Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221263/2/Gb/Rd

Linz, 16.07.1996

VwSen-221263/2/Gb/Rd Linz, am 16. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des HW, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 18.7.1995, 502-32/Kn/We/282/94b, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten a) und b) Folge gegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Hinsichtlich des Faktums c) wird die Berufung abgewiesen und es wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu lauten hat:

"... iVm dem Auflagepunkt 14 des Bescheides des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 23.2.1984, GZ 501/W-754/83", und die Strafsanktionsnorm iSd § 44a Z3 VStG mit "§ 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994" zu zitieren ist.

II. Hinsichtlich der Fakten a) und b) entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Der Berufungswerber hat hinsichtlich Faktum c) zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat einen Beitrag von 200 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, binnen zwei Wochen ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2, 51, 51c, 51e Abs.2 VStG.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) Geldstrafen von a) 500 S (EFS: 6 Stunden), b) 1.000 S (EFS: 11 Stunden) und c) 1.000 S (EFS:

11 Stunden) verhängt, weil er als Inhaber und Betreiber des Lokals "K" im Standort L, die im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 23.2.1984, GZ 501/W-754/83, unter Punkt 9, 11 und 14 vorgeschriebenen Auflagen unter wörtlicher Zitierung dieser Punkte nicht erfüllt habe, indem keine derartigen Mittel bereitgehalten worden (Pkt 9), das "Fenster im westlichen Bereich des Vorraumes zu den WC im Freien gekippt" gewesen (Pkt 11) und die beiden Musikboxen mittels Stahlketten direkt vom Plafond abgehängt worden seien, wobei Schwingungsübertragungen in das Mauerwerk erfolgen hätten können (Pkt 14).

Überdies wurde über den Berufungswerber ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs.2 VStG vorgeschrieben.

2. Begründend und nach Zitierung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen führt die belangte Behörde zusammenfassend aus, daß der als erwiesen angenommene Sachverhalt anläßlich einer Überprüfung am 3.11.1994 festgestellt worden und der belangten Behörde mit Protokoll des Baurechtsamts vom 4.11.1994 zur Kenntnis gebracht worden sei. Insbesondere führt die belangte Behörde aus, daß die objektive Tatseite der Übertretungen vom Beschuldigten nicht angezweifelt worden sei, sondern sich sein Vorbringen ausschließlich auf die subjektive Tatseite bezogen hätte.

Mit Schreiben vom 28.7.1995 hat der Bw Berufung erhoben. Die belangte Behörde hat diese samt dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt und somit seine Zuständigkeit begründet. Da zudem weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt worden sind, ist zur Entscheidung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden und kann sich ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen. Da zudem die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt worden ist, der Berufungsinhalt sich auf Rechtsausführungen beschränkt und eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Gemäß § 367 Z25 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 82a Abs.1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

3.2. Auflagepunkt 9 des dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliegenden gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheids vom 23.2.1984 lautet:

"Für die Erste-Hilfe-Leistung bei Verletzungen oder plötzlichen Erkrankungen sind entsprechende Mittel an leicht erreichbaren und entsprechend gekennzeichneten Orten in staubgeschützten und hygienisch einwandfreiem Zustand bereitzuhalten".

Auflagenpunkt 11 des obgenannten Betriebsanlagengenehmigungsbescheides laut:

"Die Fenster des Lokales sind während der Betriebszeit geschlossen zu halten".

Hinsichtlich des Auflagenpunktes 9 bestätigt der Bw, daß die erforderlichen Mittel zum Zeitpunkt der Prüfung nicht vollständig vorhanden gewesen wären, da außer Heftpflaster und Schere die "übrigen" Gegenstände jederzeit aus seiner über dem Gastlokal befindlichen Wohnung beschaffbar gewesen wären und nur infolge kurz zuvor erfolgter Inanspruchnahme im Lokal gefehlt hätten.

Hinsichtlich der Übertretung des Auflagepunktes 11 wird in der Berufung vorgebracht, daß das Lüften im Vorraum, der vom Gastlokal durch eine eigene Tür getrennt ist, dem Auflagepunkt 3 des Bescheides des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 23.1.1992, GZ: 100-1/5, entspreche, welcher bestimmt, daß für eine ausreichende Be- und Entlüftung sowie Beleuchtung der Sanitäranlagen Sorge zu tragen sei. Diese entlastenden Umstände seien unter Verletzung des § 37 AVG nicht berücksichtigt worden.

Zudem wird vorgebracht, daß beide Auflagenpunkte nicht so klar gefaßt seien wie von der Rechtsprechung gefordert.

Unabhängig davon wäre iSd § 21 VStG jedenfalls von einer Bestrafung abzusehen gewesen. Zudem hätte der Beschuldigte zum Nachweis seiner Schuldlosigkeit konkrete, über allgemeine Behauptungen hinausgehende Tatsachen vorgebracht.

Hinsichtlich der mangelnden Konkretisierung des Auflagenpunktes 9 ist der Bw im Recht.

Dieser Auflagenpunkt ist im Hinblick auf den beabsichtigten Zweck nicht ausreichend bestimmt. Die Grenzen des dem Bw damit vorgeschriebenen Verhaltens sind damit nicht zweifelsfrei abgesteckt. So ist zum Beispiel völlig unbestimmt, welche "Mittel" bei welchen "plötzlichen Erkrankungen" (was sind "plötzliche Erkrankungen"?) bereitzuhalten sind. Möglicherweise kann dieser Auflagenpunkt 9 durch einen handelsüblichen Erste-Hilfe-Koffer, der im übrigen ohne nennenswerten Aufwand und Kosten beschafft werden kann, erfüllt werden. Diese mangelnde Bestimmtheit entspricht aber nicht jenen Voraussetzungen, die an den Bestand einer rechtswirksamen Auflage anknüpfen, sodaß dieser Mangel nicht zu Lasten des Bw gehen kann.

Gemäß der ständigen Judikatur des VwGH müssen nämlich Auflagen iSd § 77 Abs.1 GewO bestimmte geeignete - behördlich erzwingbare - Maßnahmen des Inhabers der Betriebsanlage zum Gegenstand haben, und zwar müssen diese Leistungsbefehle aufgrund des Bescheides deutlich und bestimmt sein, daß ohne Dazwischentreten eines weiteren Ermittlungsverfahrens und neuerlicher Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung ergehen kann (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, S. 436 ff mN).

Zum Vorwurf der Nichterfüllung des Auflagenpunktes 11 hat der Bw zu Recht auf die Widersprüchlichkeit des Tatvorwurfes hingewiesen, zumal nach seinen nachvollziehbaren Angaben das gekippte Fenster im Vorraum weder ins Freie führt noch die WCs im Freien gelegen sind. Darüber hinaus ist festzuhalten, daß Auflagepunkt 11 ganz generell von Fenstern des Lokals spricht, nach dem Zweck dieser Auflage aber davon auszugehen ist, daß damit das eigentliche Gastlokal gemeint ist, da gerade und hauptsächlich von diesem Bereich nachbarrechtlich relevante Emissionen ausgehen. Der von der belangten Behörde abgeleitete Tatvorwurf ist sohin nicht schlüssig nachvollziehbar.

Da der Bw somit die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen hinsichtlich Fakten a) und b) nicht begangen hat, war in diesen Punkten das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

3.3. Auflagepunkt 14 des gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 23.2.1984, 501/W-754/83, lautet:

"Die Musikboxen sind in schwingungsgedämpfter Ausführung zu montieren." In der Berufung wird hiezu vorgebracht, daß es seit Betreiben des Gastlokales keine derartigen Beanstandungen gegeben habe und kein Grund dafür vorgelegen sei, der eine Schwingungsübertragung von den Boxen in das Mauerwerk zuließe.

Die mit dem in der Berufung vorgebrachten Schutzzweck verbundene Frage der Rechtmäßigkeit der Auflage ist aber im Verwaltungsstrafverfahren nicht mehr zu prüfen (VwGH vom 14.11.1989, 88/04/0243 und 0244). Ein Eingehen auf den Schutzzweck und damit auf die Rechtmäßigkeit der in einem rechtskräftigen Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflage ist daher dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, da die Auflage des gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheides mit genügender Klarheit eine Verbotsnorm dergestalt enthält, daß der Unrechtsgehalt eines Zuwiderhandelns eindeutig erkennbar ist (VwSlg. 9087A/1976).

Auflagen sind "bedingte Polizeibefehle". Im Fall der Gebrauchnahme von der bescheidmäßigen Berechtigung werden die Auflagen zu unbedingten Aufträgen (ua VwGH vom 20.3.1981, 04/0938/80).

Richtig ist aber, daß diesem Auflagenpunkt laut einer Kontrolle am 15.12.1994 entsprochen worden ist, da die Musikboxen zu diesem Zeitpunkt schwingungsisoliert aufgehängt waren und somit der Auflage entsprochen worden ist, sodaß auch das Berufungsvorbringen, daß die Auflage "alles andere als eindeutig" sei, nicht plausibel erscheint.

Tatsache ist, daß anläßlich der Kontrolle am 3.11.1994 die Musikboxen nicht in schwingungsgedämpfter Ausführung montiert waren. Es hat daher der Bw den objektiven Tatbestand erfüllt. Auch hat er ihn subjektiv zu vertreten. Die belangte Behörde hat zu Recht auf das Vorliegen eines Ungehorsamsdeliktes und das vermutete Verschulden nach § 5 Abs.1 VStG hingewiesen. Mit seinem Vorbringen ist dem Bw hingegen eine Entlastung nicht gelungen. Er hätte nämlich vor Inbetriebnahme sich von allen den Erwerb betreffenden Bestimmungen Kenntnis verschaffen müssen, insbesondere aber auch sich um Bewilligungen bemühen und entsprechende Bescheide durch Nachfragen bei der Behörde ausfindig machen müssen.

Diesen Sorgfaltspflichten ist er nicht nachgekommen. In diesem Zusammenhang ist ein Schuldausschließungsgrund iSd § 5 Abs.2 VStG nicht festzustellen. Ein geringfügiges Verschulden iSd § 21 VStG hinsichtlich dieser Nichtentsprechung dieser Bescheidauflage konnte nicht angenommen werden, weil das tatbildmäßige Verhalten nicht hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (Hauer-Leukauf, S. 815).

Durch die Tatbegehung wurde nämlich gerade der Unwert der Tat (nämlich das Hintanhalten von Nachbarbeeinträchtigungen) erfüllt. Mangels einer Voraussetzung des § 21 VStG war daher von dieser Bestimmung nicht Gebrauch zu machen.

3.4. Hinsichtlich des Berufungsvorbringens zur Strafe und zum Strafausmaß darf hiezu, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die ausführliche Begründung des bekämpften Straferkenntnisses verwiesen werden, wonach es ua darauf, daß der Bw zum Tatzeitpunkt (zum Zeitpunkt der Kontrolle am 3.11.1994) von den Auflagen deshalb keine Kenntnis gehabt habe, da es die Behörde seinerseits unterlassen hätte, ihm "entgegen ständiger Übung und Praxis" eine Kopie des Bescheides mitzuschicken, nicht ankommt.

Richtig ist, daß der Bw nachträglich der Auflage nach der Beanstandung anläßlich der Kontrolle am 3.11.1994 nachgekommen ist. Nach der Judikatur des VwGH nimmt nachträgliches Wohlverhalten auf die Frage der subjektiven Tatseite insoweit keinen Einfluß, als dieses nachträgliche Wohlverhalten keinen Strafmilderungsgrund darstellt (VwGH 4.7.1989, 89/08/0064-0068).

Die verhängte Geldstrafe hinsichtlich Faktum c) war aber auch deshalb nicht zu reduzieren, da diese ohnedies bereits am untersten Rand des Strafrahmens angesiedelt ist, welcher Geldstrafen bis zu 30.000 S vorsieht. Ansonsten hat die belangte Behörde die für die Strafbemessung maßgeblichen Umstände umfassend dargelegt und es findet sich für den unabhängigen Verwaltungssenat kein Anhaltspunkt dafür, daß die belangte Behörde ihren bei der Strafbemessung zu handhabenden Ermessensspielraum nicht iSd Gesetzes angewendet hätte, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.

II. Die Vorschreibung eines Beitrags zu den Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die im Spruch bezeichnete Gesetzesstelle. Im Hinblick auf die aufhebenden Teile des Spruches waren keine Verfahrenskostenbeiträge vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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