Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221187/7/Kl/Rd

Linz, 14.11.1995

VwSen-221187/7/Kl/Rd Linz, am 14. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Schieferer, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Dkfm. G W, vertreten durch RA Dr. W R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13.1.1995, Ge96-136-1994-Bi, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 31, 32, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 13.1.1995, Ge96-136-1994-Bi, über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 30.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § 7 GewO 1994 verhängt, weil er es als das für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliche Organ (persönlich haftender Gesellschafter Komplementär) der Kommanditgesellschaft G W, Leder und Extrakte zu verantworten hat, daß diese Gesellschaft vom 20.4.1994 bis 7.12.1994 im Standort N, gewerbsmäßige Tätigkeiten in der Form der industriellen Lederbearbeitung durchgeführt hat, obwohl die Kommanditgesellschaft G W, Leder und Extrakte nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung für die industrielle Lederbearbeitung ist und dieses Gewerbe erst aufgrund einer Gewerbeanmeldung ausgeübt werden darf.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wurde.

Begründend wurde im wesentlichen auf den Entzug der Gewerbeberechtigung mit 18.7.1994 bzw. 16.11.1994 hingewiesen. Es hätte vielmehr auf eine rechtskräftige Entscheidung von der belangten Behörde gewartet werden müssen.

Schließlich wird darauf hingewiesen, daß erst das Konkursverfahren abzuwarten gewesen wäre, weil ansonsten eine Beurteilung nach § 13 Abs.3 und § 13 Abs.4 GewO nicht möglich sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt und beantragten Administrativakt vorgelegt und eine Gegenäußerung abgegeben.

4. Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zur Entscheidung berufen.

Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

5.2. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 7 Abs.1 leg.cit. wird ein Gewerbe in der Form eines Industriebetriebes ausgeübt, wenn für den Betrieb im wesentlichen die nachfolgenden unter Z1 bis Z7 genannten Merkmale bestimmend sind.

5.2.1. Nach der ständigen Judikatur des VwGH erfordert die oben beschriebene Tatkonkretisierung die Umschreibung der Tätigkeit, die den Gegenstand eines Gewerbes bildet, die konkrete Anführung dieses Gewerbes sowie auch Feststellungen über die Ausübung der Tätigkeit wie auch über die Gewerbsmäßigkeit gemäß den Anforderungen nach § 1 GewO.

Es wurde daher von der belangten Behörde unterlassen, die als ein Lederbearbeitungsgewerbe in der Form eines Industrie betriebes unterliegend gewertete Tätigkeit des Berufungswerbers im Spruch unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu beschreiben (welche Tätigkeit, Merkmale des Industriebetriebes usw) sowie anzuführen, daß die Tätigkeit selbständig, dh auf eigene Rechnung und Gefahr, regelmäßig und in der Absicht, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeführt wurde. Nach der weiteren Judikatur indizieren nämlich die einem bestimmten Gewerbe zugerechneten Arbeiten für sich allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit (vgl. ua VwGH vom 17.3.1987, 85/04/0210, 10.9.1991, 91/04/0098, 24.11.1992, 92/04/0156, 28.2.1995, 93/04/0002).

Da eine diesen Konkretisierungsanforderungen entsprechende Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung, Straferkenntnis) innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt wurde, war das diesbezügliche Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren gemäß § 66 Abs.1 VStG - weil das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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