Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-530017/7/Ga/Ke

Linz, 25.06.2003

 

 

 VwSen-530017/7/Ga/Ke Linz, am 25. Juni 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung von Herrn und Frau W. und A. S., vertreten durch Dr. M. S., Rechtsanwältin in F., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. März 2003, Az. Ge20-26-33-01-2003, betreffend die Genehmigung für eine gewerbliche Betriebsanlage der L. V., entschieden:
Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid aufgehoben; die Angelegenheit wird zur (Ergänzung der) mündlichen Verhandlung unter Zuziehung der Berufungswerber und Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zurückverwiesen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.2 AVG iVm § 67h Abs.1 AVG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Bescheid vom 14. März 2003 wurde der L. V., reg. Gen. m.b.H. in R., die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer aus einer Kfz-Werkstätte und einer öffentlichen Tankstelle bestehenden Betriebsanlage auf bestimmten Grundstücken in der KG F. und der KG K., nach mündlicher Verhandlung am 4. Februar 2003 und nach Maßgabe der bei der Verhandlung vorgelegenen und mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen und nach Maßgabe der spruchgemäßen Anlagenbeschreibung unter zahlreichen Auflagen erteilt.
 
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung samt gleichzeitig gestellt gewesenem Antrag gemäß § 78 Abs.1 GewO (vgl. hiezu das h. Erkenntnis vom 24.4. 2003, VwSen-530017/2/Ga/Pe) hat die belangte Behörde am 11. April 2003 vorgelegt und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h AVG erhoben; Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen wurde nicht erstattet. Die den bezeichneten Bescheid in vollem Umfang anfechtenden Berufungswerber begehren dessen Aufhebung und die Nichterteilung der Genehmigung.
Der der nachstehenden Beurteilung grundgelegte Sachverhalt war aus der Aktenlage - die belangte Behörde hat zugleich mit der Berufung den Verfahrensakt vorgelegt - und aus ergänzenden Ermittlungen (§ 66 Abs.1 AVG) festzustellen. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
 
Die Berufungswerber sind im vorgelegten Genehmigungsverfahren Nachbarn zur Betriebsanlage gemäß § 75 Abs.2 GewO mit ex-lege-Parteistellung. Mit Bezug auf die ganze Betriebsanlage waren sie hinsichtlich ihrer Nachbarrechte gemäß § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 GewO einwendungsberechtigt.
 
Zwar nicht direkt, aber immerhin erschließbar ergibt sich aus der Spruchformulierung, dass auch die über die mündliche Verhandlung am 4. Februar 2003 in der Sache ordnungsgemäß aufgenommene (ua von der belangten Behörde, der Konsenswerberin und den Berufungswerbern unterfertigten) Verhandlungsschrift ein ergänzender Bestandteil des angefochtenen Bescheides ist.
Gemäß dieser Verhandlungsschrift (Abschnitt B, Post Nr. 4) haben die Berufungswerber im Zuge der Verhandlung, als einzige der geladen gewesenen Nachbarn, Einwendungen gegen das zur Genehmigung beantragte Projekt erhoben, indem sie unzumutbare Belästigungen durch Lärm aus dem Betrieb der öffentlichen Tankstelle ebenso wie aus dem Betrieb des Waschplatzes (durch den dort vorgesehenen Hochdruckreiniger) geltend machten. Diese Einwendungen sind zulässig im Grunde des § 74 Abs.2 Z2 GewO. Andere Belästigungen (außer Lärm) wurden nicht eingewendet. Im Anschluss an dieses inhaltliche Einwendungsvorbringen erklärten die Berufungswerber noch ausdrücklich, gegen die Genehmigung der Werkstättenbetriebsanlage keine Einwendungen zu erheben.
Aus diesem Einwendungssachverhalt ist insgesamt für die Parteistellung bzw. die konkrete Reichweite der Berufungsbefugnis der Nachbarn Ehegatten S. abzuleiten: Die Berufungswerber sind davon ausgegangen, dass der Verhandlungsgegenstand aus zwei Anlagenkomponenten besteht, die räumlich separiert sind und unterschiedlichen Betriebszwecken dienen sollen, nämlich die Kfz-Werkstätte einerseits und die öffentliche Tankstelle samt Waschplatz andererseits.
Dieser für die weitere Beurteilung des Berufungsfalles wesentlichen Einschätzung der Berufungswerber, wonach der Waschplatz im Freigelände zur Komponente Tankstelle und nicht zur Komponente Kfz-Werkstätte gehört, ist, wie nachstehend zu zeigen sein wird, aus der Aktenlage nicht entgegen zu treten:
- Mit dem Genehmigungsantrag wurden zur Gesamtanlage zwei getrennte Projekte, je mit technischer Beschreibung, vorgelegt. Der im Freigelände vorgesehene Waschplatz ist allein im Projekt "Tankstelle" beschrieben. Diese Vorgangsweise wurde zwar auch für die Pkw-Waschbox gewählt; über deren Zugehörigkeit zur Komponente "Kfz-Werkstätte" besteht allerdings kein vernünftiger Zweifel, weil entsprechende Klarstellungen sich dem Projekt "Kfz-Werkstätte" selbst entnehmen lassen.
- Die örtliche Situierung des Waschplatzes - östlich des Werkstättengebäudes im Freigelände und in direkter Nachbarschaft zur Tankstelle - macht die Einbindung des Waschplatzes in das Projekt "Tankstelle" funktionell plausibel.
- Auch die Formulierung der Kundmachungen zu den mündlichen Verhand-lungen am 3. Oktober 2002 (vertagt wegen Ergänzungsbedürftigkeit der Projektsunterlagen ohne näheres Eingehen in die Sache selbst) bzw. am 4. Februar 2003 war eher dazu geeignet, die Auffassung zu bestärken, dass der Waschplatz zur öffentlichen Tankstelle (und nicht zur Werkstätte) gehört.
- Die Abteilung Straßenbau des Amtes der Landesregierung ging in ihrem an die Konsenswerberin gerichteten Schreiben vom 23. September 2002 davon aus, dass die Kfz-Werkstätte die eine Komponente und die "öffentliche Tankstelle mit Waschplatz" (Hervorhebung durch das Tribunal) die andere Komponente ist, somit der Waschplatz zur Tankstelle gehört. Die Konsenswerberin widersprach dieser Sichtweise nicht.
- Auch dem Schreiben der B. Ges.m.b.H. vom 20. Jänner 2003 an die belangte Behörde betreffend Vorlage geänderter technischer Beschreibungen lag eine je gesonderte Zuordnung für die Werkstätte einerseits und für die Tankstelle samt Waschplatz andererseits zu Grunde.
- Gemäß der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 4. Februar 2003 wurde in mehreren Äußerungen zwischen Werkstätte einerseits und Tankstelle mit Waschplatz andererseits unterschieden.
- Aus dem Befund des Maschinenbautechnischen Amtsachverständigen zum Tankstellen-Projekt (S. 19 der Verhandlungsschrift) ist offensichtlich, dass der Sachverständige den Waschplatz zur Tankstelle zugeordnet hat ("Auf Parz.-Nr. KG F. soll eine neue Tankstellenanlage errichtet werden. Die Tankstellenanlage besteht aus dem Betankungsplatz mitsamt den technischen Einrichtungen, der Waschhallenanlage und dem SB-Staubsaugerplatz."; die Verwendung des Wortes "Waschhallenanlage" interpretiert der unabhängige Verwaltungssenat als ein Vergreifen im Ausdruck, weil projektskonform damit nur der Waschplatz im Freigelände - und nicht die Pkw-Waschbox - gemeint sein konnte; es wäre nämlich eine Zuordnung dieser Waschbox, die räumlich und betrieblich unmissverständlich im Werkstättengebäude integriert ist, als Bestandteil der öffentlichen Tankstelle eklatant aktenwidrig; eine derartige Aktenwidrigkeit in der Befundaufnahme ist dem Amtsachverständigen jedoch nicht zusinnbar bzw. hätte vom Verhandlungsleiter sogleich korrigiert werden müssen).
- Die belangte Behörde hat laut Ausweis der Verhandlungsschrift der eindeutig erkennbar gewesenen Auffassung der Berufungswerber über die Zuordnung des Waschplatzes zur öffentlichen Tankstelle weder direkt noch in Handhabung der Manuduktionspflicht widersprochen.
 
 
Alle diese Umstände
lassen die faktische Zugehörigkeit des Waschplatzes zur Komponente "Tankstelle" nach Auffassung des Tribunals als hinreichend belegt erscheinen. Entgegen dieser Aktenlage jedoch ist im angefochtenen Genehmigungsbescheid der Waschplatz nicht dem Spruchabschnitt I.b ("öffentliche Tankstelle"), sondern dem Spruchabschnitt I.a ("Kfz-Werkstättenbetriebsanlage") rechtlich zugeordnet. Diese Zuordnung hat die belangte Behörde in der Bescheidbegründung unerläutert gelassen. Auf den Einwendungsvortrag der Berufungswerber ist sie nur unspezifiziert, dass heißt ohne jede Auseinandersetzung damit, dass die Berufungswerber konkret zur Lärmemission vom Waschplatz - als zur Tankstelle gehörend - vorgetragen haben, eingegangen.
 
Dieses, wesentliche Parteirechte der Berufungswerber nachteilig berührende Ergebnis des Verfahrens der belangten Behörde belastet den Genehmigungsbescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Indem nämlich die Berufungswerber Einwendungen gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO eingeschränkt auf Lärm und nur mit Bezug auf die öffentliche Tankstelle erhoben, durften sie - nach der Aktenlage, wie zu zeigen war, zu Recht - darauf vertrauen, dass der Waschplatz in die Tankstelle schon projektsgemäß einbezogen ist und sich dieser Umstand in der bescheidmäßigen Erledigung des Verfahrens daher wiederfindet. Ausgehend von diesem Vertrauen haben die Berufungswerber Einwendungsverzicht zur Kfz-Werkstätte erklärt, wodurch sie ihre Parteirechte hinsichtlich der Werkstätte als selbständige Komponente der Betriebsanlage verloren haben. Daher verletzte die aus der Aktenlage nicht nachvollziehbare Zuordnung des Waschplatzes zum Spruchabschnitt "Kfz-Werkstättenbetriebsanlage" die Berufungswerber in diesem Vertrauen, weil damit ein der Ingerenz der Nachbarn entzogener Verlust von Parteirechten, bezogen auf den Waschplatz im Freigelände, rechtlich verquickt ist.
 
Aus allen diesen Gründen war der angefochtene Bescheid aufzuheben. Dessen reformatorische Sanierung durch das Tribunal selbst war nicht in Erwägung zu ziehen, weil dem, wie sogleich darzulegen sein wird, ein wesentlicher Fehlbestand in der Sachverhaltslage entgegen steht.
 
War nämlich nach der Aktenlage zu Grunde zu legen, dass der Waschplatz zum Projektsteil "Tankstelle" gehört bzw. der Anlagenbeschreibung Spruchabschnitt I.b ("öffentliche Tankstelle") hätte zugeordnet werden müssen, dann unterliegt der Waschplatz, wovon die Berufungswerber erschließbar - und zutreffend - ausgegangen sind, auch der im Spruchabschnitt I.b für die öffentliche Tankstelle festgelegten Betriebszeit: täglich (auch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen) von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Diese Betriebszeit ist im Vergleich zu jener für die Kfz-Werkstätte (nur Montag bis Freitag: 06.00 Uhr bis 20.00 Uhr, Samstag: 06.00 Uhr bis 13.00 Uhr; ohne Sonn- und Feiertage) erheblich länger (zumal wenn das Ausmaß auf das Jahr hochgerechnet würde).
Vor diesem Hintergrund erweist sich die schlichte Feststellung des Amtsachverständigen (S. 14 der Verhandlungsschrift) wonach der "Freiwaschplatz" (...) ausschließlich im Zusammenhang mit der Werkstätte genutzt" werde, als haltlos. Abgesehen davon hat diese Feststellung keine eindeutige Normverbindlichkeit im Kleid einer Auflage gefunden. Letzteres gilt sinngemäß für die Angabe im Projekt "Tankstelle", wonach der Waschplatz nur "für Schwerfahrzeuge, Landmaschinen uä" vorgesehen bzw. für Pkw (so die Erwähnung im schalltechnischen Projekt, Seite 12, Abschitt 4/4: Anlagen im Freien) nicht vorgesehen sei.
 
Fest steht weiters, dass das zit. schalltechnische Projekt Lärmemissionen vom Waschplatz (vor allem durch den im Projekt "Tankstelle" beschriebenen Hochdruckreiniger) nur unter Bedachtnahme auf die Werkstättenbetriebszeiten einerseits und auf die Einschränkung von Anzahl und Umfang der Waschvorgänge (ohne öffentliche Nutzung für Pkw udgl.) andererseits berücksichtigte. Daraus aber und aus der daher vorzunehmenden Ergänzung des Befundes folgt für das aus dem schalltechnischen Projekt gezogene Rechenergebnis: Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich das Ausmaß des der Tankstelle zuzuordnenden Immissionsanteils - im Verhältnis zur Werkstätte - ändert; eine derartige Änderung der schalltechnischen Projektsgrundlage wiederum wäre einer Sachverständigenbegutachtung zu unterziehen.
Es ist daher durch Sachverständigenbeweis der Frage nachzugehen, ob - unter Zugrundelegung der dargestellten Sach-/Aktenlage - eine Anhebung der örtlichen Ist-Situation in einem höheren als vom angefochtenen Bescheid angenommenen Ausmaß zu erwarten ist und ob, bejahendenfalls, die dann festgestellte Erhöhung noch immer als zumutbar, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter zusätzlicher (im angefochtenen Bescheid jedoch fehlender) Auflagen, oder aber als bereits unzumutbar einzustufen ist.

 
Für die daher gebotenen Feststellungen hält der Unabhängige Verwaltungssenat eine mündliche Verhandlung bzw. die Ergänzung der bereits durchgeführten Verhandlung unter Zuziehung jedenfalls der Berufungswerber und der Konsenswerberin als Parteien für unvermeidlich im Sinne des § 66 Abs.2 AVG iVm § 67h Abs.1 erster Halbsatz AVG (und auch - schon im Hinblick auf die örtliche Nähe der belangten Behörde als Genehmigungsbehörde zu dem in Aussicht genommenen Anlagenstandort - als im Interesse der Zeit- und Kostenersparnis gelegen).
 
Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu verfügen.
 
Aus Zweckmäßigkeitsgründen wird zu weiteren Berufungsgründen noch ausgeführt:
Soweit die Berufungswerber unter Punkt 1. bestimmte Widmungsakte der Gemeinde F. einmahnen, ist ihnen entgegen zu halten, dass dieser Vortrag inhaltlich als öffentlich-rechtliche - und somit als unzulässige, weil kein subjektives Recht im Sinne des § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 und 5 GewO geltend machende - Einwendung zu beurteilen gewesen wäre.
Soweit die Berufungswerber unter Punkt 2. geltend machen, es sei im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt worden, dass die Belieferung der Tankstelle überwiegend und hauptsächlich zur Nachtzeit erfolge, wäre ihnen entgegen zu halten gewesen, dass eine Belieferung der Tankstelle (ob mittels Tankwagen oder durch andere Vorgänge) ausschließlich zu den bescheidmäßig festgesetzten Betriebszeiten sowie unter Beachtung spezifischer Fahrverbotsvorschriften (zB. § 42 StVO) erfolgen darf (deren genaue Einhaltung durch die Anlagenbetreiberin jeweils verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert ist).
 
Gebührenerinnerung für den Berufungswerber
: In diesem Tribunalverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 € angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei (vgl. auch den Gebührenhinweis in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides!).
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 

 

 

Mag. Gallnbrunner

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum