Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221351/6/Schi/Km

Linz, 19.09.1996

VwSen-221351/6/Schi/Km Linz, am 19. September 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Schieferer, Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung des M S gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28.2.1996, Ge96-2697-1993, wegen einer Übertretung nach der GewO 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von jeglichen Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z.3, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28.2.1996, Ge96-2697-1993, wurde über den Berufungs werber (Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Z26 GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974, idF BGBl.Nr. 29/1993 iVm Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 8.10.1980, Ge-2848-1980, eine Geldstrafe von 25.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen, verhängt, weil der Bw in der Zeit vom 17.4.1992 bis zum 4.10.1993, festgestellt am 4.10.1993, die auf den Grundstücken und KG. V, Gemeinde S, errichtete Lagerhalle betrieben habe, ohne die Auflage Punkt 11 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 8.10.1980, Ge-2848-1980, nämlich die Errichtung einer 3 m hohen Massivwand zur Parzelle KG. V, Gemeinde S, eingehalten zu haben.

Gleichzeitig wurde ein Kostenbeitrag von 2.500 S festgelegt.

2. Dagegen richtet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, in welcher er das Straferkenntnis seinem ganzen Inhalt nach bekämpft und sich nicht schuldig bekennt. Im übrigen wendet der Bw Verfolgungsverjährung ein, da ihm nicht bekannt sei, wann die Behörde gegen ihn eine erstmalige Verfolgungshandlung vorgenommen habe.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch die zuständige Kammer, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.2. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 367 Z26 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 82a Abs.1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Durch den Verweis in § 367 Z26 GewO werden die in Verordnungen oder Bescheiden enthaltenen Gebote und Verbote zu einem Teil des Straftatbestandes. Die Strafbarkeit der Nichtbefolgung besteht jedoch nicht schlechthin, sondern nur, wenn der Genehmigungswerber von der ihm erteilten Genehmigung Gebrauch macht. Nur für den Fall der Gebrauchnahme vom erteilten Recht wird ein bestimmtes Verhalten vorgeschrieben (vgl. Stolzlechner-Wendl-Zitta, "Die gewerbliche Betriebsanlage", 2. Auflage, RZ 313 mit weiteren Nachweisen).

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

4.3. Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

4.4. Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

5. Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen.

5.1. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß der Bw zwar die 3 m hohe Massivwand zur Parzelle 695/3 nicht errichtet hat; er hat jedoch eine Holzwand mit einem Abstand von ca. 0,5 m von der Grundgrenze und mit einer Höhe von ca.

2,5 m errichtet. Im Sinne der oben unter Punkt 4.2.

angeführten Sprucherfordernisse hätte daher dieser Umstand in den Spruch Eingang finden müssen. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 26.4.1994, 93/04/0243 u.a.) ist es erforderlich, schon im Spruch des Straferkenntnisses anzuführen, worin das dem Beschuldigten zur Last gelegte inkriminierende Verhalten liegt. Für den gegenständlichen Fall heißt das, daß dem Bw die Nichteinhaltung der Auflage Punkt 11 des Bescheides insofern zur Last gelegt werden hätte müssen, als er anstatt der 3 m hohen Massivwand zur Parzelle lediglich eine Holzwand mit einem Abstand von nur 0,5 m von der Grundgrenze und mit einer Höhe von nur 2,5 m errichtet hat.

5.2. Bemerkt wird, daß im vorgängigen Straferkenntnis vom 16.11.1992, Ge96-2625-1992/Sb, welches mit h. Erkenntnis vom 10.2.1994, VwSen-220397/3/Kl/Rd, bestätigt wurde, das inkriminierte Verhalten dem Bw sehr wohl in der erforderlichen Form ausdrücklich vorgeworfen worden war.

5.3. Weder das Rechtshilfeersuchen vom 25.11.1993 noch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28.12.1993 noch das Schreiben vom 1.3.1994, mit welchem der Tatzeitraum ausgeweitet wurde, enthalten einen derartigen Hinweis. Aus diesem Grund erweisen sich sämtliche Verfolgungshandlungen im Lichte des Bestimmtheitsgebotes des § 44a Z1 VStG als untauglich zur Unterbrechung der Verjährungsfrist, weil das darin beschriebene Tatverhalten keine Zuordnung zu den wichtigen Tatbestandsmerkmalen der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ermöglicht.

5.4. Aus diesem Grund war auch eine Sanierung des Spruches im Sinne der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr möglich. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z.3 VStG einzustellen.

6. Weil die verhängte Strafe infolge der Berufung aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt wurde, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Klempt

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum