Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221308/2/Schi/Km

Linz, 09.12.1996

VwSen-221308/2/Schi/Km Linz, am 9. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des M S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B A, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrat-Bauwirtschaftsamt) der Landeshauptstadt Linz vom 18.10.1995, GZ: 502-32/Sta/We/198/94c, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat in der Höhe von 1.000 S leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 9, 19, 21, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Datum vom 18.10.1995, GZ: 502-32/Sta/We/198/94c, hat der Bürgermeister (Magistrat-Bauwirtschaftsamt als Bezirksverwaltungsbehörde) der Landeshauptstadt Linz gegen den Berufungswerber (Bw) ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch erlassen:

"Der Beschuldigte, M S, geboren am 6.6.1951, wohnhaft: E, hat es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der S Gesellschaft m.b.H. & Co. KG mit dem Sitz in L, und somit als gemäß § 370 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO) 1994 gewerberechtlich Verantwortlicher zu vertreten, daß von der o.a. Gesellschaft am 1.6.1994, in der Zeit von 19.00 Uhr bis 19.45 Uhr, am 3.6.1994 um 15.30 Uhr, am 8.6.1994, 18.30 Uhr bis 19.30 Uhr, sowie am 9.6.1994 um 19.00 Uhr im Standort L, eine gemäß § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich ein Fitneßstudio mit Aerobicraum im Erdgeschoß (wobei der Aerobicraum mit einer eigenen Musikanlage, nämlich 1 Doppelcassettendeck Technics Deck RS-T 13, 1 Verstärker Technics Digital Contra Amplifier SU-A 60, 1 CD - Player Denon PCM - Audio Technology, PCD-500, 1 Verstärker Technics Stereo Power Amplifier SE-A 50, 2 mit einer Kette an der Decke befestigte Lautsprecherboxen Magnat sowie 2 Dreiweg-Standboxen Jamo Professional 300 ausgestattet ist), durch das Abspielen lauter Musik im Aerobicraum betrieben wurde, ohne daß die hiefür erforderliche rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen wäre, obwohl diese Betriebsanlage geeignet ist, Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

Der Beschuldigte hat hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 74 Abs. 2 Z. 2 Gewerbeordnung (GewO) 1994, BGBl.Nr. 194/1994 i.d.g.F. begangen und wird über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO eine Geldstrafe von S 5.000,-- verhängt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 34 Stunden.

Der Beschuldigte hat gemäß § 64 Abs 2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 v.H. der verhängten Strafe, das sind S 500,-- zu leisten." 2. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 8.11.1995 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben, in eventu eine Ermahnung zu erteilen bzw. die Geldstrafe herabzusetzen.

Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die Tat verjährt sei, weil laut Bescheid am 20.1.1994 eine Lärmbelästigung festgestellt worden war und von der Behörde erst am 14.10.1994, sohin mehr als sechs Monate nach diesem Zeitpunkt, das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden war. Sollte die Ansicht vertreten werden, daß die Verjährungsfrist ab 1.6.1994 zu laufen beginne, so sei das Verfahren mangelhaft, weil nach diesem Zeitpunkt zur Frage einer allfälligen Lärmbelästigung von Nachbarn keine Beweisergebnisse vorlägen oder Beweise aufgenommen worden wären. Das Gutachten des Amtssachverständigen für Umweltschutz vom 20.1.1994 sei vor diesem Zeitraum erstellt worden und könne daher nicht herangezogen werden.

Der Bw bestreitet nicht, daß das Fitneßstudio samt Aerobicraum mit einer Musikanlage betrieben werde, bestreite jedoch, daß die Musikanlage im Juni 1994 geeignet gewesen sei, Lärmbelästigungen für Nachbarn zu verursachen. Dies werde auch dadurch bestätigt, daß keine weiteren Anzeigen erstattet worden seien.

Weiters wendet sich der Bw gegen die Feststellung, wonach das Vorliegen des § 74 Abs.2 Z.2 GewO anzunehmen sei, zumal die Behörde durch die Verwendung der Worte, daß das Fitneßstudio, insbesondere der mit einer Musikanlage, betriebene Aerobicraum geeignet sei, Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

Überdies sei der Grundgeräuschpegel nicht gemessen worden, sondern aufgrund globaler Erfahrungen mit 20 dB angenommen worden. Zur Nutzung der Wohnung von Frau F verwies der Bw darauf, daß diese als Büroräume gemietet und adaptiert worden sei, weshalb die Nutzung als Wohnung widerrechtlich erfolge; überdies habe sich Frau F nie wegen Lärmbelästigung beeinträchtigt gefühlt. Im übrigen wendet sich der Bw gegen die über ihn verhängte Geldstrafe von 5.000 S.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Berufungswerber gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt in Verbindung mit der Berufung der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und im übrigen mit der vorliegenden Berufung im Ergebnis lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994, BGBl.Nr.194, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Gemäß § 74 Abs.1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

4.2. Aufgrund von Anrainerbeschwerden über das Fitneßstudio des Bw im Standort L, wurde festgestellt, daß diese Betriebsanlage geeignet ist, Nachbarn durch Lärm zu belästigen; der Bw wurde deshalb bereits mit Schreiben des Magistrates Linz vom 11.1.1994 aufgefordert, ein Ansuchen um gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung einzubringen.

Aufgrund neuerlicher Beschwerden am 18.1.1994 wurde vom technischen Amtssachverständigen eine Nachschau an Ort und Stelle durchgeführt. In dem diesbezüglichen Gutachten vom 20.1.1994 wurde insbesondere im Hinblick auf eine benachbarte Wohnung (Frau F) festgestellt, daß vor allem die rhythmischen Pässe der Musik aus der Ist-Situation deutlich hervortreten. Sogar die Melodie des Musikstückes ist erkennbar gewesen. Bei einer Schallpegelmessung ist ein äquivalenter Dauerschallpegel von L eq = 32 dB ermittelt worden. Die Messung ist bei geschlossenen Fenstern durchgeführt worden. Erfahrungsgemäß kann tagsüber bei straßenabgewandten Räumen und bei geschlossenen Fenstern ein A-bewerteter Grundgeräuschpegel von 20 dB angenommen werden.

Bei den festgestellten Immissionen durch Musik- und Trittgeräusche handelt es sich um informationshältigen Lärm.

Da informationshältige Geräusche Aufmerksamkeit hervorrufen und daher eine größere Störwirkung haben, sind die Schallpegelmeßergebnisse mit einem Zuschlag von 5 dB zu versehen. Daraus ergibt sich ein Immissionspegel von L eq von 37 dB, welcher um 17 dB über dem Grundgeräuschpegel von 20 dB liegt.

Die Kriterien im Sinn des § 74 Abs.2 GewO sind daher offenkundig erfüllt. Bei der Nachschau im Fitneßstudio (Aerobicraum im EG) wurde festgestellt, daß die Betriebszeiten mit Montag bis Freitag 10.00 Uhr bis 21.00 Uhr; Samstag 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr und Sonntag 17.00 Uhr bis 20.00 Uhr angegeben sind. Im Aerobicsaal wurde Gymnastikunterricht erteilt; die Musikanlage ist dabei so laut betrieben worden, daß zumindest die allgemeine Sprachverständlichkeit stark gestört war.

Aus diesen Gründen wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 10.3.1994, GZ: 501/Sw-8002/94A, dem Bw wegen Übertretung nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 eine Ermahnung gemäß § 21 VStG erteilt.

Dessen ungeachtet sind wiederum häufig Lärmbeschwerden beim Magistrat Linz eingegangen. Es wurde deshalb am 11.4.1994 in der Zeit von 10.15 Uhr bis ca. 12.30 Uhr von mehreren Organen des Amtes für Umweltschutz des Magistrates Linz wiederum eine Nachschau an Ort und Stelle durchgeführt.

Dabei wurde wiederum in der Wohnung von Frau F starker Musiklärm festgestellt. Bei der Nachschau im Aerobicraum wurde festgestellt, daß die Musikanlage so betrieben wurde, daß ein äquivalenter Dauerschallpegel von 85 dB ermittelt wurde. Während der Messung wurde im Gymnastiksaal der Unterricht weitergeführt (Schrittlaute, Schreie der Vorturnerin). Es wurde deshalb als notwendig erachtet, aus der Sicht des Nachbarschutzes verschiedene Auflagen (elektronischer Leistungsbegrenzer, usw) vorzuschreiben.

Mit Bescheid vom 25.4.1994 wurde daher dem Bw die bescheidmäßige Vorschreibung von Vorkehrungen gemäß § 333 und § 360 Abs.2 GewO aufgetragen. Anläßlich einer Kontrolle am 19.5.1994 wurde festgestellt, daß von den fünf Bescheidauflagen lediglich Auflage 4 teilweise erfüllt worden war; die übrigen Auflagen wurden nicht erfüllt.

Es wurde daher mit Bescheid vom 27.5.1994, GZ:

501/Sw-7059/93d die Stillegung der Musikanlage im Aerobicraum durch Plombierung gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994 verfügt.

Aufgrund weiterer Nachbarbeschwerden kam es zu den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Anzeigen.

5. Zu den Einwendungen des Bw:

5.1. Insofern der Bw das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 74 Abs.2 Z.2 GewO 1994 in Zweifel zieht, ist darauf zu verweisen, daß aufgrund des im Spruch dargestellten Sachverhaltes, der sich auf die ausdrücklichen Anrainerbeschwerden (Anzeigen der Nachbarin Frau V) gründet und sohin hinreichend festgestellt ist, daß die gegenständliche Musikanlage im Tatzeitraum nicht nur geeignet war, Lärmbelästigungen für Nachbarn zu verursachen, sondern daß diese Lärmbelästigungen sogar tatsächlich eingetreten sind.

Wie sich aus dem Wortlaut des oben zitierten Einleitungssatzes des § 74 Abs.2 GewO 1994 ergibt, begründet bereits die (bloße) grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage, die in den Z1 bis Z5 dieser Gesetzesstelle genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen herbeizuführen, die Genehmigungspflicht. Ob eine solche Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder sonstige nachteilige Einwirkung im konkreten Fall tatsächlich von der Betriebsanlage ausgeht, ist sodann im Genehmigungsverfahren zu prüfen und, je nach Ergebnis dieser Prüfung - allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen - die Genehmigung nach § 77 GewO 1994 zu erteilen oder zu versagen (VwGH 20.12.1994, Zl. 94/04/0162). Im gegenständlichen Fall ist darüber hinaus durch die angeführten Beschwerden sogar erwiesen, daß die angeführten Belästigungen auch tatsächlich stattgefunden haben. Der diesbezügliche Einwand des Bw mußte daher als verfehlt zurückgewiesen werden.

5.2. Zur behaupteten Verjährung ist festzustellen, daß im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses (und allein auf diesen kommt es an) die Tatzeit mit 1. Juni 1994, 3. Juni 1994, 8. Juni 1994 und 9. Juni 1994 angenommen worden war, weshalb keinerlei Verjährung eingetreten sein kann. Das Gutachten vom 20.1.1994 wurde lediglich in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zitiert, um die vor der Bestrafung schon lang andauerende Lärmbelästigungssituation entsprechend zu beschreiben. Ein neuerliches lärmtechnisches Gutachten in bezug auf den Tatzeitraum Juni 1994 war deshalb entbehrlich, weil - wie bereits oben unter Punkt 5.1.

ausführlich dargestellt - die bloße Eignung der Betriebsanlage zur Lärmbelästigung genügt.

Aus all diesen Gründen konnte der Bw das Vorliegen des objektiven Tatbestandes nicht mit Erfolg bekämpfen.

6. Zur Schuldfrage:

6.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, daß er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH v. 2. April 1990, Zl.

90/19/0078). Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn der Verstoß ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurde. Ein derartiges Vorbringen - von Tatsachen oder von Beweismitteln -, das geeignet gewesen wäre, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, hat der Berufungswerber aber nicht erstattet.

6.2. Im Hinblick auf die oben unter Punkt 4.2. dargestellte "Vorgeschichte" ist es auch schwerlich vorstellbar, daß der Bw seine Schuldlosigkeit mit Erfolg hätte einwenden können, zumal nach den Umständen des Falles möglicherweise sogar Vorsatz in der Form der Wissentlichkeit vorzuliegen scheint.

6.3. Insgesamt ergibt sich daher, daß der Bw auch schuldhaft, und zwar jedenfalls grob fährlässig gehandelt hat.

7. Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG:

7.1. Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14).

Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs.1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

7.2. Das Verschulden kann nur geringfügig sein, wenn es sich um eine (leichte) Fahrlässigkeit handelt (aA Gaisbauer, Rechtslexikon; Helbling II, 190; Körner, ÖVBl 1933, 5; VwGH 19.11.1987, Zl.87/08/0251). Die Folgen sind zB dann als unbedeutend anzusehen, wenn Folgen nach dem Tatbestand gar nicht in Frage kommen (sogenannte Formaldelikte); wohl ist aber zu beachten, wenn ein bloßes Formaldelikt tatsächlich Folgen nach sich gezogen hat (Walter-Mayer, Grundriß des österr. Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, Rz.818).

7.3. Wie bereits ausgeführt, hat die gegenständliche Verwaltungsübertretung insofern sogar Folgen nach sich gezogen, als die Nachbarschaft tatsächlich durch Lärm belästigt worden war. Weiters ergibt sich aus der oben unter Punkt 4.2. dargestellten Vorgeschichte, daß der Bw bereits mit Bescheid vom 10.3.1994 wegen desselben Deliktes, begangen am 20.1., 21.1. und 22.1.1994, gemäß § 21 VStG ermahnt worden war. Erst aufgrund seiner weiteren beharrlichen Mißachtung der diesbezüglichen Rechtsvorschriften kam es zu den gegenständlichen Anzeigen. Eine Ermahnung ist daher schon begrifflich deshalb ausgeschlossen, weil im gegenständlichen Fall keinesfalls mehr von einem geringfügigen Verschulden und auch nicht von unbedeutenden Folgen der Übertretung gesprochen werden kann.

8. Zur Strafbemessung:

8.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat sind gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

8.2. Die Strafbemessung wurde von der belangten Behörde nach den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen und es wurde von ihr in diesem Zuge auf sämtliche Strafbemessungsgründe Bedacht genommen. Da die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlich festgelegten Strafrahmens (bis 50.000 S) gelegen ist, war sie auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Bw nicht als überhöht anzusehen. Dafür, daß die belangte Behörde das ihr im Zuge der Strafbemessung zukommende Ermessen gesetzwidrig gehandhabt hätte, haben sich im Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat keine Anhaltspunkte ergeben, zumal ohnedies eine - wie schon ausgeführt - im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegene Geldstrafe verhängt wurde.

8.3. Es war daher im Hinblick auf die von der belangten Behörde - mangels entsprechender Angaben durch den Bw realistisch angenommenen Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Bw die verhängte Geldstrafe zu bestätigen. Im Hinblick auf die geschützten Interessen der Nachbarn waren aber für die Strafbemessung auch generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen; auch diesbezüglich dürfte die verhängte Geldstrafe gerade noch ausreichen. Daß der Bw nach den gegenständlichen Anzeigen (endlich) den gesetzlichen Vorschriften insofern entsprochen hat, daß es zumindest zu keinen weiteren Anzeigen gekommen ist, muß wohl selbstverständlich sein und kann nicht insbesondere im Hinblick auf sein im ersten Halbjahr 1994 an den Tag gelegtes Verhalten, nämlich die ständige Mißachtung der diesbezüglichen Vorschriften, auch noch nachdem der Bw bereits mit Bescheid abgemahnt worden war - als Milderungsgrund gewertet werden.

9. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, d.s. 1.000 S, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. S c h i e f e r e r

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