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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221215/7/Gu/Atz

Linz, 23.08.1995

VwSen-221215/7/Gu/Atz Linz, am 23. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des Mag. J. N., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C.

S. gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Stadt Wels vom 2.3.1995, Zl. MA2-Ge-4209-1994-Scho, wegen Übertretung des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes, zu Recht:

Der Berufung wird mit der Maßgabe keine Folge gegeben, daß als verletzte Rechtsvorschrift § 2 Abs.2 des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes zu gelten hat. Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 600 S binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung an den O.ö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 2 Abs.2 des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes, BGBl.Nr. 129/194, § 4 Abs.1 Z2 leg.cit., § 6, § 16, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 38, § 39, § 9 Abs.1 GewO 1994.

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Stadt Wels hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als gewerberechtlicher Geschäftsführer der C. Handelsges.mbH., ....., ............, dafür verantwortlich zu sein, daß dieser Gewerbetreibende, wie von Organen des Arbeitsinspektorates Wels dienstlich wahrgenommen worden sei, die Verkaufsstelle im Standort ......, ..........., am staatlich festgesetzten Feiertag, am 8. Dezember 1994, geöffnet gehalten habe, obwohl nach dem Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz, BGBl.Nr. 129/1984 i.Z.m. der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26.7.1994 diese Verkaufsstelle nur an Werktagen und nicht an Sonn- und Feiertagen für den Kundenverkehr offen gehalten werden dürfe.

Wegen Verletzung des § 2 Abs.1 Z1 lit.b Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz i.Z.m. § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26.7.1994, ALZ, Folge 17/1994 wurde ihm in Anwendung des § 4 Abs.1 Z2 Sonnund Feiertags-Betriebszeitengesetz eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) und ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

Begründend führt die erste Instanz nach Zitierung der Gesetzesstellen im wesentlichen aus, daß aufgrund der Ausnahmebestimmung in der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26.7.1994, am 8. Dezember 1994 die Ausübung des Einzelhandels im gewerblichen Betrieb nur in den Gemeinden der politischen Bezirke Braunau, Ried, Schärding und Rohrbach sowie in der Stadtgemeinde Grieskirchen und in den im Zollgrenzbezirk liegenden Gemeinden Natternbach und Neukirchen/Walde des politischen Bezirkes Grieskirchen, und zwar in der Zeit von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr zulässig war. In der Stadt Wels sei dadurch ein Offenhalten der Betriebsstätte für die Ausübung des Einzelhandels nicht gestattet gewesen. Dessen ungachtet habe der Beschuldigte sogar in den Medien angekündigt, daß er sich an das Verbot des Offenhaltens nicht halten wolle. Er erblicke in der Verordnung eine Ungleichbehandlung. Im übrigen geht bereits aus dem Spruch hervor, daß die Übertretung durch Wahrnehmung der Organe des Arbeitsinspektorates Wels und durch die Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten erwiesen sei.

Bei der Strafbemessung wurde als erschwerend gewertet, daß der Beschuldigte seinen Gesetzesbruch öffentlich (durch Bekanntgabe in den Medien, Rundfunk, Fernsehen und den Tageszeitungen) angekündigt habe.

Die erste Instanz fand keine strafmildernden Umstände und hielt die verhängte Strafe im Hinblick auf die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten als maßgerecht.

In seiner rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte als Berufungsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.

Er trägt vor allem verfassungsrechtliche Bedenken dahingehend vor, daß aufgrund des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes bzw. der in Rede stehenden Verordnung des Landeshauptmannes seit Jahren der 8. Dezember zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung führe, weil ein Teil der oberösterreichischen Geschäfte offen halten dürfen, während dies einem anderen Teil aufgrund eher willkürlich gezogener Grenzen nicht gestattet sei.

Dies führe zu dem skurrilen Ergebnis, daß etwa Geschäfte in der Stadt Grieskirchen offen halten dürfen, während dies in den Geschäften im 20 km entfernten Wels nicht gestattet sei.

Vom Grundgedanken einer zaghaften Liberalisierung der gesetzlich geregelten Betriebszeiten her betrachtet, sei die Einräumung einer Möglichkeit mittels Verordnung des Landeshauptmannes die Öffnung der Geschäfte auch an Sonnund Feiertagen für regionale Bedürfnisse durchaus zu begrüßen, insbesondere dann, wenn damit ein doch sehr beträchtlicher Kaufkraftabfluß in Nachbarländer reduziert werden könne.

Die Grenzziehung bei derartigen Verordnungen dürfe jedoch nicht so willkürlich erfolgen, daß damit massive innerösterreichische Wettbewerbsverzerrungen entstünden.

Es dürfe daher nicht vergessen werden, daß es den Konsumenten am 8. Dezember zumeist nicht darum gehe, unbedingt im Ausland einzukaufen, sondern meistens darum, einen freien Tag vor Weihnachten zum Einkaufen zu nützen.

Die Richtigkeit dieser Tatsache ließe sich problemlos an den erzielten Verkaufserlösen der österreichischen Geschäfte am 8. Dezember ablesen, die bei einigen sogar mehrere Millionen Schilling betragen würden. Auch das gegen die Liberalisierung vorgebrachte Argument, die Arbeitnehmer müßten geschützt werden, sei nicht tragfähig.

Zum einen erlaube § 2 Abs.1 Z4 Betriebszeitengesetz ausdrücklich persönliche Tätigkeiten des Gewerbetreibenden in der geschlossenen Betriebsstätte. Diese Einschränkung auf eine Tätigkeit in der geschlossenen Betriebsstätte sei jedoch sachlich durch nichts zu begründen und schon gar nicht durch das Argument einer Beeinträchtigung des Arbeitnehmers. Andererseits gäbe es im Interesse der Arbeitnehmerschaft ebenso begrüßenswerte wie ausreichende Schutzgesetze, unter anderem das Arbeitszeitgesetz, das jede Überbeanspruchung eines Arbeitnehmers ausschließe. Eine Liberalisierung etwa des Öffnungszeitengesetzes führe nachweislich zu mehr Arbeitsplätzen, etwa auch im Bereich der Teilzeitbeschäftigten, die sonst nur sehr schwer vermittelt werden könnten.

Alles in allem erscheine daher die derzeitige gesetzliche Regelung zu starr und weder im Interesse der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmerseite gelegen zu sein.

Aus all diesen Gründen ergebe sich, daß eine Verordnung nicht willkürlich eine Grenze quer durch ein Bundesland ziehen dürfe, wonach auf der einen Seite die Geschäfte geöffnet sein dürfen, während sie auf der anderen Seite geschlossen gehalten werden müssen, weil dadurch der Kaufkraftabfluß über diese imaginäre Grenze hinaus, geradezu herausgefordert würde. Dies bedeute in verfassungsrechtlicher Hinsicht die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes im Sinn des Artikel 7 B-VG und auch eine Verletzung des Artikel 4 B-VG, wonach das Bundesgebiet ein einheitliches Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebiet darstelle, in dem keine Zwischenzollinien und sonstige Verkehrsbeschränkungen errichtet werden dürften.

Durch das diskriminierende Verbot, ein Geschäft am 8. Dezember zu betreiben, würde auch in das Eigentum im Sinn des Artikel 4 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 eingegriffen, der das Eigentum als unverletzlich festschreibe.

Ferner werde Artikel 6 dieses Staatsgrundgesetzes verletzt, wonach es jedem Staatsbürger freistehe, unter den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig auszuüben.

Der Berufungswerber regt aus diesen Gründen einen Antrag des UVS beim Verfassungsgerichtshof an, sei es die Ausnahmeverordnung, sei es das Betriebszeitengesetz wegen verfassungsrechtlicher Bedenken, auf den Prüfstand zu stellen.

In eventu wird auch die Höhe der verhängten Strafe als unangemessen gerügt.

Der Berufungswerber beantragt das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 21 VStG einzustellen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abzuändern, daß die Strafhöhe mit 300 S festgesetzt werde.

Da in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, konnte die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Festgehalten wird, daß das Offenhalten am 8. Dezember 1994 gegen vorherige Ankündigung in den Medien vom Beschuldigten nicht bestritten wurde und, wie dem erstinstanzlichen Straferkenntnis zu entnehmen ist, durch die dienstliche Wahrnehmung von Organen des Arbeitsinspektorates Wels erwiesen ist.

Ausgehend von der erwiesenen objektiven Tatseite ist bezüglich der subjektiven Tatseite anzumerken, daß der Beschuldigte vorsätzlich gehandelt hat, weil er wußte, daß das von ihm als gewerberechtlicher Geschäftsführer geführte Handelsgeschäft in Wels am 8. Dezember 1994 für den Kundenverkehr nicht aufsperren durfte und er sich dessen ungeachtet über dieses Verbot hinwegsetzte.

Bei dem erwiesenen Lebenssachverhalt war folgendes rechtlich zu bedenken:

Gemäß § 2 Abs.2 des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes, BGBl.Nr. 129/1984 dürfen an Sonn- und Feiertagen Betriebsstätten nur für die Ausübung von unter Abs.1 Z1 - 3 fallenden Tätigkeiten offen gehalten werden, das sind sohin für Tätigkeiten, zu deren Durchführung nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen zulässig ist oder für die gemäß § 3 bestimmte Betriebszeiten an Sonntagen und Feiertagen festgelegt sind, worunter Tätigkeiten verstanden werden, für die an Sonntagen und Feiertagen ein besonderer regionaler Bedarf besteht, der in den in § 2 Abs.1 Z1 lit.a angeführten Vorschriften nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt ist. Hiefür hat der Landeshauptmann eine Verordnung zu erlassen.

Ferner sind Tätigkeiten mittels Automaten, die für die Selbstbedienung durch die Kunden bestimmt sind und der Betrieb eines Gastgewerbes im Rahmen der Sperrzeitenregelung zulässig. Die von der gewerbetreibenden GesmbH. am 8. Dezember 1994 ausgeübte Tätigkeit fällt unter keine der angeführten Ausnahmen.

Gemäß § 1 Abs.1 des Feiertagsruhegesetzes 1957, BGBl.Nr. 153 idF des Bundesgesetzes, BGBl.Nr. 144/1983 gelten als Feiertage folgende Tage:

1. Jänner (Neujahr), 6. Jänner (Hl. Drei Könige), Ostermontag, 1. Mai (Staatsfeiertag), Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, 15. August (Maria Himmelfahrt), 26. Oktober (Nationalfeiertag), 1. November (Allerheiligen), 8. Dezember (Maria Empfängnis), 25. Dezember (Weihnachten), 26. Dezember (Stephanstag).

Ähnlich geregelt ist der Begriff der Feiertage unter dem Blickwinkel des Arbeitnehmerschutzes in § 7 Abs.2 des Arbeitsruhegesetzes.

Als Zwecke der Sonn- und Feiertagsruhe kommen das Erholungsbedürfnis der Arbeitnehmer sowie der Umstand in Betracht, Personen die Gelegenheit zur Wahrnehmung der religiösen Pflichten und Gebräuche zu bieten, wobei gleichzeitig unter Bedachtnahme auf besondere Konsumbedürfnisse ansonsten der Wettbewerb der Betriebe stillgelegt wird.

Nicht zu vernachlässigen ist, daß die Festsetzung des 8. Dezember als Feiertag an eine völkerrechtliche Verbindlichkeit anknüpft, nämlich an das Konkordat zwischen dem Hl.

Stuhle und der Republik Österreich, BGBl.Nr. 2 vom 1. Mai 1934.

In Artikel IX anerkennt die Republik Österreich die von der Kirche festgesetzten Feiertage. Diese sind: alle Sonntage; Neujahrstag; Epiphanie (6. Jänner); Himmelfahrtstag; Fronleichnam; Fest der Hl. Apostel Peter und Paul (29. Juni); Maria Himmelfahrt (15. August); Allerheiligen (1. November); Tag der unbefleckten Empfängnis (8. Dezember); Weihnachtstag (25. Dezember).

Gemäß § 3 Abs.1 des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes hat der Landeshauptmann für gewerbliche Tätigkeiten, für die an Sonn- und Feiertagen ein besonderer regionaler Bedarf besteht, der in den § 2 Abs.1 Z1 lit.a angeführten Vorschriften nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt ist, nach Anhörung der zuständigen Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft und der zuständigen Kammer für Arbeiter und Angestellte durch Verordnung jene Zeiten festzulegen, in denen diese Tätigkeiten an Sonntagen und Feiertagen zur Deckung des besonderen regionalen Bedarfes ausgeübt werden dürfen. Die Verordnung hat auch zu berücksichtigen, ob sich der besondere regionale Bedarf auf das ganze Land oder nur auf ein Teilgebiet erstreckt sowie, ob er das ganze Jahr über nur saisonal oder nur an bestimmten Sonn- und Feiertagen besteht.

Eine darauf gegründete "Ausnahmeverordnung" beinhaltet keine gleichzeitige Erlaubnis, daß im Gewerbebetrieb Arbeitnehmer beschäftigt werden dürfen.

In Anknüpfung an diese Verordnungsermächtigung hat der Landeshauptmann von Oberösterreich am 26. Juli 1994, kundgemacht in der Folge 17 der ALZ 1994, Seite 8, eine Verordnung erlassen, welche das Offenhalten der Einzelhandelsbetriebe am 8. Dezember 1994 in allen Gemeinden der politischen Bezirke Braunau am Inn, Ried i.I., Schärding und Rohrbach sowie in der Stadtgemeinde Grieskirchen und den im Zollgrenzbezirk liegenden Gemeinden Natternbach und Neukirchen am Walde des politischen Bezirkes Grieskirchen erlaubt und eine Öffnungszeit von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr vorsieht. Es steht somit fest und ist unbestritten, daß diese Verordnung sich nicht auf das Gebiet der Stadt Wels, in welchem die C. Handelsges.mbH. am ............ ihren Standort hat, erstreckte und der Einzelhandelsbetrieb an diesem Standort am 8. Dezember 1994 hätte geschlossen gehalten werden müssen.

Eine Erlaubnis am 8.12.1994 das Geschäft offen zu halten, fiel auch nicht unter die Ausnahmebestimmung der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 1.7.1986, LGBl.Nr. 29.

Gemäß § 4 Abs.1 des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes begeht, sofern die Tat nicht nach arbeitsrechtlichen oder anderen Vorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, die von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S zu ahnden ist, wer als Gewerbetreibender (§ 38 Abs.2 GewO 1973) oder als dem § 3 GewO 1973 unterliegende Person an Sonntagen oder Feiertagen 1. eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, die nicht unter § 2 Abs.1 Z1, 2 oder 4 fällt; 2. entgegen § 2 Abs.2 Betriebsstätten für den Kundenverkehr offen hält; 3. einer aufgrund des § 3 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Die Verwendung von Dienstnehmern ist nach Auskunft des einschreitenden Arbeitsinspektorates Wels nicht bescheinigt.

Andere Vorschriften, die das Offenhalten des Einzelhandelsbetriebes am 8. Dezember 1994 in Wels strenger ahnden, bestehen nicht.

Als Gewerbetreibender im Sinn des § 38 Abs.2 GewO 1973 (gleichlautend mit der Wiederverlautbarung GewO 1994) ist, sofern nichts ausdrücklich anderes bestimmt ist, der Gewerbeinhaber einschließlich des Fortbetriebsberechtigten sowie der gemäß § 40 bestellte Pächter zu verstehen.

Gemäß § 9 Abs.1 GewO 1994 können juristische Personen (bei der C. Handelsges.mbH. handelt es sich um eine solche) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§ 39 und 40) bestellt haben.

Damit wurde die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung im Sinn des § 9 Abs.1 VStG besonders geregelt und hat für das Zuwiderhandeln gegen das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz der gewerberechtliche Geschäftsführer einzustehen.

Nach den glaubwürdigen Angaben der ersten Instanz (Bürgermeister der Stadt Wels als Bezirksverwaltungsbehörde) ist der Beschuldigte der gewerberechtliche Geschäftsführer der C. Handelsges.mbH. mit dem Stand ihres Handelsgewerbes in ....., ...............

Im Vergleich des Lebenssachverhaltes mit dem Tatbild ist somit festzustellen, daß der Schuldspruch der ersten Instanz zu Recht erfolgte.

Bezüglich der vom Rechtsmittelwerber angezogenen verfassungsrechtlichen Bedenken hat der O.ö. Verwaltungssenat folgendes erwogen:

Es trifft zu, daß die Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich aufgrund der Ermächtigung des § 3 Abs.1 Sonnund Feiertags-Betriebszeitengesetzes zu berücksichtigen hat, ob sich der besondere regionale Bedarf auf das ganze Land oder nur auf ein Teilgebiet erstreckt sowie ob er ... nur an bestimmten Feiertagen besteht.

Wie bereits dargetan, gilt festzuhalten, daß die Verordnung Ausnahmebestimmungen von der Feiertagsruhe schafft.

Angesichts der heutigen guten Verkehrsverbindungen in das rund um Österreich gelegene Ausland ist letzteres in relativ kurzer Zeit, ausgenommen etwa von den Gebieten des inneren Salzkammergutes, des Gebieten um Liezen und um Maria Zell von jedermann innerhalb relativ kurzer Zeit erreichbar und wäre unter Bedachtnahme auf die Tatsache, daß in Österreich der 8. Dezember (Maria Empfängnis) ein Feiertag ist, im angeschlossenen Ausland jedoch nicht und die vorweihnachtliche Zeit für die Umsätze im Wirtschaftsleben maßgebliche Bedeutung haben, nicht der einzelne Landeshauptmann, sondern der Bundesgesetzgeber berufen, erforderlichenfalls initiativ zu werden.

Es trifft auch zu, daß eine scharfe Trennlinie, daß von Grieskirchen ein Kaufabschluß nach Bayern noch stattfinden könne, nicht aber von dem durch einen unmittelbaren Autobahnanschluß berührten Gebiet der Stadt Wels, nicht gezogen werden kann und nicht nur Wels, sondern die Gebiete im Mühlviertel durch die Nähe zur Tschechei genauso betroffen sind wie die Grenzbezirke im Innviertel bis hinreichend zum Zentralraum.

Unweigerlich ist damit eine Grauzone gegeben.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur (vergl.

VerfSlg. 11558/1087) feststellt, liegen Ziele, denen Ladenschlußregelungen dienen - es sind vor allem die Bedachtnahme auf die Interessen der Verbraucher die wettbewerbsordnende und die sozialpolitische Funktion - im öffentlichen Interesse. Dem einfachen Gesetzgeber ist bei der Entscheidung, welche Ziele er mit seinen Regelungen verfolgt, innerhalb der Schranken der Verfassung ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der Gesetzgeber hatte es an der Hand, die Zweckmäßigkeit - ob wirtschaftspolitisch oder sozialpolitisch motiviert - zu bestimmen und ist der Spielraum nur dann als überzogen und demnach nicht verfassungskonform anzusehen, wenn Ziele verfolgt werden, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend, anzusehen sind.

Beim Einstieg ins Grundsätzliche bietet sich das Bild, daß als Hauptaufgabe des Staates in Gesetzgebung und Vollziehung die Darseinsvorsorge zu beschreiben ist. Hinsichtlich der Darseinsvorsorge wird ein wesentlicher Teil durch wirtschaftliches Handeln und dieses wiederum durch Arbeit, sei es selbständig, sei es unselbständig, bestritten. Es gibt nur soviel Sozialleistung, Gesundheitsfürsorge, Öffentliche Kulturförderung uvam als sie durch Arbeit erworben und grundgelegt wurde, soll nicht der Ruin eines Staatsgebildes von vornherein programmiert sein.

Daneben hat die Gesetzgebung als Denkvoraussetzung für jede Sozietät, das im Immateriellen gelegene, aus dem Wesen des Menschen abgeleitete Wertbewußtsein - der Klammer jeglicher Kultur, ohne die sie, wie historisch bewiesen, unweigerlich zerfällt und damit auch die Auflösung der Sozietät herbeiführt - hinreichend zu berücksichtigen.

Was die Erklärung des 8. Dezember eines jeden Jahres zum Feiertag anlangt, so ist festzuhalten, daß unter Hinweis auf das vorzitierte Konkordat die innerstaatliche Gesetzgebung historisch betrachtet nur diesen Anknüpfungspunkt aus dem Religiösen hatte, um der vorwiegend katholischen Bevölkerung den ungehinderten Besuch des Gottesdienstes und die Pflege religiösen Brauchtums zu ermöglichen.

Arbeitsmedizinische Dokumentationen, daß gerade der 8. Dezember freizugeben wäre, um die Gesundheit und das Erholungsbedürfnis der Menschen aufrechtzuerhalten, sind nicht greifbar oder nachvollziehbar.

Es ist eine offenkundige Tatsache, daß der Gottesdienstbesuch der österreichischen Katholiken bis herauf in die jüngste Zeit nurmehr von einem Teil der dem Taufschein nach zugehörigen Personen wahrgenommen wird.

Auch in der Bedeutung des Weihnachtsfestes hat sich ein Wandel vollzogen und wird dieser vom überwiegenden Teil der Bevölkerung als Fest des Konsums und der Konsumvorbereitung mit pseudo-religiösem Anstrich betrachtet.

Der O.ö. Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß, abgesehen von der völkerrechtlichen Verpflichtung, das grundsätzliche Festhalten am 8. Dezember als Feiertag noch für einen achtenswerten Teil der Bevölkerung zugunsten der Verwirklichung von religiösem Werte gerechtfertigt ist und der Spielraum des Gesetzgebers bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, wenn wirtschaftliche, soziale und andere öffentliche Interessen (wie zB religiöse Wertvorstellungen) untereinander oder mit Privatinteressen in Widerstreit stehen, nicht überzogen wurde.

Daß das Weihnachtsfest für einen beachtlichen Teil der Bevölkerung seinen wahren, nämlich den religiösen Kern verloren hat, veranlaßte noch keinen ernst zu nehmenden Teil der Bevölkerung oder der Volksvertreter, dessen Abschaffung zu fordern.

Der O.ö. Verwaltungssenat verkennt nicht, daß an der Schnittstelle jeder Ausnahme - oder Begünstigungsregelung für denjenigen, den die Begünstigung gerade nicht mehr erreicht, immer ein gewisses Konfliktspotential (im gegenständlichen Fall Konkurrenzverzerrung) verbleibt, das eine Restspannung zu den Grundrechten erzeugt, welches aber kein Gesetzgeber zu vermeiden im Stande ist.

Dem steht künftig nicht entgegen, daß es unter Nutzung des Spielraumes für den Gesetzgeber offen bleibt, (vergl. die in Italien gelungene einvernehmliche Verlegung des Christi Himmelfahrtstages auf einen Sonntag) die Änderung völkerrechtlicher Verbindlichkeiten anzustreben, zumal von seiten des Kirchenrechtes, welches für den Vertragspartner des Konkordates beachtlich ist, bei der Behandlung des Maria-Empfängnis-Tages - anders als bei der Behandlung des Sonntags - es sich nicht um ein "jus divinum" handelt und das Gedächtnis an die unbefleckte Empfängnis Mariens auch an einem anderen Tag würdig begangen werden kann.

Ein Zwang zu solchen Unterhandlungen des Gesetzgebers mit dem Hl. Stuhl mit der Wirkung, daß eine Unterlassung ansonsten einen Verfassungsbruch darstellen würde, besteht nach Auffassung des O.ö. Verwaltungssenates allerdings nicht.

Aus all dem Gesagten hegt der O.ö. Verwaltungssenat gegen die Rechtsmäßigkeit bzw. Verfassungsmäßigkeit der zur Anwendung gelangten Normen keine Bedenken, weshalb auch aus diesem Grund der Schuldspruch zu bestätigen war.

Übergesetzlicher Notstand wurde nicht reklamiert und wurden deshalb auch keine Beweise angeboten (etwa durch Vorlage der Bilanzen in Relation zum Verkaufserlös am 8. Dezember 1994), aus denen geschlossen werden müßte, daß durch das Geschlossenhalten des Betriebes am erwähnten Feiertag die Insolvenz und somit die Vernichtung der Existenz des Betriebes unmittelbar einher gegangen wäre.

Bezüglich der Strafbemessung war folgendes zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen ist in § 4 Abs.1 letzter Teilsatz, Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz geregelt und beträgt in Geld bis zu 10.000 S.

Die Ersatzfreiheitsstrafe hat gemäß § 16 Abs.2 VStG einen Rahmen bis zu zwei Wochen.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Nachdem sich der Rechtsmittelwerber im klaren war, daß er den Betrieb am 8. Dezember hätte geschlossen halten müssen und er dessen ungeachtet öffentlich auftrat und kundtat, daß er diese Vorschrift nicht einhalten werde, ist ihm Vorsatz und somit ein hoher Grad des Verschuldens anzulasten.

Aufgrund des Doppelverwertungsverbotes werden diese Umstände vom UVS nicht auch noch als besonders straferschwerend gewertet (eine allfällige Anstiftung hätte gesondert geahndet werden müssen).

Schon aufgrund des hohen Grades des Verschuldens mußte die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG ausgeschlossen bleiben.

Der objektive Unrechtsgehalt war nur von mittlerem Gewicht.

Der Aspekt der Verzerrung des Wettbewerbs gegenüber den heimischen (welser) Betrieben, welche geschlossen hatten, war von jenem Blickwinkel aus zu betrachten, daß mit gutem Grunde angenommen werden kann, daß die kaufinteressierten Kunden ihr Verlangen im benachbarten Ausland oder in den Ausnahmegebieten gestillt hätten.

Nachdem keine Milderungsgründe bescheinigt sind, kann der ersten Instanz, die auf die Sorgepflicht des Beschuldigten für ein Kind und sein monatliches Bruttoeinkommen von 30.000 S offensichtlich Bedacht nahm, angesichts des hohen Grades des Verschuldens in der Zusammenschau mit den übrigen Umständen kein Ermessensmißbrauch vorgeworfen werden, wenn sie eine Geldstrafe von 3.000 S verhängt hat.

Eine Erhöhung der Ersatzfreiheitsstrafe von nur 36 Stunden durfte der unabhängige Verwaltungssenat aufgrund des Verbotes der Schlechterstellung im Berufungsverfahren nicht vornehmen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde durch die erste Instanz keinesfalls überhöht festgesetzt.

Die Richtigstellung der verletzten Norm war im Berufungswege jederzeit zulässig, weil damit an der Identität der Tat nicht gerüttelt wurde.

Aufgrund der Erfolglosigkeit der Berufung trifft den Rechtsmittelwerber gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG die Pflicht einen Kostenbeitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu entrichten.

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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