Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221456/2/SCHI/Km

Linz, 02.04.1998

VwSen-221456/2/SCHI/Km Linz, am 2. April 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung der Frau R S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrat-Bezirksverwaltungsamt) der Landeshauptstadt Linz vom 15.4.1997, GZ: 100-1/16-330051161, wegen Übertretung der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Zusätzlich zum Verfahren vor der belangten Behörde ist ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren von 20 % der verhängten Strafe, d.s. 200 S zu leisten.

Rechtsgrundlagen: Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 19, 20, 21, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 15.4.1997 wurde die Berufungswerberin (Bw) schuldig erkannt, sie habe laut einer Anzeige der Kammer der Wirtschaftstreuhänder am 1.8.1996 in der Zeitung "korrekt" (Seite 63) ein Inserat geschaltet ("Übernehmen Ihre Buchhaltungsarbeiten von Vorbereitung bis Rohbilanz. Tel."), in welchem sie die Erledigung von Buchhaltungsarbeiten angeboten habe, für die sie nach der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung nicht befugt sei und die gemäß § 33 Abs.1 Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung (WTBO), BGBl.Nr. 125/1955 idgF, den Wirtschaftstreuhändern vorbehalten wären. Sie habe dadurch § 56 iVm § 33 Abs.1 WTBO verletzt, weswegen über sie gemäß § 56 WTBO eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt worden ist. Ferner wurde die Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet, einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren in Höhe von 100 S zu leisten.

1.2. Begründend wird nach Zitierung der einschlägigen Rechtsnormen im wesentlichen ausgeführt, daß der Tatbestand aufgrund einer Anzeige sowie des Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzunehmen sei. Durch Schaltung des im Spruch festgehaltenen Textes habe die Bw somit Tätigkeiten angeboten, die den Wirtschaftstreuhändern vorbehalten seien. Gemäß § 56 WTBO sei das bloße Ankündigen einer solchen Tätigkeit bereits strafbar, ohne daß es im jeweiligen Fall zu einer konkreten Auftragsvergabe kommen müsse. Zur Stellungnahme vom 15.1.1997 sei zu bemerken, daß es beim Anbieten einer den Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Tätigkeit allein auf den objektiven Wortlaut der Anzeige ankomme. Für die Erfüllung des Tatbestandes sei es unbeachtlich, welche Absicht der Annoncierende mit dem Inserat verfolgt (VwGH 17.5.1988, 87/04/0187). In diesem Sinne könnten daher auch die in der Stellungnahme erhobenen Einwände nicht als schuldausschließende Rechtfertigungsgründe anerkannt werden. Die Unkenntnis eines Gesetzes könne nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemand die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben sei. Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung sei bekannt, daß die Führung kaufmännischer Bücher (wie auch die Anlage oder die Überprüfung und Bearbeitung dieser) in der Regel durch Steuerberater erfolge. Schon allein aufgrund ihrer früheren beruflichen Tätigkeit (langjährige Berufserfahrung in Buchhaltung) hätten bei der Bw zumindest Zweifel über die diesbezügliche Berechtigung aufkommen müssen, weshalb in der Unterlassung von Erkundigungen zumindest ein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden könne (VwGH 17.5.1988, 87/05/0187). Strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit und straferschwerend kein Umstand gewertet worden. Die verhängte Geldstrafe sei dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angepaßt. Die der Behörde mitgeteilten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien angemessen berücksichtigt worden.

2. Dagegen hat die Bw mit Schriftsatz vom 23.4.1997 rechtzeitig Berufung erhoben und im wesentlichen ausgeführt, daß der Vorbehalt in § 33 Abs.1 lit.b WTBO, wonach Buchhaltungsarbeiten den Wirtschaftstreuhändern vorbehalten seien, einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit darstelle und somit verfassungswidrig sei. Überdies habe sie die Tätigkeit im Rahmen der häuslichen Nebenbeschäftigung im Sinn des § 2 Abs.1 Z9 GewO 1994 ausgeübt. Unter häuslicher Nebenbeschäftigung würden Tätigkeiten verstanden, die ohne zusätzliche Hilfskräfte, nebenberuflich meist zu Hause ausgeübt würden. Diese Tätigkeiten fielen grundsätzlich in die Landeskompetenz (Filzmoser, ecolex 96, 388). Da sie aufgrund von Tätigkeiten, die gar nicht von der WTBO erfaßt würden, nicht nach der WTBO bestraft werden könne, stelle sie die Anträge, der unabhängige Verwaltungssenat möge den Bescheid beheben, in eventu gemäß Art.140 B-VG ein Gesetzesprüfungsverfahren beim VfGH einleiten, zumal der Vorbehalt im § 31 Abs.1 lit.d WTBO verfassungswidrig sei. In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf einen Aufsatz "Buchhaltung und Gewerberecht" von Dr. Filzmoser, erschienen im RdW 5/1997, hingewiesen. In diesem Aufsatz wird insbesondere unter Punkt IV. (Verfassungsrechtliche Überlegungen) ausgeführt: Nach der ständigen Judikatur des VfGH sind gesetzliche Einschränkungen der Erwerbsfreiheit (Art.6 StGG) sowie der Freiheit der Berufswahl (Art.18 StGG) nur insoweit verfassungskonform, als sie im öffentlichen Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind. Insbesondere muß die Ausübung eines Gewerbes - auch die gewerbsmäßige Buchhaltung wäre ein Gewerbe im Sinn der Gewerbekompetenz des Bundes - dann möglich sein, wenn zwar der standardisierte Befähigungsnachweis nicht erbracht wird, aber auf andere Weise sichergestellt ist, daß die notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen für die Gewerbeausübung vorhanden sind. Soll nur eine bestimmte Teiltätigkeit eines Gewerbes ausgeübt werden, besteht jedenfalls nach der GewO die Möglichkeit, eine Nachsicht vom Befähigungsnachweis für diese Teiltätigkeit zu erlangen (§ 28 GewO 1994). In diesen Fällen hält es der VfGH (ZfVB 1996/436=WBl 1996, 86) für unzulässig, vom Nachsichtswerber zu verlangen, daß er nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit über die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt, die in einem für die Ausübung des Gewerbes insgesamt berechtigenden Befähigungsnachweis vorgeschrieben sind und daher über die für die Teiltätigkeit notwendigen Kenntnisse usw. hinausgehen. Allgemein hält der VfGH dazu fest, "eine gesetzliche Bestimmung, die derartiges verlangt, ist als nicht mehr adäquate Beschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit anzusehen". Diese Überlegung gilt uneingeschränkt auch für ein Buchhaltungsgewerbe, welches im Hinblick auf den geforderten Befähigungsnachweis nur eine relativ kleine Teiltätigkeit des Wirtschaftstreuhänderberufes darstellt. Diese Argumentation wird noch dadurch untermauert, daß der VfGH in ständiger Judikatur Konkurrenzschutz als grundsätzlich nicht im öffentlichen Interesse gelegen ansieht. Ausnahmen von dieser Judikaturlinie wurden nur in ganz besonderen, hier nicht relevanten Bereichen anerkannt (zB Schutz von Leben und Gesundheit, schwere volkswirtschaftliche Schäden - bei Bankenzulassung, Binnenschiffahrt, Schrottlenkung, usw.). Von besonderem Interesse idZ ist auch ein Erkenntnis des VfGH aus dem Jahr 1989, wonach es sachlich nicht zu rechtfertigen sei, daß die Bewilligung der selbständigen Tätigkeit eines "Skiguide" nur unter den strengen Voraussetzungen erteilt werden darf, die für die Erteilung der Bewilligung zur Führung einer Schischule gefordert werden. Insoweit läge nämlich eine unverhältnismäßige Einschränkung des Grundrechts auf Freiheit der Erwerbsausübung vor. Dieser Fall scheint durchaus vergleichbar mit der hier diskutierten Problematik zu sein. Es kann doch für den Teilbereich "Buchhaltung" nicht erforderlich sein, die gesamte, für einen Wirtschaftstreuhänder notwendige Ausbildung (einschlägiges Hochschulstudium, mehrjährige Praxis und Befähigungsprüfung mit einer Fülle von Fächern, die weit über jene Kenntnisse und Fähigkeiten, die für ein Buchhaltungsgewerbe notwendig wären, hinausgehen), absolvieren zu müssen.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Da eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt worden war und die Bw nicht ausdrücklich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt hatte, war von einer solchen abzusehen (§ 51e Abs.2 VStG), zumal der rechtserhebliche Sachverhalt unbestritten geblieben ist und sich die Berufung ausschließlich gegen eine unrichtige rechtliche Beurteilung richtete.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen. Diesen Sachverhalt, der im übrigen von der Bw gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 1 der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung (WTBO), BGBl.Nr. 125/1955 idgF, ist der Beruf der Wirtschaftstreuhänder ein freier Beruf und unterliegt nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung. Die Befugnis zu seiner Ausübung wird aufgrund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erworben.

Gemäß § 56 WTBO begeht, wer ohne zu einer nach diesem Bundesgesetz den Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Tätigkeit befugt zu sein, eine solche Tätigkeit anbietet oder ankündigt oder gewerbs- oder geschäftsmäßig ausübt, oder wer eine solche unbefugte Ausübung deckt, eine Verwaltungsübertretung und ist, unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen oder sonstigen Ahndung, mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S, in schweren Fällen daneben auch mit einer Arreststrafe bis zu einem Monat, zu bestrafen.

Gemäß § 33 Abs.1 WTBO sind den Steuerberatern und Steuerberatungsgesellschaften unbeschadet der Bestimmungen der §§ 31 und 32 folgende berufsmäßig ausgeübte Tätigkeiten vorbehalten:

a) ...... b) die Beratung auf dem Gebiet des Buchführungs- und Bilanzwesens; c) die Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiete des Abgabenrechts sowie Vertretung ihrer Auftraggeber im Abgaben- und Abgabenstrafverfahren vor den Finanzbehörden des Bundes und der übrigen Gebietskörperschaften; d) die Anlage, die Führung und der Abschluß kaufmännischer Bücher für ihre Auftraggeber; e) ......

4.2. Gemäß Art.6 StGG kann jeder Staatsbürger an jedem Orte des Staatsgebietes seinen Aufenthalt und Wohnsitz nehmen, Liegenschaften jeder Art erwerben und über dieselben frei verfügen, sowie unter den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig ausüben. Durch diese Bestimmung ist die Freiheit der Erwerbstätigkeit für inländische (natürliche und juristische) Personen verfassungsrechtlich verankert; die genannte Bestimmung enthält aber einen Gesetzesvorbehalt. Nach VfSlg. 4163 ist der (nach der Kompetenzverteilung zuständige) Gesetzgeber befugt, eine Regelung der Ausübung der Berufe vorzunehmen und vorzuschreiben, daß die Berufsausübung nur unter gewissen Voraussetzungen erlaubt oder unter gewissen Umständen verboten ist; der Gesetzgeber ist dabei - dem Wesensgehalt des Grundrechts entsprechend - an die sachlichen Grenzen der Materie gebunden (VfSlg, 7304, 9233).

5.1. Es ist zwar mit der Bw bzw. mit dem Aufsatz von Filzmoser betreffend verfassungsrechtliche Überlegungen hinsichtlich Buchhaltung und Gewerberecht davon auszugehen, daß der VfGH in seiner jüngeren Judikatur den Umfang des Gesetzesvorbehaltes zum Grundrecht der Erwerbsfreiheit differenzierter als früher ausgelegt hat; nunmehr scheint der VfGH gesetzliche Beschränkungen des Grundrechtes auf Erwerbsfreiheit unter zwei Voraussetzungen als zulässig anzusehen: die Beschränkung muß ausschließlich im öffentlichen Interesse liegen (VfSlg. 10.386) und die vorgesehene beschränkende Maßnahme muß ein zur Verfolgung dieses öffentlichen Interesses taugliches und adäquates Mittel sein (VfSlg. 10.932, 11.483 ua). Regelungen, die den Antritt einer Erwerbstätigkeit beschränken, werden dabei strenger geprüft als Regelungen, die die bloße Ausübung betreffen.

5.2. Als öffentliches Interesse, das eine Einschränkung des Grundrechtes auf Erwerbsfreiheit zulassen kann, wurde vom VfGH grundsätzlich zB die Sicherung der Versorgung mit bestimmten Gütern und Dienstleistungen, der Schutz vor Belästigung, Bedrängung von Kunden usw. genannt. Ob eine grundrechtsbeschränkende Maßnahme ein taugliches und adäquates Mittel ist, ist im Hinblick auf das als relevant erklärte öffentliche Interesse zu beurteilen. Ob schließlich das Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und adäquat ist, beurteilt der VfGH nach gleichheitsrechtlichen Kriterien (zB. Schischulen, VfSlg. 11.652). Hier versucht der VfGH mit Hilfe der von ihm entwickelten Gleichheitsformeln eine typisierte Auslegung des Gleichheitsgrundsatzes. Zulässig ist es daher, daß der Gesetzgeber bei einer Regelung von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und auf den Regelfall abstellt; daß dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig. Weiters steht dem Gesetzgeber hier ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu; in seinen rechts- und wirtschaftspolitischen Zielsetzungen ist der Gesetzgeber frei, soweit die Regelungen nicht exzessiv sind (Exzessverbot; vgl. VfSlg. 10.478, 10.602 ua). 5.3. Im gegenständlichen Fall ist zunächst auf die historische Entwicklung zu verweisen. Lediglich bis zum Inkrafttreten der GewO-Novelle 1934 (BGBl.Nr. 322/1934) konnten selbständige Steuerberatungs- und Buchhaltungstätigkeiten im Rahmen freier Gewerbe ausgeübt werden. Aufgrund des komplizierter werdenden Wirtschaftslebens wurde gemäß § 1a Abs.1 lit. b Z 34 GewO 1859 idF der GewO-Novelle 1934 die Tätigkeit der Buchsachverständigen, Buchrevisoren, Finanz- und Wirtschaftsberater zum gebundenen Gewerbe erhoben. Mit Einführung der (deutschen) Reichsabgabenordnung (RAO) - dem Vorgängergesetz der WTBO - bedurften gemäß § 107a Abs.1 RAO Personen, die geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen leisten, insbesonders geschäftsmäßig Rat in Steuersachen erteilen, dazu der vorherigen allgemeinen Erlaubnis des Finanzamtes. Sie sind, wenn ihnen diese Erlaubnis erteilt ist, befugt, die Bezeichnung "Helfer in Steuersachen" zu führen. Diese reichsdeutschen Vorschriften wurden 1945 zunächst übernommen und schließlich durch die WTBO im Jahr 1955 ersetzt. Die Bestimmungen des § 1a Abs.1 lit.b Z34 GewO 1859 wurden gleichzeitig mittels Gesetz vom 22.6.1955, BGBl.Nr. 127, aufgehoben.

6.1. Die derzeitige Regelung in der WTBO stellt zugegebenermaßen ziemlich hohe Anforderungen: Als Vorbildung für die Zulassung zum Fachprüfer für Steuerberater war bis 1990 (lediglich) Matura erforderlich, seit 1991 wird Hochschulabschluß verlangt, wobei bestimmte Wissenschaften zur Wahl stehen. Weitere Vorbedingung für die Prüfungszulassung ist die praktische Erfahrung. Der Kandidat muß vier Jahre als Berufsanwärter in einer Steuerberatungskanzlei mitgearbeitet haben. In der praktischen Arbeit und in zusätzlichen Lehrgängen erwirbt oder vertieft er umfassende Kenntnisse des Steuerrechts, der Betriebswirtschaft und einer Reihe einschlägiger Rechtsgebiete. Nach diesem langen Vorbereitungsweg steht der Kandidat noch vor einer ziemlich hohen Hürde, nämlich der Fachprüfung. Das Anforderungsniveau ist am besten daran erkennbar, daß es durchaus nicht allen Akademikern gelingt, diese Hürde zu nehmen (vgl. VwGH 14.1.1986, Zl. 85/04/0221).

6.2. Es muß zwar eingeräumt werden, daß dieses hohe fachliche Niveau für die (bloße) Buchführung nicht unmittelbar erforderlich scheint. Regelmäßig werden auch kaum Steuerberater selber Buchführungsaufgaben erfüllen. Der O.ö. Verwaltungssenat ist aber der Ansicht, daß in der Organisation und Überwachung der Buchführung diese hohe Qualifikation sehr wohl gefordert ist. Davon abgesehen ergeben sich aus der Führung der Geschäftsbücher oft Beratungsanlässe, denn die Geschäftsbücher bilden die Grundlage für den Jahresabschluß und zu einem wesentlichen Teil auch für betriebswirtschaftliche Auswertungen, für Planung, Controlling, etc. Sie sollen daher sehr wohl nach dem fachlichen als auch dem technischen System optimal für jede erforderliche Auswertung geeignet sein. Führt nämlich ein Unternehmer selber oder mit Hilfe von eigenen Angestellten seine Geschäftsbücher, so können sie auf das System des beauftragten Steuerberaters abgestimmt werden. Ist aber ein Dritter, ein selbständiger Buchhalter, dazwischengeschaltet, ist dies kaum möglich. Außerdem würden sich Haftungsprobleme für Folgen von Fehlern, die nie absolut vermeidbar sind, ergeben. Dem Steuerberater ist in diesem Zusammenhang eine Berufshaftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben. 6.3. Aus diesen Überlegungen hält der O.ö. Verwaltungssenat die diesbezüglichen Bestimmungen der WTBO nicht für verfassungswidrig, weil für diese Regelung der hohen Berufungsanforderungen - wie soeben dargestellt -hinreichende öffentliche Interessen vorhanden sind und die diesbezügliche grundrechtsbeschränkende Maßnahme ein taugliches und adäquates Mittel zur Zielerreichung darstellt, die aber, wenn auch durchaus an der Grenze der zur Exzessivität gelegen, aber im Hinblick auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (gerade noch) verfassungsrechtlich unbedenklich erscheint. In diesem Zusammehang ist auf einen kürzlich vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten versendeten Begutachtungsentwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe zu verweisen, der diesbezüglich eine gewisse Liberalisierung vorsieht, indem er unter anderem selbständige Buchhalter als Wirtschaftstreuhandberufe zuläßt und hiefür im 3. Abschnitt (§§ 27 bis 31) die entsprechenden Fachprüfungen sowie Prüfungsbefreiungen für selbständige Buchhalter enthält. Daraus ist ersichtlich, daß der Gesetzgeber trotz einer gewissen Liberalisierung dennoch sehr hohe Anforderungen an selbständige Buchhalter stellen will (sh. insbes. dazu die vorgesehenen Fächer im schriftlichen und mündlichen Prüfungsteil). 7. Insofern die Bw schließlich darauf hinweist, daß sie ihre Tätigkeit im Rahmen häuslicher Nebenbeschäftigung im Sinn des § 2 Abs.1 Z9 GewO 1994 ausübt, ist folgendes festzustellen:

7.1. Gemäß § 2 Abs.1 Z 9 GewO 1994 ist dieses Bundesgesetz auf die nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise in die Gruppe der häuslichen Nebenbeschäftigungen fallenden und durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebenen Erwerbszweige nicht anzuwenden. Zunächst ist darauf zu verweisen, daß nicht jede an sich gewerbliche Tätigkeit im Rahmen der häuslichen Nebenbeschäftigung ausgeübt werden kann, etwa hochspezialisierte technische Arbeiten. Es kommen hiefür nur jene Erwerbszweige in Betracht, die nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise für eine häusliche Nebenbeschäftigung typisch sind. Darin ist ein Hinweis auf das Herkommen zu erblicken. Es muß daher versucht werden, diese Begriffe durch Heranziehung der hiefür im Laufe der Zeit herausgebildeten Begriffsmerkmale zu konkretisieren (Gerscha/Steuer, Kommentar zur Gewerbeordnung, Wien 1997, Seite 27 ff). Schon eine historische Betrachtung (vgl. Heller/Laszky/Nathansky, Kommentar zur Gewerbeordnung, Band I, 1937) zeigt, daß es sich regelmäßig um relativ einfache Tätigkeiten (zB. Hausnäherinnen und Hausfriseurinnen; Wäscherinnen und Büglerinnen, wobei aber zB. die Verwendung eigener Wäscherollen oder Bügelmaschinen nicht erlaubt war), handeln muß. Die Gebäudeverwaltung wurde ausschließlich nur dann als häusliche Nebenbeschäftigung angesehen, wenn sie tatsächlich nebenberuflich dh. in einem untergeordneten Umfang zum Hauptberuf ausgeübt worden ist und auch das Einkommen von untergeordneter Bedeutung war. Weiters wurde durch die GewO-Novelle 1934 im Gesetz ausdrücklich festgelegt, daß die örtliche Übung für die Qualifikation maßgeblich und demnach ein Tatbestandsmerkmal war. Im übrigen wird dort ausgeführt, daß eine Begriffsbestimmung für häusliche Nebenbeschäftigung vielfach versucht worden ist, eine völlig befriedigende Definition aber weder in der Judikatur des BGH noch in der Literatur gegeben worden ist.

7.2. Unter Beachtung des Umstandes, daß die angeführten Beispiele sicher nicht mit Buchführungsarbeiten gleichgesetzt werden können, weiters insbesondere auch im Hinblick auf eine Erstellung der Rohbilanz, kann im vorliegenden Fall von einer derart einfachen Tätigkeit, daß sie als häusliche Nebenbeschäftigung iSd § 2 Abs.1 Z. 9 GewO qualifiziert werden könnte, nicht gesprochen werden. 8. Aus all diesen Gründen hat der O.ö. Verwaltungssenat die von der Bw aufgezeigten Bedenken hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit der WTBO nicht geteilt und von seinem Anfechtungsrecht nach Art. 129a Abs.3 iVm Art. 89 Abs.2 sowie Art. 140 Abs.1 B-VG nicht Gebrauch gemacht. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß es der Bw unbenommen bleibt, gemäß Art.144 B-VG beim VfGH eine Beschwerde einzubringen. Schließlich wird darauf hingewiesen, daß der O.ö. Verwaltungssenat bereits im Erkenntnis vom 10.2.1997, VwSen-221378/10/Gu/Mm, in einem gleichgelagerten Fall darauf hingewiesen hat, daß gegen die Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen der WTBO keine verfassungsrechtlichen Bedenken gehegt werden.

9. Da die Bw im übrigen zum Verschulden und zur Strafbemessung nichts weiter vorgebracht und die belangte Behörde ausführlich diese Elemente begründet hat, wird auf die Ausführungen im erstbehördlichen Straferkenntnis verwiesen. Weiters ist darauf hinzuweisen, daß im gegenständlichen Fall von der belangten Behörde eine äußerst niedrige Strafe verhängt wurde und somit ausreichend auf die geringen Einkommensverhältnisse der Bw Bedacht genommen wurde. Letztlich ist festzustellen, daß im ggst. Fall weder die Anwendung des § 20 VStG (kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe) noch des § 21 VStG (kein erhebliches Zurückbleiben des Verschuldens in Ansehung des in der vorliegenden Strafbestimmung enthaltenen typisierten Unrechts- und Schuldgehaltes) in Betracht kam.

10. Bei diesem Verfahrensergebnis war daher im Sinn des § 64 VStG zum Berufungsverfahren ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, d.s. 200 S, aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer Beschlagwortung: WTBO nicht verfassungswidrig; Buchhaltung keine häusliche Nebenbeschäftigung

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