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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221225/7/Ga/La

Linz, 25.03.1996

VwSen-221225/7/Ga/La Linz, am 25. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des K. D., vertreten durch Dr. R. G., Dr. J. K.

und Mag. H. P., Rechtsanwälte in ....., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. März 1995, Zl. Ge96-407-1994/Ew, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; 31 Abs.2, § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1; § 65 und § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe gemäß § 9 Abs.1 VStG in seiner Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "..................... Gesellschaft m.b.H." mit dem Sitz in P., ........., zu vertreten, ohne sein Verhalten durch triftige Gründe rechtfertigen zu können, daß von dieser Gesellschaft laut Auftragsschreiben vom 22. August 1994 die .............. Bauunternehmen GmbH zumindest am 15.

September 1994 zur Durchführung von Vollwärmeschutz- und Fensterfaschenverputzarbeiten bei einer näher bezeichneten Baustelle in Amstetten veranlaßt worden sei, obwohl er bei Anwendung entsprechender Aufmerksamkeit hätte wissen können, daß die veranlaßte Gesellschaft "zumindest zum Zeitpunkt der Beauftragung bzw. zum Tatzeitpunkt" für die Durchführung dieser Arbeiten (noch) keine Gewerbeberechtigung besaß und somit der Verantwortliche der veranlaßten Gesellschaft durch die Ausübung dieser Tätigkeiten eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 (unbefugte Ausübung des Handwerks Maler und Anstreicher) "beging".

Dadurch habe der Berufungswerber § 367 Z54 iVm § 366 Abs.1 Z1 sowie iVm § 94 Z9 und § 105 GewO 1994 verletzt, weshalb wegen dieser Verwaltungsübertretung über ihn gemäß § 367 Einleitung GewO 1973 (gemeint: GewO 1994) eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe:

24 Stunden) kostenpflichtig zu verhängen gewesen sei.

2. Mit der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung bekämpft der Rechtsmittelwerber vor allem die Annahme des Straferkenntnisses, daß er keine entsprechende Aufmerksamkeit angewendet hätte und bringt hiezu mit näherer Begründung vor, er habe trotz sorgfältiger, sogar Erkundigungen einschließender Vorgangsweise nicht erkennen können, daß bei der beauftragten, immerhin im Firmenbuch eingetragenen Bauunternehmung die erforderlichen Gewerbeberechtigungen nicht vorlägen. Der Berufungswerber beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise die Anwendung des § 21 VStG.

Zugleich mit dieser Berufung legte die belangte Behörde den Verfahrensakt (zu Zl. Ge96-407-1994) vor und erstattete keine Gegenäußerung.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3. Schon aus der Aktenlage ist ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist, weil im zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren aus dem Blickwinkel der als verletzt vorgeworfenen Rechtsvorschrift eine hinlänglich bestimmte Verfolgungshandlung innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG nicht gesetzt wurde.

3.1. § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 qualifiziert die berechtigungslose Ausübung eines Gewerbes, das nur aufgrund einer erforderlichen (und erlangten) Gewerbeberechtigung ausgeübt werden darf, als Verwaltungsübertretung, die gemäß § 366 Abs.1 Einleitung dieser Vorschrift mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist.

Gemäß § 5 Abs.1 GewO 1994 wird die Gewerbeberechtigung grundsätzlich durch Anmeldung des betreffenden Gewerbes erlangt. Zu diesen Gewerben, für die die Anmeldung rechtsbegründend als Antritts- und Ausübungsvoraussetzung vorgesehen und somit erforderlich ist, gehören (von hier nicht belangvollen Ausnahmen abgesehen) die Handwerke. Konträr dazu dürfen die sogen. bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe erst nach Erlangung einer Bewilligung ausgeübt werden.

Unter "AUSÜBUNG" eines Gewerbes versteht die GewO 1994 eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit.

Nach § 367 Z54 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe zu bestrafen ist, wer ohne sein Verhalten durch triftige Gründe rechtfertigen zu können, sich durch einen anderen eine Tätigkeit besorgen läßt oder einen anderen zu einer Tätigkeit veranlaßt, obwohl er wissen mußte, daß der andere durch die Ausübung dieser Tätigkeit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 begeht, oder dies nach seinem Beruf oder seiner Beschäftigung bei Anwendung entsprechender Aufmerksamkeit wissen konnte, und zwar auch dann, wenn der andere nicht strafbar ist.

3.2. Zufolge § 44a Z1 VStG hat ein Schuldspruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dh., daß die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der zit. Rechtsvorschrift ist also dann entsprochen, wenn a) dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. VwGH verst. Senat 3.10.1985, Slg.NF 11.894/A).

Das so verstandene Gebot des § 44a Z1 VStG verlangt für die Tatumschreibung daher eine solche Bestimmtheit, daß den angeführten Rechtsschutzüberlegungen im konkreten Fall Rechnung getragen ist.

Diesen Anforderungen muß allerdings, soll der Lauf der Verfolgungsverjährungsfrist unterbrochen werden, hinsichtlich aller die Tat betreffenden (wesentlichen) Sachverhaltselemente auch schon die (erste) Verfolgungshandlung iSd § 32 VStG genügen (vgl. zB VwGH 14.10.1994, 94/02/0287 ua).

3.3.1. In seiner einschlägigen Judikatur vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung (vgl. Erk. vom 22.12.1992, 92/04/0206), daß ein wegen der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z60 GewO 1973 (entspricht § 367 Z54 in der als 'GewO 1994' wiederverlautbarten Fassung) verurteilendes Straferkenntnis in seinem § 44a Z1 VStG betreffenden Spruchteil sowohl jene Tatumstände in konkretisierter Form zu umschreiben hat, die eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zu der durch seine Tat verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglichen, als auch jenes konkrete Verhalten des Beschuldigten darzustellen hat, durch das der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z54 verwirklicht wird.

Zur Erfüllung der oben festgehaltenen Erfordernisse für einen hinreichend bestimmten Tatvorwurf hätte es daher der Bezeichnung jenes konkreten Gewerbes - als ein aus dem Blickwinkel des § 367 Z54 GewO 1994 wesentliches Tatelement - bedurft, das die veranlaßte Gesellschaft (als Haupttäter) nach Ansicht der belangten Behörde in Verletzung des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 durch die im Spruch genannte Tätigkeit ausübt. Diese tatseitige Konsequenz ist daraus abzuleiten, daß sich das - direkte oder zumindest aus "entsprechender Aufmerksamkeit" gewonnene Wissen des Beschuldigten sachverhaltsbezogen gerade auf das konkrete Gewerbe, das unberechtigt ausgeübt wird, erstrecken muß.

3.3.2. Für die Tatzeit ist im Berufungsfall auf den Zeitpunkt der Auftragserteilung durch den Beschuldigten, das ist der 22. August 1994, abzustellen und nicht etwa auf die Zeit der Handlungsweise des Beauftragten (vgl. VwGH 28.1.1993, 92/04/0195). Innerhalb der demgemäß mit 22.

Februar 1995 endenden Verjährungsfrist sind nach Ausweis des Strafaktes zwei Verfolgungshandlungen gesetzt worden, die beide jedoch die Unterbrechung der Verjährung nicht bewirken konnten. So hat die am 3. Jänner 1995 hinausgegebene Strafverfügung vom 29. Dezember 1994 drei solche Gewerbe, die unbefugt ausgeübt werden, angeführt (Baumeistergewerbe; Stukkateurgewerbe; Handwerk der Wärme- und Kältedämmer), diese Aufzählung aber durch Verwendung des Kürzels "bzw." in die sprachliche Form eines Alternativvorwurfs gekleidet. Die gleiche Unbestimmtheit haftet der als Verfolgungshandlung am 16. Jänner 1995 hinausgegebenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. Jänner 1995 an, indem dort zusätzlich zu den vorhin genannten Gewerben noch das Handwerksgewerbe der Maler und Anstreicher angeführt ist und sämtliche Gewerbe durch die neuerliche Verwendung des Kürzels "bzw." gleichfalls alternativ angelastet sind.

Die Unbestimmtheit eines dergestaltigen Tatvorwurfs liegt aus dem Blickwinkel des dem Beschuldigten zu gewährleistenden Rechtsschutzes darin, daß zum einen für ihn schon nicht zweifelsfrei zu erkennen ist, wogegen sich sein, allenfalls beweisunterstütztes Verteidigungsvorbringen zu richten hätte und zum anderen darin, daß er der rechtlichen Gefahr einer Mehrfachbestrafung ausgesetzt scheint. Dies vor dem Hintergrund, daß nicht nur der Stukkateur und der Wärmeund Kältedämmer zur Ausübung der für ihr jeweiliges Gewerbe eigentümlichen Arbeiten berechtigt sind, sondern - zufolge der ausdrücklichen Regelung des erweiterten Berechtigungsumfanges in § 202 Abs.2 GewO 1994 - auch der Baumeister. Andererseits scheint zumindest zweifelhaft, ob die Berechtigung des Handwerks 'Maler und Anstreicher', auch die Ausführung von "Fensterfaschenverputzarbeiten" umfaßt, weil nicht von vornherein davon auszugehen ist, daß es sich dabei nur um kleine Verputzarbeiten, die möglicherweise noch im Umfang der Gewerbeberechtiung liegen (vgl. VwGH 29.5.1990, 89/04/0260; zitiert von KOBZINA/HRDLICKA in:

Gewerbeordnung 1994, 3.A, unter Z14 Seite 151), gehandelt hat.

3.3.3. Zwar schränkt der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses selbst den Vorwurf des im Sinne des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 unbefugt ausgeübten Gewerbes nunmehr auf das Handwerk 'Maler und Anstreicher' ein, doch konnte diese Änderung der Tatanlastung die Verfolgungsverjährung nicht mehr unterbrechen, weil das Straferkenntnis am 27. März 1995, und somit bereits außerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist, hinausgegeben wurde.

4. Im Berufungsfall ist somit gegenüber dem Beschuldigten eine den Anforderungen des § 32 Abs.2 VStG genügende Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist nicht ergangen, weshalb sich die Verfolgung des Berufungswerbers wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung zufolge § 31 Abs.1 VStG als unzulässig erweist.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben; gleichzeitg war die Einstellung zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

5. Mit diesem Verfahrensergebnis entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht aufzuerlegen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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