Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221444/2/Kl/Rd

Linz, 12.02.1998

VwSen-221444/2/Kl/Rd Linz, am 12. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 15.4.1997, Ge96-36-1-1996, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II. Es ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG. zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 15.4.1997, Ge96-36-1-1996, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 3.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 iVm § 124 Z11 GewO 1994 verhängt, weil er vom 6.4.1996 bis 12.5.1996 in H, durch den Verkauf von Milch- und Milchprodukte, Brot, Eier, Honig, Fleisch- und Wurstwaren sowie Brot- und Backwaren das Handelsgewerbe ausgeübt hat, obwohl er hiezu keine Gewerbeberechtigung besitzt. Diese Tätigkeit wurde mit der Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen ausgeübt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher sich der Bw auf einen mündlichen Pachtvertrag vom 1.3.1994 sowie ein schriftliches Pachtverhältnis vom 16.10.1996 beruft. Weiters brachte er vor, daß der mit anderen Landwirten gegründete U im Kellerraum seines Wohnhauses als Verkaufsräumlichkeit eingerichtet und am 6.4.1996 eröffnet wurde, wie dies auch aus einer Postwurfsendung ersichtlich ist. Alle Vertragspartner dieses Projekts hätten mitzuarbeiten und eigene Gerätschaften einzubringen. Die Arbeits- und Verkaufsräume des Bauernladen werden gemeinsam genutzt und die der Kooperation entstehenden Erhaltungs- und Betriebskosten anteilig getragen. Der Verkauf der landwirtschaftlichen Erzeugnisse erfolge abwechselnd durch die Gesellschaftsmitglieder jeweils im Namen und auf Rechnung des Produzenten. Es werde daher die Ansicht vertreten, daß für den Mitverkauf von Waren eines anderen Landwirtes im Rahmen des gemeinsam betriebenen Bauernladens keine Gewerbeberechtigung erforderlich ist. Dies folge aus einer analogen Anwendung der §§ 32 und 33 GewO 1994 über die Nebenrechte der Erzeuger, welche auch für den Bw gelten. Auch wurden verfassungsrechtliche Erwägungen zum Begriff der Land- und Forstwirtschaft zum Versteinerungszeitpunkt 1.10.1925 angeführt, woraus erschließbar sei, daß auch Handelstätigkeiten der Land- und Forstwirte als nebengewerbliche Leistungen anerkannt waren. Schließlich wurde auf die Rechtsmeinung der Gewerbereferententagung 1994 hingewiesen, wonach der Verkauf fremder Produkte den Landwirt somit mit keinem Unternehmerrisiko behaftet. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde und im übrigen in der Berufung lediglich die rechtliche Beurteilung im angefochtenen Straferkenntnis angefochten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Gemäß § 1 leg.cit. gilt dieses Bundesgesetz, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten. Gemäß § 2 Abs.1 Z1 leg.cit. ist dieses Bundesgesetz - unbeschadet weiterer Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die Land- und Forstwirtschaft (Abs.2 und 3) und die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft (Abs.4) nicht anzuwenden.

Gemäß § 2 Abs.4 Z1 leg.cit. sind unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft iSd Bundesgesetzes die Verarbeitung und Bearbeitung hauptsächlich des eigenen Naturproduktes bis zur Erzielung eines Erzeugnisses, wie es von Land- und Forstwirten in der Regel auf den Markt gebracht wird, soweit die Tätigkeit der Verarbeitung und Bearbeitung gegenüber der Tätigkeit der Erzeugung der Naturprodukte jeweils innerhalb des pflanzlichen oder tierischen Produktionsbereiches wirtschaftlich untergeordnet bleibt, zu verstehen. 4.2. Abgesehen von der Frage der Ausübung der Landwirtschaft durch den Bw bzw. dessen landwirtschaftlicher Betriebsführung sowie auch der Anwendbarkeit der GewO bzw. des Zutreffens der Ausnahme der landwirtschaftlichen Nebengewerbe, wozu in einem im parallellaufenden Strafverfahren ergangenen Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 11.2.1998, VwSen-221415, ausführliche Erwägungen getroffen wurden, ist aber der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses mit wesentlichen Mängeln behaftet, die zu einer Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens führen mußten.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

4.2.1. Danach hat nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH bei der Übertretung der unbefugten Gewerbeausübung der Spruch des Straferkenntnisses nicht nur die einem bestimmten Gewerbe zurechenbare Tätigkeit in einer konkreten Umschreibung samt der Nennung des konkreten ausgeübten Gewerbes zu umfassen, sondern auch jenen konkretisierten Sachverhalt, der die Gewerbsmäßigkeit dieser Tätigkeit ausmacht, also daß diese Tätigkeit selbständig, regelmäßig und mit der Absicht, einen Ertrag oder wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen iSd § 1 GewO ausgeführt wurde. Dabei genügt es aber nicht, daß lediglich der Gesetzeswortlaut zitiert wird, sondern es ist erforderlich, daß auch der konkrete Sachverhalt, der diese gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, dem Bw vorgeworfen werden (zB. worin der wirtschaftliche Vorteil liegt).

Zu der im gegenständlichen Straferkenntnis vorgeworfenen Ausübung des Handelsgewerbes hat der VwGH ausgesprochen, daß mit der allein auf ein Anbieten und ein Verkaufen abgestellten Tatumschreibung nicht das für den Begriff "Handel" wesentliche Merkmal erfaßt wird, daß die angebotene bzw. verkaufte Ware zu dem Zweck erworben wurde, diese an andere Wirtschaftsmitglieder weiterzugeben (VwGH vom 5.11.1991, 91/04/0154). Auch der Vorwurf des "Verkaufes" der Gegenstände allein indiziert noch nicht die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit iSd § 366 Abs.1 Z1 GewO (VwGH vom 29.1.1991, 90/04/0126). Es kann daher auch die Begründung des Straferkenntnisses, welche nach der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ergangen ist, nicht den Spruch des Straferkenntnisses ersetzen. Auch die innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gesetzten Verfolgungshandlungen haben eine konkrete Tatumschreibung nicht enthalten. Insbesondere wäre aber im Hinblick auf das Merkmal der Selbständigkeit der Ausübung der Tätigkeit im Hinblick auf den Umstand, daß der Verkauf der Waren nicht auf eigene Rechnung und Gefahr des Bw, sondern im Namen und auf Rechnung und Risiko der übrigen Landwirte erfolgte, es erforderlich gewesen, im Sinn der Begründung des Straferkenntnisses auf die Vermittlertätigkeiten als konkretisierte Tatumschreibung einzugehen.

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis wegen eingetretener Verfolgungsverjährung aufzuheben und das Verwaltungsverfahren einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war vom Bw kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: "Verkauf" ist noch kein Handelsgewerbe;"Vermittlertätigkeit" (auf fremde Rechnung und Gefahr) als Handel muß im Spruch konkretisiert werden

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