbehörde ihre Erwägungen hinsichtlich der Strafbemessung dar.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 30.11.1994, mit der - schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben.

In der Begründung verwies der nunmehrige Berufungswerber darauf, daß die beanstandete Langschnittkreissäge "damals" neu gekauft worden sei; sie hätte den "damaligen Arbeitsbestimmungen" entsprochen. Es sei ihm klar, daß die damaligen Bestimmungen mit den heutigen nicht mehr zu vergleichen wären; erst heuer wäre aus finanziellen Gründen eine neue Langschnittkreissäge angekauft worden, die den heutigen Arbeitsbestimmungen entspreche.

Zum Arbeitsunfall des Herrn M. S. vertrat der Bw die Ansicht, daß sich dieser durch eigene Dummheit die Verletzung zugefügt hätte, weil er neben seinem Arbeitsplatz (zu diesem Zeitpunkt die Langschnittkreissäge) ein Foto von seiner Freundin hätte stehen gehabt.

Wenn dies mehrere Tischler machen würden, müßten alle Holzverarbeitungsbetriebe zusperren, weil dies für alle unverantwortlich wäre.

Es sei auch seitens der Behörde unverantwortlich zu bestrafen "wenn man in jeder Beziehung rund um die Uhr, für die Mitarbeiter als auch für den Staat anwesend zu sein, ohne von irgendwo je einen Groschen Beihilfe zu bekommen".

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft .........., die Strafanzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk vom 17.9.1993 sowie in die Berufung. Da daraus der maßgebende Sachverhalt klar ersichtlich und unbestritten ist und lediglich die Verschuldensfrage bestritten wurde, konnte von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Dem Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde (§ 51 Abs.1 VStG).

Durch diese Bestimmung wird die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates im vorliegenden Fall begründet.

Da eine Strafe in Höhe von nicht mehr als 10.000 S verhängt wurde, ist zur Entscheidung dieser Angelegenheit gemäß § 51c VStG ein Einzelmitglied zuständig.

4.2. Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 idgF, begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen ... zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 100 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl. 218/1993 idF BGBl. 369/1994, sind Übertretungen dieser Verordnung nach Maßgabe des § 31 ASchG zu ahnden.

In dieser Verordnung ist in § 48 Abs.1 bestimmt, daß zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer die Betriebseinrichtungen mit den technisch notwendigen Schutzvorrichtungen auszustatten sind. Soweit Arbeitnehmer Arbeiten ausführen, die mit einer besonderen Gefahr für sie verbunden sind, müssen Schutzmaßnahmen so weit wie möglich auch bei menschlichem Fehlverhalten wirksam sein.

Aufgrund des ermittelten Sachverhaltes steht fest, daß die gegenständliche Betriebseinrichtung, nämlich eine Langschnittkreissäge, nicht mit den im Gesetz vorgesehenen Schutzeinrichtungen versehen war. Dies ergibt sich aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates sowie aus dem Zugeständnis des nunmehrigen Bw.

Damit ist der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung als erfüllt und erwiesen anzusehen.

4.3. Der Bw vertritt - schlüssig - die Ansicht, daß ihn an dieser Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe, weil die Langschnittkreissäge, als sie angeschafft wurde, den damaligen Sicherheitsbestimmungen entsprach, eine neue Langschnittkreissäge aufgrund der finanziellen Situation des Betriebes erst 1994 angeschafft werden konnte und weil schließlich der verletzte Arbeitnehmer M. S. durch "eigene Dummheit" an diesem Arbeitsunfall mitschuldig sei; er hätte nämlich neben seinem Arbeitsplatz ein Foto von seiner Freundin stehen gehabt.

Mit diesem Vorbringen befindet sich der Bw nicht im Recht:

Nach § 5 Abs.1 des Arbeitnehmerschutzgesetzes in der hier anzuwendenden Fassung müssen Betriebseinrichtungen, wie ...

Maschinen ... dem Stand der Technik entsprechend derart ausgebildet oder sonst wirksam gesichert sein und auch so aufgestellt und verwendet werden, daß ein möglichst wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wird. Betriebseinrichtungen ... müssen hinsichtlich ihrer Bauweise den anerkannten Regeln der Technik, insoweit diese auch dem Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer dienen, entsprechen und erforderlichenfalls auch in der notwendigen Weise gekennzeichnet sein ....

Nach Abs.2 dieser Bestimmung müssen Betriebseinrichtungen ... in bestimmten Zeitabständen ... auf ordnungsgemäßen Zustand in besonderer Weise geprüft werden.

In Verbindung mit den in § 18 ASchG geregelten Pflichten der Arbeitgeber sowie dem § 48 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung ergibt sich daraus, daß Arbeitgeber verpflichtet sind, Betriebseinrichtungen dem jeweiligen Stand der Technik anzupassen. Das bedeutet für den Arbeitgeber, daß er sich über den jeweiligen Stand der Technik informieren und diesen in seinem Betrieb umsetzen muß. Die Umsetzung kann entweder dadurch erfolgen, daß Maschinen, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, entsprechend adaptiert oder ersetzt werden. Auf jeden Fall aber dürfen dem Stand der Technik nicht mehr entsprechende Maschinen nicht mehr weiter verwendet werden, wenn dadurch eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Arbeitnehmern entstehen würde.

Diesen Verpflichtungen hat der Bw als Arbeitgeber nicht entsprochen, da ansonsten die gegenständliche Langschnittkreissäge nicht mehr in Verwendung hätte stehen dürfen.

Bei der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt. Das bedeutet eine gesetzliche Schuldvermutung im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG, wonach Fahrlässigkeit ... bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Mit seinem Vorbringen ist es dem Bw nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Vielmehr ist aus dem Vorbringen, schon mit Firmen betreffend Anbringung einer Schutzvorrichtung Kontakt aufgenommen zu haben, zu erkennen, daß ihm als Arbeitgeber die besondere Gefährlichkeit der Maschine (die bei Kreissägen generell gegeben ist) insbesonders ohne Schutzvorrichtung bewußt war. Dadurch, daß er diese Maschine weiterhin ohne Schutzvorrichtungen in Betrieb beließ, hat er zumindest fahrlässig gehandelt.

Das weitere Vorbringen, der verletzte Arbeitnehmer Markus Scharinger hätte ein Mitverschulden deshalb, da er das Foto seiner Freundin neben dem Arbeitsplatz stehen hatte, ist ebenfalls nicht geeignet, den Verschuldensvorwurf an den Arbeitgeber zu entkräften:

Einerseits hat gerade die verletzte Bestimmung des § 48 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung den Zweck, Schutzmaßnahmen auch für menschliches Fehlverhalten zu installieren und andererseits hätte der Arbeitgeber im Zuge seiner Kontrolltätigkeit des Betriebes und der beschäftigten Arbeitnehmer dafür sorgen müssen, daß dieses Bild - sofern es tatsächlich eine Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit des Arbeitnehmers zur Folge hatte - entfernt wird. Dadurch, daß der Bw als Arbeitgeber auch dies unterlassen hat, ist im Verschulden in Form der Außerachtlassung der erforderlichen Kontrollen vorzuwerfen.

Zum letzten Absatz der Berufungsschrift ist zu bemerken, daß es keineswegs von der Bezirkshauptmannschaft ...........

unverantwortlich ist, wegen dieser Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes ein Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen, sondern dies vielmehr aufgrund der Aufgabe der Bezirksverwaltungsbehörden unerläßlich war. Der Bw verkennt offenbar mit seinem Vorbringen, "rund um die Uhr für die Mitarbeiter anwesend zu sein, ohne von irgendwo je einen Groschen Beihilfe zu bekommen" den Zweck der Arbeitnehmerschutzbestimmungen: Jeder Arbeitgeber, der sich zur Erfüllung seiner Aufgaben anderer bedient, hat wohl schon vom gesunden Menschenverstand her die Verpflichtung, diesen Personen entsprechende Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, damit diese einerseits eine ordentliche Arbeit verrichten können und andererseits, daß diese bei ihrer Tätigkeit für den Arbeitgeber nicht zu Schaden kommen. Aus diesem Grunde wurden die Arbeitnehmerschutzbestimmungen erlassen und die Arbeitgeber als diejenigen, die von ihnen freiwillig übernommene Arbeiten von anderen ausführen lassen, verpflichtet, diesen Arbeitnehmer entsprechende Schutzvorkehrungen angedeihen zu lassen.

4.4. Zur Strafhöhe ist festzustellen, daß sich die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich der Ahndung von Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes befindet und im Hinblick auf das Einkommen des Bw sowie auf den Gedanken der Spezialprävention hinsichtlich künftiger Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen als eher gering erachtet wird, weshalb eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe nicht für angebracht erschien.

zu II.:

Die Bestätigung des Straferkenntnisses hat zur Folge, daß der Bw auch mit dem gesetzlichen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten war. Die Kosten betragen gemäß § 64 VStG 20 % der verhängten Strafe, d.s. im gegenständlichen Fall 1.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage: Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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