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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221384/5/Ga/La

Linz, 26.09.1996

VwSen-221384/5/Ga/La              Linz, am 26. September 1996 DVR.0690392                                                          

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Mag. A B, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J E und Dr. W H, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26. Juni 1996, GZ 100-1/16-33-32661, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Strafer kenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: AVG: § 66 Abs.4. VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1, § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Übertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § 127 Z4 GewO 1994 schuldig erkannt. Als Tat wurde ihm vorgeworfen, er habe "im Zeitraum vom März 1995 bis Juli 1995 Entwurfsarbeiten - die dem Baumeistergewerbe zuzuordnen sind - für ein Mehr familienhaus in Marchtrenk zu einem Gesamtpreis von S 247.600,-- selbständig, regelmäßig und in Ertragsabsicht durchgeführt, wie aus einer Honorarnote vom 19.10.1995 an Herrn W H, B, B, hervorgeht, die samt beiliegender Anzeige von der Wirtschaftskammer , Landesinnung Baugewerbe, übermittelt wurde, ohne daß"   er eine entsprechende Gewerbeberechtigung für das bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe der Baumeister gem. § 127 Z. 4 GewO 1994 besitze, die für diese Arbeiten jedoch erforderlich sei.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung sei über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) kostenpflichtig zu verhängen gewesen.

2. Schon aus der Aktenlage - die belangte Behörde hat die bei ihr am 23. Juli 1996 eingelangte Berufung gegen dieses Straferkenntnis am 10. September 1996 vorgelegt, den Strafverfahrensakt angeschlossen und zugleich eine Gegen äußerung erstattet - war ersichtlich, daß das in vollem Umfang angefochtene Straferkenntnis ohne mündliche Verhand lung aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen ist.

3.1.1.  Die Tat in der Fassung des Schuldspruchs ist zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses bereits verjährt gewesen. Nach der gesamten Aktenlage ist der Schuldspruch dahin zu verstehen, daß gegen den Berufungswerber der Vorwurf der unbefugten Gewerbeausübung erhoben werden sollte. Bei dieser Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein fortgesetztes Delikt. Die Verjährungsfrist ist von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist. Vorliegend ist für die inkriminierte Tätigkeit als Tatzeit der Zeitraum "vom März 1995 bis Juli 1995" vorgeworfen. Dabei ist das Tatzeitende mit der Wendung "bis Juli 1995"  datumsmäßig nicht exakt bezeichnet. Die Ausle gung der Wortbedeutung unter Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch führt zum Ergebnis, daß damit jener Zeitpunkt angegeben werden sollte, zu dem der Monat Juni 1995 geendet und der Monat Juli 1995 begonnen hat, dh "bis Juli" ist hier als "bis zum Juli" zu interpretieren. Tatzeitende war somit spätestens der Ablauf des 30. Juni 1995. Innerhalb der folgedessen ab 1. Juli 1995 laufenden sechsmonatigen Ver jährungsfrist hat die belangte Behörde nach Ausweis des Verfahrensaktes keine die Verjährung unterbrechende Maßnahme gesetzt. Die erste Verfolgungshandlung in diesem Fall, das ist die mit 4. Jänner 1996 datierte und mit insoweit identischem Wortlaut versehene 'Aufforderung zur Rechtfer tigung', wurde erst am 19. Jänner 1996 - und somit nach Ablauf der Verjährungsfrist - hinausgegeben.

Anhaltspunkte dafür, daß mit der spruchmäßigen Wendung "bis Juli 1995" - entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch - auch noch Tatzeiten des ganzen Juli 1995 erfaßt sein sollten, ergeben sich nach der Aktenlage nicht. Insbesondere könnte eine solche (Fehl-)Deutung auch nicht auf die im Spruch zitierte und im Strafakt in Kopie einliegende Honorar note des Berufungswerbers vom 19. Oktober 1995 samt den dieser Rechnungslegung angeschlossenen Entwurfsskizzen im Maßstab 1:100, die sämtliche mit Datumsvermerken aus dem April 1995 versehen sind, gestützt werden.

3.1.2.  Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenäußerung die Meinung vertritt, der "Durchführungszeitraum" sei "März bis einschließlich Juli 1995" gewesen, übersieht sie, daßásie damit im nachhinein die Tatzeit des Schuldspruchs willkürlich, und somit rechtswidrig, ausdehnt. Mit dem weite ren Hinweis in ihrer Gegenäußerung, wonach die Honorarnote erst am 29. Oktober 1995 erstellt worden sei, gewinnt die belangte Behörde für ihren Standpunkt nichts.

3.1.3.  Das angefochtene Straferkenntnis hätte daher wegen Verjährung schon nicht mehr erlassen werden dürfen, sodaß wie im Spruch zu erkennen war.

3.2.  Unbeschadet der Verfolgungsverjährung leidet der angefochtene Schuldspruch auch noch an solchen Bestimmt heitsmängeln, die bewirken, daß der unabhängige Verwaltungs senat im Grunde des § 44a Z1 VStG und der hiezu ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gleichfalls ohne weiteres auf Aufhebung und Verfahrenseinstellung zu erkennen hätte:

- Der Schuldspruch enthält keine Tatortangabe. Mit ihren Ausführungen in der Gegenäußerung (die im Ergebnis darauf hinauslaufen, daß die Identifizierung eines bestimmten Tatortes - und somit die Festlegung von Anknüpfungskriterien für die örtliche Zuständigkeit - in diesem Fall praktisch nicht möglich sei) verkennt die belangte Behörde, daß sie den Vorwurf der unbefugten Gewerbeausübung einzig und allein auf die vom Berufungswerber an einen namentlich genannten Auftragnehmer gelegte Honorarnote vom 19. Oktober 1995 als maßgebenden Sachverhalt stützt. In dieser Honorarnote ist ein konkreter Standort des Planungsbüros des Berufungswerbers angeführt. Darauf wäre als Ort der Rechnungslegung im eigenen Namen und somit als Tatort (vgl. VwGH 22.2.1995, 93/04/0047) abzustellen gewesen, zumal das Faktum der Honorarnote im strafbehördlichen Ermittlungsverfahren nicht bestritten worden ist.

- Schon im Hinblick auf das ausdrückliche Vorbringen des Berufungswerbers in seiner Rechtfertigung vom 29. Jänner 1996 und das Ergebnis der hiezu angehörten Landesinnung Oberösterreich der Baugewerbe hätte der Schuldspruch im Grunde der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs.1 Z10 GewO 1994 die Tatanlastung mit dem wesent lichen Hinweis ergänzen müssen, daß der Berufungs werber auch über keine Befugnis als Architekt iS des in der zit Ausnahmebestimmung verwiesenen Ziviltechni kergesetzes besitzt, weil nur unter dieser Voraus setzung die inkriminierte Planungsarbeit gewerbeberech tigungspflichtig ist. Die - zutreffende - Ausführung bloß in der Bescheidbegründung genügt diesfalls nicht.

4. Mit dieser Entscheidung entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht aufzuer legen).

5. Die belangte Behörde gab in ihrer Gegenäußerung auch an, daß nicht beabsichtigt sei, eine BerufungsVORentschei dung zu erlassen. Gerade aber die Kompetenz zur Berufungsvorentscheidung hat der Verfahrensgesetzgeber den (erstinstanzlichen) Straf behörden deswegen anvertraut, um Straferkenntnisse, deren Fehlerhaftigkeit nach Erhebung einer Berufung evident geworden ist, mit geringem Aufwand zugunsten des Berufungs werbers zu ändern oder überhaupt aus der Rechtsordnung zu beseitigen. Daß dabei die Erlassung einer Berufungsvor entscheidung in das Ermessen der Strafbehörde gestellt ist, bedeutet jedoch nicht, daß für das Abwägen im Ermessensfall der Grundsatz der Verfahrensökonomie iSd § 39 Abs.2 letzter Satz AVG (§ 24 VStG) unbeachtlich geworden wäre. Vorliegend wäre mit der Aufhebung des Straferkenntnisses schon durch Berufungsvorentscheidung die für den Steuerzahler billigere Vorgangsweise zu wählen gewesen. Einen plausiblen Grund nämlich, diesen Weg dennoch nicht zu beschreiten, kann der unabhängige Verwaltungssenat der Aktenlage nicht entnehmen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungs gerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Gallnbrunner

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