Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221202/2/Ga/La

Linz, 10.04.1996

VwSen-221202/2/Ga/La Linz, am 10. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der R... A..., vertreten durch Dr. W... B... und Dr. K... W..., Rechtsanwälte in S..., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 18.

Jänner 1995, Zl. Ge96-125-1994, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß - die Einleitung des Schuldspruchs wie folgt zu beginnen hat: "Sie sind als handelsrechtliche Geschäftsführerin der S... Ges.m.b.H. in deren Eigenschaft als persönlich haftende Gesellschafterin der S... das zur Vertretung nach außen berufene und somit das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliche Organ der S... Ges.m.b.H. & Co KEG, die im Standort ..."; - die Anführung der Getränke in der lit.i des Schuldspruchs wie folgt zu ergänzen ist: "... zu einem Preis zwischen S 280,-- und S 3.700,--".

II. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, ds 1.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2; § 64 Abs.1 und 2.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin schuldig erkannt, sie habe als "geschäftsführende Gesellschafterin und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der S... Ges.m.b.H. & Co KEG, die im Standort S..., B..., die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart 'Nachtklub' besitzt, unter anderem auch durch die Auflage von Getränkekarten" an mehreren, näher angegebenen Tagen im Zeitraum vom 15. Juli bis zum 18. November 1994 den Ausschank von bestimmten Getränken zu bestimmten Preisen angeboten und somit das Gastgewerbe ausgeübt, ohne eine Anzeige gemäß § 39 Abs.4 GewO 1994 über die Bestellung eines dem § 39 Abs.2 entsprechenden Geschäftsführers erstattet zu haben.

Dadurch habe sie die §§ 367 Z1 und 39 Abs.4 GewO 1994 verletzt und sei gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994 mit einer Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) kostenpflichtig zu bestrafen gewesen.

1.2. Begründend verweist die belangte Behörde nach Dar stellung von Lauf und Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sowie der rechtlichen Beurteilung darauf, daß die genannte Gesellschaft seit dem 17. Mai 1993 im Standort S..., B..., die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Nachtklub" besitze; mit demselben Zeitpunkt sei A... P... als im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer zum Geschäftsführer bestellt worden. Bis zur Schöpfung des Straferkenntnisses sei keine Anzeige über das Ausscheiden von Herrn P... als Geschäftsführer bei der Gewerbebehörde eingelangt. Laut einer Mitteilung der O.ö.

Gebietskrankenkasse habe aber das Dienstverhältnis zwischen A... P... und der Gewerbeinhaberin am 10. Jänner 1994 geendet und es sei durch Einsichtnahme in das Firmenbuch beim Landesgericht Ried i.I. festgestellt worden, daß Herr P... auch nicht dem zur Vertretung (wohl: nach außen) berufenen Organ der S... Ges.m.b.H. & Co KEG angehöre.

Weil aber die Bestimmung des § 39 Abs.4 GewO 1994 nur eine Ordnungsvorschrift sei, erfolge das Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers nicht erst mit der Anzeige an die Behörde, sondern mit der Beendigung des der Geschäftsführertätigkeit zugrundeliegenden Verhältnisses zwischen dem Gewerbetreibenden und dem Geschäftsführer. Im konkreten Fall bedeute dies, daß Herr P... am 10. Jänner 1994 als Geschäftsführer ausgeschieden sei und daß deshalb die Gewerbeinhaberin nach Ablauf der sechsmonatigen Übergangsfrist das Gastgewerbe zu den im Spruch angeführten Zeiten ohne einen ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführer ausgeübt habe.

Wenn kein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt ist, so sei hinsichtlich der Verantwortung für die Einhaltung der sich aus den gewerberechtlichen Vorschriften ergebenden Verpflichtungen § 9 Abs.1 VStG subsidiär heran zuziehen, wonach diese Verantwortung für juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit zu tragen habe, wer zur Vertretung nach außen berufen ist, soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind.

Vorliegend sei die Berufungswerberin alleinige Geschäftsführerin der S... Ges.m.b.H., die wiederum Komplementärin der S... Ges.m.b.H. & Co KEG sei, sodaß die Berufungswerberin als das nach § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Gewerbeinhaberin anzusehen sei. Da auch kein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs.2 VStG rechtswirksam bestellt worden sei, sei der strafbare Tatbestand erfüllt und liege auch Verschulden vor.

Zur Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem beträchtlichen Unrechtsgehalt der Tat aus. Mildernd bewertete sie "die bisherige Unbescholtenheit" der Berufungswerberin. Gleichwohl hob sie hervor, daß die Strafhöhe in diesem Fall auch spezialpräventive Zwecke verfolge. Die persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin (geschätztes Einkommen ca. 20.000 S; Teilhaberin an einem Gastgewerbebetrieb; keine Sorgepflichten) lasse die Bezahlung der Strafe zumutbar erscheinen.

2. Die Berufungswerberin ficht das Straferkenntnis vollinhaltlich an. In der Hauptsache wendet sie ein, daß A...

P... seine ursprüngliche Absicht, als Geschäftsführer auszuscheiden, zurückgenommen habe und dieser Umstand der Behörde auch bekanntgegeben worden sei. Damit sei die Gesellschaft ihrer Verpflichtung auf Neubestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers nachgekommen.

Die Berufungswerberin beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung.

3. Zugleich mit der Berufung hat die belangte Behörde den Strafakt zu Zl. Ge96-125-1994 vorgelegt und im Vorlageschreiben vom 20. Februar 1995 angemerkt, daß die Gesellschaft noch immer keine Anzeige über die Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers erstattet habe.

Das aus dem Strafakt ersichtliche Ermittlungsverfahren erlaubt dem unabhängigen Verwaltungssenat eine abschließende Beurteilung in der Tatfrage. Auf Grund der Erhebungen der Beamten des Gendarmeriepostens Schärding und der Mitteilung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse liegen die für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Elemente des verpönten Verhaltens der Berufungswerberin geklärt vor.

Weil daher im Berufungsfall weitere Beweise zur Tat nicht aufzunehmen und im übrigen nur Rechtsfragen zu beurteilen waren, konnte die - von der Berufungswerberin auch gar nicht beantragte - öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 367 Einleitung GewO 1994 begeht eine mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z1 dieser Vorschrift trotz der ... gemäß § 9 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers oder Pächters ein Anmeldungsgewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs.4 ... über die Bestellung eines dem § 39 Abs.2 entsprechenden Geschäftsführers ... erstattet zu haben.

§ 39 Abs.4 GewO 1994 ordnet an, daß der Gewerbeinhaber die Bestellung und das Ausscheiden des Geschäftsführers der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen hat.

4.2. Unstrittig ist, daß die Gesellschaft am angegebenen Standort das Gastgewerbe - gemäß § 5 Abs.2 Z2 iVm § 124 Z9 GewO 1994 ein Anmeldungsgewerbe - in der Betriebsart "Nachtklub" im spruchgemäß angelasteten Zeitraum in der beschriebenen Weise ausgeübt hat. Aus der Aktenlage geht hervor, daß laut Mitteilung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, Bezirksstelle Schärding, das Dienstverhältnis zwischen A... P... und der Gesellschaft am 10. Jänner 1994 endete und weiters, daß seit dem 8. Juni 1994 in Oberösterreich kein Versicherungsverhältnis von Herrn P...

mehr aufscheint. Laut Mitteilung des Gendarmeriepostens Schärding meldete Herr P... sich am 30. Mai 1994 am Stadtamt Schärding ab und verzog gleichzeitig an eine bestimmte Adresse in der Stadt Salzburg.

Diese Umstände blieben sowohl in der Rechtfertigung vor der Strafbehörde als auch in der vorliegenden Berufung unbestritten; insbesondere wurde ein Nachweis, daß ein Sozialversicherungsverhältnis für Herrn P... wieder begründet worden wäre, nicht vorgelegt. Eingewendet wurde lediglich, daß Herr P... weiterhin als Geschäftsführer agiere und er seine zuletzt mitgeteilte Absicht, aus der gewerblichen Geschäftsführerbestellung ausscheiden zu wollen, wieder zurückgenommen habe. Konkrete Beweisangebote jedoch für die Richtigkeit dieser Behauptung hat die Berufungswerberin allerdings nicht unterbreitet, sodaß es nicht zu ihren Gunsten ausschlagen kann, wenn sie die ihr vorgehaltenen konkreten Ermittlungsergebnisse lediglich für unrichtig erklärt, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten.

Im Ergebnis steht fest, daß A... P... mit 10. Jänner 1994 aus dem Betrieb ausgeschieden ist; ab diesem Zeitpunkt war er nicht mehr ein iSd § 39 Abs.2 Z2 iVm § 9 Abs.1 GewO 1994 im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes vollversicherter Arbeitnehmer.

Davon abgesehen verkennt die Berufungswerberin mit dem rechtfertigenden Einwand, daß die Gesellschaft ihrer "Verpflichtung auf Neubestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers entsprochen" habe, das ihr angelastete Tatbild. Nicht nämlich um die Unterlassung einer Neubestellung als solche geht es in diesem Fall, sondern um die unterlassene Anzeige über die (erfolgte) Bestellung.

Zusammenfassend ist aus allen diesen Gründen Tatbestandsmäßigkeit gegeben.

4.3. Gegen ihre grundsätzliche Verantwortlichkeit - die Berufungswerberin hat als gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Gesellschaft in ihrer Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin für die Übertretung einzustehen - hat die Berufungswerberin nichts vorgebracht; diese Verantwortlichkeit wird als erwiesen festgestellt.

Zu Recht hat die belangte Behörde - zwar nicht ausdrücklich, so doch offensichtlich - ein sogen. Ungehorsamsdelikt als verwirklicht zugrundegelegt. Bei gegebener Tatbestandsmäßigkeit hätte daher die Berufungswerberin, weil Anhaltspunkte, die an ihrem Verschulden zweifeln lassen, nicht vorliegen (vgl. VfGH 20.6.1994, B 1908/93-10 uwZ), gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG der gesetzlichen Schuldvermutung durch eigenes initiatives Tatsachenvorbringen entgegenzuwirken gehabt. Ein solches Vorbringen, das ihre Schuldlosigkeit hätte glaubhaft machen können, erstattete die Berufungswerberin im gesamten Verfahren jedoch nicht. Im Ergebnis hat daher die belangte Behörde zu Recht auch die Verwirklichung der subjektiven Tatseite angenommen.

5. Die Höhe der verhängten Strafe und die bei der Strafbemessung maßgebend gewesenen - und im wesentlichen nachvollziehbar dargestellten - Erwägungen der belangten Behörde blieben unbekämpft. Es liegen dem unabhängigen Verwaltungssenat auch keine Gründe vor, die die Annahme zuließen, daß die belangte Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung zur Strafhöhe nicht grundsätzlich nach den Kriterien des § 19 VStG vorgegangen wäre. Gegen die Mitberücksichtigung - trotz für die Tatzeit anzunehmen gewesener Unbescholtenheit - des spezialpräventiven Strafzweckes bestehen im Hinblick auf die aus der Aktenlage insgesamt hervorleuchtende Uneinsichtigkeit der Berufungswerberin keine Bedenken.

6. Aus allen diesen Gründen war die Berufung abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis in Schuld und Strafe zu bestätigen.

Die gleichzeitig verfügten Verbesserungen in der Formulierung des Schuldspruchs dienen zum einen der Präzisierung des Verantwortlichkeitsgrundes der Berufungswerberin und zum anderen der besseren Lesbarkeit. Tatseitig erfährt der Abspruchsgegenstand dadurch keine unzulässige Weiterung.

7. Kostenseitig bewirkt dieses Ergebnis, daß der Berufungswerberin der Beitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in der gesetzlich vorgesehenen Höhe - zusätzlich zum erstbehördlichen Kostenbeitrag - aufzuerlegen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner