Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221223/2/Kl/Rd

Linz, 04.04.1996

VwSen-221223/2/Kl/Rd Linz, am 4. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des GW, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 10.4.1995, Ge96-66-2-1994, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch - es zu lauten hat: "... ohne daß diese Waren vorbestellt wurden, und dadurch das Feilbieten von Haus zu Haus und von Ort zu Ort ausgeübt hat, ohne daß in dem betreffenden Verwaltungsbezirk Grieskirchen, in dem das Feilbieten ausgeübt wurde, oder in einer an diesen Verwaltungsbezirk angrenzenden Gemeinde das betreffende Gewerbe in einer ortsfesten Betriebsstätte ausgeübt wird." - bei der verletzten Rechtsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG die Bestimmung des "§ 53" zu entfallen hat.

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 400 S, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 44a und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 10.4.1995, Ge96-66-2-1994, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 2.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung nach §§ 53, 53a, 370 Abs.3 und 367 Z18 GewO 1994 verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der P Gesellschaft mbH, die im Standort die Gewerbeberechtigung "Fleischergewerbe in der Form eines Industriebetriebes" besessen hat, wissentlich geduldet hat, daß der Angestellte der P GesmbH, Herr L R, am 25.4.1994 gegen 17.00 Uhr vor dem Neubau von B L in G, an diesen Knödeln verkauft und vor dem Haus in G Frau MS Fleisch- und Wurstwaren angeboten hat und darüber hinaus noch weitere Wurstwaren zum Verkauf an unbestimmte Personen ohne Vorbestellung bereitgehalten hat, ohne daß diese Waren vorbestellt wurden und ohne daß eine Bewilligung gemäß § 53 Abs.1 Z2 GewO 1994 erteilt worden ist und dadurch das Feilbieten von Haus zu Haus bzw. von Ort zu Ort entgegen den Bestimmungen der §§ 53 und 53a GewO 1994 ausgeübt hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, und in dieser ausgeführt, daß er die Tat nicht begangen habe, sondern vielmehr der Verkaufswagen fahndungsartig verfolgt worden sei. Die Zeugeneinvernahme der MS entspreche nicht der Wahrheit, sondern es hätte der bestellte Speck nicht geliefert werden können und wurde deshalb anstelle dessen eine andere Ware angeboten. Im übrigen wurde darauf hingewiesen, daß bei Lieferungen, bei denen die Verwaltungsbezirksgrenze überschritten werde, die nicht bestellten Waren nicht abgeladen werden können. Auch entspreche die Aussage des Herrn L nicht der Tatsache. Es wurde daher beantragt, der Berufung stattzugeben und das Strafverfahren einzustellen.

3. Die BH Schärding als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Weil im bekämpften Straferkenntnis eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine solche gemäß § 51e Abs.2 VStG nicht anzuberaumen.

4. Die belangte Behörde hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt ausreichend ermittelt, ein entsprechendes Beweisverfahren durchgeführt und das Ergebnis dieses Ermittlungsverfahrens auch ihrer Entscheidung zugrundegelegt. Dabei ging in einwandfreier Beweiswürdigung hervor, daß außerhalb des Bezirkes Schärding, in dem die ortsfeste Betriebsstätte (in W) befindlich ist, nämlich im Bezirk Grieskirchen, genau in G, am 25.4.1994 durch den Angestellten LR der P GesmbH, Standort, Leberknödel an Herrn B L verkauft wurden, ohne daß diese Leberknödel vorbestellt waren und auch Frau MS Fleischwaren zum Kauf angeboten wurden, ohne daß Letztgenannte Fleischwaren bestellt hätte.

Die genannten Personen wurden zeugenschaftlich im Verfahren erster Instanz einvernommen und auf ihre Wahrheitspflicht aufmerksam gemacht. Die Zeugenaussagen widersprachen einander nicht und erscheinen glaubwürdig. Die in der Berufung gemachten Behauptungen können diese Zeugenaussagen nicht erschüttern und die Gegendarstellung erscheint in diesem Licht nicht glaubwürdig. Vielmehr hat der Beschuldigte das Recht, sich in jeder Richtung hin zu verteidigen, unterliegt dabei aber nicht der Wahrheitspflicht. Es werden daher diese Beweise auch der nunmehrigen Beurteilung zugrundegelegt.

Weil das Ermittlungsverfahren ausreichend durchgeführt wurde, war eine weitere Beweisaufnahme nicht erforderlich.

Danach steht der dem Tatvorwurf zugrundegelegte Sachverhalt einwandfrei fest.

Hingegen wurde das Mitführen von nicht bestellten Fleischwaren zum Zwecke des Verkaufs durch den Angestellten LR zum Tatzeitpunkt selbst in der Berufung vom Bw nicht bestritten.

5. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 367 Z18 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer das den Bestimmungen der §§ 53 oder 53a unterliegende Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort und von Haus zu Haus entgegen den Bestimmungen der §§ 53 oder 53a ausübt, wenn nicht der Tatbestand des § 366 Abs.1 Z1 oder der erste Tatbestand des § 368 Z6 oder der Tatbestand des § 368 Z7 gegeben ist.

§ 53 Abs.1 GewO 1994 regelt das Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus aufgrund 1) einer Anmeldung eines freien Gewerbes oder 2) einer Bewilligung der Gemeinde.

Gemäß § 53a Abs.1 GewO 1994 dürfen Bäcker, Fleischer und Lebensmittelhändler Waren, zu deren Feilhaltung sie aufgrund ihrer diesbezüglichen Gewerbeberechtigung berechtigt sind, im Umherziehen von Ort zu Ort und von Haus zu Haus feilbieten. Das Feilbieten darf nur von Gewerbetreibenden ausgeübt werden, die in dem Verwaltungsbezirk, in dem sie das Feilbieten ausüben, oder in einer an diesen Verwaltungsbezirk angrenzenden Gemeinde das betreffende Gewerbe in einer ortsfesten Betriebsstätte ausüben.

5.2. Aufgrund des erwiesenen Sachverhaltes steht fest, daß der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P GesmbH mit dem Standort in, Fleischwaren außerhalb des Bezirkes Schärding, in welchem die ortsfeste Betriebsstätte sich befindet, und nicht in einer an diesen Bezirk angrenzenden Gemeinde ohne Vorbestellung tatsächlich verkauft hat und weiters auch im mitgeführten Lieferfahrzeug zum Verkauf bereitgehalten und zum Verkauf durch Ansprechen von Personen angeboten hat. Es wurde daher der Tatbestand gemäß §§ 53a und 367 Z18 GewO 1994 einwandfrei erfüllt.

Weil aber die Bestimmung des § 53a GewO für Bäcker, Fleischer und Lebensmittelhändler eine Sonderregelung zum Feilbieten im Umherziehen nach § 53 GewO darstellt, war die Sonderregelung (lex specialis) heranzuziehen. Es war daher der Spruch des Straferkenntnisses entsprechend zu berichtigen und entsprechend dem vorgeworfenen Sachverhalt hinsichtlich der Überschreitung des Verwaltungsbezirkes iS einer näheren Umschreibung nach § 53a Abs.2 GewO zu ergänzen.

Dies entspricht der Judikatur des VwGH, daß verba legalia jederzeit in den Spruch aufgenommen werden können.

5.3. Gemäß § 370 Abs.3 GewO 1994 ist neben dem Geschäftsführer der Gewerbetreibende strafbar, wenn er die Verwaltungsübertretung wissentlich duldet oder wenn er bei der Auswahl des Geschäftsführers es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen.

Ähnlich wie bei der Bestimmung des § 31 Abs.5 Arbeitnehmerschutzgesetz - ASchG, wonach Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar sind, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde, und der darauf gründenden zahlreichen Judikatur des VwGH, welche nunmehr analog herangezogen wird, handelt es sich bei der zitierten Bestimmung um eine Vorschrift, die das Verschulden regelt, das den Gewerbetreibenden im Fall der Bestellung eines Geschäftsführers treffen muß, um diesen strafbar zu machen. Enthält eine Verwaltungsvorschrift aber besondere Bestimmungen über das für die Begehung einer Verwaltungsübertretung erforderliche Verschulden, dann kommt die für Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG angeordnete Umkehr der Beweislast nicht zur Anwendung. Es hat somit der Täter nicht den Entlastungsbeweis, sondern die Behörde den Nachweis des Verschuldens zu erbringen (vgl. VwGH vom 25.2.1988, SlgNr.12659A, sowie vom 13.10.1993, 93/02/0104). Der Verfahrensgrundsatz der materiellen Wahrheit befreit die Partei jedoch nicht von ihrer Verpflichtung, dabei zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen (VwGH vom 4.2.1994, 93/02/0299 bis 0303).

Im Rahmen einer verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung des bestellten und genehmigten gewerberechtlichen Geschäftsführers JP gab dieser der Behörde an, daß er nichts gewußt habe, daß auch Waren an Leute verkauft wurden, die nichts bestellt haben, weil er von den Beladevorgängen nichts wußte. Er arbeite nur 20 Wochenstunden immer nachmittags ab 15.00 Uhr, und es habe ihm auch der Geschäftsführer der P GesmbH, Herr GW, zu verstehen gegeben, daß er für derartige Dinge nicht zuständig sei. Dies liegt auch der Begründung des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses zugrunde und wurde vom Bw in der Berufung nicht in Zweifel gezogen und nicht bestritten. Auch wurden im gesamten Verwaltungsstrafverfahren und in der eingebrachten Berufung keine Behauptungen dahingehend gemacht, daß der Bw vom vorgeworfenen Feilbieten nichts gewußt habe und es wurden auch keine Behauptungen aufgestellt, daß gegen das vorgeworfene Feilbieten Maßnahmen seitens des Bw gesetzt worden wären. Es ist daher die belangte Behörde zu Recht und erwiesenermaßen davon ausgegangen, daß der Bw mit seinem Wissen das Feilbieten im Umherziehen außerhalb des Verwaltungsbezirkes des Gewerbestandortes geduldet hat.

Schließlich gab der Bw in seiner Berufung selbst zu verstehen, daß eine andere Vorgehensweise, nämlich daß nicht bestellte Waren nicht mitgeführt werden, gar nicht möglich sei und daher er mit dieser Vorgehensweise sehr wohl einverstanden ist.

Es ist daher auch das Verschulden des Bw iSd § 370 Abs.3 GewO 1994 gegeben.

Es war daher der Schuldspruch zu bestätigen.

5.4. Hinsichtlich der Strafhöhe ist gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Danach ist das Interesse an einer geordneten Gewerbeausübung und am Hintanhalten einer Verzerrung der Konkurrenzsituation bei Nichteinhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften ins Treffen zuführen, und es ist auch ein schutzwürdiges Interesse an der Hintanhaltung einer Benachteiligung des gesamten sozialen Umfeldes zu wahren. Es wurden daher die schutzwürdigen Interessen in nicht unerheblichem Maße verletzt. Nachteilige Folgen sind nicht bekannt geworden.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat bereits zutreffend die Straferschwerungs- und Milderungsgründe ausgeführt und gewertet.

Danach lagen keine mildernden Umstände vor. Die belangte Behörde hat zu Recht auf bereits iZm der Gewerbeausübung vorliegende Bestrafungen hingewiesen und in diesem Zusammenhang auch darauf Bedacht genommen, daß eine Strafe unbedingt erforderlich ist, um den Bw in Zukunft von strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

In Anbetracht des bereits von der belangten Behörde zu Recht angenommenen Verschuldens, nämlich der Wissentlichkeit des Bw, wenn nicht sogar Absichtlichkeit durch eigene Anordnung des Bw, ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen.

Auch hat die belangte Behörde auf die persönlichen Verhältnisse des Bw Bedacht genommen. Der Bw hat keine Strafmilderungsgründe in seiner Berufung geltend gemacht, sodaß insgesamt unter Bedachtnahme auf einen gesetzlichen Strafhöchstrahmen von 30.000 S die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens liegt und daher schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepaßt zu beurteilen ist.

6. Im Grunde dieses Verfahrensergebnisses, weil das Straferkenntnis bestätigt wurde, waren dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG die Kosten zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, also von 400 S, aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage: Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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