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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221327/2/Gu/Km

Linz, 12.06.1996

VwSen-221327/2/Gu/Km Linz, am 12. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des K. M., geb. 8.11.1936, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 2.2.1996, Zl. Ge96-90-1-1995, wegen sechs Übertretungen des Berufsausbildungsgesetzes zu Recht:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird bestätigt.

Die verhängten Strafen zu den Fakten 1-6 werden auf je 2.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 2 Tage herabgesetzt.

Die erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeiträge ermäßigen sich daher auf 6 x 200 S. Für das Berufungsverfahren haben Kostenbeiträge zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 32 Abs.1 lit.d iVm § 9 Abs.2 des Berufsausbildungsgesetzes idF BGBl.Nr. 23/1993 iZ Ausbildungsvorschrift für den Lehrberuf Einzelhandelskaufmann BGBl.Nr. 378/90, § 19 VStG, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis hat gegen den Rechtsmittelwerber am 2.2.1996 zur Zl. Ge96-90-1-1995, ein Straferkenntnis erlassen dessen Spruch lautet:

"Sie sind persönlich haftender Gesellschafter der F. M. M.

OHG, Ort i.I., und somit gem. § 9 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch dieses Unternehmen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Sie haben es daher zu verantworten, daß die Lehrlinge (L) L 1. A. M., geb. 9.1.1976 L 2. B. D., geb. 24.10.1976 L 3. B. A., geb. 24.8.1976 L 4. H. A., geb. 21.5.1978 L 5. K. I., geb. 6.11.1979 und L 6. Sch. A., geb. 16.11.1978, welche in der Betriebsstätte in 4910 Ried i.I., W... 6, als "Einzelhandelskauffrau" (Lehrberuf: Einzelhandelskaufmann) ausgebildet werden, vom 1.5. bis 31.8.1995 wie folgt zu berufsfremden Tätigkeiten lt. "Putzplan bis 31. August" wöchentlich verwendet wurden (L = Lehrling):

L 1. A. M., geb. 9.1.1976 Montag - Sportabteilung + Stiege wischen Freitag - WC + Fliesen putzen L 2. B. D., geb. 24.10.1976 Dienstag - Mitarbeiterraum + Stiege putzen Freitag - Mitarbeiterraum + Stiege putzen L 3. B. A., geb. 24.8.1976 Montag - Men's-Club wischen Donnerstag - WC + Fliesen putzen L 4. H. A., geb. 21.5.1978 Montag - WC + Fliesen putzen Donnerstag - Sport-Stiege + Men's Club wischen L 5. K. I., geb. 6.11.1979 Dienstag - Trachtenverkaufsraum wischen Mittwoch - WC + Fliesen putzen Freitag - Trachtenverkaufsraum wischen L 6. Sch. A., geb. 16.11.1978 Jeden Tag Müllsäcke wechseln im Mitarbeiterraum Dienstag - WC putzen, da nach den Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf Einzelhandelskaufmann, BGBl.Nr. 378/90, welche seit 1.7.1990 gültig sind, dem Lehrling keine Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln sind, für welche die Durchführung der oben angeführten Tätigkeiten notwendig wäre. Sie haben es daher zu verantworten, daß der Lehrberechtigte die Lehrlinge nicht nur zu solchen Tätigkeiten herangezogen hat, die mit dem Wesen der Ausbildung vereinbar sind und sind Sie daher Ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, den Lehrling nicht zu berufsfremden Tätigkeiten zu verwenden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 32 Abs.1 lit.d iVm. § 9 Abs.2 des Berufsausbildungsgesetzes-BAG, BGBl.Nr. 142/1969 idF. BGBl.Nr.

23/1993 sowie in Verbindung mit den Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf "Einzelhandelskaufmann", BGBl.Nr. 378/90 zu L 1. - L 6.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls die Geldstrafe gemäß § Schilling uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 4.000,-- zu L 1. 4 Tage zu L 1. 32 Abs.1 3.000,-- zu L 2. 3 Tage zu L 2. lit.d BAG 4.000,-- zu L 3. 4 Tage zu L 3. zu L 1.-6.

4.000,-- zu L 4. 4 Tage zu L 4.

4.000,-- zu L 5. 4 Tage zu L 5.

4.000,-- zu L 6. 4 Tage zu L 6.

---------------- -------------23.000,-- insg. 23 Tage insg.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

2.300,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 25.300,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG).

In seiner dagegen eingebrachten Berufung bringt der Rechtsmittelwerber, ähnlich wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren vor, daß er einerseits persönlich haftender Gesellschafter der F. M. M. OHG ist und als Verantwortlicher im Sinne des Verwaltungsstrafgesetzes haftet. In seinem Unternehmen in der Betriebsstätte Ried/Innkreis, W. 6, wurden die Lehrlinge A., B., B., H., K. und SCH. im Lehrberuf Einzelhandelskauffrau ausgebildet. Zur unmittelbarer Besorgung aller notwendigen Veranlassungen hatte der Rechtsmittelwerber in der Gestalt der Frau D. eine Filialleiterin bestellt. Indem er die dem Straferkenntnis zugrundeliegenden Verletzung von rechtlichen Verpflichtungen dem Grunde nach nicht in Abrede stellt, weist er darauf hin, daß bei weitem nicht alle Reinigungstätigkeiten als berufsfremd anzusehen seien.

Die erste Instanz habe ihr Straferkenntnis lediglich auf einen Putzplan gestützt. Es sei eine Erfahrung, daß Pläne für einen zukünftigen Zeitraum erstellt werden und daraus rückwirkend keine konkreten Tatbestände abgeleitet werden könnten. Es fehlten Feststellungen, wann und welcher Lehrling berufsfremde Arbeiten verrichtet habe. Mangels konkreter Sachverhaltsfeststellungen stehe auch im Raum, ob die genannten Lehrlinge an den angeführten Tagen tatsächlich auch gearbeitet hätten oder ob sie nicht auch krank gewesen sind, Urlaub konsumiert haben oder Berufsschulzeiten zurückgelegt haben, sodaß die Grundlage für die Verwaltungsstrafe nicht erwiesen sei.

Nachdem das Ausmaß einer allfälligen Heranziehung zu berufsfremden Arbeiten nicht festgestellt worden sei, müsse auch die Begründung, daß diese Arbeiten über einen längeren Zeitraum erfolgt seien, zusammenbrechen. Darüber hinaus führt er aus, daß er selbst keinen Auftrag gegeben habe, die Lehrlinge wie im Spruch angeführt zu verwenden, sondern daß dies von seiner für die Filiale verantwortlich gemachten Bediensteten verfügt worden sei. Nach Bekanntwerden der Angelegenheit habe er sofort die Abstellung der nicht konformen Arbeitseinteilung verfügt.

Aus all diesen Gründen beantragt der Rechtsmittelwerber das angefochtene Straferkenntnis mangels entsprechender Sachverhaltsfeststellungen aufzuheben in eventu die verhängte Strafe auf das gesetzliche Mindestmaß herabzusetzen.

Nachdem die Verfolgungshandlung keine andere Umschreibung der Tat als das Straferkenntnis enthält und somit im Berufungsverfahren einerseits wegen der zwischenzeitig abgelaufenen Zeit und andererseits der unabhängige Verwaltungssenat im Selbstverständnis als Tribunal im Sinn des Art.6 MRK bei verfassungskonformer Interpretation des VStG als Ankläger nicht auftreten und die Anklage nicht erweitern durfte, war die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Straferkenntnisses in seiner vorgegebenen Form vorzunehmen, wobei allerdings, wie der Berufungswerber treffend vermerkt der Sachverhalt nach der Lebenserfahrung so einzuschätzen war, daß auch das tatsächliche Gewicht bzw. der Unrechtsgehalt Konturen hat.

Aufgrund der Wortwahl der Anordnung an die Lehrlinge wie sie im Spruch des Straferkenntnisses wiedergegeben wurden, handelte es sich bei den Verrichtungen nicht um das auch nach dem Berufsausbildungsgesetz selbstverständliche Reinhalten des unmittelbaren Arbeitsbereiches, wie die selbstverständlichen Handgriffe nach der Benützung eines WC's oder des Sitz- oder Stehbereiches im Aufenthaltsraum, sondern um Putzarbeiten, wozu der Rechtsmittelwerber im erstinstanzlichen Verfahren dargetan hat, daß für den fraglichen Zeitraum eben eine Reinigungsfrau ausgefallen war. Insofern müssen die angesprochenen Putzarbeiten als ausbildungsfremd angesehen werden.

Der O.ö. Verwaltungssenat geht aufgrund der Lebenserfahrung auch davon aus, daß diese Anordnungen in der Regel von den Lehrlingen umgesetzt wurden und diese auch ausgenommen Krankheit, Urlaub oder sonstige Verhinderungen verrichtet wurden.

Wenn die erste Instanz vermeinte, die vorgesehene Mindeststrafe deutlich überschreiten zu müssen und dies damit begründet hat, daß die Lehrlinge über einen längeren Zeitraum zu den berufsfremden Tätigkeiten herangezogen wurden, so kommt durch diese Feststellung die Grundlage für die Gewichtung noch nicht hinreichend zum Vorschein.

Hauptziel des Berufsausbildungsgesetzes ist die Vermittlung einer gediegenen Ausbildung an die Lehrlinge, wobei berufsfremde Arbeiten dieses Ausbildungsziel nicht vereiteln sollen. Daß dies geschehen wäre und die Lehrlinge z.B. bei der Prüfung versagt hätten etc., ist durch nichts bescheinigt.

Wenn in der Tatanlastung von WC + Fliesen putzen die Rede ist, so handelte es sich offenbar durch den Gebrauch der Einzahl um ein WC, wofür nach der Lebenserfahrung eine Viertelstunde nicht als zu knapp bemessen erscheint.

Ähnliches gilt für Stiege + Sportabteilung wischen.

Um im Groben eine Relation zu bekommen, waren innerhalb von rund 16 Wochen (unter Berücksichtigung von Krankenständen, Urlauben, etc.) bei wöchentlicher zweimaliger Inanspruchnahme von je einer Viertelstunde rund 32 Viertelstunden sohin rund 8 Stunden ohne Ausbildungscharakter geleistet worden.

Angesichts der aber im gesamten Zeitraum als Arbeits- bzw.

Ausbildungszeit verbrachten über 600 Stunden war in Abwägung der Relation unter dem Blickwinkel des Gesetzeszweckes ein wesentlich geringeres Gewicht beizumessen, als es die Erstinstanz getan hat, ohne daß jedoch diese Relativierung die Anwendung des § 21 VStG gerechtfertigt hätte.

Ausgehend von dem nach Überzeugung des Verwaltungssenates gerechtfertigten Schuldspruch war bei der Strafbemessung bei der Anwendung des § 19 VStG dem Beschuldigten als mildernd zu Gute zu halten, daß er nach Kenntnis des Sachverhaltes sofort reagiert hat und die nicht zulässige Verwendung abgestellt hat.

Das Tatsachengeständnis konnte hingegen nicht als mildernd gewertet werden, weil es für die Wahrheitsfindung infolge der erdrückenden Beweislage nicht maßgeblich war.

In der Zusammenschau der Umstände konnte der O.ö.

Verwaltungssenat kein beträchtliches Überwiegen der mildernden gegenüber den erschwerenden Umständen feststellen, sodaß für die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes im Sinn des § 20 VStG kein Raum verblieb.

Das nach Reduzierung in Summe noch immer beträchtliche Strafübel erschien dem O.ö. Verwaltungssenat hinreichend, um den Rechtsmittelwerber vor der Begehung einer ähnlichen Verwaltungsübertretung in Hinkunft abzuhalten und entspricht somit den Grundsätzen der Ökonomie der Strafe.

Die Herabsetzung der Geldstrafe mußte zwangsläufig zu einer Herabsetzung der erstinstanzlichen 10%igen Verfahrenskostenbeiträge führen.

Aufgrund des Teilerfolges der Berufung hat der Rechtsmittelwerber gemäß § 65 VStG keine Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

1. H. K. M., F. 32, 4974 Ort i.I.; 2. Bezirkshauptmannschaft Ried i.I., Parkgasse 1, 4910 Ried i.I., zur Zl. Ge96-90-1995, unter Aktenrückschluß mit dem Ersuchen um nachweisbare Zustellung der Entscheidung an den Rechtsmittelwerber und um Verständigung der anzeigelegenden Arbeiterkammer im erforderlichen Umfang.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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