Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221286/2/Schi/Km

Linz, 25.11.1996

VwSen-221286/2/Schi/Km Linz, am 25. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des A S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 2.10.1995, Ge96-96-1995, wegen Übertretung der GewO - Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, ds 1.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstigem Zwang zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: §§ 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 2.10.1995, Ge96-96-1995, wurde über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung nach § 366 Abs.1 Z1, § 1 Abs.4 und § 124 Z11 GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) kostenpflichtig verhängt, weil er in der Zeit vom 22.8. bis 31.8.1995 auf einem Grundstück neben der H Bezirksstraße, bei Strkm 13,800 in Esternberg folgende Kraftfahrzeuge abgestellt und diese zu folgenden Preisen zum Verkauf angeboten habe:

1. Opel Omega, weiß, 2,3 Diesel, Baujahr 10/93; Preis:

185.000 Schilling; 2. VW Golf III, blau, Europe III, Baujahr 2/95, Preis:

179.000 Schilling; 3. Honda Civic CRX, rot, Baujahr unbekannt, keine Preisauszeichnung; 4. Opel Astra, blau, 1,6 i, Baujahr 12/94, Preis: 175.000 Schilling.

Er habe dadurch das Handelsgewerbe ausgeübt, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 17.10.1995, mit der beantragt wurde, dem Bw Straffreiheit zu gewähren, und es als mildernd anzusehen, daß er kein einziges Fahrzeug verkauft habe und somit das Handelsgewerbe nicht ausgeübt habe. Begründend wurde im wesentlichen angeführt, der Bw betreibe seit ca. 13 Jahren in Passau eine Kfz-Werkstätte und einen Autohandel. Da das Betriebsgelände in Passau schon zu klein werde, habe er versucht, einen weiteren Abstellplatz zu finden. Da er in Esternberg wohne, habe er die Fahrzeuge auf einem Grundstück in E abgestellt, welches der Tante seiner Gattin gehöre. Er hätte nie die Absicht gehabt, die Fahrzeuge von diesem Platz aus zu verkaufen, sondern nur von seiner Firma in Passau aus. Dieser Platz sei als reine Abstellfläche vorgesehen gewesen. Es sei ihm in keiner Weise bewußt gewesen, daß er hiefür eine eigene Gewerbeberechtigung benötigt hätte, zumal er sich diesbezüglich auch bei einigen Stellen erkundigt habe (Gemeindeamt E, Steuerberater, Finanzamt Schärding). Er möchte betonen, daß er von den gegenständlichen Fahrzeugen kein einziges nach Österreich verkauft habe. Als er die Autos mit einer Preisauszeichnung versehen habe, sei ihm nie der Gedanke gekommen, damit eine Verwaltungsübertretung bzw.

strafbare Tat zu begehen. Sein Fehler sei offensichtlich gewesen, daß er sich nicht ausreichend bzw. bei der dafür zuständigen Behörde erkundigt habe.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Berufungswerber gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Dem Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat (§ 51 Abs.1 VStG).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer 1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben; ...

Beim Handelsgewerbe handelt es sich um ein nicht bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe iSd § 124 Z. 11 GewO 1994.

4.3. Der Bw hat im Ergebnis lediglich bestritten, die ihm vorgeworfenen Tätigkeiten im Sinne der GewO 1994 gewerbsmäßig ausgeübt zu haben, weshalb hier eine reine Rechtsfrage vorlag. Zur Prüfung dieser Frage ist daher zunächst § 1 GewO heranzuziehen; in dieser Bestimmung ist der Geltungsbereich der Gewerbeordnung 1994 festgelegt.

Demnach gilt diese für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

Eine Tätigkeit wird nach Abs.2 leg.cit. gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

"Selbständigkeit" iSd Gesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Wie aus dem vorliegenden Akt ersichtlich, ist der Bw bei der Ausstellung der PKW als selbständiger Kaufmann anufgetreten, bzw. hat er auch tatsächlich so gehandelt. Es fand sich keinerlei Anhaltspunkt, daß der Bw in Abhängigkeit von einem andern bzw. unselbständig gehandelt hätte. Auch hat er nichts derartiges vorgebracht. Vielmehr hat er selbst das gesamte unternehmerische Risiko des gegenständlichen Handelsgeschäftes "selbständig" iSd § 1 Abs. 3 GewO getragen.

Das Tatbestandsmerkmal "regelmäßig" wird in § 1 Abs.4 leg.cit. damit definiert, daß auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit gilt, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Durch den sich hier ergebenden Tatzeitraum "22.8.-31.8.1995" ist auch diese Voraussetzung erfüllt.

Zur Ertragserzielungsabsicht ist anzuführen, daß aus den gesamten Umständen des Falles (siehe insbesondere die Preisauszeichnungen) eindeutig geschlossen werden kann, daß hier eine Gewinnabsicht vorlag.

4.4. Die objektive Tatseite mußte daher als verwirklicht angesehen werden.

5. Zum Verschulden:

5.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft.

5.2. Der Bw wendet zwar ein, er habe sich auch bei einigen Stellen erkundigt, wobei er ausdrücklich das Gemeindeamt E, seinen Steuerberater sowie das Finanzamt Schärding anführt; im folgenden führt er aber schließlich aus, daß sein Fehler offensichtlich der war, daß er sich nicht ausreichend bzw.

bei der dafür zuständigen Behörde erkundigt habe. Mit diesen Berufungsausführungen trifft der Bw sohin den Kern der Sache. Denn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist insbesondere von einem Gewerbetreibenden zu verlangen, daß er über die Rechtsvorschriften, die er in seinem Verkehrskreis zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; daraus ergibt sich für ihn die Verpflichtung, sich über diese Vorschriften bei der zuständigen Behörde entsprechend zu unterrichten (VwGH 29.9.1993, 93/02/0126).

Dies gilt selbstverständlich auch dann, wenn - wie der Bw als zwar österreichischer Staatsbürger in Deutschland (Passau) eine Kfz-Werkstätte und einen Autohandel betreibt, sobald er seine Geschäftstätigkeit in irgendeiner Weise (auch) nach Österreich verlagert.

Nach den Umständen des Falles kann daher von einer unverschuldeten Unterlassung der Erkundigungspflicht (bei der zuständigen Behörde) keine Rede sein; insbesondere hätte ihm zumindest bei der Preisauszeichnung sowie den weiteren Angaben über Modell, Farbe, Motorisierung, Hubraum und Baujahr, bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt jedenfalls auffallen müssen, daß dadurch im Sinne der oben unter Punkt 4 zitierten Verwaltungsvorschriften eindeutig das Handelsgewerbe ausgeübt wird, auch wenn tatsächlich kein einziges Fahrzeug in (nach) Österreich verkauft worden sein sollte. Es ist soher von einem schuldhaften, und zwar fahrlässigen Verhalten des Bw auszugehen.

6. Insofern der Bw noch ersucht, ihm Straffreiheit zu gewähren, zielt sein diesbezüglicher Antrag offenbar auf ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG ab.

6.1. Nach § 21 Abs.1 VStG kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14). Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs.1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

6.2. Der O.ö. Verwaltungssenat kann nicht erkennen, daß im gegenständlichen Fall das Verschulden des Berufungswerbers so geringfügig ist, daß es ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG rechtfertigen würde, zumal der Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert im gegenständlichen Fall keinesfalls so minimal sind, daß es sich um eine entschuldbare Fehlleistung handelt; vielmehr war das nicht unerhebliche Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld eindeutig zu bejahen, selbst wenn kein Fahrzeug nach Österreich verkauft wurde.

7. Zur Strafbemessung:

7.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

7.2. Die belangte Behörde hat in der Begründung des Straferkenntnisses sowohl den Unrechtsgehalt der Tat als auch den Schuldgehalt der Tat vollständig und übersichtlich so erörtert, daß aus dem Blickwinkel des Rechtschutzes die Ermessensübung der belangten Behörde mit ihren maßgeblichen Überlegungen für den Bw offen vorgelegen ist. Besondere Milderungsgründe, die die belangte Behörde zu Unrecht nicht berücksichtigt habe, hat der Bw nicht geltend gemacht.

Insbesondere kann aus den vom Bw angeführten Gründen ein (zusätzlicher) Milderungsgrund nicht abgeleitet werden. Im Hinblick auf die gemäß § 19 VStG vorgesehene Abwägung der dort angeführten Kriterien für die Bemessung von Geldstrafen kann nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates bei einem Strafrahmen bis zu 50.000 S - vorliegend nicht von einer unangemessen hohen Strafe, die eine besondere Härte darstellt, gesprochen werden. Insbesondere erscheint die verhängte Strafe im Ausmaß eines Zehntels der gesetzlichen Höchststrafe aus general- und spezialpräventiven Gründen notwendig.

8. Die Abweisung der Berufung und die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß der Bw einen Beitrag von 20 % der erwähnten Geldstrafe, ds 1.000 S, für die Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat (§ 64 Abs.1 und Abs.2 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Schieferer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum