Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221170/3/Le/La

Linz, 03.08.1995

VwSen-221170/3/Le/La Linz, am 3. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung der G J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 12.12.1994, Ge96-158-1994, wegen Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu den Spruchabschnitten 1. und 2. zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis in den Punkten 1. und 2. mit der Maßgabe bestätigt, daß diese wie folgt zu lauten haben:

"1. In der Betriebsstätte M, den Arbeitnehmern im ersten Obergeschoß keine versperrbaren Aufbewahrungsmöglichkeiten zur Aufbewahrung und Sicherung gegen Wegnahme der Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung sowie der mitgebrachten Gegenstände zur Verfügung gestellt;".

II. Als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist ein Betrag von 20 % der verhängten Strafen, ds zusammengerechnet 6.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.

52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 12. Dezember 1994 wurde die nunmehrige Berufungswerberin (im folgenden kurz: Bw) als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ der M Ges.m.b.H und (somit) als verantwortliche Arbeitgeberin mit der Geldstrafe in der Höhe von 2 x 15.000 S (Ersatzarreststrafe 2 x 15 Tagen) bestraft, weil sie es zu verantworten hätte, daß am 7. September 1994 in der Betriebsstätte W, den Arbeitnehmern im ersten Obergeschoß lediglich ein dreitüriger Kleiderschrank ohne Versperreinrichtung zur Verfügung gestellt worden wäre und weiters, weil in der Betriebsstätte in W, den Arbeitnehmern keine ausreichend großen, luftigen und versperrbaren Kästen zur Aufbewahrung und Sicherung gegen Wegnahme der Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung zur Verfügung gestellt worden wäre. Die Verwaltungsübertretung sei durch zwei Arbeitsinspektoren festgestellt worden.

(Im selben Straferkenntnis wurde noch die Übertretung von zwei weiteren Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes vorgeworfen, gegen die ebenfalls berufen wurde. Auf Grund der geringeren Strafe entscheidet jedoch hierüber das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied des unabhängi gen Verwaltungssenates in einem gesonderten Erkenntnis.) In der Begründung dieses Straferkenntnisses wurde darauf hingewiesen, daß zwei namentlich bezeichnete Arbeitsinspektoren am 7. September 1994 die beiden Betriebsstätten überprüft und die vorgeworfenen Mängel festgestellt hätten. Die Beschuldigte sei aufgefordert worden, sich bis spätestens 29. November 1994 schriftlich oder mündlich zu rechtfertigen, wobei ihr angedroht worden sei, daß im Falle der Nichtbefolgung dieser Aufforderung das Strafverfahren ohne ihre Anhörung durchgeführt würde. Die Beschuldigte hat eine Rechtfertigung unterlassen.

Erschwerend sei gewertet worden, daß Frau J schon des öfteren wegen Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen bestraft worden sei.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 27. Dezember 1994, mit der pauschal gegen die Bescheide Ge96-158-1994, Ge96-159-1994, Ge96-160-1994 und Ge96-157-1994 berufen wurde. In der Begründung wurde lediglich wortwörtlich folgendes ausgeführt:

"Ich berufe hiermit gegen das Straferkenntnis der oben angeführten Bescheide, mit der Begründung, daß die Firma M Mieterin ist und nicht Frau G." Diese Berufung, die bei der Erstbehörde eingebracht wurde, enthält keine weiteren Anträge oder Ausführungen.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, insbesonders die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 20.

Oktober 1994, den Auszug aus dem Firmenbuch betreffend die M Ges.m.b.H. in W sowie das Verwaltungsvorstrafenregister von Frau J.

Da daraus der maßgebliche Sachverhalt klar ersichtlich und durch die Berufung auch unbestritten ist, konnte von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde (§ 51 Abs.1 VStG).

Durch diese Bestimmung wird die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates im vorliegenden Fall begründet.

Da zwei Strafen in Höhe von je mehr als 10.000 S verhängt wurden, ist zur Entscheidung in dieser Angelegenheit gemäß § 51c VStG die Kammer zuständig.

4.2. Gemäß § 31 Abs.3 lit.b des Arbeitnehmerschutzgesetzes ANSchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die keine geeigneten Einrichtungen zur Aufbewahrung und zur Sicherung vor Wegnahme der Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung sowie der vom Arbeitnehmer für die Verrichtung der Arbeitsleistung mitgebrachten Gegenstände und jener Sachen, die vom Arbeitnehmer nach Verkehrsauffassung und Berufsüblichkeit zur Arbeitsstätte mitgenommen werden, zur Verfügung stellen (§ 14), eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20.000 S zu bestrafen.

In § 14 Abs.4 ANSchG ist angeordnet, daß jedem Arbeitnehmer zur Aufbewahrung und zur Sicherung vor Wegnahme seiner Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung eine geeignete Aufbewahrungsmöglichkeit sowie für die von ihm für die Verrichtung der Arbeitsleistung mitgebrachten Gegenstände und jener Sachen, die von ihm nach Verkehrsauffassung und Berufsüblichkeit zur Arbeitsstätte mitgenommen werden, eine ausreichend große, versperrbare Einrichtung zur Verfügung zu stellen ist, wobei auch die Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen sind.

4.3. Anläßlich der Überprüfung der beiden Betriebsstätten der M Ges.m.b.H. in W am 7. September 1994 durch zwei Arbeitsinspektoren wurde festgestellt, daß in der Betriebsstätte M, den Arbeitnehmern lediglich ein nicht versperrbarer Kleiderschrank zur Verfügung gestellt wurde.

Durch das Fehlen der Versperreinrichtung wurde der oben zitierten Verpflichtung des § 14 Abs.4 ANSchG nicht entsprochen und war somit der Schutz der persönlichen Sachen der Arbeitnehmer vor Wegnahme nicht gegeben.

Der gleiche Mangel wurde auch in der Betriebsstätte H festgestellt.

Durch die Feststellungen der Arbeitsinspektoren an Ort und Stelle ist der Sachverhalt erwiesen und stehen die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen somit objektiv fest. Die Bw hat es als Beschuldigte im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren trotz Aufforderung durch die belangte Behörde unterlassen, diesem Tatvorwurf entgegenzutreten. Sie hat damit ihrer Mitwirkungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren (siehe hiezu VwGH vom 29.

September 1993, 93/02/0105) nicht entsprochen und hat somit die Konsequenzen zu tragen.

4.4. Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, daß es sich bei den vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen um sogenannte Ungehorsamsdelikte handelt, weil schon das bloße Zuwiderhandeln gegen das Gebot, den Arbeitnehmern entsprechend versperrbare Aufbewahrungsmöglichkeiten für ihre persönlichen Sachen zur Verfügung zu stellen, mit Strafe bedroht ist.

Der Gesetzgeber stellt für diese Kategorie der Verwaltungsübertretungen in § 5 Abs.1 VStG eine gesetzliche Schuldvermutung in Form der Fahrlässigkeit auf. Nach dieser Bestimmung kann jedoch der Täter glaubhaft machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Allerdings ist es dafür erforderlich, daß der Täter initiativ alles darlegt, was seiner Entlastung dient.

Im vorliegenden Fall hat jedoch die Bw eine solche Initiative unterlassen, weshalb von zumindest fahrlässiger Begehung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung auszugehen ist.

Wenn die Bw nun in ihrer Berufung vorbringt, daß sie nicht selbst Mieterin sei, sondern die M Ges.m.b.H., so übersieht sie, daß sich der Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses nicht gegen sie persönlich richtet, sondern gegen sie als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ der M Ges.m.b.H.. Ihre Außenvertretungsbefugnis für die genannte Ges.m.b.H. ergibt sich aber eindeutig aus dem Firmenbuch, sodaß sie als Geschäftsführerin für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften iSd § 9 Abs.1 VStG voll verantwortlich ist.

4.5. Die vorgenommene Spruchkorrektur erfolgte zur Konkretisierung des Tatvorwurfes iSd verba legalia.

4.6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Angelegenheit über das Berufungsvorbringen hinaus überprüft und keine Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses sowie des durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens festgestellt.

Auch die Strafbemessung wurde überprüft und dabei festgestellt, daß die Bw seit 1993 neben einer großen Anzahl anderer Verwaltungsübertretungen insgesamt 27 Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu verantworten hat, nämlich 13 Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, 6 Übertretungen des Arbeitsinspektionsgesetzes, 6 Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes und 2 Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes. Aufgrund dieser nachlässigen Einstellung zu arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen war die vorgenommene Strafzumessung insbesondere aus spezialpräventiven Gründen erforderlich.

Zu II.:

Die Bestätigung des Straferkenntnisses hat zur Folge, daß die Bw auch mit dem gesetzlichen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten war. Die Kosten betragen gemäß § 64 VStG 20 % der verhängten Strafe, das sind im gegenständlichen Fall 6.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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