Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221407/6/SCHI/Km

Linz, 27.10.1997

VwSen-221407/6/SCHI/Km Linz, am 27. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung der Frau A S (verehelichte A), vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E H und Dr. K H, (Mag. W. K), gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 22.10.1996, Ge96-138-5-1996/Pef, wegen einer Übertretung nach der GewO 1994, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 15.10.1997 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 22 Stunden) herabgesetzt wird; im übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

Der Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich sohin auf 200 S; zum Berufungsverfahren hat die Berufungswerberin keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 9, 16, 19, 21, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufungswerberin (Bw) wurde mit Straferkenntnis vom 22.10.1996, Ge96-138-5-1996/Pef, schuldig erkannt sie habe es als verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführerin (§ 370 Abs.2 GewO 1994) der C Gastronomie GesmbH mit Sitz in M, hinsichtlich der weiteren Betriebsstätte in G, zu vertreten, daß jedenfalls am 8.7.1996 die Bescheidauflage Nr. im Spruchteil I. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10.4.1996, Ge20-17-8-1996/Sch/P, nicht eingehalten worden war. Im Zuge eines Lokalaugenscheines am 8.7.1996 durch die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung im Beisein eines technischen Amtssachverständigen sei die Musikanlage überprüft und in Betrieb gesetzt worden, wobei anfangs bei Einstellung der vollen Leistung am Mischpult mit einem Schallmeßgerät der Marke Klimatherm, Type KS 120, ein Geräuschpegel zwischen 80 und 90 dB festgestellt worden ist; im Anschluß daran sei der rechteste Drehknopf beim Vorverstärker auf volle Lautstärke gestellt worden, wodurch sich der Schalleistungspegel um 10 dB (und somit auf 100 dB) erhöhte, obwohl entsprechend Auflagepunkt 1 die Musikanlage erst dann in Betrieb genommen werden dürfe, wenn ein sogenannter Limiter eingebaut wird. Dieser ist aktiv in den bestehenden Verstärker einzubauen und auf maximal 80 dB (A) Schalleistungspegel, gemessen in 3 m Entfernung von den Boxen, so einzustellen, daß dieser Schallgrenzwert auch bei den tiefen Frequenzen (Bässen) keinesfalls überschritten werde. Sie habe dadurch eine Übertretung nach § 367 Z25 GewO 1994 iVm Auflage 1 des Bescheides vom 10.4.1996, Ge20-17-8-1996/Schp, begangen, weshalb über sie gemäß § 367, Einleitung, GewO 1994, eine Geldstrafe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 44 Stunden) verhängt worden ist. Ferner wurde sie gemäß § 64 VStG verpflichtet, einen Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 400 S (10 % der Strafe) zu bezahlen.

2. Dagegen hat die Bw mit Schriftsatz vom 5.11.1996 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu eine Ermahnung gemäß § 21 VStG auszusprechen und jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. 3.2. Am 15.10.1997 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, zu der lediglich der Vertreter der Bw erschienen ist; als Zeuge wurde F K, der handelsrechtliche Geschäftsführer der C Gastronomie, einvernommen.

Aufgrund der Aktenlage und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung sowie der vorgelegten Urkunden ist folgender Sachverhalt als entscheidungswesentlich festzuhalten:

Zum Tatzeitpunkt war die Bw handelsrechtliche Geschäftsführerin gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 der C Gastronomie GesmbH mit Sitz in M; diese GesmbH besitzt eine weitere Betriebsstätte in G, (gastgewerbliche Betriebsanlage); die geänderte Betriebsart auf "Cafe" wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10.4.1996, Ge20-17-8-1996/Schp, gewerbebehördlich genehmigt. Im Spruchteil I. dieses Bescheides wurde unter Nr. 1 die Bescheidauflage wie folgt formuliert: "Die im Befund beschriebene und in der Projektsbeschreibung angeführte Musikanlage darf erst dann in Betrieb genommen werden, wenn ein sogenannter Limiter eingebaut wird. Dieser ist aktiv in den bestehenden Verstärker einzubauen und auf max. 80 dB (A) Schalleistungspegel, gemessen in 3 m Entfernung von den Boxen, so einzustellen, daß dieser Schallgrenzwert auch bei den tiefen Frequenzen (Bässen) keinesfalls überschritten wird".

Im Zuge eines Lokalaugenscheines am 8.7.1996 durch die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung im Beisein eines technischen Amtssachverständigen wurde die Musikanlage überprüft und in Betrieb gesetzt, wobei anfangs bei Einstellung der vollen Leistung am Mischpult mit einem Schallmeßgerät der Marke Klimatherm, Type KS 120, ein Geräuschpegel zwischen 80 und 90 dB erreicht wurde. Im Anschluß daran wurde der rechteste Drehknopf beim Vorverstärker auf volle Lautstärke gestellt, wodurch sich der Schalleistungspegel um 10 dB und somit auf 100 dB erhöhte.

Dieser Lärmbegrenzer wurde von einer befugten Fachfirma (Firma Audio West) eingebaut. Beim Einbau war die Bw nicht dabei, sondern der handelsrechtliche Geschäftsführer F K, der die Bw danach in die Handhabung des Gerätes mit dem eingebauten Limiter eingewiesen hat.

Aufgrund der mangelhaften Funktion des Lärmbegrenzers zum Tatzeitpunkt (8.7.1997) wurde am 17.10.1996 eine weitere Überprüfungsverhandlung von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung unter Beiziehung eines technischen Amtssachverständigen sowie des Vertreters der befugten Fachfirma für Audio West Licht- und Tonanlagen HandelsgesmbH Anton Schuster durchgeführt und weiters der Limiter mit einer Schutzhülle versehen, damit unbefugte Personen nicht mehr an der Anlage manipulieren können. Seither hat es keinerlei Probleme mehr gegeben.

Laut Heiratsurkunde der Stadtgemeinde Steyregg Nr. 18/1997 hat die Bw am 6. September 1997 sich mit Herrn T A, verehelicht und am 17.1.1997 eine Tochter (S S) geboren (Geburtsurkunde des Einwohner- und Standesamtes der Stadt Linz vom 19.9.1997, Zl. 398/1997). Die Bw hat weiters eine Mitteilung über den Leistungsanspruch des Arbeitsmarktservice Linz vom 7.4.1997 vorgelegt, woraus hervorgeht, daß sie in der Zeit vom 15.3.1997 bis 16.7.1998 einen Anspruch auf Karenzurlaubsgeld von täglich 185,5 S hat. Im übrigen hat der Vertreter der Bw darauf hingewiesen, daß diese nunmehr in S, wohnhaft ist. 4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 367 Z25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 82a Abs.1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Der Auflagepunkt 1 im Spruchteil I. des Bescheides vom 10.4.1996 der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Zl. Ge96-20-17-8-1996/Schp, wurde bereits mehrfach zitiert.

Weiters wurde der objektive Tatbestand von der Bw zugestanden.

4.2. Die Ausführungen in der Berufung richten sich weitgehend gegen das Verschulden. Im gegenständlichen Fall wird überwiegend ausgeführt, daß der Einbau des Limiters von einer befugten Fachfirma durchgeführt wurde und die Bw selbst mangels eigener technischer Kenntnisse nicht in der Lage sei, dies besser zu überprüfen sodaß sie sich auf die von dieser Firma vorgenommenen Arbeiten verlassen konnte.

Dazu ist festzustellen, daß die Bw insbesondere im Hinblick auf ihre Vorstrafen, insbesondere jene hinsichtlich des Einbaues einer nichtgenehmigten Musikanlage (vgl. Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 11.6.1996, VwSen-221348/3/Schi/Ka) daher hinsichtlich des Leistungsbegrenzers besonderer Kontrolle und Vorsorgehandlungen bedurft hätte sowie auch des Ergreifens von Maßnahmen, die die Übertretung hintanhalten hätten können. So wäre sie insbesondere im Hinblick darauf verpflichtet gewesen, sich nicht nur auf die Mitteilung ihres Geschäftsführers zu verlassen, sondern selbst eine entsprechende Überprüfung etwa durch einen befugten Techniker zu veranlassen. Es war ihr sohin Fahrlässigkeit im Sinne des § 5 VStG vorzuwerfen.

5. Zum Antrag auf Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG:

5.1. Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Das Verschulden bzw. die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14). Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl. ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl. Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs.1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

5.2. Das Verschulden kann nur geringfügig sein, wenn es sich um eine (leichte) Fahrlässigkeit handelt (aA Gaisbauer, Rechtslexikon; Helbling II, 190; Körner, ÖVBl 1933, 5; VwGH 19.11.1987, Zl. 87/08/0251). Die Folgen sind zB dann als unbedeutend anzusehen, wenn Folgen nach dem Tatbestand gar nicht in Frage kommen (sogenannte Formaldelikte); wohl ist aber zu beachten, wenn ein bloßes Formaldelikt tatsächlich Folgen nach sich gezogen hat (Walter-Mayer, Grundriß des österr. Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, Rz,818).

Wie bereits ausgeführt, war im gegenständlichen Fall das Verschulden nicht so geringfügig, weil insbesondere im Hinblick auf die Vorstrafe, die Bw im gegenständlichen Fall zu besonderer Aufmerksamkeit verpflichtet gewesen wäre. Aus diesem Grund war im gegenständlichen Fall die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG dem O.ö. Verwaltungssenat verwehrt.

6. Zur Strafbemessung:

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

6.2. Aufgrund der Nichtrechtfertigung der Bw im erstinstanzlichen Verfahren hat die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung eine Einschätzung ihrer Familien-, Vermögens- und Einkommensverhältnisse vorgenommen. Danach wurde ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 15.000 S, kein Vermögen sowie keine Sorgepflichten der Strafbemessung zugrundegelegt. Nunmehr hat - wie bereits oben ausgeführt - der Vertreter der Bw in der mündlichen Verhandlung angegeben, daß die Bw mittlerweile verheiratet ist, ein Kind hat, weiters aus ihrer gewerberechtlichen Geschäftsführertätigkeit in der Chilli Gastronomie GesmbH ausgeschieden ist und lediglich ein Karenzurlaubsgeld von täglich 185,50 S erhält; diese sämtlichen Angaben wurden durch Vorlage entsprechender Urkunden bestätigt. Aufgrund dieser Umstände war im Hinblick auf die Vorgaben des oben zitierten § 19 VStG der O.ö. Verwaltungssenat auch im Hinblick auf die Vorstrafen der Bw gehalten, entsprechende Berücksichtigung dieser Umstände durch eine weitgehende Herabsetzung der verhängten Strafe durchzuführen.

6.3. Die nunmehr festgesetzte Strafe entspricht somit den nunmehr gravierend geänderten allseitigen Verhältnissen der Bw und auch den general- und spezialpräventiven Gedanken der Strafe, insbesondere auch deshalb, weil die Bw aus der GesmbH als gewerberechtliche Geschäftsführerin ausgeschieden ist sowie im Hinblick auf die gravierenden Änderungen ihrer Lebensumstände (Verehelichung und Karenzurlaub) sodaß auszuschließen ist, daß die Bw weitere derartige Übertretungen begehen werde können.

7. Die Verminderung der Verfahrenskosten bzw. der Entfall der Berufungskosten sind in den angegebenen Gesetzesstellen begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer

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