Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221354/2/Schi/Ka

Linz, 06.05.1996

VwSen-221354/2/Schi/Ka Linz, am 6. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des K S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H K, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrat-Bauwirtschaftsamt als Bezirksverwaltungsbehörde) der Landeshauptstadt Linz vom 29.3.1996, GZ.502-32/Sta/166/95c, wegen einer Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis vom 29.3.1996, GZ.502-32/Sta/166/95c, aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinerlei Strafkostenbeiträge zu leisten.

III. Aus Anlaß der gegenständlichen Berufung wird das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 16.12.1994, VwSen-220735/2/Schi/Ka aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

zu I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 44a Z. 1, 45 Abs.1 Z. 1 und 3, 51 Abs.1 , 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991, idF BGBl.Nr. 620/1995.

zu II. § 65 und § 66 VStG.

zu III. § 52a Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs zitierten Straferkenntnis vom 29.3.1996 wurde über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung gemäß § 367 Z25 GewO 1994 iVm Auflagenpunkt des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Februar 1991, GZ.501/N, eine Geldstrafe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 44 Stunden) verhängt, weil er es als Verpflichteter (ehemaliger Betreiber der mittlerweile aufgelassenen Betriebsanlage in Form einer Wäscherei Chemisch - Reinigungsanlage) des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14.2.1991, GZ.501/N, der im oa Bescheid unter Punkt 1 erteilten Auflage, daß in der oa Betriebsanlage bis spätestens 20.3.1991 eine geeignete Bodenluftuntersuchung zur Feststellung allfälliger Altlasten durchzuführen ist, in der Zeit vom 6.1.1995 bis 10.7.1995 nicht entsprochen habe, indem eine solche Untersuchung bis zum 10.7.1995 nicht erfolgte.

2. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 18.4.1996 rechtzeitig Berufung eingebracht und beantragt das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.2. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann.

Weitere Beweise waren nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.Da schon aus der Aktenlage erkennbar war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. In rechtlicher Hinsicht hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß a) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und b) die Identität der Tat (insbes. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Im Sinne der Anforderung nach lit.a sind entsprechende, dh.

in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Hingegen verlangt die Anforderung nach lit.b (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat), daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, als er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß weiters der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

4.2. Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. ISd § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte (physische) Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung. Eine solche Verfolgungshandlung muß sich ferner auf eine bestimmte Tatzeit, einen bestimmten Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG beziehen (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren II., zu § 32 E5 sowie E30 ff).

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet (Z1) oder wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

4.3. Im gegenständlichen Fall ist aufgrund der Aktenlage eindeutig davon auszugehen, daß weder der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18.9.1995 noch dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vom 29.3.1996 ein Hinweis auf einen Tatort zu entnehmen ist. Vielmehr wurde lediglich der Wohnort des Bw angeführt und in Klammer die Art der mittlerweile aufgelassenen Betriebsanlage als "Wäscherei Chemisch-Reinigungsanlage" umschrieben, ohne in irgendeiner Weise einen Tatort zu bezeichnen.

Da auch eine entsprechende Richtigstellung des Spruches wegen der mittlerweile abgelaufenen sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist im Sinne des § 31 Abs.1 und 2 iVm § 32 Abs.2 VStG nicht mehr möglich war, mußte im Sinne der diesbezüglichen strengen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB Erkenntnis vom 22.4.1993, Zl.92/09/0377) der angefochtene Bescheid aufgehoben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden.

5. Die Aufhebung und Einstellung bewirkte auf der Kostenseite, daß der Bw keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten hat.

Zu III.:

1. Aufgrund des h. Erkenntnisses vom 16.12.1994, VwSen-220735/2/Schi/Ka hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich über die Berufung des Karl Schwab, 4020 Linz, Lärchenau 4, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Landeshauptstadt Linz vom 16. September 1993, GZ.502-32/Kn/We/100/92a, wegen des gleichen Sachverhaltes, jedoch eines früheren Tatzeitraumes, nämlich vom 21.3.1991 bis 24.3.1992, bezüglich einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973, wie folgt zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage herabgesetzt wird.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich deshalb auf 200 S, ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

2. Diesem Erkenntnis lag derselbe Sachverhalt zugrunde, lediglich mit Tatzeitraum: 21.3.1991 bis 24.3.1992.

Aufgrund der oben zitierten strengen verwaltungsgerichtlichen Judikatur ist jedoch davon auszugehen, daß dieses Vorerkenntnis zwar rechtskräftig, aber im Lichte der dargestellten Judikatur rechtswidrig ist.

3. Gemäß § 52a Abs.1 VStG kann von Amts wegen ein rechtskräftiger erstinstanzlicher Bescheid, durch den zum Nachteil des Bestraften das Gesetz offenkundig verletzt worden ist, von der Behörde, die ihn erlassen hat, oder von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. Das gleiche steht den unabhängigen Verwaltungssenaten für die von ihnen erlassenen rechtskräftigen Erkenntnisse zu. Auf die Ausübung dieses Rechtes hat niemand einen Anspruch.

Zufolge Abs.2 dieses Paragraphen sind die Folgen der Bestrafung wieder gutzumachen. Soweit dies nicht möglich ist, ist gemäß dem strafrechtlichen Entschädigungsgesetz, BGBl.Nr.270/1969, zu entschädigen.

4. Im gegenständlichen Fall liegen diese Voraussetzungen vor, da durch das Erkenntnis vom 16.12.1994 das Gesetz offenkundig zum Nachteil des Bestraften verletzt wurde. Es war daher dieses Erkenntnis von Amts wegen aufzuheben und das eingeleitete Strafverfahren einzustellen.

5. Im Sinne des § 52a Abs.2 VStG sind dem Bw daher der Strafbetrag in Höhe von 2.000 S sowie die Strafverfahrenskosten von 200 S zurückzuzahlen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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