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VwSen-221471/6/GU/Mm

Linz, 20.11.1997

VwSen-221471/6/GU/Mm Linz, am 20. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der Rechtsanwältin Frau Mag. M.N., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt L. vom 3. Juni 1997, Zl. 100-1/16-330051338, wegen Übertretung der Gewerbeordnung in Verbindung mit der Linzer Marktordnung nach der am 28. Oktober 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren gegen die Beschuldigte gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt. Die Rechtsmittelwerberin hat keine Kostenbeiträge zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 9 Z.9.4. Linzer Marktordnung; Art.89 Abs.1 B-VG; § 5, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt L. hat die Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 27.9.1996 von 09.05 Uhr bis 10.05 Uhr in L. auf dem Gelände des Detailmarktes U. (G.markt; auf dem Parkstreifen in der Mitte des Parkplatzes angrenzend an die Buschreihe) innerhalb der gemäß § 3 Linzer Marktordnung von 06.00 Uhr bis 13.00 Uhr bestehenden Marktzeit das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen .. geparkt zu haben, obwohl das Parken von Fahrzeugen während der Verkaufszeit im Marktgelände untersagt sei.

Wegen Verletzung des § 368 Z 13 GewO 1994 iVm § 9 Z.9.4. Linzer Marktordnung, wurde ihr deswegen in Anwendung des § 368 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe von 500 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 10 Prozent der ausgesprochenen Geldstrafe auferlegt.

In ihrer dagegen eingebrachten Berufung macht die Rechtsmittelwerberin im wesentlichen geltend, daß nicht erwiesen sei, daß sie das in Rede stehende Kraftfahrzeug am Tatort abgestellt habe. Grundsätzlich gelte auch für eine Zulassungsbesitzerin die Unschuldsvermutung. Wenn sie keine Auskunft gegeben habe, so könne ihr dies nicht nachteilig ausgelegt werden.

Im übrigen sei die L. Marktordnung bezüglich der Regelungen über den öffentlichen Parkplatz rechtswidrig, weil es sich beim Tatort - dem Parkplatz - nicht um das "eigentliche Marktgelände" handle. § 293 GewO 1994 räume für eine Marktordnung keine derartig weite Regelungsbefugnis ein. Es fehle demzufolge an der für ihre Bestrafung zulässigen erforderlichen Strafbestimmung. Umgekehrt sei der Bürgermeister der Landeshauptstadt L. nicht zuständig nach den Regeln der StVO eine Strafverfügung zu erlassen.

Aus dem § 2 1.5. der L. Marktordnung sei lediglich zu entnehmen, daß sich das Marktgelände zwischen R.straße 12-18 und dem Seniorenheim U. - genannt G.markt - befinde. Aus dieser Definition sei nicht zu entnehmen, daß hievon auch der Bereich der Parkplätze umfaßt sein solle. Vielmehr sei in Hinblick auf die übrigen in § 2 definierten Marktgebiete darauf zu schließen, daß lediglich das Marktgelände selbst, also jener Bereich auf dem sich die Stände befinden und Lebensmittel und dergleichen veräußert werden, von der zitierten Bestimmung umfaßt seien. Zu berücksichtigen sei ferner, daß das Parken auf dem Gelände des Detailmarktes für die Dauer einer halben Stunde zum Tätigen von Einkäufen gestattet sei. Es gehe aus dem festgestellten Sachverhalt nicht hervor, ob sie im vorgeworfenen Tatzeitraum nicht die von der Marktordnung vorgesehene erlaubte halbe Stunde zum Parken benützt habe. Darüber hinaus werden Verfahrensmängel reklamiert.

Im Ergebnis begehrt die Rechtsmittelwerberin wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Aufgrund der Berufung wurde am 28.10.1997 in Gegenwart eines Vertreters der Beschuldigten sowie eines Vertreters des Bürgermeisters der Landeshauptstadt L. die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und in deren Rahmen der Aktenvermerk des Marktkontrollorganes B. vom 3.10.1996 betreffend eine Kontrolle des Detailmarktgeländes vom 27.9.1996 zur Erörterung gestellt. Ferner wurde der maßgebliche Regelungsinhalt der L. Marktordnung, insbesonders § 1, § 2 Z1.1.4. sowie § 9 Z9.4. erörtert und in die Lichtbilder über die beim Gebäude aufgestellten Kundmachungstafeln (Verkehrszeichen samt Zusatztafeln) eingesehen. Demnach ergibt sich und ist es als lebensnah und damit erwiesen anzunehmen, daß der PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen .., von der Zulassungsbesitzerin - Rechtsmittelwerberin - am 27.9.1996 auf dem Parkplatz nächst dem Detailmarkt U. und zwar auf dem Parkstreifen in der Mitte des Parkplatzes angrenzend an die Buschreihe, abgestellt war, wo er zwischen 09.05 Uhr und jedenfalls 10.05 Uhr parkend von einem Marktkontrollorgan der Stadt L. gesichtet wurde.

Dieses Verhalten war daran zu prüfen, ob es für die in Rede stehende Fläche Vorschriften gibt, die entsprechend kundgemacht sind und die für die Tatzeit eine Beschränkung des Parkens vorsehen.

Ausgangslage für die Beurteilung war der Text der L. Marktordnung. Mit Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt L. vom 24.3.1994 wurde die L. Marktordnung 1983, Amtsblatt der Landeshauptstadt L. Nr.11/1983 in der Fassung Amtsblatt der Landeshauptstadt L. Nr. 15/1993 neu verlautbart.

Gemäß § 46 Abs.1 Z3 des Statutes für die Landeshauptstadt L. 1992, LGBl.Nr.7/1992 iVm § 331 Abs.1 und 2 und § 337 der GewO 1973, steht demnach eine Verordnung in Geltung, welche Regelungen für sämtliche Märkte im Sinn der Gewerbeordnung 1973 idgF im Bereich der Stadt L. enthält.

Gemäß § 2 Z1.4. betreibt die Stadt unter anderem zwischen R.straße 12 - 18 und dem Seniorenheim U. (G.markt) an Werktagen einen Detailmarkt.

Für diesen Detailmarkt gilt gemäß § 3 Z1.1.1. der L. Marktordnung an Werktagen eine Marktzeit von 06.00 Uhr bis 13.00 Uhr.

Als allgemeine marktbehördliche Bestimmung gemäß § 9 und zwar Punkt 9.4. der L. Marktordnung hat sich auf den Märkten jedermann so zu verhalten, daß Ruhe und Ordnung nicht gestört werden, insbesonders ist es untersagt im Marktgelände während der Verkaufszeiten mit Fahrzeugen, insbesonders Kraftfahrzeugen, Pferdefuhrwerken, Mopeds, Fahrrädern etc. zu fahren oder zu parken (ausgenommen davon sind Einsatzfahrzeuge im Sinn des § 26 StVO 1960 idgF sowie Fahrzeuge die der Marktreinigung dienen). Die Marktordnung wurde im Sinne des Statutes der Landeshauptstadt L. im Amtsblatt der Landeshauptstadt L. kundgemacht.

Als Kundmachungshilfen, die für den unmittelbar Betroffenen und Zufahrenden aktuelle Publizität genießen, wurden von der Behörde Symbole nach Art von Verkehrszeichen und Zusatztafeln im Bereich der Zufahrten zum Parkplatzgelände aufgestellt. So wurden auf Metallstehern das Vorschriftszeichen roter Grund mit weißem Querstrich "Einfahrt verboten", nachgebildet dem § 52 lit.a Z2 StVO 1960, angebracht. Darunter ist die Zusatztafel mit folgendem Inhalt angebracht: Marktgelände - Zufahrt und Parkverbot ausgenommen Fahrzeuge von Marktkunden für eine Höchstdauer von 30 Minuten auf gekennzeichneten Stellplätzen sowie für Lieferfahrzeuge während der Ladetätigkeit.

Im Gegensatz zum geltenden Text der L. Marktordnung, der (nur) während der Marktzeit ein Fahren und ein Parken, abgesehen von Einsatzfahrzeugen und Fahrzeugen der Marktreinigung, gänzlich verbietet, darüber hinaus jedoch für das Fahren und Parken keine Beschränkung trifft, gestatten die Kundmachungshilfszeichen durch Ausnahmebestimmung ein Befahren mit Fahrzeugen von Marktkunden und deren Parken von 30 Minuten und eine Benützung von Lieferfahrzeugen während der Ladetätigkeit, offenbar auch während der Marktzeit. Umgekehrt ist durch das Verkehrszeichen Einfahrt verboten zum Ausdruck gebracht, daß außerhalb der Marktzeit generell ein Verbot der Einfahrt auf die dahinterliegende Fläche besteht.

Der Text der L. Marktordnung wurde zwar im Amtsblatt der Landeshauptstadt L. kundgemacht und ist mit diesem Inhalt verbindlich. Andererseits sind die bei der Zufahrt des Parkplatzes angebrachten Zeichen und Beschriftungen Publizitätsakte, auf die, weil unter dem Regime der Behörde aufgestellt, ein gewissenhafter Bürger vertrauen darf.

Angesichts des Spannungsfeldes der gehörigen Kundmachung der L. Marktordnung im Amtsblatt der Landeshauptstadt L. im Sinne des § 65 Abs.1 des Statutes für die Landeshauptstadt L. 1992, welche Kundmachung der Marktordnung zur Wirksamkeit verhalf und der aktuellen, für den Durchschnittsbürger sich darbietenden Publizität eines Regelungswillens über eine bestimmte Örtlichkeit und dem damit verbundenen, auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben, war für die Beschuldigte ein Umstand gegeben, der im Ergebnis auf einen schuldbefreienden Irrtum hinausläuft. Im Wiederholungsfall wird sich die Beschuldigte allerdings auf diesen nicht berufen können, zumal ihr nunmehr die Rechtslage bekannt ist.

Die Aufstellung von Straßenverkehrszeichen mit Zusatztafeln vor dem gegenständlichen Parkplatz erweckt vordergründig den Eindruck des Bestandes einer straßenpolizeilichen Verordnung. Durch die dabei gestiftete Verwirrung zwischen anscheinenden mit tatsächlich geltenden generellen Normen schien dem O.ö. Verwaltungssenat infolge der zwischenzeitig eingetretenen Verfolgungsverjährung eine Neuformulierung des Spruches unter Berücksichtigung eines verbleibenden etwa doch schuldhaften - vom vertretbaren Rechtsirrtum entkleideten - zeitlich beschränkten Verhaltens nicht zulässig, weil dies im Ergebnis eine Auswechselung der Tat bedeutet hätte.

Angesichts der mit den Kundmachungshilfszeichen gestifteten Verwirrung, wird es für die belangte Behörde wohl angezeigt sein, eine Bereinigung der Situation herbeizuführen, um eine, der Marktordnung entsprechende Situation zu dokumentieren und im Falle des Zuwiderhandelns Übertretungen auch ahnden zu können. Dabei sollte auch überdacht werden, ob die Grenzen des Marktgebietes auch hinreichend bestimmt sind bzw. die Grenzen der Erforderlichkeit der Regelung im Rahmen der gewerberechtlichen Vorschriften nicht überschritten werden, wenn auch der in Rede stehende Parkplatz miteinbezogen wurde, zumal auf ihm kein Marktverkehr stattfindet und ob das gänzliche Freihalten des Parkplatzes nächst dem Marktgelände während der Marktzeit und zwar auch für Marktbesucher - wie dies aus dem Text der Marktordnung eindeutig hervorgeht - auch tatsächlich gewollt und sinnvoll erachtet wird. Im übrigen kann es dahingestellt bleiben, ob sich die beabsichtigte Regelung der Zufahrts- und Parkproblematik mit Rücksicht auf die Widmung der angrenzenden Gebäude und Flächen nicht zielführender mit den nach der StVO 1960 zur Verfügung stehenden Möglichkeiten lösen ließe ( § 43 Abs. 1 lit.b StVO 1960).

Da die Berufung im Ergebnis Erfolg hatte, ist die Rechtsmittelwerberin von der Pflicht befreit, Kostenbeiträge zum Berufungsverfahren zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer Beschlagwortung: Kundmachung einer Marktordnung in VO Blatt und durch nicht notwendige Kundmachungshilfen vor Ort. Abweichen der Kundmachungshilfen vom VO Text. Vertrauensschutz im öffentlichen Recht.

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