Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221284/5/Le/Km

Linz, 25.04.1996

VwSen-221284/5/Le/Km Linz, am 25. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des R... L..., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 27.9.1995, Ge96-49-1995, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Strafnorm im Sinne des § 44a Z3 VStG mit "§ 368 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994" zitiert wird.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 400 S, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger zwangsweiser Einhebung zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 27.9.1995 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 368 Z9 iVm § 152 Abs.3 Gewerbeordnung 1994 iVm § 1 Abs.1 lit.d der Sperrzeitenverordnung eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Tag) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, am 23.2.1995 seine Gastgewerbebetriebsanlage in der Betriebsart einer Bar im Standort ... U..., M..., durch den Kellner H... G... bis 5.15 Uhr offengehalten und Gästen ein weiteres Verweilen gestattet zu haben, obwohl für die Gastgewerbebetriebsanlage die Sperrstunde auf 4.00 Uhr festgesetzt sei.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Tatbestand aufgrund einer Anzeige des GPK Ulrichsberg festgestellt worden sei. Der als Zeuge vernommene Kellner H... G... hätte angegeben, daß er am 23.2.1995 um 3.45 Uhr auf die Sperrstunde um 4.00 Uhr hingewiesen hätte; er hätte nichts mehr ausgeschenkt, hätte jedoch die Gäste nicht zwingen können, das Lokal zu verlassen. Weiters hätte er die Eingangstür um 4.00 Uhr zugesperrt, um weitere Gäste am Kommen zu hindern. In der Zwischenzeit habe er mit der Reinigung des Lokales begonnen und dabei immer wieder die Gäste zum Verlassen des Lokales aufgefordert. Erst kurz nach 5.00 Uhr hätte er die Bundesheerangehörigen zum Verlassen des Lokales überreden können.

Nach einer Wiedergabe der Rechtslage des § 152 Abs.3 GewO 1994 iVm § 1 Abs.1 lit.d der Sperrzeitenverordnung wurde festgestellt, daß der Sachverhalt aufgrund der Anzeige des GPK Ulrichsberg feststehe.

Weiters wurden die Gründe der Strafbemessung näher dargelegt, wobei darauf hingewiesen wurde, daß der Beschuldigte über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse keine Angaben gemacht hätte. Als erschwerend wurden wiederholte Übertretungen der Gewerbeordnung gewertet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 12.10.1995, mit der schlüssig beantragt wurde, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Begründend verwies der Bw darauf, daß Herr G... derzeit als Geschäftsführer verantwortlich gewesen wäre und klar ausgesagt hätte, daß weder ein Verweilen gestattet noch ausgeschenkt worden sei. Er wisse von anderen Aktionen, bei welchen von ihm die Gendarmerie gerufen worden sei und auch diese nicht in der Lage gewesen wäre, das Lokal innerhalb von einer halben Stunde zu räumen und betrunkene Gäste einzeln hinauszubringen. Wenn man bedenke, daß sich täglich eine Menge Gäste in den Lokalitäten aufhalten und es einbis zweimal jährlich - bedingt durch Wetter oder dem Fehlen einer Fahrgelegenheit - vorkomme, daß man mit der Sperrstunde eine halbe Stunde in Verzug komme, könnte seitens der Behörde etwas mehr Verständnis und Toleranz geübt werden. Der Weg von der Diskothek, welche sich im Keller befinde, bis zur Haustüre, betrage ca. 40 m. Bis die verschiedenen Gäste durch das Warten auf Freund oder Freundin die Haustüre erreichten, könnte durchaus eine Viertelstunde vergehen. Obendrein verwies er darauf, daß er in der Lage sei, 50 Hausgäste zu beherbergen, welche durchaus auch nach der Sperrstunde im Gasthof ein- und ausgehen könnten, wodurch der Eindruck entstehen könnte, daß das Lokal geöffnet sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich im Zusammenhang mit der Berufung, daß der Sachverhalt ausreichend erhoben ist und keine Tatsachenfragen offen geblieben sind.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte daher in Ansehung des § 51e Abs.2 VStG unterbleiben.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Gemäß § 368 Z.9 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, wer 9. die Bestimmungen des § 152 oder der aufgrund des § 152 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält; Wie bereits im angefochtenen Straferkenntnis zutreffend wiedergegeben, ist für den gegenständlichen Gastgewerbebetrieb die Sperrstunde bei 4.00 Uhr verbindlich festgelegt.

Aus der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Ulrichsberg vom 30.3.1995 steht fest, daß zwei Gendarmeriebeamte in der Nacht zum 23.2.1995 um etwa 5.00 Uhr zum gegenständlichen Lokal des Bw kamen und von dort aus erkennen konnten, daß noch immer Gäste aus dem Lokal kamen. Um etwa 5.10 Uhr verließen 10 Personen das Gebäude und wurden von den Gendarmeriebeamten befragt, woher sie kamen. Alle gaben an, im Lokal "H..." gewesen zu sein. Der Kellner habe um 4.00 Uhr die Sperrzeit nicht verkündet. Weiters gaben diese 10 Personen an, daß noch ca. 15-20 Gäste im Lokal seien.

Die Gendarmeriebeamten konnten dies nicht überprüfen, da die Eingangstüre zum Lokal versperrt war. Sie beobachteten das Lokal weiters bis 5.30 Uhr. Weitere Gäste kamen nicht mehr aus dem Lokal, doch war Musik aus dem Lokal zu hören.

Anläßlich der zeugenschaftlichen Vernehmung hatte der Kellner H... G... angegeben, um 4.00 Uhr die Eingangstür des Lokales zugesperrt zu haben, um weitere Gäste am Kommen zu hindern. Um 3.45 Uhr hätte er ausdrücklich auf die Sperrstunde um 4.00 Uhr hingewiesen und hätte auch nichts mehr ausgeschenkt. Er hätte die Gäste jedoch nicht zum Verlassen des Lokales zwingen können. Erst kurz nach 5.00 Uhr hätte er die Bundesheerangehörigen überreden können, das Lokal zu verlassen. Schließlich merkte er an, daß es unmöglich sei, daß die Musik aus dem Lokal bis auf die Straße zu hören gewesen sei.

Damit steht fest, daß die Sperrstunde offensichtlich um mehr als eine Stunde überschritten wurde. Dies hat der Bw im übrigen auch nicht bestritten, sodaß der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen als erfüllt anzusehen ist.

4.3. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite vermeint der Bw, für diese Verwaltungsübertretung deshalb nicht verantwortlich zu sein, weil er seinem Kellner H... G... den Auftrag erteilt hätte, zuzusperren, kein Verweilen zu gestatten und auch nichts auszuschenken.

Mit dieser Argumentation befindet er sich jedoch in einem Rechtsirrtum, und zwar aus folgenden Gründen:

Zum Verschulden bestimmt § 5 Abs.1 VStG folgendes:

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Da die gegenständliche Verwaltungsübertretung ein Ungehorsamsdelikt ist und über das Verschulden nichts anderes bestimmt, ist daher im Sinne der obigen gesetzlichen Bestimmung im vorliegenden Fall Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen. Darüber hinaus ist zu beachten, daß einem Gewerbetreibenden, wie es der Bw ist, zugemutet werden kann und muß, daß er die maßgeblichen gewerberechtlichen Vorschriften, insbesonders auch die Vorschriften über die Sperrzeitenverordnung, kennt oder sich zumindest darüber Kenntnis verschafft. Es ist seine Verpflichtung, für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes zu sorgen und Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen zu vermeiden.

Die Rechtfertigung des Berufungswerbers, daß er seinen Kellner H... G... mit der Einhaltung der Sperrstunde beauftragt und ihn angewiesen hätte, die Gäste aus dem Lokal zu weisen und nichts mehr zu verabreichen, ist kein geeigneter Nachweis für ein mangelndes Verschulden gemäß § 5 Abs.1 letzter Satz VStG. Wenn auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dem Gewerbeinhaber zugebilligt wird, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu übertragen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken, so ist dennoch vom Gewerbeinhaber das mangelnde Verschulden dann dadurch glaubhaft zu machen (siehe oben § 5 Abs.1 letzter Satz VStG), daß alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Hiebei kann jedoch der dem Beschuldigten obliegende Entlastungsnachweis nicht allein schon durch die Behauptung erbracht werden, daß er die ihn treffende Verpflichtung auf eine bei ihm angestellte Person übertragen hat. Es bedürfte vielmehr eines weiteren Nachweises, in welcher Form er diesen Kellner belehrt und beauftragt hat und weiters, daß er auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen hat (siehe VwGH vom 18.9.1987, 86/17/0021). Es kann daher die Namhaftmachung einer Person und der Hinweis auf eine erfolgte Belehrung den Berufungswerber noch nicht entlasten.

Der Bw hat nicht einmal behauptet und auch keinen Nachweis dazu angeboten, daß er den Kellner H... G... eindringlich belehrt und auch überwacht hätte.

Auch in der vorliegenden Berufung hat der Bw diesbezüglich keine konkreten Angaben vorgebracht. Mit bloß allgemein gehaltenen Hinweisen wie "ich weiß von anderen Aktionen, bei welchen von mir die Gendarmerie gerufen wurde und auch diese nicht in der Lage war, das Lokal innerhalb von einer halben Stunde zu räumen und betrunkene Gäste einzeln hinauszubringen" oder "wenn man bedenkt, daß tägl. eine Menge Gäste in den Lokalitäten durchgeschleust werden und es passiert ein- bis zweimal jährl. bedingt durch Wetter oder das Fehlen einer Fahrgelegenheit, daß man eine halbe Stunde mit der Sperrstunde in Verzug kommt ..." usw. kann für den vorliegenden konkreten Tatvorwurf betreffend die Nichteinhaltung der Sperrstunde am 23.2.1995 keinen Erfolg bringen. Es wurde nicht behauptet, daß gerade an diesem Tag die Gendarmerie gerufen wurde, daß schlechtes Wetter war, daß verschiedene Gäste auf den Freund/die Freundin gewartet hätten oder noch Hausgäste ein- und ausgegangen wären.

Dadurch ist es aber dem Bw nicht gelungen, sein mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs.1 letzter Satz VStG glaubhaft zu machen.

Ein Abschieben der Verantwortung auf den Kellner ist deshalb nicht möglich, weil die gewerberechtliche Verpflichtung zur Einhaltung der Sperrstunde den Betriebsinhaber trifft und nicht den Kellner. Daß der Kellner ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs.2 und Abs.4 VStG wäre, wurde im Verfahren nicht behauptet und kam auch sonst nicht hervor.

Aus verwaltungsökonomischen Gründen wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Einhaltung der Sperrstunde verwiesen. Demnach (siehe VwGH vom 29.3.1994, 93/04/0263-0265) schließt der der Pflicht der Gäste, den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen, korrespondierende Ausdruck "gestatten" die Verpflichtung des Gewerbetreibenden in sich, bis zum Eintritt der Sperrstunde das Ziel zu erreichen, daß sich keine Gäste mehr im Betrieb aufhalten und somit bei Zeiten alle jene Maßnahmen zu ergreifen, die zur Verfügung stehen, um keine Voraussetzungen für ein Verweilen der Gäste über den Eintritt der Sperrstunde hinaus zu bieten bzw. ein solches Verweilen abzuwenden. Als Mittel, um die Einhaltung der Sperrstundenvorschrift zu gewährleisten, kommt insbesonders auch die Inanspruchnahme der Sicherheitsorgane in Betracht.

4.4. Die Strafbemessung wurde im angefochtenen Straferkenntnis den Grundsätzen des § 19 VStG entsprechend dargelegt und begründet. Eine amtswegige Prüfung der Strafbemessung ergab keine Rechtswidrigkeit.

4.5. Die Korrektur der gesetzlichen Grundlage der Strafverhängung war zur Anpassung an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 400 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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