Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221212/2/Le/La

Linz, 04.12.1995

VwSen-221212/2/Le/La Linz, am 4. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung der Frau E L, vertreten durch Z, W & Partner Rechtsanwälte OEG, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10.2.1995, Ge96-2489-1994, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Sie haben es als Inhaberin des Gastgewerbebetriebes "B" in der Betriebsart Cafe am Standort M, Dr. B, zu verantworten, daß dieses Lokal am 4.4.1994 bis zumindest 4.50 Uhr offengehalten und Gästen das Verweilen in den Betriebsräumen gestattet wurde, obwohl die Sperrstunde für diesen Betrieb mit 4.00 Uhr festgesetzt ist." Die der Strafverhängung zugrundegelegte Gesetzesstelle wird richtig gestellt auf § 368 Einleitungssatz GewO 1994.

II. Als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind 20 % der verhängten Strafe, ds 200 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstigem Zwang zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.

52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10.2.1995 wurde die nunmehrige Berufungswerberin (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 iVm der O.ö. Sperrzeitenverordnung mit einer Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) bestraft; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihr vorgeworfen dafür verantwortlich zu sein, daß ihr Lokal "B" am 4.4.1994 bis zumindest 4.50 Uhr offengehalten und Gästen das Verweilen in den Betriebsräumen gestattet worden war, obwohl die Sperrstunde für diesen Betrieb mit 4.00 Uhr festgesetzt ist. In der Begründung wurde ausgeführt, daß die Verwaltungsübertretung vom Gendarmeriepostenkommando Mondsee angezeigt wurde. Anläßlich der Sperrstundenkontrolle am 4.4.1994 hätten die Gendarmeriebeamten festgestellt, daß zwar der Vordereingang des Lokales verschlossen war, der Hintereingang des Lokales jedoch geöffnet war. Dies hätte sich bereits herumgesprochen und hätten auch die Gendarmen das Lokal durch den Hintereingang betreten. Dort wurde festgestellt, daß sich 9 Gäste im Lokal befanden, die auch noch bewirtet wurden. Die Gewerbeinhaberin sei zwar nicht persönlich anwesend gewesen, wohl aber ihr als Kellner im Lokal tätige Sohn H L.

Weiters wurde die Rechtfertigung der Beschuldigten wiedergegeben, wonach das Einschreiten der Gendarmerie nicht erst um 5.10 Uhr, sondern bereits um 4.50 Uhr erfolgte, das Licht des Lokales sowie die Musikanlage abgeschaltet und der Eingang versperrt gewesen sei. Ein Gast habe kurz vor 4.00 Uhr eine Lokalrunde ausgegeben und hätten die Gäste lediglich das letzte Getränk ausgetrunken. Ihr könne kein Vorwurf gemacht werden, weil sie ihr Personal mehrmals darauf hingewiesen hätte, die Sperrstunde einzuhalten. Da sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr persönlich im Lokal gewesen sei, treffe sie auch kein Verschulden.

Die Behörde führte dazu nach einer Wiedergabe der Rechtslage aus, daß für den gegenständlichen Gastgewerbebetrieb mit Bescheid vom 4.10.1991 eine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung erteilt worden sei und die Betriebszeit dabei für den Gaststättenbetrieb mit 4.00 Uhr festgelegt worden sei. Die Rechtfertigung, daß der als Kellner beschäftigte Sohn H L entgegen der ausdrücklichen Anweisung die Sperrstunde nicht eingehalten hätte und die Beschuldigte daher keine Schuld treffe, wurde als reine Schutzbehauptung gewertet, weil eine Entlastung nur bei Verläßlichkeit des Angestellten in Frage komme. Da Herr H L jedoch schon einschlägig bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck in Erscheinung getreten sei, könne von einer Verläßlichkeit betreffend die Einhaltung von Weisungen des Geschäftsherren nicht ausgegangen werden. Diese Strafverfahren hätten sich auf die Beschuldigte selbst bezogen und wären ihr daher bekannt. Diesbezüglich könne allein eine Weisung an den Kellner, die Sperrstunde strikt einzuhalten, nicht schuldbefreiend wirken. Als Gewerbetreibende hätte sie dafür zu sorgen, daß auch im Falle ihrer Abwesenheit die für die Gewerbeausübung geltenden einschlägigen Gesetzesvorschriften eingehalten werden.

Schließlich wurden auch die Strafbemessungsgründe dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 1.3.1995, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung wurde vorgebracht, daß die Bw ihr Personal unmißverständlich zur Einhaltung der Sperrstunde aufgefordert und ausdrücklich die Weisung gegeben hätte, die Sperrstunde strikt einzuhalten.

Im gegenständlichen Fall hätte es sich um einen besonderen Einzelfall gehandelt, da - wie in der Stellungnahme vom 25.5.1994 dargestellt - dank einer glücklichen Fügung die verlorene Geldtasche eines Gastes mit einem Inhalt von etwa 11.000 S wieder aufgefunden worden sei. Dies ändere zwar grundsätzlich nichts am zeitlichen Verstoß, es solle damit jedoch dargelegt werden, daß die Einschreiterin an dieser konkreten Sperrstundenüberschreitung kein Verschulden treffe. Sie hätte nicht nur die Weisung erteilt, die Sperrstunde strikt einzuhalten, sondern sie würde dies auch persönlich, u.zw. bereits vor Ablauf der Sperrstunde kontrollieren. Eine derartige Kontrolle sei natürlich nicht jeden Tag möglich und insoweit ihr auch nicht zumutbar; wenn die Behörde davon ausgehe, daß hier tägliche Kontrollmaßnahmen zu setzen wären, würden die Aufsichts- und Kontrollpflichten überspannt.

3. Aus dem Berufungsvorbringen, dem angefochtenen Straferkenntnis sowie dem vorgelegten Verwaltungsakt hat der unabhängige Verwaltungssenat einen hinreichend geklärten Sachverhalt vorgefunden, weshalb in Anbetracht der Geringfügigkeit der verhängten Strafe iSd § 51e Abs.2 VStG von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden konnte.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Dem Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat (§ 51 Abs.1 VStG).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

4.2. Gemäß § 368 Z9 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, wer 9. die Bestimmungen des § 152 oder der aufgrund des § 152 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält.

§ 152 Abs.1 GewO 1994 verpflichtet den Landeshauptmann, den Zeitpunkt, zu dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde) ... für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen.

Im vorliegenden Fall gilt die bereits im angefochtenen Straferkenntnis zitierte O.ö. Sperrzeiten-Verordnung, die für die Betriebsart "Cafe" die Sperrstunde mit 4.00 Uhr festlegt.

Gemäß § 152 Abs.3 GewO hat der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den nach Abs.1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Der Gastgewerbetreibende hat die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

4.3. Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesonders den Erhebungen der Gendarmerie an Ort und Stelle, steht die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes fest. So war es etwa auch den Gendarmeriebeamten möglich, ungehindert in die Betriebsräumlichkeiten zu gelangen, weil eben der Hintereingang des Lokales offen war und diese schon davon informiert waren, daß auf diesem Wege das Lokal betreten werden konnte.

Es steht weiters fest, daß zu diesem Zeitpunkt (5.10 Uhr laut Gendarmeriebericht bzw. 4.50 Uhr laut Angabe des Kellners H L) noch Gäste im Lokal anwesend waren. Dies widerspricht der oben genannten gesetzlichen Regelung.

Wenn die Bw in ihrer Berufung darauf verweist, daß ein Gast gegen 4.00 Uhr eine Lokalrunde ausgegeben hätte und daß die Gäste lediglich das Getränk ausgetrunken hätten, so widerspricht sie in Wahrheit nicht dem objektiven Tatvorwurf. Im übrigen widerspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, daß Gäste für die Konsumation eines einzigen Getränkes länger als 50 Minuten benötigen.

Damit steht fest, daß der Tatbestand in objektiver Hinsicht verwirklicht wurde.

4.4. Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, daß Verschulden in Form von Fahrlässigkeit iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG gegeben ist. Demnach ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Bei der Verwaltungsübertretung des § 368 Z9 handelt es sich nach der Rechtsprechung des VwGH (siehe etwa VwGH vom 27.6.1989, 87/04/0267) um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG.

Die Bw vermeint, für diese Sperrstundenüberschreitung deshalb nicht verantwortlich zu sein, weil sie selbst nicht anwesend gewesen wäre, entsprechende Weisungen an das Personal gegeben hätte und auch gelegentlich kontrollieren würde. Damit aber hat sie den Vorhalt der Erstbehörde, daß bereits mehrere einschlägige Vorstrafen gegeben sind, nicht entkräftet. Gerade der Umstand der einschlägigen Vorstrafen bedeutet, daß die von der Bw als Betriebsinhaberin erteilten Weisungen offensichtlich vom Betriebspersonal nicht eingehalten wurden, weshalb sie entweder den Weisungsdruck hätte verstärken müssen oder verläßlicheres Personal hätte einstellen müssen. Sie hätte weiters auch ihr Kontrollsystem intensivieren müssen. In welcher Art und Weise sie überhaupt ein Kontrollsystem eingerichtet bzw. wie sie die Kontrollen durchgeführt hätte, hat die Bw weder im Verwaltungsstrafverfahren noch im Berufungsverfahren näher dargelegt. Sie hat es somit unterlassen, iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG glaubhaft zu machen, daß sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Damit ist Verschulden in Form von Fahrlässigkeit erfüllt.

Unverständlich ist die Behauptung in der Berufung, daß "dank einer glücklichen Fügung" die verlorene Geldtasche eines Gastes mit einem Inhalt von etwa 11.000 S wieder aufgefunden worden sei. Es mag dies zwar bei Zutreffen dieser Geschichte aus der Sicht des betreffenden Gastes verständlich sein, darüber Freude zu äußern, doch kann dies den Gastgewerbetreibenden bzw. einen von diesem beschäftigten Kellner nicht von seinen gewerberechtlichen Verpflichtungen befreien.

5. Die Strafbemessung wurde von der Bw nicht angezweifelt; eine amtswegige Überprüfung ergab keine Unrechtmäßigkeit.

Zu II.:

Da in jeder Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in Höhe von 20 % festzulegen ist, war der Betrag mit 200 S gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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