Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221208/8/Le/La

Linz, 13.02.1996

VwSen-221208/8/Le/La Linz, am 13. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Herrn R L , G , vertreten durch Rechtsanwalt M B , M , L , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2.2.1995, Ge96-270-1994, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Verwaltungsstraferkenntnis bestätigt mit der Maßgabe, daß die Rechtsvorschrift, nach der die Geldstrafe verhängt wurde, richtig gestellt wird auf "§ 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1994".

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, ds 200 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstigem Zwang zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2.2.1995 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z1 iVm § 94 lit.a Z9 Gewerbeordnung 1994 (im folgenden kurz: GewO) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurde er zum Kostenersatz verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, zumindest von 5.6. bis 26.7.1994 beim Haus F in G die Unterdachschalung, Balkone und andere Holzverschalungen gestrichen, sohin das Maler- und Anstreichergewerbe ausgeübt zu haben, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

In der Begründung wurde nach einer Wiedergabe der Rechtslage das Rechtfertigungsvorbringen des Beschuldigten entkräftet.

Die Erstbehörde kam dabei zum Ergebnis, daß sämtliche Kriterien für die Gewerbsmäßigkeit der vom Beschuldigten durchgeführten Streicharbeiten vorliegen.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite nahm die Bezirkshauptmannschaft Gmunden Fahrlässigkeit iSd § 5 Abs.1 VStG an.

Abschließend begründete sie ihre Strafbemessung.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der beantragt wurde, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der Bw lediglich im Interesse der Miteigentümergemeinschaft tätig gewesen wäre, um dieser Kosten zu ersparen. Er hätte nicht in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt und wäre auch in keinem anderen Fall als Maler oder Anstreicher tätig gewesen und hätte sich in diesem Zusammenhang auch nicht am wirtschaftlichen Wettbewerb beteiligt.

Hilfsweise berief er sich auf die Anwendbarkeit des § 21 VStG.

Weiters machte er geltend, daß der Spruch des Straferkenntnisses nicht dem Bestimmtheitserfordernis der einschlägigen Bestimmungen des VStG entspreche, weil ein Hinweis darauf fehle, daß er diese Tätigkeiten gegen Entgelt in Gewinnerzielungsabsicht durchgeführt hätte. Schon wegen der mangelnden Bestimmtheit des Spruches sei das Strafverfahren gegen ihn einzustellen.

Schließlich bemängelte er, daß die Strafbemessung nicht ausreichend begründet sei.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat zur Klärung des Sachverhaltes am 6. Februar 1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der ein Vertreter der belangten Behörde sowie der Bw teilnahmen.

Dabei wurde folgendes festgestellt:

Der Bw ist Miteigentümer des Hauses F , in dem 28 Wohnungen untergebracht sind. Bei einer Sitzung der Miteigentümergemeinschaft wurde damals festgestellt, daß es erforderlich sei, die hölzernen Bauteile des Hauses (Balkone, Unterdachschalung udgl.) neu zu streichen. Diese Malerarbeiten waren aufgrund des geringen Alters des Hauses erstmals erforderlich. Von den Miteigentümern des Nebenhauses, welches kurz zuvor gestrichen worden war, wußte die Miteigentümerversammlung dieses Hauses F , daß dies Kosten in Höhe von etwa 350.000 S verursachen würde. Die Versammlung beschloß daher zunächst, daß einzelne Miteigentümer gemeinsam diese Arbeiten vornehmen. Als es jedoch dann soweit war, daß diese Arbeiten in Angriff genommen werden sollten, blieb nur mehr Herr L übrig. Er gab an, aufgrund des guten Klimas im Hause sich dennoch zur Durchführung der Arbeiten verpflichtet zu haben, wobei daraufhin mit der Miteigentümerversammlung ein fixer Pauschalpreis in Höhe von 120.000 S vereinbart wurde.

Zu dieser Vereinbarung gab der Bw an, daß er keine Ahnung gehabt hätte, mit welchen Aufwendungen er zu rechnen hätte.

In der Verhandlung erklärte er, auch das Risiko einer fachlich korrekten Ausführung übernommen zu haben.

Tatsächlich führte der Bw diese Malerarbeiten in der vorgeworfenen Tatzeit durch, wobei er seine normale Arbeit früh morgens begann und von nachmittags etwa 15.00 Uhr bis abends etwa 21.00 Uhr sowie an den Wochenenden die vorgeworfenen Anstreicherarbeiten durchführte. Insgesamt war er nach eigener Aussage ca. 350 Stunden damit beschäftigt.

Der Bw gab weiters bekannt, daß er an Kosten ca. 12.000 S bis 15.000 S für Material (Farbe, Pinsel, Schleifpapier) sowie 26.000 S für die Feuerwehr (für die Turmdrehleiter) aufwenden mußte; an das Finanzamt lieferte er Einkommensteuer in Höhe von 20.000 S ab.

Der Bw gab an, den Preis von 120.000 S mit der Miteigentümergemeinschaft fix vereinbart zu haben; man sei auf diese Summe aus dem Umstand heraus gekommen, daß das Anstreichen des Nachbarhauses ca. 350.000 S gekostet hatte.

Soviel wäre jedoch im Instandhaltungsfond für das gegenständliche Haus nicht enthalten gewesen.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Dem Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat (§ 51 Abs.1 VStG).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

4.2. Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer 1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben; ...

Beim Gewerbe der Maler und Anstreicher handelt es sich um ein Handwerk iSd § 94 lit.a Z9 GewO 1994.

Der Bw hat ausdrücklich bestritten, die ihm vorgeworfenen Tätigkeiten gewerbsmäßig ausgeübt zu haben. Zur Prüfung dieser Frage ist daher zunächst § 1 GewO heranzuziehen, wo der Geltungsbereich der Gewerbeordnung 1994 festgelegt ist.

Demnach gilt diese für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

Eine Tätigkeit wird nach Abs.2 leg.cit. gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

"Selbständigkeit" iSd Gesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Wie der Bw selbst eingeräumt hat verlangte er den Pauschalpreis von 120.000 S ohne vorher die Höhe seiner Aufwendungen berechnet zu haben. Weiters hätte er der Hausgemeinschaft gegenüber gehaftet, wenn er die Arbeiten mangelhaft ausgeführt hätte.

Damit aber hat er das unternehmerische Risiko getragen und somit diese Tätigkeit des Anstreichens "selbständig" iSd § 1 Abs.3 GewO ausgeübt.

Das Tatbestandsmerkmal "regelmäßig" wird in § 1 Abs.4 leg.cit. damit definiert, daß auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit gilt, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.

Es steht fest und wurde vom Bw auch nicht bestritten, daß diese Tätigkeit im vorgeworfenen Tatzeitraum vom 5.6.1994 bis zum 26.7.1994 ausgeübt wurde. Damit ist aber jedenfalls das Tatbestandsmerkmal "längere Zeit" erfüllt.

Das letzte Tatbestandsmerkmal, nämlich einen "Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen" wird vom Gesetzgeber in § 1 Abs.5 GewO damit definiert, daß die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vorliegt, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen soll.

Wie der Bw selbst ausführte war es seine Absicht, einerseits den Instandhaltungsfonds, der zur Erhaltung des Hauses F eingerichtet und von allen Miteigentümern finanziert wurde, so wenig wie möglich zu belasten und andererseits, sich diese Arbeit auch entsprechend honorieren zu lassen. Damit kam der wirtschaftliche Vorteil dieser Tätigkeit jedenfalls den Miteigentümern des Hauses F zugute, weil sich diese einen erheblichen Geldbetrag sparten, den sie ansonsten in den Instandsetzungsfonds bzw. an einen befugten Gewerbetreibenden hätten bezahlen müssen. Der Vergleich mit den Kosten der Anstreicharbeiten beim Nachbarhaus in Höhe von 350.000 S mit den vom Bw verlangten 120.000 S ergibt, daß die Ersparnis für die Miteigentümer in Summe 230.000 S betrug.

Diese Absicht wurde vom Bw überhaupt nicht in Frage gestellt. Schließlich steht auch fest, daß dem Bw als Lohn dieser Arbeit netto immerhin 60.000 S verblieben sind, was einen Stundenlohn von mehr als 170 S (bei den vom Bw angegebenen 350 Arbeitsstunden) bedeutet.

4.3. Dem Vorbringen des Bw, daß er diese Arbeiten lediglich als "Selbsthilfe" bzw "Nachbarschaftshilfe" aufgrund des sehr guten Klimas in der Hausgemeinschaft durchgeführt habe, ist folgendes entgegenzuhalten:

Eine derartige "Selbsthilfe" oder "Nachbarhilfe" könnte allenfalls dann Platz greifen, wenn es sich um ein Einfamilien- bzw Zweifamilienhaus handelt. Im vorliegenden Fall besteht das vom Bw gestrichene Haus jedoch aus vier Geschoßen mit insgesamt 28 Wohnungen, sodaß der Bw lediglich in einem geringen Prozentsatz Miteigentümer dieses Objektes ist. In Anbetracht dieses geringen Eingentumsanteiles sowie der oben beschriebenen Größe des Hauses und des damit verbundenen Zeitaufwandes in der Dauer von knapp zwei Monaten sowie des doch nicht unerheblichen Gewinnes in Höhe von 60.000 S (nach Abzug der Einkommensteuer) kann jedoch nicht mehr von einer bloßen Nachbarschaftshilfe gesprochen werden.

Die in der Berufung vorgebrachte Auffassung einer Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses wegen mangelnder Bestimmtheit des Spruches wird von der Berufungsbehörde deshalb nicht geteilt, weil im Spruch eindeutig die konsenslose Ausübung des Gewerbes der Maler und Anstreicher vorgeworfen wurde und damit zwangsläufig die "gewerbsmäßige" Ausübung im Sinne des § 1 Abs.2 GewO. Die Ungenauigkeit in der Bezeichnung der Strafnorm wurde durch die vorgenommene Änderung des Spruches saniert.

Zur Strafbemessung wird ausgeführt, daß eine Überprüfung der Strafzumessung ergeben hat, daß die Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse des Bw ausreichend berücksichtigt wurden. In Anbetracht des gesetzlichen Strafrahmens in Höhe von 50.000 S ist die verhängte Geldstrafe von 1.000 S ohnedies im untersten Bereich angesiedelt, weshalb eine weitere Reduzierung - auch aus generalpräventiven Gründen nicht mehr möglich war.

Zu II:

Die Vorschreibung des Verfahrenskostenbeitrages gründet sich auf § 64 Abs.2 VStG. Demnach ist der Beitrag für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen; das sind im vorliegenden Fall 200 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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