Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221412/2/Kl/Ka

Linz, 04.11.1997

VwSen-221412/2/Kl/Ka Linz, am 4. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Schieferer, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 22.10.1996, Ge96-62-14-1996/Pef, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich der Strafe wird teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 10.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 33 Stunden herabgesetzt. II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 1.000 S, ds 10 % der verhängten Strafe. Zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten. Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 22.10.1996, Ge96-62-14-1996/Pef, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 20.000 S, EFS von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 56 iVm § 33 Abs.1 lit.c und d Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung verhängt, weil er in der Zeit vom 1.1.1987 bis 1.4.1996 unten näher angeführte Tätigkeiten, welche gemäß § 33 Abs.1 lit.c und d WTBO den Wirtschaftstreuhändern vorbehalten sind, und zwar die Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiete des Abgabenrechtes (§ 33 Abs.1 lit.c leg.cit.) und die Anlage, die Führung und der Abschluß kaufmännischer Bücher für Auftraggeber (§ 33 Abs.1 lit.d leg.cit.) gewerbsmäßig ausgeübt hat, ohne zur Ausübung dieser Tätigkeiten befugt zu sein, da er das Recht zur Ausübung des Berufes der Wirtschaftstreuhänder nicht erlangt hat: Für Herrn K, errechnete er für seinen Bäckereibetrieb regelmäßig seit 1.1.1992 die Steuern, und zwar die Umsatzsteuer und Getränkesteuer, zum Zwecke der Vorlage der Rechnungsergebnisse an die Steuerbehörde. Weiters erstellte er die Lohnverrechnung und die Jahresbilanz. Für die Erledigung dieser Tätigkeiten wurden von Herrn K mit 2.400 S pro Monat bezahlt, die Erstellung der Bilanz wurde separat entlohnt. Für Frau M, erledigte er ebenfalls regelmäßig seit 1.1.1987 für ihren Gastgewerbebetrieb die steuerlichen Belange, weiters erledigte er auch Buchhaltungsarbeiten, wie die Erstellung der monatlichen Bilanzen. Dafür erhielt er in der letzten Zeit 1.800 S pro Monat von Frau E; früher betrug das Honorar 1.200 S. 2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher das Straferkenntnis dem Grunde und der Höhe nach angefochten wurde. Begründend wurde ausgeführt, daß es sich bei der Tätigkeit um ein freies Dienstverhältnis handle, wobei wegen Geringfügigkeit eine Anmeldung nicht erforderlich war. Bis Ende 1992 sei er nicht selbständig beschäftigt gewesen und habe schon seit Jahren eine Steuernummer, in deren Rahmen Einkünfte aus Vortragstätigkeit im WIFI, in der Volkshochschule, Provisionen für Versicherungen und Bausparverträge und Buchhaltungen versteuert wurden. Er habe Buchhaltungen von Unternehmen schon als Dienstnehmer geführt und nun soll er für dieselbe Tätigkeit im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses oder durch einen dienstnehmerähnlichen Vertrag bestraft werden. Schon als pragmatisierter Betriebsprüfer der Stammbetriebsprüfstelle des Finanzamtes Linz war es seine Aufgabe, Groß- und Mittelbetriebe in ganz Oberösterreich zu prüfen. Zu seiner wirtschaftlichen Situation gab er an, daß die vereinnahmten Beträge ordnungsgemäß versteuert wurden, daß im übrigen am Land auch hier Nachbarschaftshilfe zu gelten hätte, daß er nach der Scheidung die Eigentumswohnung verloren hätte und auch bis zur Beendigung des Studiums für seine Kinder sorgepflichtig war. Er sei in den letzten Jahren ca. 25 x im AKH stationär in Behandlung, in Wien in der Ersten Wiener Privatklinik und zwei Mal in Kalksburg stationär behandelt worden. Das Bankkonto ist über den eingeräumten Rahmen hinaus weit überzogen; um Würdigung der persönlichen Situation und der wirtschaftlichen Verhältnisse wurde ersucht. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zur Entscheidung berufen. Der Sachverhalt ist aus dem Verfahrensakt erster Instanz genügend geklärt vorgelegen, das Beweisergebnis vom Beschuldigten nicht bestritten, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im übrigen vollständig und richtig dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundegelegt. Weil sich die Berufung gegen die rechtliche Beurteilung und auch gegen das verhängte Strafausmaß richtet, und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG). Weil der Sachverhalt genügend geklärt ist und keine Beweismittel hervorkamen bzw beantragt wurden, waren keine weiteren Beweise aufzunehmen. 4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 1 der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung (WTBO), BGBl.Nr. 125/1955 idgF, ist der Beruf der Wirtschaftstreuhänder ein freier Beruf und unterliegt nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung. Die Befugnis zu seiner Ausübung wird aufgrund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erworben.

Gemäß § 56 WTBO begeht, wer ohne zu einer nach diesem Bundesgesetz den Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Tätigkeit befugt zu sein, eine solche Tätigkeit anbietet oder ankündigt oder gewerbs- oder geschäftsmäßig ausübt, oder wer eine solche unbefugte Ausübung deckt, eine Verwaltungsübertretung und ist, unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen oder sonstigen Ahndung, mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S, in schweren Fällen daneben auch mit einer Arreststrafe bis zu einem Monat, zu bestrafen.

Gemäß § 33 Abs.1 WTBO sind den Steuerberatern und Steuerberatungsgesellschaften unbeschadet der Bestimmungen der §§ 31 und 32 folgende berufsmäßig ausgeübte Tätigkeiten vorbehalten:

c) die Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiete des Abgabenrechts sowie Vertretung ihrer Auftraggeber im Abgaben- und Abgabenstrafverfahren vor den Finanzbehörden des Bundes und der übrigen Gebietskörperschaften; d) die Anlage, die Führung und der Abschluß kaufmännischer Bücher für ihre Auftraggeber.

4.2. Schon aufgrund der Angaben der im Verfahren 1. Instanz als Zeugen einvernommenen K und E, die wahrheitsgemäß aussagten, deren Aussage zu keiner Zeit vom Beschuldigten bestritten wurde und welches Beweisergebnis auch dem angefochtenen Straferkenntnis als erwiesener Sachverhalt zugrundegelegt wurde, steht einwandfrei fest, daß der Beschuldigte dem K die Umsatzsteuer und Getränkesteuer zum Zweck der Vorlage der Rechnungsergebnisse an die Steuerbehörde errechnete und für ihn die Lohnverrechnung und die Jahresbilanz erstellte. Für diese Tätigkeit bekam er monatlich 2.400 S bezahlt; die Erstellung der Bilanz wurde separat entlohnt. Weiters hat der Beschuldigte für Frau E die steuerlichen Belange des Gastgewerbebetriebes sowie die Buchhaltungsarbeiten und die monatlichen Bilanzen erstellt und hiefür monatlich 1.800 S erhalten. Bei diesen Tätigkeiten hat die belangte Behörde rechtsrichtig beurteilt, daß es sich um Tätigkeiten eines Steuerberaters gemäß § 33 Abs.1 lit.c und lit.d WTBO handelt. Diese Tätigkeiten wurden gegen Entgelt durchgeführt. Der Beschuldigte hatte daher Erwerbsabsicht, welche er auch damit begründete, daß er mit seiner Vorschußpension von 7.000 S nicht das Auslangen finden könne. Im übrigen wurden diese Tätigkeiten auch regelmäßig, nämlich monatlich durchgeführt. Wenn sich hingegen der Beschuldigte auf die Unselbständigkeit der Tätigkeit stützt, so ist dem folgendes entgegenzuhalten: Nach den Aussagen der Zeugin E hat sich der Beschuldigte "als Steuerberater" ausgegeben und wurde dieser beauftragt, "die monatlichen Bilanzen zu machen". Auch wußte diese Zeugin, daß der Beschuldigte auch für andere Steuersachen erledige, so für den K. Dieser wiederum gab zeugenschaftlich vernommen an, daß der Beschuldigte "Unternehmensberater" ist. Er wurde damit beauftragt, die Umsatzsteuer, Getränkesteuer und Lohnverrechnung zu machen. Für die Jahresbilanz wurde separat bezahlt. Auch dieser Zeuge wußte von weiteren Aufträgen für weitere Kundschaften. Mangels einer Legaldefinition in der WTBO ist unter "gewerbsmäßiger Ausübung" eine Ausübung der Tätigkeit im Sinn des § 1 GewO 1994 zu sehen, nämlich daß die Tätigkeit selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Zur Selbständigkeit gemäß § 1 Abs.3 GewO steht fest, daß diese vorliegt, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Eine gewisse wirtschaftliche Abhängigkeit des Unternehmers von seinem Auftraggeber oder seinen Auftraggebern tut dabei der Selbständigkeit noch nicht Abbruch. Vielmehr ist damit das Tragen des unternehmerischen Risikos gemeint, wobei dies nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Momente und nicht allein nach den äußeren rechtlichen Formen zu beurteilen ist, in denen sich diese Tätigkeit abspielt. So ist insbesondere das Selbständigkeitsmerkmal dann erfüllt, wenn die Tätigkeit bei völlig freier Tätigkeits- und Zeiteinteilung bzw der Möglichkeit, sie jederzeit abzubrechen, ausgeübt wird. Da das Entgelt vom Erbringen eines Erfolges, nämlich der Errechnung von Steuern zum Zweck der Vorlage vor die Steuerbehörde, der Lohnverrechnung und der Erstellung der Jahresbilanz abhängt, ist von der Erbringung einer selbständigen Tätigkeit auszugehen. Im übrigen hat er die Tätigkeit für eigene Rechnung und im eigenen Namen erbracht. Dies steht im Gegensatz zu seiner vorausgegangenen beruflichen Laufbahn, wo er für andere (seine Arbeitgeber) für deren Namen und Rechnung tätig wurde. Davon bleibt unberührt, daß der Bw zu keiner Sozialversicherung angemeldet ist bzw daß er unter Umständen nicht sozialversicherungspflichtig ist. Im Gegensatz zu den Sozialversicherungsgesetzen kommt es nämlich im konkreten Fall nicht auf Mindestgrenzen bzw Geringfügigkeitsgrenzen an, sondern auf die Frage, wer das unternehmerische Risiko trägt. Dies ist zweifelsfrei zulasten des Bw zu bejahen, weil er nur für einen Erfolg eine Entlohnung erhält. Im Sinne der Selbständigkeit ist daher auch typisch, daß der Bw für mehrere Auftraggeber tätig wird. Weil der Bw seine Tätigkeit bzw seine Leistung jederzeit erbringen kann und auch sich jederzeit für die Nichterbringung entscheiden kann, liegt nach dem wirtschaftlichen Gesamtbild das unternehmerische Risiko allein beim Bw. Es hat daher der Bw die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung einwandfrei begangen. 4.3. Wie bereits die belangte Behörde ausgeführt hat, gehört auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu den Ungehorsamsdelikten, wobei fahrlässige Begehung genügt und eine solche zu vermuten ist (§ 5 Abs.1 VStG). Der Bw hat nichts zu seiner Entlastung vorgebracht und auch keine Beweise angeboten. Es ist ihm daher eine Entlastung vom Verschulden nicht gelungen. 4.4. Im Hinblick auf die festgelegte Strafe war aber zu berücksichtigen, daß der Bw schon im Verfahren erster Instanz angab, daß er lediglich über einen Pensionsvorschuß von weniger als 7.000 S monatlich leben muß, ansonsten aber arbeitslos ist. Die belangte Behörde hat sein Einkommen auf 15.000 S monatlich geschätzt und diese Schätzung der Strafbemessung zugrundegelegt. Im Sinne der vom Bw in seinen schriftlichen Ausführungen angeführten tristen persönlichen Verhältnisse und der sehr bescheidenen Einkommenssituation des Bw war daher die verhängte Geldstrafe wesentlich herabzusetzen. Im übrigen hat aber die belangte Behörde auf die objektiven und subjektiven Bemessungsgründe Bedacht genommen und sind keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten. Im Hinblick auf die lange Dauer der unbefugten Ausübung des Berufs der Wirtschaftstreuhänder war daher die nunmehr festgesetzte Geldstrafe erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und auch um andere Personen vor einer Tatbegehung abzuschrecken. Sie ist im Hinblick auf das gesetzlich höchstmögliche Ausmaß von 100.000 S auch im untersten Bereich des Strafrahmens gelegen und daher nicht überhöht. Weiters macht der Bw keine Sorgepflichten geltend. Die nunmehr verhängte Strafe ist daher tat- und schuldangemessen und den vom Bw angegebenen persönlichen Verhältnissen angepaßt. Entsprechend der Bestimmung des § 16 VStG war daher auch die zu verhängende Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis herabzusetzen.

5. Gemäß § 64 VStG beträgt der Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde 10 % der verhängten Strafe, weshalb dieser entsprechend herabzusetzen war. Weil der Berufung teilweise Erfolg beschieden war, war zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat kein Kostenbeitrag zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer Beschlagwortung: Selbständigkeit; wirtschaftliches Gesamtbild, Unternehmerrisiko, Versicherungspflicht nicht erheblich

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