Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221224/2/Le/La

Linz, 16.02.1996

VwSen-221224/2/Le/La Linz, am 16. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des H K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28.3.1995, Ge96-376-1994/Ew, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Verwaltungsstraferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 1.000 S, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger zwangsweiser Eintreibung zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28.3.1995 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 Abs.1 und § 74 Abs.2 Z1 und 2 Gewerbeordnung 1994 (im folgenden kurz: GewO) eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von zwei Tagen) verhängt.

Gleichzeitig wurde er zum Kostenersatz verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, als gewerberechtlicher Geschäftsführer der L reg. Gen.m.b.H. es vertreten zu haben, daß deren Betriebsanlage in N in einzelnen näher bezeichneten Anlagenteilen ohne der hiefür erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung betrieben worden sei, wodurch die Möglichkeit einer nachteiligen Änderung der Verhältnisse der Belästigung der Nachbarn durch Lärm und Staub und weiters die Möglichkeit einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn und der Kunden, die dieses Lagerhaus der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, durch allenfalls auftretende Störfälle bestanden hätte.

In der Begründung dazu wurde nach einer Wiedergabe der anzuwendenden Rechtslage zunächst auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonach es bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage nicht darauf ankommt, ob von der Betriebsanlage tatsächlich die im Gesetz näher bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen, sondern eine Genehmigungspflicht vielmehr schon dann gegeben ist, wenn diese Umstände nicht auszuschließen sind.

Anläßlich eines Lokalaugenscheines der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 11.10.1994 wären die konsenslos vorgenommenen Änderungen dienstlich wahrgenommen worden. Der Sachverhalt sei vom Beschuldigten nicht in Abrede gestellt worden; nach der Aussage des Projektanten Baumeister G A sei die Anlage zumindest seit 9.6.1994 in Betrieb.

Zu den Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten, wonach die Verfahren bereits anhängig und die Umbauten den gewerbebehördlichen Aufträgen gemäß ausgeführt würden, hält die Erstbehörde begründend fest, daß diese ins Leere gehen würden: Im Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO sei nicht die Genehmigungsfähigkeit, sondern die Genehmigungspflicht ausschlaggebend, die aber bezüglich der im Spruch angeführten Anlagenteile fest stehe, da hiefür bereits die abstrakte Möglichkeit des Herbeiführens von nachteiligen Einwirkungen iSd § 74 Abs.2 GewO genüge. In der näheren Umgebung des Betriebsgeländes befänden sich mehrere Wohngebäude und seien zur mündlichen Verhandlung am 11.10.1994 15 Anrainer persönlich erschienen, die Einwendungen gegen die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung erhoben hätten.

Zur subjektiven Tatseite verwies die belangte Behörde auf § 5 Abs.1 VStG und nahm demgemäß Fahrlässigkeit an. Mit seiner Rechtfertigung sei es dem Beschuldigten nicht gelungen, seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei der gewerberechtliche Geschäftsführer verpflichtet, sich über die die Gewerbeausübung regelnden Rechtsvorschriften hinreichend zu informieren. Sein Verschulden liege darin, daß die Betriebsanlage der L reg.Gen.m.b.H. in N nach erfolgter Änderung vor der Erwirkung einer rechtskräftigen gewerbebehördlichen Änderung betrieben worden sei. Bei Anwendung entsprechender Aufmerksamkeit hätte ihm bewußt sein müssen, daß das Ansuchen um Betriebsanlagengenehmigung die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung noch nicht ersetzen könne.

Schließlich legte die Behörde auch ihre Erwägungen zur Strafbemessung näher dar.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 14.4.1995, mit der der nunmehrige Bw beantragte, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Im einzelnen wies er (wie bereits in der Rechtfertigung) darauf hin, "daß diese Übertretung der gewerberechtlichen Bestimmung aus folgenden Gründen erfolgte:". Die L reg.Gen.m.b.H. sei durch Fusion der K N und der L im Frühjahr 1994 entstanden. Grund für die Fusion wären wirtschaftliche Schwierigkeiten der ehemaligen K N gewesen.

Sofort nach der Fusion wären daher die Investitionen am Standort N in Angriff genommen worden, um eine ordnungsgemäße Übernahme der Ernte 1994 sicherzustellen.

Ohne der erfolgten Umbauten wäre eine ordnungsgemäße Übernahme der Ernte nicht möglich gewesen, was für die bäuerlichen Betriebe im Bereich N schwere wirtschaftliche Nachteile bedeutet hätte. Weiters stelle er fest, daß bei der Aussage des Projektanten Ing. A, daß die Anlage am 9.

Juni 1994 in Betrieb gegangen sei, ein Irrtum vorliegen müsse, da die Anlage erst unmittelbar vor der Ernte Anfang Juli 1994 tatsächlich in Betrieb genommen worden sei. Das Ansuchen um gewerberechtliche Genehmigung sei jedoch bereits Ende Mai 1994 eingereicht worden.

Weiters versprach der Bw sich persönlich dafür einsetzen zu wollen, daß sämtliche gewerberechtlichen Auflagen erfüllt und keine großen Belästigungen der Nachbarn durch den Betrieb der Anlage auftreten würden. Er halte es nicht für notwendig, ihn im Sinne einer Spezialprävention von weiteren Übertretungen der Gewerbeordnung abzuhalten, da er ohnehin, wie seine Vergangenheit beweise, bemüht sei, Gesetzesübertretungen zu vermeiden.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesonders dem durchgeführten Ermittlungsverfahren und der Berufung, einen hinreichend geklärten Sachverhalt vorgefunden, weshalb aus verwaltungsökonomischen Gründen von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen wurde; eine solche war im übrigen auch nicht beantragt worden.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

4.2. Die belangte Behörde hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt ausreichend erhoben und unter die zutreffenden gesetzlichen Bestimmungen der Gewerbeordnung subsumiert.

Damit steht fest, daß der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung in allen seinen Teilen verwirklicht wurde.

Der Bw hat dies im wesentlichen auch nicht bestritten, sondern im ersten Satz seiner Berufung die Übertretung der gewerberechtlichen Bestimmungen auch zugegeben.

Er hat lediglich den Beginn der Tatzeit, die von Baumeister Ing. A mit 9.6.1994 angegeben wurde, in Zweifel gezogen, indem er die Inbetriebnahme der Anlage zeitlich "erst unmittelbar vor der Ernte Anfang Juli 1994" ansetzte. Damit ist es ihm jedoch nicht gelungen, eine Unrichtigkeit der Tatzeit oder gar eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuzeigen, zumal einerseits auch der 9.6.1994 in etwa unmittelbar vor Anfang Juli 1994 liegt und andererseits der exakten Angabe des Projektanten, der in dieser Eigenschaft mit der Anlage sicher bestens vertraut ist, mehr Glauben zu schenken ist, als der Verantwortung des Beschuldigten. Immerhin hat der Bw in seiner Rechtfertigung trotz Vorhaltes desselben Tatzeitraumes diesen damals nicht in Frage gestellt.

4.3. Hinsichtlich der Erfüllung der subjektiven Tatseite hat die belangte Behörde zumindest Fahrlässigkeit iSd § 5 Abs.1 VStG angenommen. Der Bw hat in seiner Berufung darzulegen versucht, daß ohne der vorgenommenen Änderungen der Betriebsanlage die Ernte 1994 aus dem Raum Neuhofen nicht hätte ordnungsgemäß übernommen werden können. Dies hätte für die bäuerlichen Betriebe im Bereich Neuhofen schwere wirtschaftliche Nachteile bedeutet (Abwertung von Futtergetreide durch EU-Beitritt).

Der Bw beruft sich damit auf Notstand iSd § 6 VStG. Nach dieser Bestimmung ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Nach einer Vielzahl von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes können jedoch wirtschaftliche Nachteile nur dann einen Notstand iSd § 6 VStG begründen, wenn sie die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedrohen (VwGH 26.5.1987, 86/17/0016); ein Notstand ist dann nicht gegeben, wenn damit nur eine wirtschaftliche Not oder die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung abgewendet werden soll (VwGH 13.5.1986, 86/05/0065; 20.10.1988, 88/08/0036 u.a.). In der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, kann eine unmittelbar drohende Gefahr und ein Notstand iSd § 6 VStG nicht gesehen werden (VwGH 23.9.1985, 85/18/301 u.a.).

Der Bw hat mit seiner Verantwortung nicht dargelegt, daß ihm selbst schwere wirtschaftliche Nachteile entstanden wären, die seine Lebensmöglichkeit selbst bedroht hätten. Er hat aber auch nicht dargetan, daß andernfalls die Lebensmöglichkeit der bäuerlichen Betriebe aus dem Raum Neuhofen unmittelbar bedroht gewesen wäre. Die bloße Befürchtung von wirtschaftlichen Nachteilen reicht aber nach der zit. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, einen Notstand zu begründen.

Damit kann der Bw den Schuldausschließungsgrund des Notstandes nicht für sich geltend machen. Es wäre ihm vielmehr offengestanden, durch vorausschauende Planung und zeitgerechtes Ansuchen um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung und entsprechende Mithilfe im Genehmigungsverfahren eine Bewilligung rechtzeitig zu erhalten.

4.4. Zu den weiteren Berufungsausführungen, insbesonders dem Hinweis, daß sich der Bw persönlich dafür einsetzen werde, daß sämtliche gewerberechtlichen Auflagen erfüllt werden und keine großen Belästigungen der Nachbarn durch den Betrieb der Anlage auftreten, ist anzumerken, daß dies bereits eine vom Gesetzgeber vorgegebene Aufgabe des gewerberechtlichen Geschäftsführers ist, deren Nichteinhaltung - so wie im vorliegenden Fall - mit Strafe bedroht ist. Daraus kann weder ein Schuldausschließungsgrund noch ein Grund dafür gesehen werden, die verhängte Strafe nachzusehen.

Da die Strafverhängung nicht nur aus spezialpräventiven Gründen erfolgte, wie dies der Bw anspricht, sondern auch aus generalpräventiven Gründen, kam eine Verringerung der verhängten Strafe nicht in Betracht. Im übrigen ist dazu anzumerken, daß bei einem Strafrahmen von bis zu 50.000 S sich die verhängte Strafe - auch im Hinblick auf die Strafbemessungsgründe des § 19 VStG - im untersten Rahmen befindet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, die mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen sind. Da eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 1.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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