Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221390/27/Gu/Mm

Linz, 16.01.1997

VwSen-221390/27/Gu/Mm Linz, am 16. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des K. P., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E. W.

gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S. vom 21.8.1996, Zl. Ge.., wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 nach der am 22.11.1996 und am 17.12.1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG, eingestellt.

Der Rechtsmittelwerber hat für das Berufungsverfahren keine Kostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 7, § 44a Z1, § 66 Abs.1 VStG; § 2 Abs.4 Z1 GewO 1994 Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft S. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, er habe, wie anläßlich einer Erhebung des Berufsdetektives G.

B. am 11.2.1995 vormittags in seinem Landwirtschaftsbetrieb in W., festgestellt worden sei, eine sogenannte Bauernwurst sowie Leber- bzw. Fleischkäse, für deren Herstellung ein Kutter verwendet werden muß, erzeugt und zum Verkauf angeboten, ohne hiefür eine Gewerbeberechtigung für das Fleischergewerbe besessen zu haben.

Laut Feststellungsbescheid des Amtes der o.ö. Landesregierung vom 11.10.1995, Ge.., unterliege die Erzeugung von Leberkäse und Hauswürsten mittels Kutter der Gewerbeordnung.

Diese Produkte würden in der Regel von Landwirten nicht auf den Markt gebracht. Er habe deshalb § 366 Abs.1 Z1 iVm § 95 Z61 iVm § 2 Abs.4 Z1 GewO 1994 verletzt. Deswegen wurde ihm in Anwendung des § 366 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

2. Der rechtsfreundliche Vertreter des Beschuldigten macht in seiner dagegen erhobenen Berufung geltend, daß das angefochtene Straferkenntnis unter Bezugnahme auf einen Feststellungsbescheid des Landeshauptmannes Widersprüchlichkeiten in der Bescheidzitierung aufweise.

Fest stehe jedenfalls, daß der Feststellungsbescheid des Landeshauptmannes vom 13.2.1995, Ge.., nicht rechtskräftig sei, da dieser sowohl von seiten der OÖ. Wirtschaftskammer als auch von seiten der OÖ. Landwirtschaftskammer angefochten worden sei und eine endgültige Entscheidung noch nicht vorliege.

Die von ihm erzeugte Bauernwurst sowie Leber- bzw. Fleischkäse, falle sehr wohl unter die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs.4 Z1 GewO 1994.

Unstrittig sei, daß diese Ausnahmebestimmung keinen starren Inhalt aufweise, sondern einer dynamischen Entwicklung unterliege. In den letzten Jahren sei es immer mehr in Übung gekommen, daß für die Verarbeitung der eigenen Naturprodukte auch modernere Arbeitsmittel verwendet werden, da sich auch Landwirte der ständigen Rationalisierung und Mechanisierung nicht entziehen könnten. So sei es durchaus seit längerer Zeit üblich, für das Zerschneiden von Fleisch einen Kutter zu verwenden. Die so erzielten Erzeugnisse würden dann von den Landwirten in verschiedenster Form auf den Markt gebracht, sei es durch Ab-Hof-Verkäufe oder auf verschiedenen Bauernmärkten.

Allein schon der Name "Bauernwurst" spreche dafür, daß es sich bei dieser Wurst um ein von Bauern produziertes und vertriebenes Produkt handle. Gleichfalls werde von Landwirten seit längerer Zeit auch verbreitet Fleischkäse auf den Markt gebracht. Im übrigen sei der Spruch der Straferkenntnisse nicht eindeutig, da er von "Leber- bzw. Fleischkäse" spreche.

Aus dem angefochtenen Bescheid gehe auch eine Tatzeit nicht eindeutig hervor, da im Spruch lediglich festgehalten werde "wie anläßlich einer Erhebung des Berufsdetektiven G. B. am 11.12. vormittag ... festgestellt wurde".

In der Begründung bei der Strafbemessung werde jedoch davon gesprochen, daß die unbefugte Herstellung von Würsten und Leber- bzw. Fleischkäse mittels Kutter "über einen längeren Zeitraum hinweg" ausgeübt worden sei. Eine Präzisierung dieses Zeitraumes finde sich weder im Spruch noch in der Begründung des Bescheides.

Aus diesen Gründen sei der gegenständliche Bescheid sowohl im Hinblick auf die als erwiesen angenommene Tat als auch auf die verhängte Strafe rechtswidrig. Aus all diesen Gründen beantragt der Rechtsmittelwerber das Verfahren gegen ihn einzustellen.

3. Aufgrund der Berufung wurde am 22. November 1996 die öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, am 17.

Dezember 1996 eine weitere Beweisaufnahme durchgeführt und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung des rechtlichen Gehörs geboten.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden als Zeugen vernommen:

G. B., Privatdetektiv, seinerzeit eingeschritten im Auftrag der OÖ. Wirtschaftskammer; J. B., anwesende Fremdperson zum Kontrollzeitpunkt; OAR H. S., Marktaufsichtsorgan der Stadt S.; OAR F. S., Lebensmittelkontrollorgan der Bezirkshauptmannschaft S. und Bürgermeister von G.; R. M., Beamter der Marktpolizei im Aufsichtsbereich für die Märkte der Landeshauptstadt Linz; Dipl. Ing. F. H., Landwirtschaftskammer OÖ., als fachkundiges Organ für die Kostenrechnung und betriebswirtschaftliche Fragen auf dem Gebiet der Landwirtschaft und M. J., Referentin für die Direktvermarktung von landwirtschaftlichen Produkten der OÖ.

Landwirtschaftskammer.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden zur Erörterung gestellt: eine Aufstellung über Kosten, Erlöse und Arbeitszeitaufwand bei der Stier- und Schweineproduktion (Mästung) des Dipl. Ing. F. H.; eine Aufstellung der auf den Linzer Märkten derzeit von landwirtschaftlichen Produzenten angebotenen Wurstsorten, datiert vom 5.12.1996 und überreicht in der mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 1996.

Ergänzend wurde C. P. über die Investitionskosten für die Räume und Geräte der Weiterverarbeitung befragt.

4.1. Anhand dieser Beweismittel und aufgrund der Vernehmung des Beschuldigten ergibt sich - sofern die Präsenzform aufscheint, immer auf die Tatzeit bezogen - folgender Sachverhalt:

Der Beschuldigte ist gemeinsam mit seiner Gattin M. P.

Miteigentümer des landwirtschaftlichen Anwesens in W. Am Hofe leben noch die Söhne C. und T. Der Sohn C. ist des Fleischerhandwerkes kundig und im Schlachthof L. für ein dort auftretendes holländisches Unternehmen im Rahmen eines Werkvertrages tätig. Der Beschuldigte war seit über 20 Jahren unselbständig tätig und stand bei verschiedensten Firmen im Raume S. wie z.B. in der Ziegelbrennerei W., bei der Lagerhausgenossenschaft und den B.-Werken in S. in Arbeit. Zuletzt bezog er vier Jahre lang die Langzeitarbeitslose und bekam rückwirkend per 1. Juni 1996 die Invaliditätspension bewilligt. Seit mehr als 20 Jahren ist die Gattin des Beschuldigten die landwirtschaftliche Betriebsführerin am vorgenannten landwirtschaftlichen Anwesen.

Im Rahmen dieser Landwirtschaft werden das Jahr über ca. 30 Stück Mastrinder aller Altersstufen gehalten. Hievon werden jährlich ca. 20 Stück geschlachtet und der Selbstvermarktung zugeführt.

Der Bestand an Schweinen beträgt durchschnittlich kontinuierlich ca. 12-14 Stück. Infolge der kurzen Mastzeit werden durchschnittlich 30 Schweine jährlich geschlachtet.

Am landwirtschaftlichen Anwesen wird eine Milchkuh für den Eigenbedarf gehalten.

Der Beschuldigte hat dargetan, daß am Hofe W., sämtliche Maststiere und Mastschweine weiterverarbeitet werden, indem sie geschlachtet, zerlegt und teils als Frischfleisch und teils als Wurstwaren verkauft werden.

4.2. Die nach der Urproduktion erfolgende Be- und Verarbeitung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Betrieb der Landwirtschaft auf dem Gebiet der Tierproduktion und zwar räumlich und zeitlich und ist organisatorisch mit dem Betrieb der Landwirtschaft verbunden. Trotz der Bearbeitung des Urproduktes blieb das Erscheinungsbild einer Landwirtschaft gewahrt. Die Produkte werden nur durch Ab-Hof-Verkauf vertrieben und zwar in der Form, daß anläßlich der zuvor beschriebenen Schlachtperioden Rundschreiben im örtlichen Umkreis und an bekannte Abnehmer bzw. Kunden versandt werden bzw. diese verständigt werden, daß Frischfleisch zu haben ist. Bauernwürste werden als Halbdauerware über Nachfrage kontinuierlich verkauft.

Der Verkauf von Fleischkäse bzw. Bratwürstel oder Brühwürsten über die Schlachtperiode hinaus, ist im Verfahren nicht nachgewiesen worden; ebenfalls nicht ein Zukauf von maßgeblichen Fleischanteilen etwa durch den Sohn des Beschuldigten am L. Schlachthof. Ein solcher Zukauf würde die Bewertung der Urproduktion wesentlich verändern.

4.3. Der Zukauf von Gewürzen und Därmen sowie von feingehacktem Eis für die Wurstproduktion, steht in einem untergeordneten Verhältnis sowohl zur Urproduktion als auch bei der Bewertung des bearbeiteten Fertigproduktes.

Festzuhalten gilt, daß die maßgeblichen Feststellungen aufgrund einer einzigen stichprobenartigen Erhebung nicht getroffen werden können, sondern einen längeren Beobachtungszeitraum oder, wie im gegenständlichen Fall, die Kooperationsbereitschaft des Beschuldigten, dem es um die Prüfung der Rechtmäßigkeit für eine kontinuierliche Tätigkeit ging, erfordern. Hervorzuheben ist insbesonders, daß bei der Prüfung der nebengewerblichen Tätigkeit jeder Einzelfall im Detail zu dokumentieren ist (vergl. das VwGH-Erkenntnis vom 26.2.1991, Zl. 90/04/0147).

4.4. Festgestellt wird, daß am Hofe W., für die Bearbeitung des Naturproduktes (der gemästeten Schweine und Rinder) ein Schlachtraum eingerichtet wurde, zur Wursterzeugung ein Kutter, ein Fleisch-Wolf, eine Wurstfüllmaschine, ein Leberkäsofen und ein Brühkessel angeschafft wurden und Verwendung finden, eine Selche und ein Kühlraum vorhanden sind und auch verwendet werden sowie das übliche Fleischerhandwerkzeug Verwendung findet.

4.5. Bezüglich der Rindermast und Verwertung vollzieht sich die Sache so, daß Kälber mit einem Gewicht von rund 100 kg zu einem Durchschnittspreis von 4.000 S gekauft werden. Die Stiere werden in einem Laufstall gehalten, mit Silomais gefüttert und bis zu einem Gewicht von 600-700 kg gemästet.

Die Investitionskosten für einen einfachen Laufstall für Rinder, wie er am gegenständlichen Hof besteht, betragen pro Einstellplatz zwischen 10.000 S und 20.000 S. Unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen bäuerlichen Rechnung wird der Abschreibungszeitraum mit 20-25 Jahren berechnet, sodaß jährlich pro Rind für den Stallhochbau bei einem Durchschnittswert eine AfA von 500-600 S anzusetzen ist. Im Rahmen der für die Erlangung des vorerwähnten Gewichtes von 600-700 kg erforderlichen Mastdauer von rund 18 Monaten sind für die Mästung eines Stieres 40-50 Arbeitsstunden zu veranschlagen, welche insbesondere auf die Futtereingabe und die Entmistung entfallen. An Futterkosten sind pro Stier für die Erlangung des vorerwähnten Gewichtes ca. 4.000 bis 5.000 S zu veranschlagen. Für sonstige variable Kosten, wie für Tierarzt, Energie sind 200 S, für die Stallmistausbringung 100 S pro Stück anzusetzen.

Hingegen sind bei der Entmistung als Erlös für den nährstoffreichen Dünger pro Stier rund 600 S auf der Aktivseite gegenüberzustellen.

Der Lebendgewichtpreis für einen Maststier beträgt pro kg im guten Durchschnitt rund 22 S. Bei einem Maststier von 650 kg hätte sich somit ohne Ansatz des Düngers eine Einnahme von 14.300 S erzielen lassen.

Bei der Schlachtung verbleiben im Vergleich zum Lebendgewicht nur rund 55 Prozent an genießbaren bzw. zur Weiterverarbeitung bestimmten Substanzen. Das Schlachtgewicht eines vorbezeichneten Lebendstieres beträgt demnach schwankend zwischen ca. 330 bis 385 kg.

Ab Jänner 1996 bestand die Möglichkeit, für die Stierhaltung und Aufzucht bzw. die Mästung eine einmalige Prämie von 1.490 S zu erlangen.

Für das Schlachten eines Rindes ist eine Zeitdauer von 3-4 Stunden anzusetzen, wozu die Betäubung, der eigentliche Schlachtvorgang, das Entbluten und die Reinigung der Gerätschaft zählt.

Aufgrund der im landwirtschaftlichen Anwesen W., geschlachteten Stückzahlen an Rindern und Schweinen wurde es den Verantwortlichen gestattet, das Blut noch in die Jauchengrube zu leiten, wodurch sich die ansonsten erforderliche Entsorgung von Blut- und Blutfetten nach Regau kostenmäßig nicht zu Buche schlägt.

Nachdem der mit der Zerlegung betraute Sohn des Beschuldigten fachkundig ist, benötigt er für die Grobzerlegung rund zwei Stunden und für die Feinzerlegung (Zuschneidung der einzelnen Fleischsorten- und teile, Befreiung von Häuten und Sehnen) weniger als fünf Stunden.

Für das Wursten selbst, z.B. die Erzeugung von Hauswurst, ist ein geringerer Zeitanteil anzusetzen.

Daß für die Tätigkeiten des Sohnes ein Entgelt bezahlt worden ist, wurde im Verfahren nicht dargetan.

4.6. Beim Schwein verhalten sich die Parameter für die vergleichende Gegenüberstellung zwischen der Erzeugung des Naturproduktes und der Tätigkeit der Verarbeitung und Bearbeitung bezüglich des Ausmaßes der Wertschöpfung (der Höhe der Einnahmen unter Abzug der Kosten) und des Aufwandes an Arbeitszeit, gegebenenfalls an Arbeitskräften (vgl. hiezu ebenfalls das Erkenntnis des VwGH vom 26.2.1991, Z90/04/0147) wie folgt: Ferkel zur Mast werden mit einem Gewicht von rund 30 kg um einen Einstandspreis von 800 S bis 1.000 S erworben. Die Futterkosten bis zur Schlachtreife bei einem Gewicht von 110 bis 150 kg betragen zwischen 600 S und 700 S. Die sonstigen variablen Kosten (Tierarzt, Energie, etc.) sind pro Tier mit 60 S, die Stallmistausbringung mit 10 S zu veranschlagen. Die Investitionskosten pro Einstellplatz weisen je nach Qualität der Einrichtung und Automatisation eine große Bandbreite und zwar zwischen 3.000 S und 10.000 S auf, was eine Abschreibung bei der vorerwähnten Frist für bäuerliche Betriebe von schwankend zwischen 45 S bis 160 S pro Schwein beträgt. Nachdem kein hoher Automatisationsstand nachgewiesen ist, erscheint im gegenständlichen landwirtschaftlichen Anwesen eine AfA an der Untergrenze plausibel. Bei der Schlachtung eines Schweines (von 110 bis 150 kg Lebendgewicht) verbleibt an genießbaren bzw. verwertbaren Substanzen ein Schlachtgewicht zwischen 88 und 120 kg.

Im längerfristigen Beobachtungszeitraum schwankte der Kilopreis Lebendgewicht beim Schwein zwischen 17 S und 24 S, wobei der Rechtsmittelwerber glaubhaft darzutun vermochte, daß er im angelasteten Tatzeitraum zwischen 18 S und 19 S stand.

Ein Lebendschwein mit 130 kg Gewicht hätte somit bei günstiger Absatzlage eine Einnahme von 2.470 S gebracht.

Der Wert des Wirtschaftsdüngers, der bei der Kostenrechnung auf der Aktivseite anzusetzen ist, beträgt pro Schwein rund 60 S.

Angesichts der geringen Stückzahl der Schweine, die am gegenständlichen landwirtschaftlichen Anwesen gehalten werden, ist für die Urproduktion (die Mästung der erworbenen Ferkel) der Arbeitsaufwand bis zur Schlachtreife pro Stück verhältnismäßig hoch, mit etwas mehr als 3,2 Stunden anzusetzen.

Der Arbeitsaufwand für die Schlachtung und Zerlegung eines Schweines liegt jedenfalls unter den vorerwähnten Werten, wie sie beim Rind angeführt wurden.

4.7. Angesichts der marktüblichen Preise für die Einzelstücke der tierischen Urprodukte, in welchen die Aufwendungen Deckung finden mußten, waren die Einnahmen und Ausgaben der Weiterverarbeitung (der nebengewerblichen Tätigkeit) darzustellen, um anschließend einen Summenvergleich herzustellen.

Zurück zur Ausgangssituation:

4.7.1. Während eines Jahres wurden alle fünf bis sechs Wochen zwei Maststiere mit einem Gewicht von je 600 bis 700 kg geschlachtet. Davon gingen pro Schlachttag rund 100 kg Schlachtgewicht in Wurstwaren. Somit kam es zu rund zehn Schlachtungen. Bei einem Durchschnittsgewicht von erlöstem Stier-Frischfleisch samt Knochen von 350 kg, ergibt dies ein jährliches Gesamtgewicht von Stierfleisch samt Knochen von 7.000 kg. 6.000 kg hievon wurden als Frischfleisch verkauft.

1.000 kg gingen in Wurstwaren.

4.7.2. Über das Jahr wurden vom Blickwinkel der Schweinefleischproduktion und Vermarktung 30 Schweine geschlachtet. Nachdem je Schlachtung ein halbes Schwein in die Wurstwaren ging, ergab dies zehn Schweinehälften oder fünf Schweine. Bei einem Schlachtgewicht von rund 100 kg gingen somit 500 kg Schweinefleisch in Wurstwaren und 2.500 kg in Schweinefrischfleisch samt Knochen bzw. in Räucherware.

Der Rindfleischverkaufspreis betrug im Durchschnitt 65 S per kg. Beim Schwein wurde das Schnitzelfleisch um 59 S, die Stelze je nach Fleischanteil zwischen 25 S und 40 S per kg verkauft. Es kann von einem Durchschnittspreis von 45 S per kg Schweinefrischfleisch samt Knochen und der höherwertigen Räucherware (allerdings unter Berücksichtigung des Gewichtsverlustes) ausgegangen werden. Dies ergibt Gesamteinnahmen aus dem Schweinefleischverkauf von 112.500 S und beim Frischfleischverkauf aus der Stierverwertung, 390.000 S.

4.7.3. An Wurstwaren wurden erzeugt:

Schweinsbratwürste jährlich ca. 200 kg und zwar zu einem kg-Preis von 80 S. Der Ausstoß der Bauernwürste, welche um einen kg-Preis von ca. 100 S verkauft wurden, betrug rund 300 kg. An Krainerwürsten wurden im Jahr ca. 140 kg erzeugt.

Zur erzeugten Jahresmenge an Fleischkäse liegen keine Angaben vor.

Nachdem 1.000 kg vom Rind und 500 kg vom Schwein in die Wurstwaren gingen und somit 1.500 kg Fleisch verwurstet wurden, bei den Bauernwürsten Flüssigkeitsverluste bis zu 30 Prozent anzunehmen sind, bei den übrigen erzeugten Wurstwaren hingegen keine nennenswerten Gewichtsverluste eintreten, ergab die Jahresmenge etwa 1.400 kg an Wurstwaren.

Bei der Annahme eines Durchschnittskilopreises von 60 S ergibt dies einen Verkaufswert von Wurstwaren von rund 84.000 S.

4.7.4. Die Gesamteinnahmen aus Fleischverkauf und Wurstwarenverkauf betrugen somit rund 587.000 S per anno.

4.8. Auf der Ausgabenseite für die weiterführende (nebengewerbliche) Tätigkeit sind zu berücksichtigen: AfA von (mit viel Eigenleistung) eingebautem Kühlraum und Schlachtraum u.zw. laut Angabe von C. P. von 100.000 S verteilt auf 15 Jahre = 6.670 S per anno, ferner AfA für Maschinen und Geräte (wie gebraucht angeschafften Kutter, Füller, Fleischwolf, Leberkäsbratofen), mit einem Gebrauchtanschaffungswert von rund 70.000 S. Infolge nicht übermäßiger Beanspruchung ist ein Abschreibungszeitraum von 5 Jahren anzusetzen und ergibt somit einen jährlichen Absetz-Betrag von 20.700 S.

Die gesamte AfA für die Investitionen kann somit mit 27.400 S p.a. angesetzt werden.

4.9. Die variablen Kosten wie Beschaugebühren und sonstige Untersuchungskosten, Energiekosten und Reinigungsmaterial, errechnen sich bei einem Durchschnittswert von 10 Prozent des Verkaufserlöses der Wurstwaren mit 8.400 S und jene Kosten für zugekaufte Gewürze und Därme sowie andere nicht am Hof erzeugte Wurstinhaltsstoffe mit weiteren rund 10 Prozent, sohin ebenfalls mit 8.400 S.

Die Gesamtaufwendungen für die Fleisch- und Wurstproduktion können somit mit 44.200 S per anno angesetzt werden.

4.10. Dies ergibt in Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben einen Vermarktungserlös für alle weiterverarbeiteten Produkte (wobei keine Steuer zu berücksichtigen ist), von rund 543.000 S per anno.

4.11. Nachdem bei der Urproduktion der zu erzielende Preis pro durchschnittlichem Lebendgewicht eines Mastrindes mit 14.300 S anzunehmen war, ergab dies bei 20 herangereiften Maststieren jährliche Einnahmen von 286.000 S. Aus der Urproduktion der Schweinemast ist, wie unter Punkt 4.6. dargetan, pro Schwein durchschnittlich als Einnahme ein Näherungswert von rund 2.470 S anzusetzen. Dies ergibt anhand der Zahl von 30 Schweinen den Betrag von 64.100 S per anno.

Der Gesamtbetrag der aus der Urproduktion zu erlösenden Summen ergibt somit ohne Berücksichtigung der Aufwendungen den Betrag von 350.100 S p.a.

Die Aufwände (Einstandspreise, Futterkosten, variable Kosten, AfA-Stall, minus Dünger) für die Urproduktion der Schweine, beträgt anhand der Stückzahl (30) 22.500 S und jene für 20 schlachtreife Stiere 96.000 S per anno. Dies ergibt einen Gesamtaufwand von 118.500 S.

4.12. Nach Abzug dieses Aufwandes von den Aktiva der Urproduktion ergibt sich daher eine Wertschöpfung aus der tierischen Urproduktion (unter Ausschluß der ohnedies nicht kostendeckenden Michproduktion von einer Milchkuh) von 231.600 S p.a.

Diese Urproduktion diente als Dominante beim Wareneinsatz für die Weiterverarbeitung.

4.13. Setzt man diesen Wert der als Wareneinsatz erzeugten Urprodukte (Zukäufe von Gewürzen und Därmen sowie Eis, fielen praktisch kaum ins Gewicht) vom Gesamtvermarktungserlös ab (543.000 S minus 231.600 S), verbleibt als Wertschöpfung aus der Weiterverarbeitung der Betrag von 311.400 S.

Bei all diesen Ansätzen blieb der Wert der eigenen Arbeitsleistung unberücksichtigt.

Bringt man den Wert der aufgewendeten Arbeitsleistung bezüglich des Urproduktes und jenen für die Veredelung je mit fixen Stundensätzen in Abzug, wobei die in der Urproduktion steckende Arbeitsleistung aufgrund deren vorgelagerter Tätigkeit beim Veredelungsprodukt ebenfalls mitzuberücksichtigen ist, verändert sich die Wertschöpfung im gegenständlichen Fall zugunsten des Veredelungsproduktes, weil in der Urproduktion offensichtlich mehr - aber derzeit geringer abgegoltene - Arbeitsleistung steckt.

Im gegenständlichen Fall bringt es für die rechtliche Gesamtbeurteilung keine Änderung, wenn man jeweils die EU-Prämie von 1.490 S bei der Erfolgsrechnung zuschlägt.

5. Zum Themenkreis "Erzeugnisse, wie sie von Landwirten in der Regel auf den Markt gebracht werden", kurz gesagt zum Sortiment:

Prüfungsgegenstand laut Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, war die Erzeugung von Bauernwurst und Leberbzw. Fleischkäse (mittels Kutter, welcher Umstand allerdings bei der rechtlichen Würdigung zu erörtern sein wird). Bei Betrachtung der nächstliegenden Märkte ergibt sich nach Beobachtung der Marktorgane, daß in S. am Wochenmarkt die gewerblichen Fleischer dominieren und Frischfleisch sowie Wurstwaren, insbesonders Leberkäse, abgesehen von einer Ausnahme, von Bauern nicht angeboten werden. Dem Marktaufsichtsorgan war wie dem Lebensmittelaufsichtsorgan der BH S. jedoch geläufig, daß im S. Umland beim Ab-Hof-Verkauf neben Tiroler- und Krakauer Würsten auch Leberkäse angeboten wird.

Aufgrund der Beobachtung der L. Wochenmärkte steht fest, daß Bauernwürste seit jeher und Leberkäse seit etwa zwei Jahren - neben einem sonstigen hier nicht zu erörternden Sortiment - von bäuerlichen Selbstvermarktern regelmäßig angeboten werden. Eine größere Übersicht über die Selbstvermarktung in Oberösterreich, insbesonders ab Hof, besitzt die OÖ.

Landwirtschaftskammer. Sie fördert diese und hat zu diesem Zwecke als Informationsdrehscheibe die sogenannte "grüne Börse" eingerichtet, wo derzeit rund 800 landwirtschaftliche Betriebe erfaßt sind und von diesen wiederum 200-300 als Fleischdirektvermarkter auftreten. Die meisten der Letztgenannten erzeugen auch Wurstwaren.

Hiebei werden Bauernwürste praktisch von allen Fleischselbstvermarktern erzeugt.

Eine Grobsichtung der noch laufenden diesbezüglichen Sortiment-Erhebung durch die zuständige Referentin der Landwirtschaftskammer hat ergeben, daß etwa 20 Prozent der Fleischdirektvermarkter auch Leber- bzw. Fleischkäse erzeugen.

6. Bei der Würdigung der Beweise konnten die Aussagen, die von unbefangenen Organen getätigt wurden, wie der Marktaufsichtsorgane von S. und L. und jene vom Lebensmittelaufsichtsorgan aufgrund deren unbeteiligten Stellung vollends überzeugen. Auch die Ausführungen des fachkundigen Organes der OÖ. Landwirtschaftskammer zur Urproduktion bezüglich der landwirtschaftlich betriebswirtschaftlichen Rechnung und der hiebei zu beachtenden Wertermittlungsfaktoren, welche jeweils aufgrund des Marktes und eines aus Verläßlichkeitsgründen heranzuziehenden Beobachtungszeitraumes Bandbreiten aufwiesen, überzeugten. Hier ging der O.ö. Verwaltungssenat etwa von den Mittelwerten aus.

Bei der Mästung von Schweinen, die in relativ geringer Zahl gehalten wurden, mußte beim Arbeitsaufwand anhand der bekannten Rationalisierungseffekte bei größerer Stückzahl ein Arbeitsaufwand im obersten Bereich (anhand der überzeugenden Ausführungen des Fachkundigen) angenommen werden.

6.1. Was den Einsatz von Schweinefleisch zur Verwurstung anlangt, so erschienen die Mengenangaben des Beschuldigten relativ gering und mit dem allgemeinen Erfahrungsschatz nicht ganz übereinstimmend. Möglicherweise resultiert diese Divergenz auch durch eine Fehleinschätzung bei der Ausdrucksweise.

Da Entgegenstehendes nicht nachgewiesen werden konnte, blieb es bei den Angaben des Beschuldigten.

Bezüglich der Wertermittlung bei den Wurstwaren waren die Ausführungen der fachkundigen Vertreterin der OÖ. Landwirtschaftskammer für die Plausibilitätsprüfung nützlich. Da der Beschuldigte aber selbst konkrete Angaben über Verkaufserlöse machte, waren diese konkreten Angaben der Wertermittlung zugrundezulegen.

6.2. Ein wesentliches Moment für die günstige Wertschöpfung bei der Fleisch- und Wurstselbstvermarktung war nach den Angaben des Sohnes des Beschuldigten der Umstand, daß beim Einbau bzw. der Einrichtung des Schlacht- und des Kühlraumes viel Eigenleistung erbracht wurde und daß die Maschinen und Geräte zur Wurstwarenerzeugung aus günstigen Gebrauchtankäufen stammten.

Bei der Fristermittlung für die Abschreibung von Gebäudeteilen und Maschinen im gegenständlichen Fall, konnten als für den Beschuldigten günstige, wegen bloßer Einbauten und Anschaffung von Gebrauchtmaschinen, kurze Fristen angesetzt werden. Bei Neuerrichtungen von ganzen Gebäudekomplexen, sowie Neuankäufen von Maschinen, waren die Ausführungen der fachkundigen Vertreterin der OÖ. Landwirtschaftskammer plausibel. Da der Höhe nach konkrete Angaben vorlagen, waren diese im gegenständlichen Einzelfall ansatzbestimmend.

6.3. Bezüglich der Anzahl der zur Schlachtung geführten Maststiere bestehen bei den Angaben des Beschuldigten insofern Differenzen, als er einerseits angab, alle fünf bis sechs Wochen zwei Stiere geschlachtet zu haben, andererseits an anderer Stelle von einer Stückzahl der jährlich geschlachteten Maststiere von 12-14 sprach. Nachdem der Beschuldigte bei der Ersterhebung durch den Berufsdetektiv G.

B. am 11.2.1995 angab, alle fünf bis sechs Wochen einige Stiere zu schlachten, kam der O.ö. Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die Schlachtung von zwei Stieren in fünf bis sechs Wochen am nächsten bei der Wahrheit lag, wodurch bei etwa zehn Schlachtungen jährlich eine Stückzahl der Verwertung von 20 Stieren anzunehmen war.

7. Aufgrund der durch die Beweiswürdigung erläuterten vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen waren folgende allgemeine rechtliche Erwägungen zu treffen:

Gemäß § 1 Abs.1 GewO 1994 gilt dieses Bundesgesetz, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

Gemäß § 2 Abs.1 Z1 GewO 1994 ist dieses Bundesgesetz - unbeschadet weiterer Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die Land- und Forstwirtschaft nicht anzuwenden. Dasselbe gilt gemäß Z2 der zitierten gesetzlichen Bestimmungen für die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft.

Gemäß § 2 Abs.3 Z2 leg.cit. gehören zur Landwirtschaft das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse.

Gemäß § 2 Abs.4 Z1 GewO 1994 sind unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs.1 Z2) zu verstehen:

"Die Verarbeitung und Bearbeitung hauptsächlich des eigenen Naturproduktes bis zur Erzielung eines Erzeugnisses, wie es von Land- und Forstwirten in der Regel auf den Markt gebracht wird, soweit die Tätigkeit der Verarbeitung und Bearbeitung, gegenüber der Tätigkeit der Erzeugung der Naturprodukte jeweils innerhalb des pflanzlichen oder tierischen Produktionsbereiches wirtschaftlich untergeordnet bleibt; der Wert der allenfalls mitverarbeiteten Erzeugnisse muß gegenüber dem Wert des bearbeiteten oder verarbeiteten Naturproduktes untergeordnet sein".

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe (so auch das Fleischergewerbe) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 7 VStG ist der Anstiftung bzw. Beihilfe schuldig, wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert und unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

Gemäß § 44 a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellungen lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

7.1. Es war somit zu prüfen, ob es sich bei der vorgeworfenen Tätigkeit um ein Nebengewerbe der Landwirtschaft gehandelt hat.

Als maßgeblich war demnach zu prüfen, in welchem organisatorischen Zusammenhang die Stier- und Schweinemast zum Schlachten dieser Tiere und zum Verarbeiten in Wurstwaren stand (vorgeworfen war nur die Verarbeitung zu bestimmten Wurstwaren).

Es war der Umfang, bezogen auf den Zeitaufwand für eigene Arbeit, allenfalls der Einsatz von gesondert zu entlohnenden Arbeitskräften, in Bezug auf Urproduktion einerseits und die Tätigkeit die ansonsten als gewerblich betrachtet wird andererseits, gegenüberzustellen.

7.2. Ferner war bei der Verarbeitung und Bearbeitung auch zu prüfen inwieweit hauptsächlich das eigene Naturprodukt und im Vergleich dazu welche anderen Produkte eingesetzt wurden, wobei ein Vergleich der Wertschöpfung aus Urproduktion und aus der weiterverarbeitenden Tätigkeit - und zwar innerhalb des tierischen Produktionsbereiches - anzustellen war.

7.3. Neben der Prüfung der Kriterien für das wirtschaftlich Untergeordnetbleiben, waren die vorgeworfenen Produkte auf die Marktüblichkeit (bei Landwirten) zu prüfen. Hiebei war bei Anwendung der Prüfungsmaßstäbe - weil die erste Instanz darauf abgestellt hat - zunächst darauf einzugehen, ob die Verwendung des Kutters schlechthin den Ausschluß einer nebengewerblichen Tätigkeit bildete und daher in jedem Fall mangels Vorliegen einer Gewerbeberechtigung eine unbefugte Gewerbeausübung bedeutete.

7.4. Festzustellen ist in Anknüpfung an den Kommentar MacheKinscher GewO, 5. Aufl., Wien 1982, Fußnote 11 zu § 2 GewO 1973 (der im hiefür maßgeblichen Teil durch Novellen keine Änderung erfahren hat), welche die erläuternden Bemerkungen des Gesetzgebers wiedergibt, daß die Nebengewerbe der Landund Forstwirtschaft - wie schon ihr Name sagt - keineswegs Land- und Forstwirtschaft sind; sie sind vielmehr Gewerbe, die jedoch deswegen vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen werden, weil sie in einem derart innigen Zusammenhang mit der Land- und Forstwirtschaft stehen, daß sie sich für eine gewerberechtliche Regelung nicht eignen.

Die Ausnahmebestimmung bekräftigt einerseits die wirtschaftliche Unterordnung. Andererseits aber ist durch den Begriff Neben g e w e r b e zum Ausdruck gebracht, daß diese Tätigkeiten den Einsatz der spezifisch benötigten Geräte und des gewerblichen Erfahrungsschatzes erlaubt, wobei auch die technische Entwicklung am gewerblichen Sektor miterfaßt ist.

Diese Ansicht wird auch dadurch bestätigt, daß bei der an die Urproduktion anknüpfenden Nebengewerben der Gesetzgeber keine Einschränkung (etwa auf das alte Herkommen oder die am landwirtschaftlichen Betrieb gewöhnlich vorhandenen Geräte) getroffen hat.

Hingegen verweist die Ausnahmebestimmung über den Buschenschank (§ 2 Abs.9 GewO 1994) auf das (alte) Herkommen im Bundesland und bei den Dienstleistungen (§ 2 Abs.4 Z4 und 5 leg.cit.) auf die Einschränkung der Verwendung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsmittel bzw. hauptsächlich im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verwendete, der eigenen Leistungsfähigkeit entsprechende Fahrzeuge.

Somit ergibt auch der Umkehrschluß: Die Verwendung des Kutters ist nicht der Angelpunkt für eine etwa nur den befugten Gewerbetreibenden vorbehaltene Tätigkeit.

7.5. Auch das Erzeugnis (das veredelte Produkt) ist in der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs.4 Z1 GewO 1994 nicht versteinert. Der Gesetzgeber geht vom Tatsächlichen aus und läßt einer Entwicklung Raum (Fn 167 im vorzitierten Kommentar Mache-Kinscher).

Über die Anwendung gewerblicher Vorschriften wurde vom Landeshauptmann von Oberösterreich in Anknüpfung an die Verwendung von Gerätschaft im nebengewerblichen Bereich eine Entscheidung getroffen, welche allerdings nicht rechtskräftig geworden ist. Eine Entscheidung über die Berufung der betroffenen Kammerorganisationen innerhalb angemessener Frist und somit unter Beachtung des Art. 6 MRK ist nicht in Sicht. Deshalb war, weil eine solche Vakanz den Entscheidungszeitraum des § 51 Abs.7 VStG bzw. die absolute Verjährung nicht zu erstrecken vermag, die Rechtsfrage unter selbständiger Würdigung dieses Teilaspektes als Vorfrage selbst zu beurteilen.

8.1. Zu den wesentlichen Kriterien, nämlich der Anknüpfung an die Urproduktion, die wirtschaftliche Unterordnung und die Marktmäßigkeit des erzeugten Produktes war im besonderen zu bedenken:

Nachdem an die Mästung der Tiere (an die Urproduktion) deren Schlachtung und die Zerlegung, der Frischfleischverkauf und die teilweise Verwurstung unmittelbar anknüpfte, diese Verarbeitung am eigenen Hof geschah und somit organisatorisch in das dortige landwirtschaftliche Geschehen eingebunden war, an Zukauf nur jener von Gewürzen, Därmen und Eis nachgewiesen ist und somit hauptsächlich das eigene Naturprodukt verarbeitet wurde, der zeitliche Aufwand für die Urproduktion - die Fütterung der Tiere, ihre Pflege und die Entmistung der Stallungen - bei den Stieren bei weitem, jener bezüglich der Schweine nicht so deutlich, aber immerhin gegenüber dem Zeitaufwand für die Schlachtung und Verwurstung, noch deutlich genug überwog, sprachen diese Kriterien im gegenständlichen Fall für den Ausnahmebereich zur Gewerbeordnung.

8.2. Bezüglich der Marktüblichkeit des Angebotes von Bauernwürsten und Leber- bzw. Fleischkäse durch Landwirte, kann aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen gefolgert werden, daß Bauernwürste seit langem und von breitesten Kreisen an Interessenten angeboten und verkauft wurden. Bei Leber- und Fleischkäse hat sich dies, da einer Entwicklung Raum geboten wurde, innerhalb der letzten zwei Jahre verbreitet. Insoweit greift auch hier noch der Ausnahmebereich.

8.3. Was die Frage der wirtschaftlichen Unterordnung im Hinblick auf die Wertschöpfung anlangt, so ist festzuhalten, daß bei ganzheitlicher Betrachtungsweise, wie sie im Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat zutage trat, am Anwesen in W., ausgehend vom Gesamteinkommen, welches unmittelbar aus dem tierischen Produktionsbereich der Landwirtschaft stammt, die Urproduktion nicht mehr überwog und die Wertschöpfung aus Be- und Verarbeitung des Naturproduktes, sohin aus der nebengewerblichen Tätigkeit, sich als wirtschaftlich bedeutender darstellte; dies selbst dann, wenn man sich der Unschärfen, die bei Schätzungen und Interpolationen einhergehen, bewußt ist. Den größten Anteil der Wertschöpfung aus der Selbstvermarktung bildete jedoch nicht die Wursterei, sondern der Frischfleischverkauf.

8.4. Dies wurde dem Beschuldigten im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgeworfen und konnte daher auch im Berufungsverfahren nicht mehr nachgeholt werden. Aus dem isolierten Bereich der Wursterei kann aber abzüglich des Wareneinsatzes aus der Urproduktion eine wirtschaftliche Unterordnung erblickt werden. Wie erwähnt, erlaubte die vom eingesetzten Detektiv über Auftrag gemachte Momentaufnahme, keine hinreichende ganzheitliche Betrachtungsweise, wie sie § 2 Abs.

4 Z1 GewO 1994, erfordert.

Der O.ö. Verwaltungssenat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, daß zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes als Grundlage für die je Einzelfall zu erfolgende Beurteilung ein besonders umfangreiches erstinstanzliches Verfahren notwendig ist, welches sich umso differenzierter gestaltet, je weniger ein Beschuldigter mitwirkt. Soll eine Entscheidung jedoch die Möglichkeit eines Bestehens vor dem Verwaltungsgerichtshof, insbesonders dessen Senat 04 haben, erscheint dies aber unentbehrlich.

8.5. Der Umstand, daß der Beschuldigte Miteigentümer des landwirtschaftlichen Objektes ist, seine Gattin aber seit mehr als 20 Jahren als landwirtschaftliche Betriebsführerin fungiert, zumal der Beschuldigte selbst einem unselbständigen Erwerb nachging, trat erst im Berufungsverfahren zutage. Wenngleich die Handlungen des Beschuldigten erkennen lassen, daß er die Sache förderte, so war dennoch seine Gattin als Hauptverantwortliche anzusehen und kam der Beschuldigte allenfalls als Mittäter, bei dem vorsätzliches Handeln nachgewiesen werden muß, in Betracht. Auch diesbezüglich war es nicht zulässig den Spruch im Berufungswege auszutauschen.

8.6. Zum Maßstab der Wertschöpfung aus dem landwirtschaftlichen Nebengewerbe aus europarechtlicher Sicht:

Gemäß Art.38 Abs.1 des EG-Vertrages umfaßt der gemeinsame Markt auch die Landwirtschaft und den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Unter landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind die Erzeugnisse des Bodens, der Viehzucht und der Fischerei, sowie die mit diesen im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Erzeugnisse der ersten Verarbeitungsstufe zu verstehen.

Gemäß § 39 Abs.1 EG-Vertrag ist es Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik, a) die Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung des technischen Fortschrittes, Rationalisierung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und den bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren, insbesondere der Arbeitskräfte, zu steigern; b) auf diese Weise der landwirtschaftlichen Bevölkerung, insbesondere durch Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens in der Landwirtschaft tätigen Personen, eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten; c) die Märkte zu stabilisieren; d) die Versorgung sicherzustellen; e) für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen.

Gemäß Art.39 Abs.2 EG-Vertrag ist bei der Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik und der hiefür anzuwendenden besonderen Methoden folgendes zu berücksichtigen:

a) die besondere Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich aus dem sozialen Aufbau der Landwirtschaft und den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete ergibt; b) die Notwendigkeit, die geeigneten Anpassungen stufenweise durchzuführen; c) die Tatsache, daß die Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten einen mit der gesamten Volkswirtschaft eng verflochtenen Wirtschaftsbereich darstellt.

Gemäß Art.40 Abs.4 EG-Vertrag können zur Schaffung der Organisation eines gemeinsamen Agrarmarktes ein oder mehrere Ausrichtungs- oder Garantiefonds für die Landwirtschaft geschaffen werden.

In Ausführung dessen hat der Rat der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch Verordnung Nr. 4265/88 vom 19.12.1988, abgeändert durch Verordnung Nr. 2085/93 vom 20.7.1993, den Struktur- und Garantiefonds für die Landwirtschaft beschlossen und hiebei auch Maßnahmen zur Verbesserung der Vermarktung einschließlich des Direktverkaufes ab Hof und der Verarbeitung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, sowie zur Förderung der Gründung von Erzeugungsvereinigungen genannt (vergl. Art.1 Titel I, Abs.2 und Titel II, Abs.2 der EWG Verordnung Nr. 4256/88 sowie Titel I, Art.2 Abs.2 der Änderungsverordnung des Rates der EWG Nr.

2085/93).

Den EG-Vorschriften ist der Wohlbestand der Landwirtschaft und eines intakten ländlichen Raumes im Zusammenhang mit einer krisenfesten Ernährung (Art.39 Abs.1 lit.d EG-Vertrag) als Europaziel und demnach auch als Staatsziel zu entnehmen.

Durch den EU-Beitrittsvertrag Österreichs wurden die früheren Europanormen als "acquis communautaire" übernommen.

Dadurch gelten nunmehr überlagernd, im Gegensatz zu der bisherigen extrem positivistischen Rechtsprechung der österreichischen Gerichtshöfe öffentlichen Rechts, die auch von naturrechtlichen Aspekten getragenen europarechtlichen Betrachtungsweisen, auch was die Auslegungsregeln- und Methodenlehre anlangt. Eine programmatische Erklärung als Interpretationsmaxime von Europanormen zählt durch den Beitritt zur EU nunmehr auch in Österreich zum Rechtsbestand, auch wenn solche Normen selbst noch nicht bis ins Letzte in Paragraphen ausformuliert sind.

Da einerseits der EU-Vertrag - der den Vorrang des Gemeinschaftsrechtes vor nationalem Recht, auch nationalem Verfassungsrecht bewirkt - und seine (dynamischen) Zielsetzungen auch bei allen schon bestehenden Regelungen mitzubedenken ist, andererseits die EU-Vorschriften aber inhaltlich - bezogen auf den gegenständlichen Fall - noch nicht so konkretisiert sind, daß sie die innerstaatliche Rechtslage überdecken und subjektive Rechte gewähren würden, so sind diese Zielsetzungen dennoch wenigstens als Auslegungshilfe auch für den Begriff Nebengewerbe heranzuziehen.

Dies deshalb, weil der EuGH in ständiger Judikatur die teleologische Auslegung bevorzugt, wobei insbesondere die rechtliche Tragweite einer Vorschrift durch Abstellen auf die Vertragsziele ermittelt wird; weiters ist hier die Doktrin der implied powers (ungeschriebene Zuständigkeiten kraft Sachzusammenhanges) von Bedeutung.

Es kann nicht geleugnet werden, daß die Gewerberechtsnovelle 1992, welche vor dem EU-Vertrag verabschiedet wurde, eine Einschränkung für die bäuerliche Selbstvermarktung brachte, zumal mit dieser Novelle die Spartenbezogenheit (vergl. die Worte "jeweils innerhalb des pflanzlichen oder tierischen Produktionsbereiches, wirtschaftlich untergeordnet bleibt") herbeigeführt und die ohnedies beschränkte zulässige Wertschöpfung verringert wurde.

Eine Rücksichtnahme auf die Überlebenschancen der Landwirtschaft durch Selbstvermarktung bei gleichzeitigem Augenmaß auf den übrigen (z.B. gewerblichen) Wettbewerb im Sinne der europarechtlichen Bestimmungen scheint § 2 Abs.4 Z1 der GewO 1994 nicht vollinhaltlich zu gewähren.

Wenngleich die nunmehrige EU-Mitgliedschaft eine zielgerichtete neue Sicht geboten erscheinen läßt und unter dem Begriff "landwirtschaftliches Nebengewerbe" die Annahme der Zulässigkeit einer höheren Wertschöpfung rechtfertigt, als sie zur alten zielungebundenen Rechtslage von den Höchstgerichten vertreten wurde, können aber deshalb die Begriffe "Neben"...und "wirtschaftlich untergeordnet" bis zur Anpassung des innerstaatlichen Rechtes die Wortbedeutungen nicht zur Gänze weginterpretiert werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G u s c h l b a u e r

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