Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221197/2/Schi/Ka

Linz, 06.03.1996

VwSen-221197/2/Schi/Ka Linz, am 6. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16.1.1995, Ge96-382-1994/Ew, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe vollinhaltlich bestätigt, als im Spruch die Hausnummer des Tatortes "11" zu lauten hat.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, ds 2.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstigem Zwang zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 iVm § 62 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: §§ 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16.1.1995, Ge96-382-1994/Ew, wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung nach § 366 Abs.1 Z1 iVm § 1 Abs.4, § 5 Abs.2 Z2, § 124 Z11 und § 339 Abs.1 GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen) verhängt, weil er in das nicht bewilligungspflichtige gebundene Handelsgewerbe ausgeübt habe, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, indem er am 20.8.1994 an die Firma P, 2000 kg Klammerdraht verk.900 N/mm2, Artikelnummer 1,20, 3000 kg Klammerdraht verk.850 N/mm2, Artikelnummer 1,53, 3000 kg Klammerdraht verk.850 N/mm2, Artikelnummer 1,58, sowie 10 kg Klebelack farblos gegen ein Entgelt von S 110.179,56 lieferte.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der beantragt wurde, "den Bescheid zu regulieren". Im einzelnen wurde ausgeführt, daß nicht von einer gewerbsmäßig und regelmäßig ausgeübten Tätigkeit ausgegangen werden könnte, denn die Fa. P habe ihn gebeten, diesen Spezialdraht, den ihm eine dritte Person zum teilweisen Ausgleich seiner Schuld überlassen habe, zu verkaufen. Aus wirtschaftlichen Gründen sei er gezwungen gewesen, diesen Klammerdraht, der nur begrenzt lagerfähig sei, ohne Gewinnabsicht zu veräußern. Im übrigen beabsichtige er die notwendige Gewerbeberechtigung zu erlangen und habe derzeit kein Einkommen, müsse aber trotzdem 2.500 S Unterhalt monatlich für sein Kind aufbringen. Er ersuche daher um Regulierung dieses Bescheides.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Berufungswerber gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Dem Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat (§ 51 Abs.1 VStG).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

4.2. Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer 1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben; ...

Beim Handelsgewerbe handelt es sich um ein nicht bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe iSd § 124 Z. 11 GewO 1994.

4.3. Der Bw hat ausdrücklich bestritten, die ihm vorgeworfenen Tätigkeiten gewerbsmäßig ausgeübt zu haben.

Zur Prüfung dieser Frage ist daher zunächst § 1 GewO heranzuziehen; in dieser Bestimmung ist der Geltungsbereich der Gewerbeordnung 1994 festgelegt. Demnach gilt diese für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

Eine Tätigkeit wird nach Abs.2 leg.cit. gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

"Selbständigkeit" iSd Gesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Wie aus dem vorliegenden Akt ersichtlich und vom Bw nicht bestritten, hat er mittels Lieferschein und Rechnung, einschließlich Verrechnung der MwSt, die tatgegenständlichen Waren an die Fa. Plank verkauft und ist dabei wie ein selbständiger Kaufmann aufgetreten, bzw. hat er auch tatsächlich so gehandelt. Es fand sich keinerlei Anhaltspunkt, daß der Bw in Abhängigkeit von einem andern bzw. unselbständig gehandelt hätte. Auch hat er nichts derartiges vorgebracht.

Vielmehr hat er selbst das gesamte unternehmerische Risiko des gegenständlichen Handelsgeschäftes "selbständig" iSd § 1 Abs. 3 GewO getragen.

Das Tatbestandsmerkmal "regelmäßig" wird in § 1 Abs.4 leg.cit. damit definiert, daß auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit gilt, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.

In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß aufgrund des Umfanges der gegenständlichen Lieferung unter Verwendung eines einschlägigen Geschäftspapieres (Lieferschein lautend auf Robert Riedl, Nägel- Klammern- Heftmaschinen) sowie des Umstandes, daß vom Bw am 23.1.1992 eine Gewerbeanmeldung erstattet worden war, die jedoch keine Rechtswirksamkeit entfaltet hat, jedenfalls auf die Absicht der Wiederholung zweifelsfrei geschlossen werden kann. Der diesbezügliche Einwand des Bw, wonach es sich nur um eine einmalige Verkaufshandlung gehandelt hätte, war somit zurückzuweisen, denn diesfalls würde es wohl kaum der Lebenserfahrung entsprechen, daß sich der Bw für eine einmalige Verkaufshandlung entsprechende Geschäftspapiere (mit Stempelaufdruck) besorgt.

Zur Ertragserzielungsabsicht ist anzuführen, daß aus den gesamten Umständen des Falles (siehe insbesondere die im Akt einliegende Rechnung des Bw vom 22.8.1994, in der zu den einzelnen Posten Rabatte gewährt werden sowie auch die Mehrwertsteuer von 20 % gesondert ausgeworfen ist) eindeutig geschlossen werden kann, daß hier eine Gewinnabsicht vorliegt.

4.4. Die objektive Tatseite mußte daher als verwirklicht angesehen werden.

5. Zum Verschulden:

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht.

6. Zur Strafbemessung:

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat sind gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

6.2. Die belangte Behörde hat mangels entsprechender Angaben des Bw die allseitigen Verhältnisse wie folgt geschätzt:

Kein Vermögen, keine Sorgepflichten, monatliches Nettoeinkommen von 15.000 S. Der Bw hat in seiner Berufung dazu lediglich angeführt, er habe derzeit kein Einkommen und müsse 2.500 S an Unterhaltspflichten monatlich begleichen.

Dazu ist festzustellen, daß es völlig unglaubwürdig erscheint, daß der Bw derzeit überhaupt kein Einkommen bezieht; denn aufgrund des in Österreich sehr ausgeprägten Systems der sozialen Sicherheit bezieht der Bw zumindest Sozialhilfe oder jedenfalls Arbeitslosengeld. Aber selbst unter Zugrundelegung dieser niedrigen Einkommensverhältnisse sowie der Sorgepflicht für ein Kind waren diese Umstände nicht geeignet, eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe zu bewirken, insbesondere im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Bekämpfung von unbefugter Gewerbeausübung und Hintanhaltung der Schädigung von volkswirtschaftlichen Interessen. Dies gilt im besonderen für den vorliegenden Fall, da aufgrund des Vorliegens von Gewerbeausschlußgründen und mangels Befähigungsnachweises die Gewerbeanmeldung des Bw am 23.1.1992 betreffend Handelsgewerbe im Standort Ansfelden von der Gewerbebehörde nicht zur Kenntnis genommen werden konnte. Ungeachtet dessen hat offenbar der Bw trotzdem eine einschlägige gewerbliche Tätigkeit entfaltet. Im Hinblick auf den hohen Rechnungswert (110.000 S) der verkauften Ware sowie im Hinblick auf die gesetzliche Höchststrafe von 50.000 S war die verhängte Geldstrafe angemessen und geeignet, den Bw in Hinkunft von einer weiteren unbefugten Gewerbeausübung abzuhalten. Im übrigen waren generalpräventive Gründe nicht ganz außer Acht zu lassen.

7. Da sich aus dem gesamten Akt ergibt, daß sich der "Standort" und somit Tatort der ggst. unbefugten Gewerbeausübung in Ansfelden, Himmelreichstr. 11, befunden hat, mußte iSd § 62 Abs.4 AVG die im Spruch angeführte Nr.

"12" entsprechend berichtigt werden, zumal es sich hier um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt.

8. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

9. Die Vorschreibung des Verfahrenskostenbeitrages gründet sich auf § 64 Abs.2 VStG. Demnach ist der Beitrag für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen; das sind im vorliegenden Fall 2.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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