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VwSen-221417/4/Gu/Mm

Linz, 29.01.1997

VwSen-221417/4/Gu/Mm Linz, am 29. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des M. P., N., F. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L. vom 11.11.1996, Zl. Ge96.., wegen Übertretung der GewO 1994 zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG, eingestellt.

Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 80 Abs.1 GewO 1994, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft L. hat gegen den Rechtsmittelwerber am 11.11.1996 zur Zl. Ge96.., ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet:

"Sie haben als verantwortlicher Inhaber der Gewerbeberechtigungen für das Güterbeförderungsgewerbe und für das Gewerbe "Erdarbeiten" im Standort F., N., zu vertreten, daß zumindest am 13.2.1996, wie von Organen der BH L. im Zuge einer unangemeldeten gewerbebehördlichen Überprüfung festgestellt wurde, in F., N., in den do. bestehenden 2 Garagen, Fahrzeuge (LKW, Bagger) eingestellt und Servicearbeiten an einem Bagger sowie Lagerungen von Altmetallen, Abfällen, Gerümpel, gebrauchten Fahrzeugteilen, Altreifen, durchgeführt und Motor- und Hydrauliköl in einem im Keller geschaffenen Öllagerraum aufbewahrt und weiters in den Außenanlagen im südlichen, östlichen und nördlichen Gartenbereich die Lagerung von Altwaren wie Alteisen, Altmetallen, gebrauchten Fahrzeugteilen (Felgen, Karosserieteile, Achsen), gebrauchten Betondielen durchgeführt und zudem ein Autowrack (VW-Bus), eine Brecheranlage, Altreifen, gebrauchte Betonschachtringe, ein Bauaufzug und ein Zementsilo gelagert wurden und somit von Ihnen eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (Gebäude zum Abstellen von Fahrzeugen, Durchführung von Servicearbeiten und Lagerung von Materalien im Freien und im Gebäude) - welche geeignet ist, das Leben und die Gesundheit des Gewerbetreibenden z.B. im Falle eines Brandes in der do.

Betriebsanlage zu gefährden und Gewässer im Falle eines Abwaschens und eventuell eines Auslaufens von grundwassergefährdenden Flüssigkeiten (Öle und Treibstoffe) aus den o.a. Fahrzeugen (z.B. bei Servicearbeiten) bzw. aus dem o.a. Öllagerraum zu beeinträchtigen - ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung, betrieben wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 366 Abs.1 Ziff.2 in Verbindung mit § 74 Abs.2 Ziff.1 und 5 Gewerbeordnung 1994, BGBl.Nr.194/1994 i.d.F. BGBl.Nr.314/1994.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 366 Abs.1 Einleitung Gewerbeordnung 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,--, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt.

Ferner haben Sie gem. § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 10 % der Strafe, das sind S 500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher S 5.500,--.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)".

Der im Gegenstand wesentliche Teil der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses stützt sich darauf, daß dem Rechtsmittelwerber, welcher Inhaber der Gewerbeberechtigungen für das Güterbeförderungsgewerbe und für das Gewerbe Erdarbeiten im Standort F., N., ist, seinerzeit für die Einstellung der Fahrzeuge und für deren Wartung sowie Lagerung von Betriebsmitteln eine gewerbebehördliche Genehmigung erteilt worden sei, diese aber, weil die Anlage in wesentlichen Teilen nicht zur Errichtung gekommen sei, zwischenzeitig erloschen sei und dessen ungeachtet betrieben werde.

In seiner dagegen erhobenen Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß die Betriebsanlagengenehmigung aufrecht sei, da keine Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Gewerbetreibenden noch für andere Personen gegeben sei und sich der Betrieb seit 1949 auf dem Grundstück in gleicher Form befinde. Er habe jeden Schilling und die verbliebene Freizeit in dieses Lebenswerk investiert. Ein neuerliches Ansuchen um Betriebsbewilligung könne er sich nicht leisten.

Er besitze außerdem Sorgepflichten für zwei minderjährige Kinder, die durch die Bautätigkeit ins Hintertreffen geraten seien.

Zum vorgeworfenen Zeitraum seien bei der Betriebsanlage Verputzarbeiten und eine Sanierung des Altbaues erfolgt, deswegen seien Betondielen, Betonschachtringe, ein Aufzug und der Zementsilo sowie drei Fuhren Gerüst, Material und anderes Baumaterial am Grundstück vorrätig gewesen. Der VW-Bus sei ein auf Wechselkennzeichen angemeldetes Fahrzeug gewesen. Bei dem im Keller befindlichen Öllagerraum sei, wie es anläßlich einer Überprüfung für notwendig erachtet worden sei, eine größere Lüftung sowie der Anstrich der öldichten Wanne ausgeführt worden und die vollen Fässer zusätzlich in öldichte Metallwannen gestellt worden. Durch die vorgeschriebene Feuerschutztüre bestehe seines Erachtens nach keine Gefahr durch Brand. Auch in den Garagen befinde sich ein öl- und säurefester Anstrich und sei der Boden im Gefälle nach innen ausgebildet. Außerdem seien sechs Feuerlöscher verschiedener Größe vorhanden.

Da die Beurteilung von Rechtsfragen heranstand und im übrigen der Sachverhalt aus dem Akt geklärt erscheint, war die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entbehrlich.

Feststeht, daß dem Rechtsmittelwerber mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L. vom 31.1.1983 zur Zl.., die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung eines Garagengebäudes mit Werkstätte, Betriebstankstelle und Nebenräumen, erteilt worden ist, welche in Rechtskraft erwachsen ist. Vom Projekt, welches kompetenzmäßig für die Beurteilung der Baubehörde zufiel, war auch ein Wohntrakt im Obergeschoß umfaßt. Die gewerbebehördliche Genehmigung erfolgte unter 19 Auflagen, welche Lüftung, Brandschutz und Sicherheit bzw. Grundwasserschutz bezüglich Öllagerung umfaßte, den Dienstnehmerschutz bei einer Montagegrube miteinschloß, die Lagerung von Alteisen, Autowracks und sonstigen Abfällen außerhalb des Gebäudes untersagte und den Grundwasserschutz bei den Garagenstellplätzen selbst sowie bei der seinerzeit geplanten außenliegenden Zapfstelle beinhaltete.

Am 14.7.1992 fand eine kommissionelle Überprüfung durch die Gewerbebehörde statt bei der festgestellt wurde, daß der gegenständliche Gebäudetrakt im wesentlichen rohbaufertiggestellt war. Die Außenwände sowie das Obergeschoß und die tragenden Zwischenwände waren vorhanden. Eine Stiegenanlage sowie die Sanitäranlagen und ein Gefolgschaftsraum wurden nicht hergestellt, die Trennung zwischen Werkstätte und Garage nicht ausgeführt. Fenster und Tore waren provisorisch in den entsprechenden Wandöffnungen eingebaut bzw. verankert, aber nicht dicht. Der Dieselöllagerraum im Keller wurde nicht hergestellt sondern für die Betankung diente ein im Freien aufgestellter, einfacher Stahlbehälter in einer Auffangwanne mit provisorischer Überdachung samt elektrischer Zapfsäule. Der Zapfsäulenvorplatz war mangelhaft befestigt. Im Garagenteil war der Unterbeton vorhanden, die flüssigkeitsdichten Estriche fehlten. In der Reparaturbox waren offensichtlich seit dem Jahre 1983 keine Sanierungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt worden. Die Besichtigung der Montagegrube war infolge eines eingestellten LKWs nicht möglich. Neben sonstigem Lagergut waren in den Garagen 3 LKWs und ein Radlader eingestellt.

Die Garagen wiesen nicht die vorgeschriebenen Brandabschlüsse auf. Am südlichen Vorplatz sowie der östlichen Gartenfläche waren außer Schotter, Sand und Granitsteinen beim Bauaufzug, Kabelrollen und Alteisen gelagert.

Die Bezirkshauptmannschaft L. erließ daraufhin am 8.2.1993 einen Feststellungsbescheid, der das Erlöschen der seinerzeitigen Betriebsanlagengenehmigung aussprach, der aber angefochten wurde, den Instanzenzug durchlief und worüber der Verwaltungsgerichtshof aufgrund einer Beschwerde mit Erkenntnis vom 23.5.1995, Zl. 94/04/0252, ohne eine Sachentscheidung zu treffen, zum Schluß kam, daß ein Feststellungsbescheid nicht zulässig gewesen wäre, weil die Feststellung des Erlöschens einer Betriebsanlagengenehmigung nicht im öffentlichen Interesse liege und daher, weil ein Erlöschen einer Betriebsanlagengenehmigung ipso jure eintrete, ein Feststellungsbescheid nicht zulässig gewesen ist.

Anläßlich einer neuerlichen Überprüfung der Betriebsanlage am 13.2.1996 durch eine Amtsabordnung der Bezirkshauptmannschaft L., fand sich der Zubau größtenteils baulich fertiggestellt. An der Ostfassade wurden noch Außenverputzarbeiten verrichtet. Die ursprünglich bereits bestandenen zwei Garagenräume, welche als Waschräume und Reparaturbox dienen sollten, waren nicht umgebaut und nicht saniert. Waschraum, Toiletten und Personalraum waren in das Untergeschoß verlegt. Die Montagegrube aufgelassen. Im Garagenbereich waren Fahrzeuge eingestellt und Altwaren sowie Gerümpel gelagert. Am Überprüfungstag wurden an einem Bagger Servicearbeiten durchgeführt. Zwischenzeitig waren der neue Teil der Garage mit einem Estrich versehen und Fenster eingebaut worden. Die Altgaragen waren noch nicht saniert. Der Stahlöllagerbehälter befand sich in einer Stahlauffangwanne mit provisorischer Überdachung und war nach Aussage des Betreibers entleert, da die Kraftstoffversorgung der betriebseigenen Fahrzeuge außer Haus erfolgte. Im Freien wurden zahlreiche Altwaren, Alteisen, Baumaterialien und Geräte gelagert.

Daraufhin erging die Aufforderung zur Rechtfertigung an den Beschuldigten vom 22.2.1996 wegen konsenslosen Betriebes der Betriebsanlage am 13.2.1996. In einer im Betriebsanlagenverfahren erfolgten Äußerung des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschuldigten, rügt dieser das Fehlen von Feststellungen zur Frage der Betriebsaufnahme innerhalb der 3-Jahres-Frist. Fest steht, daß das Garagen- und Werkstättengebäude im Rohbau errichtet war und darin LKWs und Bagger eingestellt waren.

Durch kein Beweismittel ist allerdings bescheinigt, daß der Beschuldigte den mit Bescheid vom 31.1.1983, Ge-3557/4-1982, genehmigten Garagentrakt nicht innerhalb dreijähriger Frist ab Rechtskraft dieses Bescheides im Rohbau errichtet und wenn auch unter Mißachtung zahlreicher Auflagen und allenfalls Projektsänderungen innerhalb der dreijährigen Frist nicht in Betrieb genommen hätte.

Auch eine mehr als dreijährige Betriebsunterbrechung ist nicht bescheinigt.

Diese Umstände bilden das wesentliche Kriterium, ob eine Anlage, wie vorgeworfen, völlig konsenslos war (§ 366 Abs.1 Z2 GewO 1994) oder ob nicht die Subsumtion unter ein anderes Tatbild, etwa des konsenslosen Betriebes einer geänderten Betriebsanlage (§ 366 Abs.1 Z3 GewO 1994) hätte erfolgen müssen oder die Nichterfüllung von Auflagen im Sinn des § 367 Z25 GewO 1994 geahndet hätte werden müssen.

Zum Genehmigungszeitpunkt lautete der für die Beurteilung maßgebliche § 80 Abs.1 GewO 1973 wie folgt:

Wird mit dem Betrieb der Anlage nicht binnen drei Jahren nach erteilter Genehmigung begonnen oder der Betrieb der Anlage durch mehr als drei Jahre unterbrochen, so erlischt die Genehmigung der Betriebsanlage.

Durch die Gewerberechtsnovelle 1988 fand die Passage "in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagezweckes wesentlichen Teiles der Anlage aufgenommen" Eingang.

Die Aufnahme des letzterwähnten Textes geschah aufgrund der zuvor vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Spruchpraxis, daß für die Inbetriebnahme im Sinne der für die Genehmigungs- bzw. Erlöschenswirkung maßgeblichen Zeit die tatsächliche Inbetriebnahme der genehmigten Anlage zu verstehen ist, wobei es genügt, wenn ein wesentlicher Teil der Anlage in Betrieb genommen wird. Ist also z.B. bei einem Steinbruch eine Brechanlage und eine Sortieranlage genehmigt worden, dann stellt die Inbetriebnahme lediglich der Brechanlage eine Inbetriebnahme im Sinn des § 80 dar.

Übertragen auf den gegenständlichen Gewerbebetrieb bedeutet dies, daß dem Rechtsmittelwerber nichts entgegengehalten werden kann, wenn er meinte, daß für das von ihm innegehabte Güterbeförderungsgewerbe und das Gewerbe der Erdarbeiten der Rohbau des Garagentraktes bzw. der Einstellplätze innerhalb von 3 Jahren nach Genehmigung genügte, um die Fahrzeuge vor Witterung geschützt auch tatsächlich einzustellen, damit von einer Inbetriebnahme von wesentlichen Teilen der Anlage gesprochen werden konnte.

Die Nichterrichtung bzw. der Verzicht auf eine eigene Tankanlage infolge kostengünstigerer Fremdbedienung bedeutete nicht, daß es an wesentlichen Teilen der Betriebsanlage, die für die Ausübung des Gewerbes regelmäßig erforderlich sei, fehlte und er damit der seinerzeitigen Betriebsanlagengenehmigung verlustig gegangen wäre. Obwohl bei der Anlage Zustände herrschen, die offensichtlich der Rechtsordnung nicht entsprechen, durfte im Berufungsverfahren eine Auswechselung der Tat nicht erfolgen und war mit der Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G u s c h l b a u e r

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