Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221394/2/Kon/Fb

Linz, 02.12.1996

VwSen-221394/2/Kon/Fb Linz, am 2. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn F J H, S, S, vertreten durch die Rechtsanwälte Prof. Dr. H, DDr. M, Dr. W, Dr. M, Dr. G, K, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 10.

September 1996, Ge-149/95, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1 Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Tatvorwurf:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer und so mit gem. § 370 Abs. 2 Gewerbeordnung verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma H Handeslgesellschaft mbH.

in S, S, zu vertreten, daß zumindest am 16.11.1994 in der Filiale oa. Firma in W, M, folgenden Bescheidauflagen nicht oder nur zum Teil entsprochen wurde:

A) Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 24.8.1987, Zl.: MBA 12 - Ba 23551/2/87 1. Pkt. 6): "Über die Eignung des Abgasfanges, in welchen die Gasfeuerstätten einmünden, ist ein Befund von einem befugten Fachmann (z.B. Rauchfangkehrer) erstellen zu lassen.

Befunde sind in der Betriebsanlage zur Einsichtnahme der zuständigen Behörde bereitzuhalten." Über die Eignung des Abgasfanges konnte kein Befund vorgelegt werden.

2. Pkt. 15): "Das optische und akustische Signal, das den batteriebetriebenen Zustand der Sicherheitsbeleuchtung anzeigt, muß beim Informationsstand im Erdgeschoß wahrnehmbar sein." Ein optisches und akustisches Signal konnte nicht aufgefunden werden.

3. Pkt. 17): "Folgende einflügelige Türen sind brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 (Ausgabe 1. Oktober 1986) auszuführen: alle Türen des Fluchtstiegenhauses, der Lagerräume, der Schleusen und des Müllraumes." Im 3. Untergeschoß war die doppelflügelige brandhemmende Türe vom Vorraum in den Müllraum insoferne nicht der ÖNORM B 3850 entsprechend, als die Schließfolgeeinrichtung versagte.

4. Pkt. 21): "Handfeuerlöscher müssen der ÖNORM F 1050 entsprechen und sind nachweislich wenigstens alle zwei Jahre von einem Fachkundigen überprüfen zu lassen." Der Handfeuerlöscher im straßenseitigen Lagerraum im 3.

Untergeschoß wurde letztmalig im April 1992 nachweislich überprüft.

5. Pkt. 31): "Durchbrüche für Installationen in brandabschnittsbegrenzenden Wänden und Decken sind brandbeständig (F 90) gemäß ÖNORM B 3800 abzuschließen." Die Kabeldurchführung vom Abstellraum in der Verkaufsraum im 5. Obergeschoß war nicht brandbeständig verschlossen.

6. Pkt. 44): "In den Verkaufsräumen müssen die Hauptverkehrswege mindestens 1,80 m und die Nebenverkehrswege mindestens 1,20 m breit sein. Eine Teilung von Hauptverkehrswegen (z.B.

durch Aufstellen von Verkaufsständern, Warenkörben, Paletten und dgl.) ist verboten." Der Nebenverkehrsweg im Verkaufsraum des 6. Obergeschoßes war auf eine Breite von ca. 0,6 m eingeengt.

7. Pkt. 45): "Hauptverkehrswege, Ausgänge und Fluchtwege dürfen nicht eingeengt oder verstellt werden. Als Begrenzung der Hauptverkehrswege und Fluchtwege dürfen nur standfeste und nicht leicht verrückbare Einrichtungsgegenstände verwendet werden." a) beim Ausgang vom Gang des Nebenstiegenhauses auf die öffentliche Verkehrsfläche war der Fluchtweg durch Warenkörbe auf ca. 1,2 m eingeengt.

b) Am obersten Stiegenpodest des Fluchtstiegenhauses wurden 4 Tische, 8 Klappstühle und 4 Kisten mit Pflanzen abgestellt.

c) Im Bereich vor dem Stiegenhaus vom 1. Obergeschoß wird der Hauptverkehrsweg durch eine Alarmanlage geteilt.

d) Im Bereich vor dem Stiegenaufgang vom 1. Untergeschoß in das Erdgeschoß wird der Hauptverkehrsweg durch eine Alarmanlage geteilt.

e) Im Erdgeschoß im Bereich des Stiegenauf- und abganges zu den jeweiligen Geschossen waren 8 Verkaufskörbe mit Videokassetten aufgestellt, sodaß die Fluchtsituation im Notfall beeinträchtigt werden konnte.

8. Pkt. 56): "Es ist eine automatische Brandmeldeanlage einzurichten, die über das "Tonfrequente Übertragungssystem (TUS) 35" an die Brandmeldeauswertungszentrale der Feuerwehr der Stadt Wien anzuschließen ist.

Die Brandmeldeanlage ist nach den Bestimmungen der "Technischen Richtlinie Vorbeugender Brandschutz (TRVB) 123" der österreichischen Brandverhütungsstelle und des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes sowie den Vorschriften (Anschlußbedingungen) der Feuerwehr der Stadt Wien auszuführen.

Durch diese Brandmeldeanlage muß ein Vollschutz gemäß der TRVB 123 gewährleistet sein." Ein manueller Brandmelder im Eingangsbereich im Erdgeschoß ist durch Lagerungen und Fotokopierapparate teilweise verstellt.

9. Pkt. 57): "Es ist eine Sprinkleranlage gemäß den Richtlinien der Österreichischen Sachversicherer zu installieren durch die folgende Bereiche zu schützen sind: Das gesamte Gebäude mit Ausnahme des 2. und 3. Kellergeschosses. Zusätzlich ist die Lüftungszentrale im 3. Kellergeschoß zu schützen.

Die automatische Brandmeldeanlage und die Sprinkleranlage sind vor ihrer Inbetriebnahme von einer Prüfstelle, die für die Beurteilung der brandschutztechnischen Wirksamkeit der Anlage staatlich autorisiert ist, überprüfen zu lassen. Zur weiteren Gewährleistung dieser Voraussetzung ist die Anlage in Abständen von längstens einem Jahr von einem Fachkundigen überprüfen zu lassen. Über die Ergebnisse dieser Überprüfung sind Atteste erstellen zu lassen, die fortlaufend geordnet zur Einsichtnahme durch behördliche Organe stets in der Betriebsanlage bereitzuhalten sind." a) Im 7. Obergeschoß sind bei zwei Sprinklerauslaßdüsen im Umkreis von 0,5 m Dekorationsmaterialien und Verkaufsregale aufgestellt.

b) Im 3. Obergeschoß ist die Deckenuntersicht mit weißem, abgehängtem Stoff - vermutlich Leintücher - abgedeckt. Dadurch wird die Funktion der Sprinkleranlage wesentlich beeinträchtigt.

c) Im Bereich des 1. Untergeschoßes ist ein Sprinklerauslaß durch eine abgehängte Spiegeldecke in seiner Funktion beeinträchtigt.

Die Nichteinhaltung oa. Bescheidauflagen stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung dar.

B) Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 21.12.1988, Zl.: MBA 12 - Ba 23551/3/88 1. Pkt. 1): "Die Batterien für die Sicherheitsbeleuchtung dürfen nur in gasarmer Ausführung in den Aufstellungsschrank installiert werden (die Batterien müssen mit Gasrekombinationssystem ausgestattet sein).

2. Pkt. 2): "Die Ladung der wartungsfreien Batterien für die Sicherheitsbeleuchtung darf nur mikroprozessorgesteuert nach der IU-Kennlinie durchgeführt werden. Weiters ist die Ladespannung in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur begrenzt auszuführen." Die bescheidgemäße Ausführung konnte zum Zeitpunkt der Verhandlung (Überprüfung) von den Vertretern der Betriebsinhabung nicht schriftlich nachgewiesen werden.

Die Nichteinhaltung oa. Bescheidauflagen stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung dar." In seiner dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung wendet der Beschuldigte sinngemäß Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ein und begründet dies damit, daß in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. Februar 1995 die ihm vorgeworfenen Übertretungen nicht ausreichend iSd § 44a Z1 VStG konkretisiert seien. In der Aufforderung seien immer nur jene Auflagenbestimmungen zitiert, der er angeblich nicht entsprochen habe, aber erst im Straferkenntnis vom 10.9.1996 sei von der belangten Behörde ergänzend angeführt worden, worin jenes Verhalten gelegen sein sollte, welches als Mißachtung der Auflagenbestimmung zu qualifizieren sei.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es unter anderem geboten, im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, daß er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

Im Fall einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Z25 GewO 1994 bedeutet dies, daß ein Bescheid, der hinsichtlich der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides keine wörtlichen Anführungen enthält, durch die schon aus dem Spruch die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, nicht dem Sprucherfordernis des § 41a Z1 VStG entspricht. Der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides ist nicht als ausreichend anzusehen (VwGH 19.6.1990, 89/04/0249, zit. bei Kobzina/Hrdlicka, Gewerbeordnung 1994, Seite 597).

Gemäß § 42 Abs.1 Z1 VStG hat die Aufforderung nach § 40 Abs.2 die deutliche Bezeichnung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat sowie die in Betracht kommende Verwaltungsvorschrift zu enthalten.

Für die gemäß § 40 Abs.1 Z1 deutlich zu bezeichnende Tat gelten die vorangeführten Erfordernisse des § 44a Z1 VStG sinngemäß. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Aufforderung zur Rechtfertigung die einzige innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gelegene Verfolgungshandlung darstellt. Entspricht die Tatkonkretisierung der innerhalb der Verfolgungsverjährung ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung nicht dem Konkretisierungsgebot, wird der Beschuldigte in seinen Verteidigungsrechten insofern verletzt, als es ihm nicht möglich gemacht wird, hinsichtlich der einzelnen gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe Entlastungsbeweise anzubieten.

Eine Sanierung der Tatumschreibung nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ist aber in einem Straferkenntnis nicht mehr möglich.

Die Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde ergab, daß in der Aufforderung zur Rechtfertigung lediglich die einzelnen Auflagen laut Text des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides angeführt sind, nicht aber jene Feststellungen, denenzufolge von der Nichterfüllung der Auflagen auszugehen ist.

Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses diesbezüglich erfolgte Ergänzung vermag diesen Mangel in der Verfolgungshandlung nicht mehr zu sanieren, da das Straferkenntnis nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ergangen ist.

Da sich sohin der Einwand des Beschuldigten als berechtigt erweist, war seiner Berufung stattzugeben und wie im Spruch zu entscheiden.

Die stattgebende Berufungsentscheidung bewirkt, daß der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K o n r a t h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum