Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221326/10/Ga/La

Linz, 23.04.1996

VwSen-221326/10/Ga/La Linz, am 23. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter:

Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des W... E... in F... gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 17. Jänner 1996, Ge96-89-1995, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 GewO 1994, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und durch öffentliche Verkündung am 12. April 1996 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unzulässig - weil verspätet - zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG: § 66 Abs.4; 63 Abs.5.

Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG: § 24; § 51 Abs.1 und 2, § 51e Abs.1, § 51i.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 30.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 9 Tage) kostenpflichtig verhängt, weil er am 26. September 1995 zwischen 22.15 und 23.45 Uhr im "Club M..." in O..., V..., welcher auf Rechnung und Gefahr des Berufungswerbers geführt werde, dadurch, daß er an zwei Gäste bestimmte alkoholische Getränke gegen Entgelt zu bestimmten Preisen habe ausschenken lassen, das gebundene Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar ausgeübt habe, ohne eine Gewerbeberechtigung hiefür erlangt zu haben.

2. Gegen dieses Straferkenntnis wendet sich die an die Strafbehörde adressierte und dort per Telefax eingebrachte Berufung.

Die belangte Behörde legte dieses Rechtsmittel und den Verfahrensakt vor; zugleich wies sie auf Umstände hin, die die Berufung als verspätet eingebracht erscheinen ließen.

3.1.1. Weil einerseits aus dem Verfahrensakt die verspätete Einbringung der Berufung nicht abschließend beurteilt werden konnte und andererseits dem Berufungswerber zum Anschein der nicht rechtzeitigen Einbringung Parteiengehör zu gewähren war, hat der unabhängige Verwaltungssenat für den 12. April 1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tag in Anwesenheit des Berufungswerbers und der belangten Behörde durchgeführt.

3.1.2. Das Beweisverfahren dieser Verhandlung umfaßte die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigtenpartei, die förmliche Vernehmung des Leiters der Posteinlaufstelle der belangten Behörde, OOffz. H... H..., als Zeuge, die Befragung des Vertreters der belangten Behörde, die Einsicht in Urkunden sowie die Verlesung von Aktenstücken.

Die Angaben des straf- und disziplinarrechtlich unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen erschienen schlüssig; Widersprüchlichkeiten in seiner Aussage wurden nicht entdeckt. Gegen seine Glaubwürdigkeit sprechen keinerlei Umstände. Im Ergebnis ist die Kammer von der Richtigkeit der Zeugenangaben, zu denen sich auch der Beschuldigte mit seiner Darstellung in keinen ausdrücklichen Widerspruch begab, überzeugt.

3.2. Auf Grund des abgeführten Beweisverfahrens wird folgender Sachverhalt als somit erwiesen und maßgebend für diese Entscheidung festgestellt:

Das angefochtene Straferkenntnis wurde der Postbeförderung mittels RSb-Brief anvertraut und am Dienstag, dem 23. Jänner 1996, an der am Zustellschein bezeichneten Abgabestelle von der gleichfalls dort wohnenden Mutter des Berufungswerbers als Ersatzempfängerin übernommen (das Zustellorgan trug am Rückschein irrtümlich "Gattin" ein).

Für das Zustellorgan lag am Zustelltag kein augenfälliger Grund für die Annahme vor, daß sich der Empfänger nicht iSd § 16 Abs.1 Zustellgesetz regelmäßig an der bezeichneten Abgabestelle aufhält. Es ist auch nicht hervorgekommen, daß der Berufungswerber im Beurteilungszeitraum (23. Jänner bis Ende Jänner 1996) Zustellvorgänge grundsätzlich nicht hätte wahrnehmen können - er war beruflich zwar viel unterwegs, jedoch jeweils nur tageweise abwesend. Die mit zwei Wochen bemessene gesetzliche, nicht verlängerbare Berufungsfrist begann daher am 23. Jänner 1996 zu laufen. Letzter Tag für die Einbringung des Rechtsmittels war demnach Dienstag, der 6. Februar 1996.

Jedenfalls bis zum Ablauf dieses letzten Tages der Frist ist die in Rede stehende Berufung bei der belangten Behörde nicht eingelangt.

Aber auch in den folgenden Tagen der 6. Woche hs. bis einschließlich Samstag, den 10. Februar 1996, ist das Rechtsmittel nicht eingelangt - weder als Postsendung noch durch persönliche Übergabe noch mittels Telekopie. Das Telefax-Empfangsgerät der belangten Behörde ist die ganze Woche, tagtäglich rund um die Uhr eingeschaltet; bei Stromausfall stellt eine Batterie den weiteren Betrieb sicher. Auch außerhalb der Dienststunden werden Störungen am Display angezeigt, derart, daß der befaßte Beamte am nächsten Morgen die Störung feststellen und die Entstörung durchführen kann. Es ist kein Hinweis hervorgekommen, daß in der fraglichen Zeit die Berufung am Telefax-Empfangsgerät zwar eingelangt, jedoch durch irgendwelche Umstände behördlicherseits (unentdeckte technische Pannen am Gerät; "In-Verstoß-Geraten" des Schriftsatzes durch Unaufmerksamkeit udgl. des Personals in der Posteinlaufstelle einschl. Journaldienst Freitag nachm.

sowie Samstag ganztägig) unbemerkt geblieben wäre. Erst am Sonntag, dem 11. Februar 1996, im Laufe des Vormittags, wurde von dem zu dieser Zeit im Amtsgebäude der belangten Behörde (gemeinsam mit dem Bezirkshauptmann) anwesenden und beim Fax-Empfangsgerät routinemäßig Nachschau haltenden Zeugen wahrgenommen, daß die Berufung per Telekopie eingebracht worden ist.

Selbständig von sich aus druckt das Fax-Empfangsgerät der belangten Behörde Datum und Uhrzeit der Empfangnahme eines Fax-Schriftstückes nicht aus. Regelmäßig aber sind im Kopf eines Fax-Eingangsstückes der Absender sowie Datum und Zeit der Absendung, Seitenzahl und schlußendlich der o.k.-Vermerk mit ausgedruckt. Nicht so jedoch bei der gegenständlichen Berufungsschrift: Dieses Fax-Eingangsstück enthält weder im Kopf noch an anderer Stelle Datum und Uhrzeit der Absendung. Der Berufungswerber war nach eigenen Angaben zwar bei der Absendung, die von einem Telefaxgerät eines Bekannten mit Adresse "E..." aus erfolgte, zugegen; an den genauen Tag der Absendung konnte er sich allerdings nicht erinnern. Dieser Tag ist auch nicht auf dem vom Berufungswerber im Zuge seiner Vernehmung der erkennenden Kammer zur Einsicht vorgelegten Original der Berufungsschrift und auch nicht auf dem dieser Privaturkunde beigehefteten Übertragungsprotokoll ausgedruckt oder darauf sonstwie vermerkt.

Ein Fehler beim behördlichen Zustellvorgang (§ 7 des Zustellgesetzes) ist nicht hervorgekommen. Das angefochtene Straferkenntnis enthält auf Seite 3 eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Rechtsmittelbelehrung mit dem ausdrücklichen Fristenhinweis.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 24 VStG iVm § 63 Abs.5 AVG ist die Berufung bei der Behörde, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Straferkenntnisses einzubringen. Im § 13 AVG ist grundgelegt, daß schriftliche Berufungen auch im Wege der Telekopie eingebracht werden können.

Nach § 16 Abs.1 des Zustellgesetzes darf an den Ersatzempfänger zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern die Sendung nicht dem Empfänger zugestellt werden kann und an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend ist und überdies der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Gemäß § 16 Abs.2 des Zustellgesetzes kann Ersatzempfänger jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt ... und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt zur Annahme bereit ist.

4.2. Vor diesem Hintergrund ist das angefochtene Straferkenntnis am Dienstag, dem 23. Jänner 1996 durch Ersatzzustellung rechtswirksam an die Mutter des Berufungswerbers zugestellt worden. Damit aber war die erst - wie durch notwendige und eindeutige Schlußfolgerung als erwiesen zu gelten hat - am Sonntag, dem 11. Februar 1996, per Telefax eingebrachte Berufung verspätet. Diese Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG als unzulässig zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat von Gesetzes wegen verwehrt, eine inhaltliche Prüfung der Berufungsschrift und des angefochtenen Straferkenntnisses vorzunehmen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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