Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221368/9/Le/La

Linz, 04.04.1997

VwSen-221368/9/Le/La                Linz, am 4. April 1997 DVR.0690392                                                          

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des C K, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J L und Dr. E W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14.5.1996, Zl. Ge96-235-1994-RE/EZ, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 iVm der Sperrzeitenverordnung 1978 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt abgeändert wird:

Nach der Überschrift "Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:" wird die dort enthaltene Aufzählung durch folgende Wendung ersetzt:

"§ 368 Z.9 in Verbindung mit § 152 Abs.3 Gewerbeordnung 1994, BGBl. 194/1994 idgF in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit.d) und § 3 Abs. 1 lit. a und lit.c Sperrzeitenverordnung 1978, LGBl. 73/1977 idF LGBl. 19/1993, in Verbindung mit § 22 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. 52/1991 idgF." Die Überschrift "Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:" wird ebenso wie die nachfolgende Aufzählung durch folgende Wendung ersetzt:

"Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß᧠368 Einleitungssatz in Verbindung mit § 370 Abs. 3 Gewerbeordnung 1994, BGBl. 194/1994 idgF, eine Geldstrafe in Höhe von 13.000,-- S, falls diese uneinbringlich ist, gemäß § 16 Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 291 Stunden, verhängt." II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 1.300 S. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 19, 22, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14.5.1996 wurden über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen insgesamt sieben Übertretungen des § 368 Z9 iVm § 152 Abs.3 der Gewerbeordnung 1994 (im folgenden kurz: GewO) sowie iVm § 1 Abs.1 lit.d und § 3 Abs.1 lit.c erster Satz Sperrzeitenverordnung 1978 idgF sieben Geldstrafen in Höhe von je 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je 336 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafen verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der K G wissentlich geduldet und daher nach § 370 Abs.3 GewO 1994 verantworten zu haben, daß in dem in der Betriebsart einer Bar geführten Gastgewerbebetrieb in S, U, an näher bezeichneten Tagen zwischen dem 10.10.1994 und dem 30.1.1995 nach der vorgeschriebenen Sperrstunde 04.00 Uhr zu näher bestimmten Zeiten das Gastlokal noch nicht geschlossen war, Gästen das weitere Verweilen im Gastlokal gestattet wurde und die Gäste überdies nicht rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde um 4.00 Uhr aufmerksam gemacht worden seien. Er habe dies als handelsrechtlicher Geschäftsführer wissentlich geduldet und daher nach § 370 Abs.3 GewO zu verantworten.

In der Begründung dazu wurde nach einer ausführlichen Darlegung der anzuwendenden Rechtslage ausgeführt, daß die einzelnen im Spruch bezeichneten Sachverhalte mit Anzeigen des Gendarmeriepostens Sattledt der Erstbehörde zur Kenntnis gebracht worden sind. Daraufhin gab die Erstbehörde den Gang des Ermittlungsverfahrens, insbesonders das Rechtfertigungsvorbringen des Beschuldigten, wieder, wonach es im Betrieb üblich sei, daß etwa um 3.45 Uhr über die Lautsprecheranlage verkündet werde, daß in kürze das Lokal geschlossen sei und die Gäste den Betrieb zu verlassen hätten. Der Discjockey würde die Lichtorgel ausschalten, das allgemeine Licht anschalten und die letzte Platte ankündigen. Alle Gäste würden dann von den Kellnern nochmals aufgefordert, das Lokal zu verlassen. Um 4.00 Uhr würde geschlossen sein. Es könne jedoch in der Folge nicht ausgeschlossen werden und ließe es sich auch nicht vermeiden, daß die Türe immer wieder aufgesperrt werden müsse, da das Reinigungspersonal Abfälle aus dem Lokal hinaustragen müsse. Es könne daher auch nicht ausgeschlossen werden, daß die erhebenden Gendarmeriebeamten einmal kurz nach dem Reinigungspersonal in das Lokal hineingekommen wären. Damit sei jedoch der Tatbestand des § 152 GewO nicht erfüllt. Vom 29.12.1994 bis 10.1.1995 sei der Beschuldigte im Ausland auf Urlaub gewesen und könnte innerhalb dieses Zeitraumes sicherlich keine Verwaltungsübertretung wissentlich geduldet haben.

Die Erstbehörde hätte weiters die erhebenden Beamten zeugenschaftlich einvernommen und hätten diese einerseits die Angaben in der Anzeige bestätigt und andererseits noch genauere Aussagen zu den einzelnen Tatvorwürfen vorgebracht. So hätten etwa die vor dem Lokal befragten Gäste nach dem Verlassen des Lokales angegeben, daß die Sperrstunde im Lokal nicht angekündigt worden sei; zu verschiedenen Tatzeiten war festgestellt worden, daß die Eingangstüre des Lokales nicht verschlossen war. Insgesamt wurden drei Gendarmeriebeamte zeugenschaftlich einvernommen und gaben alle an, daß Gäste zu bestimmten Zeiten, die alle nach 4.00 Uhr gelegen waren, erst das Lokal verlassen hätten.

In Würdigung der aufgenommenen Beweise kam die Erstbehörde zum Ergebnis, daß das Rechtfertigungsvorbringen des Beschuldigten widerlegt sei.

Zum Verschuldensgrad der "wissentlichen Duldung" führte sie aus, daß es leicht möglich wäre, die Verantwortung auf andere abzuwälzen bzw Unwissenheit vorzutäuschen und daß es gerade für den Geschäftsführer einer derartigen Betriebsanlage, die an so viele Auflagen und Vorschriften gebunden sei, doch ein schlechtes Bild darstelle, wenn er nicht wisse, was in diesem Betrieb vorgehe.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung (nicht datiert), mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung dazu führte der Bw unter Hinweis auf die Bestimmung des § 5 StGB, wo die Wissentlichkeit definiert ist, aus, daß im Vordergrund die Wissenskomponente stehe und ein bloßes Wissen um die Tatbildverwirklichung nicht ausreiche, sondern Gewißheit erforderlich sei. In der Bestimmung des § 370 Abs.3 GewO werde ein wissentliches Dulden gefordert; diese wissentliche Duldung setze jedoch voraus, daß über die Handlung eines Dritten gewußt werde, da ansonst eine wissentliche Duldung nicht möglich sei. Im gegenständlichen Verfahren hätte er ausgeführt, daß er über die tatsächlichen Verstöße gegen die Sperrstundenverordnung nicht in Kenntnis gewesen sei bzw auf Urlaub gewesen sei. Erst durch die Einvernahme durch die Erstbehörde hätte er davon Kenntnis erlangt. Eine wissentliche Duldung konnte sohin nie gegeben sein. Die mangelnde Sorgfalt bezüglich der Auswahl des Beauftragten stelle Fahrlässigkeit, noch lange aber nicht Wissentlichkeit dar.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat für 11.3.1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt. An dieser Verhandlung nahmen neben dem Bw auch seine Rechtsvertreterin Mag. C L sowie Frau Mag. R als Vertreterin der Erstbehörde teil. Herr G O wurde als Zeuge befragt. Der gleichfalls geladene Zeuge M H war nicht erschienen; seine Ladung war mit dem Vermerk 'unbekannt verzogen' zurückgestellt worden.

3.2. Mit den Tatvorwürfen konfrontiert gab der Bw an, in der fraglichen Zeit von Oktober 1994 bis Jänner 1995 beinahe täglich in der Diskothek "N" anwesend gewesen zu sein, die jedoch nur an Freitagen, Samstagen und Sonntagen geöffnet habe. Er sei aber nicht immer bis zur Sperrstunde dort gewesen. Zum gewerberechtlichen Geschäftsführer Mario Hübel befragt gab der Bw an, daß Herr Hübel zwar in der fraglichen Zeit gewerberechtlicher Geschäftsführer gewesen sei, daß sich aber hauptsächlich der Kellner G O um den Betrieb und die Einhaltung der Sperrstunde gekümmert hätte. Herr H hätte angenommen, daß die Sache ohnedies in Ordnung gehe.

Der Bw gab weiters an, sein Personal immer wieder angewiesen zu haben, daß zwischen dreiviertel vier und zehn vor vier Uhr die Musik ausgeschaltet, das Licht eingeschaltet werde und nichts mehr ausgeschenkt werden dürfe. Wenn dann aber um 4.00 Uhr noch Gäste im Lokal anwesend sind, so könne er diese nicht "hinausprügeln". Man müsse sich die Situation vorstellen, daß dann, wenn um 4.00 Uhr früh noch 300 Personen im Lokal anwesend sind, die zum Teil schon alkoholisiert wären, diese nicht so ohne weiteres das Lokal verlassen würden.

Auf Grund der bereits gegen ihn durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung der Sperrzeitenverordnung habe er Herrn H und Herrn O immer mündlich angewiesen, um zehn vor vier Uhr die Musik abzustellen und um 4.00 Uhr die Gäste aus dem Lokal zu weisen. Über Vorhalt der festgestellten Sperrzeitenüberschreitungen zum Teil bis 5.45 Uhr gab er an, daß nach dem Eintritt der Sperrstunde das Personal das Lokal reinige und er oder Herr O die Abrechnung durchführe, was etwa eineinhalb Stunden dauere. Wenn zu dieser Zeit noch Leute im Lokal anwesend gewesen wären, so hätte es sich dabei um Freunde des Bedienungspersonals gehandelt, die man nicht im Freien warten lassen wollte.

3.3. Der Zeuge G O gab an, daß er von Herrn K den Auftrag hätte, für Ordnung und für die Einhaltung der Sperrstunde zu sorgen. Es sei seine Aufgabe dafür zu sorgen, daß ca. zehn bis fünf Minuten vor vier Uhr die Musikanlage abgeschaltet werde, die Gäste austrinken und das Lokal verlassen. Es sei jedoch immer wieder vorgekommen, daß um 4.00 Uhr das Lokal noch nicht leer war, weil die Gäste noch austranken, das WC besuchten und ihre Jacken von der Garderobe holten. Der Zeuge räumte weiters ein, daß die Discjockeys an sich den Auftrag hätten, zehn bis fünf Minuten vor vier Uhr die Musikanlage abzuschalten, doch würden diese teilweise dem Auftrag nicht nachkommen, insbesonders dann, wenn es sich um ausländische Discjockeys handelt, wie dies etwa am 2.1.1995 der Fall war. Er hätte zwar die technische Möglichkeit, den Strom der Musikanlage abzuschalten, doch befürchte er dann, von den Gästen attackiert zu werden. Der Zeuge sagte weiters aus, daß er Herrn M H zwar kenne, daß er diesen jedoch nicht als Chef ansehe und mit ihm auch noch nie über die Einhaltung der Sperrstunde gesprochen habe. Anweisungen bezüglich der Einhaltung der Sperrstunde hätte er ausschließlich von Herrn K bekommen.

Auf die Frage, ob schon überlegt worden sei, das Abschalten der Musikanlage auf einen früheren Zeitpunkt, etwa 3.30 Uhr vorzuverlegen, gab der Zeuge an, daß er und Herr K diese Variante schon überlegt hätten und früher anfangen wollten, doch hätte sich das in der Praxis nicht bewährt, weil die Leute immer erst gegen 23.00 Uhr bis 24.00 Uhr gekommen wären und dann einfach noch bleiben wollten.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß᧠51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. § 152 Abs.1 GewO bestimmt, daß der Landeshauptmann den Zeitpunkt, zu dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen ... durch Verordnung festzulegen hat.

Dementsprechend hat der O.ö. Landeshauptmann die Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl. 73/1977 erlassen, die mit der Verordnung LGBl.Nr. 19/1993 geändert wurde und für die Betriebsart "Bar, Diskothek" eine Sperrstunde von 4.00 Uhr vorsieht.

§152 Abs.3 GewO bestimmt, daß der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den nach Abs.1 festgelegten Sperr- und Aufsperrzeiten geschlossen zu halten hat. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Der Gastgewerbetreibende hat die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

§368 GewO bestimmt, daß eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, begeht, wer 9. die Bestimmungen des § 152 oder der auf Grund des § 152 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält.

4.3. Aus dem von der Erstbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahren, aber auch aus der im Berufungsverfahren eingeholten Zeugenaussage des G O sowie dem eigenen Vorbringen des Bw steht fest, daß im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zumindest an den angezeigten und im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfenen Tagen nach 4.00 Uhr früh noch Gäste im Lokal anwesend waren und das Lokal (noch) nicht geschlossen war. Der Bw hatte selbst angegeben, daß er die Gäste, die um 4.00 Uhr früh noch im Lokal anwesend sind, zum Teil alkoholisiert sind und noch nicht heimgehen wollen, nicht einfach aus dem Lokal "prügeln" könne. Auch der Zeuge Oberreither hatte angegeben, machtlos zu sein, wenn der Discjockey, insbesonders, wenn es sich dabei um Ausländer handelt, die Musikanlage nicht abschaltet. Er selber traue sich nicht die Stromzufuhr zur Musikanlage abzuschalten, da er körperliche Angriffe der Gäste befürchte.

Es ist daher davon auszugehen, daß an den angeführten Tagen nach der festgelegten Sperrstunde um 4.00 Uhr früh die Diskothek "Nova" nicht geschlossen war und daß sich in den Räumlichkeiten noch Gäste aufhielten. Das Ausmaß der Sperrstundenüberschreitungen wurde vom Bw an sich nicht bestritten, sondern damit zu erklären versucht, daß es sich hiebei um "Freunde des Bedienungspersonals" gehandelt hätte, die man nicht im Freien warten lassen wollte.

Das von der Erstbehörde durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß es sich bei den das Lokal verlassenden Personen nicht um "Freunde des Bedienungspersonals", sondern um echte Gäste gehandelt hat, die auch nicht auf das Bedienungspersonal gewartet haben, sondern gleich weggefahren sind.

Damit ist aber der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.

4.4. Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der K G Er hat zur Ausübung des Gewerbes einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt. Dies hat zur Folge, daß Geldstrafen gegen diesen zu verhängen sind (§ 370 Abs.2 GewO).

Nach § 370 Abs.3 GewO ist jedoch der Gewerbetreibende neben dem Geschäftsführer strafbar, wenn er die Verwaltungsübertretung wissentlich duldet, oder wenn er bei der Auswahl des Geschäftsführers es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen.

Die Erstbehörde hat dem Bw vorgeworfen, daß er die Verwaltungsübertretung wissentlich geduldet hat. Es kann daher im vorliegenden Berufungsverfahren nur mehr geprüft werden, ob dieser Vorwurf zutrifft. Die zweite Alternative, daß es der Bw bei der Auswahl des Geschäftsführers etwa an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen, kann im Berufungsverfahren nicht geprüft werden, weil dies von der Erstbehörde im Spruch nicht vorgeworfen wurde; die Erwähnung dieses Umstandes in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses kann den Tatvorwurf nicht ersetzen.

Es ist daher zu untersuchen, ob der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung "wissentlich" begangen hat. Zur Wissentlichkeit ist vorauszuschicken, daß es sich hiebei um einen Grad des Verschuldens im Bereich des Vorsatzes handelt. Wie der Bw schon in seiner schriftlichen Berufung zutreffend ausgeführt hat, kommt es bei der Wissentlichkeit dem Täter nicht darauf an, das betreffende Tatbildmerkmal zu verwirklichen, aber er weiß, daß der verpönte Erfolg sicher mit seiner Handlung verbunden ist (siehe hiezu Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 756).

Aus den eigenen Angaben des Bw anläßlich der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sowie aus der Zeugenaussage seines Kellners G O geht hervor, daß der Bw hinsichtlich der Sperrstunde die Anweisung gegeben hat, daß jeweils um etwa zehn bis fünf Minuten vor vier Uhr die Musikanlage ausgeschaltet und das Licht eingeschaltet werden muß; das Bedienungspersonal war angewiesen, ab diesem Zeitpunkt auch nichts mehr auszuschenken. Dabei war es dem Bw sehr wohl bewußt (und entspricht dies auch der allgemeinen praktischen Lebenserfahrung), daß die Gäste, denen bis zu diesem Zeitpunkt noch Getränke serviert worden sind, diese nicht in einem Zug hinunterstürzen, um dann um 04.00 Uhr bereits das Lokal verlassen zu haben. Dem Bw war bekannt, daß Personen in solchen Situationen eben nicht gleich das Lokal verlassen, sondern nach Abschalten der Musik noch gewisse Zeit am Platz verbleiben und auch dann nicht fluchtartig das Lokal verlassen. Dies insbesonders im Hinblick auf die zuvor gehörte anregende Discomusik sowie auch im Hinblick auf den genossenen Alkohol.

Wenn der Zeuge O angibt, daß er mit dem Bw auch schon die Möglichkeit erörtert hätte, bereits um 03.30 Uhr die Musikanlage abzuschalten, damit die Gäste zeitgerecht das Lokal verlassen, daß dieser Plan jedoch deshalb fallengelassen worden sei, weil die Gäste nicht früher in das Lokal kommen als gegen 23.00 Uhr bis 24.00 Uhr und dann eben bis 04.00 Uhr bleiben wollten, so zeigt sich, daß es dem Bw sehr wohl bewußt war, daß ein rechtzeitiges Verlassen des Lokales durch seine Gäste nur dadurch erreicht werden könnte, wenn er die Musikanlage entsprechend früher abschaltet. Dies hat der Bw jedoch unterlassen, obwohl ihm bewußt war, daß dies zu einer Verletzung der Sperrstundenvorschrift führen wird.

Das bedeutet, daß der Bw nicht unmittelbar bezweckte, die Vorschriften über die Einhaltung der Sperrstunde zu verletzen, sondern vielmehr kam es ihm darauf an, sein Lokal für die Gäste attraktiv zu gestalten und entsprechend lange Musik darzubieten, wobei er es bewußt in Kauf nahm, daß dabei eben die Sperrstunde nicht eingehalten wird.

Es fehlten auch entsprechende organisatorische oder technische Maßnahmen, durch die gewährleistet worden wäre, daß tatsächlich die Sperrstunde eingehalten wird. Der Zeuge O sagte selbst aus, daß es insbesonders bei Gastauftritten ausländischer Discjockeys immer wieder vorgekommen sei, daßádiese auf die Aufforderung, die Musikanlage abzuschalten, einfach nicht reagiert hätten.

Es ist daher dem Bw anzulasten, daß er, obwohl er von den immer wieder vorkommenden Sperrstundenüberschreitungen gewußt hatte, keine entsprechenden Gegenmaßnahmen gesetzt zu haben, sondern vielmehr das Ende der Musikdarbietung durch Anweisung an die Mitarbeiter so festgesetzt hat, daß die Einhaltung der Sperrstunde unmöglich war. Es ist daher zwingend davon auszugehen, daß dem Bw die Verschuldensform der Wissentlichkeit anzulasten ist, zumal er sich - nach eigener Darstellung und nach Aussage des Zeugen Oberreither - in der vorgeworfenen Tatzeit ständig selbst um den Betrieb dieser Discothek gekümmert hat und dies nicht seinem gewerberechtlichen Geschäftsführer M H überlassen hat.

4.5. Der Tatvorwurf war jedoch zu korrigieren und die angelasteten Verwaltungsübertretungen zu einem einzigen - fortgesetzten - Delikt zusammenzufassen. Dafür sprechen folgende Überlegungen:

Aus der Judikatur zu § 22 VStG entwickelte sich das Modell des fortgesetzten Deliktes. Darunter ist eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen zu verstehen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit zusammentreten (siehe Hauer-Leukauf, aaO, Seite 866).

Genau diese Voraussetzungen sind jedoch im vorliegenden Fall erfüllt, weil alle sieben vorgeworfenen Tathandlungen von einem Gesamtvorsatz (in Form der Wissentlichkeit: siehe die Ausführungen unter 4.4.) getragen sind und in ihrer gesetzwidrigen Auswirkung, nämlich der Überschreitung der Sperrstunde, gleichartig sind. Auch die Begehungsform ist gleichartig, wenngleich die Dauer der Sperrstundenüberschreitungen variiert (was aber für die Erfüllung des Tatbildes nicht mehr relevant ist). Schließlich ist auch ein zeitlicher Zusammenhang erkennbar, wobei zu beachten ist, daß das verfahrensgegenständliche Lokal nur an den Wochenenden (Freitag bis Sonntag) geöffnet ist.

Die Qualifizierung als fortgesetztes Delikt bedeutet, daßádie sieben Einzeltathandlungen zu einer einzigen Tat zusammengefaßt werden und dafür eine Gesamtstrafe festzusetzen ist.

4.6. Bei der Strafbemessung war mangels anderer Angaben des Bw von der Annahme der Erstbehörde, daß der Bw ein Monatseinkommen von ca 20.000 S hat, kein nennenswertes Vermögen besitzt, geschieden ist und Sorgepflicht für ein Kind hat, auszugehen.

In Anbetracht der großen Anzahl von immerhin sieben Einzeltathandlungen innerhalb des angelasteten Deliktszeitraumes war die Verhängung einer Strafe in nahezu der gesetzlich dafür vorgesehenen Höchststrafe von 15.000 S tat- und schuldangemessen iSd § 19 VStG. Dabei waren auch die einschlägigen Vorstrafen zu berücksichtigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen. Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe im Ergebnis herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungs gerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr.  B l e i e r

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