Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530003/29/Kü/Hu

Linz, 29.11.2005

 

 

 

VwSen-530003/29/Kü/Hu Linz, am 29. November 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung der B G A Gesellschaft mbH. Nfg. OHG, M, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 21. Oktober 2002, Ge20-3806/24-2002, betreffend die Vorschreibung der Erstellung eines Sanierungskonzeptes gemäß § 79 Abs.3 GewO 1994 und der Vorschreibung zusätzlicher Auflagen gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 21. Oktober 2002, Ge20-3806/24-2002, zur Gänze behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm § 79 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl.Nr. 194/1994 idgF.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) betreibt im Standort O auf Grundstücken Nr. ..., ... und ..., KG M, Gemeinde G, eine Betriebsanlage zur Lagerung technischer Gase und Flüssiggas.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 21. Oktober 2002, Ge20-3806/24-2002, wurde der Bw hinsichtlich der gegenständlichen Betriebsanlage die Erstellung eines Sanierungskonzeptes vorgeschrieben und wurde festgehalten, dass bei der Erstellung des Sanierungskonzeptes insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen sind:

 

  1. Schutzmaßnahmen vor Brandlasten und Selbstbefeuerung haben insbesonders die Berieselungswasserversorgung bzw. Bereitstellung, die Automatisierung, Verrohrung und Pumpenaufstellung, Energienotversorgung, Verfügbarkeit, Berieselungsmöglichkeit für das Anlieferungsfahrzeug, konstruktive Gestaltung, Frostschutzmaßnahmen etc. zu enthalten.
  2. Schutzmaßnahmen vor mechanischer Beschädigung haben insbesondere die konstruktive Gestaltung einer Stahlprofilschutzrahmenkonstruktion bezüglich umfallender Bäume zu enthalten.
  3. Der Alarm- und Gefahrenabwehrplan hat insbesonders auch ein Alarmierungssystem außerhalb der Betriebszeiten zu enthalten.
  4. Rohrleitungen und Armaturen müssen insbesonders Rohrbruchsicherungen im Bereich der Gaspendelleitung, Entwässerungsstutzen, etc. enthalten.

Für die Vorlage des Sanierungskonzeptes wurde eine Frist festgesetzt.

 

Im Spruchabschnitt II. des Bescheides wurde der Bw hinsichtlich der gegenständlichen Betriebsanlage die Erfüllung folgender zusätzlicher Auflagen, welche mit "Auflagen aus dem Gutachten des maschinenbautechnischen Amtssachverständigen überschrieben wurden" vorgeschrieben:

 

  1. Es fehlt der Brandabschnitt zwischen Propangasflaschenlager und Acetylenflaschenlager. Die bestehende Brandmauer, welche derzeit unter der Dachhaut endet, ist mindestens 30 cm über die Dachhaut hochzuziehen.
  2. Um die Abfüllanlage bzw. deren Öffnungen ist eine Schutzzone im Ausmaß von 15 m herzustellen und die Öffnung in der westlichen Außenwand der Flaschenabfüllung ist zuzumauern.
  3. Die mechanische Absauganlage bei den Flüssiggasflaschenabfüllstellen ist herzustellen.
  4. Die Kanaleinläufe innerhalb der Schutzzone im Hof sind entweder zu beseitigen oder gasdicht abzuschließen.

 

Weiters wurde eine Frist für die Erfüllung der Auflagen festgeschrieben und festgehalten, dass diese Abweichungen vom gesetzmäßigen Zustand festgestellt wurden und - unabhängig von der Erstellung eines Sanierungskonzeptes - umgehend zu beseitigen sind.

 

Zur Vorschreibung des Sanierungskonzeptes im Spruchabschnitt I. des genannten Bescheides wurde von der Erstbehörde begründend festgehalten, dass im Zuge der am 17.10.2002 durchgeführten Amtshandlung festgestellt worden sei, dass allfällig vorzuschreibende Maßnahmen zur Angleichung an den Stand der Technik die gesamte Betriebsanlage betreffen würden und daher die Vorlage eines Sanierungskonzeptes zur Genehmigung erforderlich erscheine.

 

Zur Vorschreibung der zusätzlichen Auflagen wurde von der Erstbehörde nach Zitierung der Rechtsgrundlagen der §§ 79 und 74 Abs.2 GewO 1994 festgehalten, dass aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens daher die nach dem Gutachten des maschinentechnischen Amtssachverständigen erforderlichen Auflagen vorzuschreiben gewesen seien.

 

2. Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft wurde von der Bw mit Schriftsatz vom 25.10.2002 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und beantragt, den Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen gemäß § 79 Abs.1 GewO nur dann zulässig sei, wenn die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen einen hinreichenden Schutz der im § 74 Abs.2 GewO umschriebenen Interessen nicht gewährleiste. Weder in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 17.10.2002 noch dem bekämpften Bescheid selbst könne entnommen werden, ob überhaupt und bejahendenfalls in welcher Weise es im gegenständlichen Fall am hinreichenden Schutz der Interessen mangle. Das vom Amtssachverständigen im Zuge der mündlichen Verhandlung abgegebene Gutachten als auch das von der Gemeinde G vorgelegte Privatgutachten würden sich darauf beschränken festzuhalten, in welchen Punkten die gegenständliche Betriebsanlage ihrer Auffassung nach nicht dem Stand der Technik entsprechen würde. Eine Abweichung vom Stand der Technik sei so lange irrelevant, so lange nicht durch entsprechende sachverhaltliche Feststellungen feststehe, dass der Schutz der im § 74 Abs.2 GewO umschriebenen Interessen tatsächlich nicht gegeben sei. Derartige Feststellungen seien indessen nicht getroffen worden, weshalb sich auch der angefochtene Bescheid auf solche Feststellungen nicht stützen könne.

 

Die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen (bzw. die Vorlage eines Sanierungskonzeptes) sei darüber hinaus gemäß § 79 GewO nur insoweit zulässig, als diese Auflagen zur Erreichung des Schutzes der in Rede stehenden Interessen "erforderlich" seien. Dabei dürfen diese Auflagen (bzw. die im Sanierungskonzept vorgesehenen Maßnahmen) nicht "unverhältnismäßig" sein. Eine Anpassung einer Betriebsanlage an den Stand der Technik schlechthin sei somit nicht möglich. Zulässig sei lediglich die Vorschreibung jener Auflagen, die zur Erreichung des Schutzzweckes gemäß § 74 Abs.2 GewO notwendig seien. Unzulässig sei hingegen die Vorschreibung von Auflagen, die über die Erreichung eines hinreichenden Schutzes der in Rede stehenden Interessen hinausgehen, mögen derartige Auflagen nach dem Stand der Technik auch möglich sein. Da keinerlei Feststellungen getroffen worden seien, in wie weit der Schutz der im § 74 Abs.2 GewO umschriebenen Interessen tatsächlich nicht gegeben sein soll, fehle es auch an einer entsprechenden sachverhaltlichen Grundlage, ob und bejahendenfalls welche zusätzlichen Maßnahmen im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes überhaupt erforderlich für die Wahrung dieses Schutzes sein sollen.

 

Da der angefochtene Bescheid offenkundig darauf abziele, die in Rede stehende Betriebsanlage auf den Stand der Technik zu bringen, ohne sich in irgendeiner Weise damit auseinander zu setzen, ob dies zum Schutz der in § 74 Abs.2 GewO umschriebenen Maßnahmen denn überhaupt erforderlich sei, sei der angefochtene Bescheid auch aus diesem Grunde rechtswidrig.

 

Die Ladung zum Ortsaugenschein am 17.10.2002 sei bloß einen Tag zuvor zugestellt worden, weshalb keine Möglichkeit bestanden habe, sich auf die Verhandlung vorzubereiten.

 

Wie amtsbekannt sei, habe die Bw den Betrieb der H G H GmbH und damit auch die Betriebsanlage in G erst kürzlich übernommen. Die durch die Betriebsanlage ermöglichte Wertschöpfung sei relativ gering. Müssten die vorgeschriebenen Auflagen bzw. Maßnahmen des vorgeschriebenen Sanierungskonzeptes tatsächlich erfüllt werden, sei zu vermuten, dass die Betriebsanlage mangels Wirtschaftlichkeit geschlossen werden müsste.

 

Der Spruchabschnitt I. des Bescheides sei darüber hinaus auch deswegen rechtswidrig, weil die Voraussetzung hiefür - nämlich die Änderung des "Wesens" der Betriebsanlage - fehle. Selbst bei Berücksichtigung jener Punkte, die die Behörde für die Ausarbeitung des Sanierungskonzeptes vorsehe, würde sich am "Wesen" der Betriebsanlage nichts ändern, weil diese auch nach Realisierung der der Behörde vorschwebenden Maßnahmen weiterhin ein Gaslager samt Nebenanlagen bleibe. Eine Änderung des "Wesens" einer Betriebsanlage habe der VwGH nur in ganz krassen Fällen angenommen. Im Übrigen sei auch der in Begründung des angefochtenen Bescheides gegebene Hinweis, allfällige vorzuschreibende Maßnahmen zur Angleichung an den Stand der Technik würden die gesamte Betriebsanlage betreffen, weshalb die Vorlage eines Sanierungskonzeptes erforderlich wäre, falsch, weil die in Rede stehende Betriebsanlage ja nicht bloß aus dem Gaslager selbst, sondern darüber hinaus auch aus einem Büro-, Werkstätten- und Garagengebäude sowie einer Abfüllanlage für Flüssiggasversandbehälter bestehe. Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 79 Abs.3 GewO für die Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes würden somit nicht vorliegen.

 

3. Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 17. Jänner 2003, VwSen-530003/6/Ga/Pe, wurde die Berufung vom 25.10.2002 als unzulässig zurückgewiesen. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde von diesem der angefochtene Bescheid mit Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zl. 2003/04/0034, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Infolge Behebung des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates durch den Verwaltungsgerichtshof ist das gegenständliche Verfahren wiederum in den Stand eingetreten, als über die Berufung vom 25.10.2002 neuerlich zu entscheiden ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde. Da sich hieraus bereits der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte gemäß § 67d AVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Am 17.10.2002 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden als Gewerbebehörde eine Überprüfung der Betriebsanlage der Bw zur Lagerung technischer Gase und Flüssiggase in O auf Grundstücken Nr. ..., ... und ..., KG M, Gemeinde G, durchgeführt. Zweck dieser Überprüfung war die Feststellung, ob diese gewerbliche Betriebsanlage den gewerbetechnischen Erfordernissen entspricht und ob allenfalls gemäß § 79 Gewerbeordnung zusätzliche Auflagen vorzuschreiben sind. Zum Gegenstand der Amtshandlung wurde weiters festgehalten, dass insbesondere zu klären ist, welcher Stand der Technik für Anlagen im gegenständlichen Größenbereich anzusehen ist und welche Maßnahmen zur Erreichung eines entsprechenden Schutzes, gegebenenfalls auch in Form eines Sanierungskonzeptes, welches zur Genehmigung vorzulegen ist, vorzuschreiben sind.

 

Dieser Überprüfung waren Sachverständige der Fachbereiche Maschinenbautechnik und Brandschutztechnik beigezogen.

 

In der Niederschrift vom 17.10.2002 ist weiters festgehalten, dass nach Durchführung eines Lokalaugenscheins und Erörterung des Verhandlungsgegenstandes sich herausgestellt hat, dass allfällig vorzuschreibende Maßnahmen zur Angleichung an den Stand der Technik die gesamte Betriebsanlage betreffen und daher die Vorlage eines Sanierungskonzeptes zur Genehmigung erforderlich erscheint. Es wurde daher im Zuge der Amtshandlung grundsätzlich der Stand der Technik für derartige Anlagen beschrieben. Gleichzeitig werden jene Maßnahmen, die jedenfalls im zu fordernden Sanierungskonzept enthalten sein müssen, von den beigezogenen Sachverständigen dargelegt.

 

Vom brandschutztechnischen Sachverständigen wurden im Zuge der Verhandlung dargelegt, dass für das geforderte Sanierungskonzept als Grundlage das Gutachten des maschinenbautechnischen Amtssachverständigen heranzuziehen ist. Als weitere Grundlage sind Befund samt Gutachten des privaten Sachverständigen für Brandschutzwesen heranzuziehen. Die Diskussion zu diesen beiden Grundlagen ergibt, dass grundlegende Definitionen der Schutzziele bzw. der Schutzniveaus erforderlich sind. Aus brandschutztechnischer Sicht wird daher vorgeschlagen, die differierenden Schutzniveaus herauszuarbeiten. Dies ist in einem ersten Schritt bei der Ausarbeitung des Sanierungskonzeptes vorzunehmen. Nach Vorlage dieses ersten Schrittes des Sanierungskonzeptes wird eine abschließende Begutachtung durch den brandschutztechnischen Sachverständigen vorgeschlagen.

 

Der Sachverständige für Maschinenbautechnik hielt in seinem Gutachten fest, dass Grundlage für die technische Beurteilung der gegenständlichen Anlage die §§ 71a und 79 der Gewerbeordnung 1994, die Flüssiggasverordnung, die Druckbehälteraufstellungsverordnung und die Versandbehälterverordnung sowie die ÖNORM M7379 darstellen. Nach Zitierung der Rechtsgrundlagen der Gewerbeordnung führt der Sachverständige aus, in welchen Punkten die zitierten Beurteilungsgrundlagen bzw. der Stand der Technik derzeit nicht oder nur unvollständig erfüllt wird. In der Folge wird punktuell aufgelistet, in wie weit die Flüssiggasverordnung, die Druckbehälteraufstellungsverordnung und die Versandbehälterverordnung nicht erfüllt wird. Zusammenfassend wird vom Sachverständigen sodann festgehalten, dass die festgestellten Abweichungen von den technischen Regeln auf unterschiedliche Weise beseitigt werden können, sodass die Erstellung eines Sanierungskonzeptes seitens der Betreiberin als zweckmäßig angesehen wird. Auch wurde vom Sachverständigen festgehalten, dass Sofortmaßnahmen im Sinne des § 360 GewO (einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen) im Hinblick auf die vorhandenen sonstigen Sicherheitseinrichtungen, insbesondere der Gaswarneinrichtung, nicht notwendig sind.

 

Das Ergebnis der Amtshandlung wurde von der Bw zur Kenntnis genommen.

 

Am 21. Oktober 2002 erließ die Bezirkshauptmannschaft Gmunden den in der Berufung angefochtenen Bescheid.

 

Am 23.6.2005 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eine weitere Überprüfung der Betriebsanlage der Bw durchgeführt. Grund dieser Überprüfung war u.a. im Hinblick auf den angefochtenen Bescheid festzustellen, welche Anlagen bzw. Anlagenteile und Lagerungen überhaupt noch vor Ort betrieben werden bzw. welche Maßnahmen zwischenzeitlich umgesetzt wurden. Vom beigezogenen Sachverständigen für Maschinentechnik und Anlagensicherheit wurde festgestellt, dass die Auflagenpunkte 1. bis 5. des Spruchabschnittes I. des angefochtenen Bescheides nicht erfüllt sind. Vom Sachverständigen wurde bemerkt, dass im gegenständlichen Standort derzeit keine ortsfesten Lagerbehälter für Flüssiggas vorhanden sind. Auch die Abfüllanlage wurde zwischenzeitlich demontiert. In wie weit ein Sanierungskonzept, in welchem Ausmaß auch immer, zu fordern ist, wird im anhängigen Berufungsverfahren zu beurteilen sein.

 

Zu den Auflagen des Spruchabschnitts II. des angefochtenen Bescheides führte der Sachverständige aus, dass Auflagenpunkt 1. nicht erfüllt ist und die Auflagenpunkte 2. bis 4. nicht mehr relevant sind, da die Abfüllanlage demontiert wurde. Als abschließende Feststellung wurde vom Sachverständigen empfohlen, nach Beendigung des Berufungsverfahrens die gegenständliche Betriebsanlage neuerlich einer Überprüfung zu unterziehen, wobei bei dieser Überprüfung insbesondere auf das Vorhandensein oder die Notwendigkeit von zusätzlichen Sicherheitseinrichtungen Bedacht zu nehmen sein wird.

 

Auch das Ergebnis dieser Verhandlung wurde von der Bw zur Kenntnis genommen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. § 79 Abs. 1 GewO 1994 lautet:

Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, dass ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

§ 79 Abs. 3 GewO 1994 lautet:

Könnte der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nach Abs. 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, so hat die Behörde dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessenschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer dem hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs. 1) maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen. § 81 Abs. 1 ist auf diese Sanierung nicht anzuwenden.

 

5.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, dass mit der Verständigung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 14.10.2002 über die Anberaumung eines Lokalaugenscheins für den 17.10.2002 ein neues eigenständiges Verfahren im Sinne des § 79 Abs.1 GewO 1994 eingeleitet wurde und diesem Verfahren daher kein Parteiantrag zugrunde liegt. Die Beurteilung dieser Frage ist wesentlich für die Entscheidungsbefugnis des Unabhängigen Verwaltungssenates. Liegt einem erstinstanzlichen Bescheid ein Parteiantrag zugrunde, kommt eine bloße Kassation des Bescheides durch den Unabhängigen Verwaltungssenates nicht in Betracht. Es muss der Parteiantrag erledigt werden.

In bestimmten Fällen hat die Sachentscheidung der Berufungsbehörde auch in einer bloßen Kassation des angefochtenen Bescheides zu bestehen; dies dann, wenn nach der materiellrechtlichen Situation die Erlassung eines Bescheides überhaupt unzulässig war oder während des Berufungsverfahrens unzulässig geworden ist und allein die Kassation eines solchen Bescheides den von der Rechtsordnung gewünschten Zustand herstellen kann (Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, RZ 538 Punkt 2. und die darin zitierte Judikatur).

 

Zur Beurteilung der Frage, ob der angefochtene Bescheid zu Recht ergangen ist, ist zunächst allgemein auf die Anforderungen des § 79 Abs.1 GewO einzugehen. Um eine Auflagenvorschreibung gemäß § 79 Abs.1 GewO abzudecken, muss das Ermittlungsverfahren zum Ergebnis geführt haben, dass die gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen nicht so geschützt sind, wie dies § 77 Abs.1 GewO 1994 vorsieht. Die hierauf vorzuschreibenden Auflagen müssen konkret dem Schutz dieser Interessen dienen. Um beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, bedarf es entsprechender, in der Regel unter Beiziehung eines Sachverständigen zu treffender Feststellungen, ob und welche Gefahren, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen drohen (VwGH 15.9.1999, Zl. 99/04/0028).

 

Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren der belangten Behörde ergibt sich, dass Teile der Betriebsanlage der Bw nicht den durch Verordnungen vorgegebenem Stand der Technik entsprechen. Feststellungen darüber, in wie weit diese Nichterfüllung des Standes der Technik im konsensgemäßen Anlagenbetrieb Auswirkungen auf die durch § 74 Abs.2 GewO 1994 geschützten Interessen hat, finden sich im durchgeführten Ermittlungsverfahren insbesondere den Sachverständigengutachten nicht. Auch der angefochtene Bescheid selbst führt in der Begründung lediglich aus, dass aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens die nach den Gutachten des maschinenbautechnischen Amtssachverständigen erforderlichen Auflagen vorzuschreiben sind. Von diesem Sachverständigen wurde allerdings im Zuge der Überprüfung der Anlage am 17. Oktober 2002 keinerlei Feststellungen zu den Auswirkungen durch § 74 Abs.2 GewO 1994 geschützten Interessen getroffen. Mithin ist davon auszugehen, dass von der belangten Behörde die Auswirkungen nicht in dem Maße ermittelt wurden, die die Anwendung des § 79 Abs.1 GewO 1994 und somit die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen rechtfertigen würde. Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der neuerlichen Überprüfung der Anlage vom 23.6.2005 feststeht, dass die Betriebsanlage zwischenzeitig Änderungen erfahren hat, welche allenfalls zu einer neuen Beurteilung der Auswirkungen der Anlage von erheblicher Bedeutung sind.

 

Da das gegenständliche Verfahren zur Vorschreibung zusätzlicher Auflagen nicht auf einem Parteiantrag beruhte, kann die Sachentscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates in der Aufhebung des angefochtenen Bescheides bestehen, da aufgrund der fehlenden Ermittlungen zur Anwendung des § 79 Abs.1 GewO die Erlassung des Bescheides bezogen auf Spruchabschnitt II. materiellrechtlich gesehen unzulässig gewesen ist.

 

Unter Bezugnahme auf den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides bringt die Bw vor, dass mit der vorgeschriebenen Erstellung des Sanierungskonzeptes das Wesen der Betriebsanlage nicht geändert wird. Mit diesem Vorbringen ist die Bw im Recht.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ändert eine Auflage - bezogen auf eine Vorschreibung nach § 79 GewO 1994 - dann "die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen", wenn sie in die Substanz des verliehenen Rechtes - in die Summe der im Rahmen der Gewerbeberechtigung zu verrichtenden Tätigkeiten - eingreift (vgl. VwGH vom 26.6.2003, Zl. 2002/04/0037). Der Bescheid, mit dem ein Auftrag zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes erteilt wird, hat daher darzulegen, in wie fern ein hinreichender Schutz der Interessen des § 74 Abs.2 GewO 1994 trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht gewährleistet ist (bzw. die Emissionen von Luftschadstoffen nicht nach dem Stand der Technik begrenzt sind) und weiters, in wie fern eine Sanierung dieses Mangels Maßnahmen erfordert, die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändern (VwGH 15.10.2003, Zl. 2000/04/0193).

 

Zur Prüfung der Frage, in wie weit ein hinreichender Schutz der Interessen des § 74 Abs.2 GewO 1994 trotz Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen nicht gewährleistet ist, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Die vorgeschriebenen Inhalte des Sanierungskonzeptes betreffen die Bereiche Schutzmaßnahmen für Brandlasten und Selbstbefeuerung, mechanische Beschädigungen, Rohrbruchsicherungen für Rohrleitungen und Armaturen sowie den Inhalt des Alarm- und Gefahrenabwehrplanes. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich ausschließlich um reine Sicherungsmaßnahmen für bestehende Anlagen oder Anlagenteile. Dass diese Maßnahmen das Wesen der Anlage im Sinne der vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Judikatur verändernde Maßnahmen darstellen, ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht erkennbar. Durch den vorgegebenen Inhalt des Sanierungskonzeptes wird der eigentliche Anlagenbetrieb, nämlich der Umschlag von verschiedenen Gasen, grundsätzlich in keiner Weise betroffen und werden deswegen am konsensgemäßen Anlagenbetrieb keine Änderungen herbeigeführt. Die vorgegebenen Schutzmaßnahmen führen daher in ihrer Gesamtheit nicht dazu, dass das Wesen der bestehenden Betriebsanlage eine Änderung erfährt. Insofern fehlt es an der gesetzlich festgelegten Voraussetzung zur Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes auf Grundlage des § 79 Abs.3 GewO. Auch der Spruchabschnitt I. des angefochtenen Bescheides ist somit nicht zu Recht ergangen und war deshalb zu beheben.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Kühberger

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