Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221480/20/Le/Km

Linz, 16.03.1998

VwSen-221480/20/Le/Km Linz, am 16. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Ernst Michael K, P, 4, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Michael M, L, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29.7.1997, Ge96-54-1997/Tr, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen Spruchabschnitt 3. richtet, Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Punkt aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

II. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, daß in der Einleitung zum Spruch nach den Worten "zu vertreten, daß" die Wortfolge "am 12.12.1996" eingefügt wird.

III. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfah- rens in Höhe von 2.400,-- S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e VStG. Zu III: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29.7.1997 wurden über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen zwei Übertretungen des § 367 Z25 Gewerbeordnung 1994 (im folgenden kurz: GewO) sowie wegen einer Übertretung des § 366 Abs.1 Z3 GewO zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 6.000 S und eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von zweimal 60 Stunden und einmal 100 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer der P-Betriebsgesellschaft mbH. & Co. KG. für das Einkaufszentrum in P, P, folgendes zu vertreten:

1. ein (näher bezeichneter) Auflagenpunkt eines (näher bezeichneten) Bescheides wurde nicht eingehalten, indem im Bereich der Achse G beim Kugelbrunnen 2 nicht genehmigte Verkaufsstände und im Bereich der Achse F/41 konsenslos ein Imbißstand mit der Bezeichnung "B" aufgestellt wurden, welche nicht genehmigt waren und somit die Ladenstraße nicht freigehalten worden sei. Dies sei anläßlich der gewerbebehördlichen Überprüfung am 12.12.1996 festgestellt worden.

2. ein (näher bezeichneter) Auflagenpunkt eines (näher bezeichneten) Bescheides wurde nicht eingehalten, weil auf der Aktionsfläche im Bereich des Brunnenplatzes (Achse H bis G) mehrere Tische auf der Aktionsfläche für die Firma N zwischen den Achsen E-F/32 und drei Tische beim Imbißstand "B" im Bereich der Achse F/41 entgegen der Auflagen aufgestellt waren. Auch dies sei bei der gewerbebehördlichen Überprüfung am 12.12.1996 festgestellt worden.

3. das Einkaufszentrum wurde nach erfolgter Änderung ohne der erforderlichen Genehmigung betrieben, indem ein näher beschriebener Imbißstand aufgestellt und betrieben worden sei, wodurch eine Gefährdung für das Leben und die Gesundheit von Personen im Gefahrenfalle nicht auszuschließen gewesen wäre. (Anmerkung: Eine Tatzeitumschreibung oder ein Hinweis auf einen Überprüfungszeitpunkt fehlte hier.) In der Begründung wurden die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zusammengefaßt und insbesonders auf die Feststellungen des Amtssachverständigen am 12.12.1996 verwiesen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 12.8.1997, mit der beantragt wird, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung der Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis aufzuheben sowie das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu von der Verhängung einer Strafe abzusehen oder die Verwaltungsstrafe entscheidend herabzusetzen.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen vorgebracht, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht dem § 44a VStG entspreche, da in den Spruchteilen 1 und 2 als Tatzeitpunkt lediglich der Überprüfungszeitpunkt angegeben sei, aus welchem Zeitpunkt sich nicht auf einen konkreten Tatzeitpunkt schließen lasse. Im Spruchteil 3 sei überhaupt kein Tatzeitpunkt bzw. Tatzeitraum angegeben. Der Bw brachte weiters vor, Geschäftsführer der P Betriebsgesellschaft mbH. & Co KG zu sein, wobei diese zur Ausübung des Gewerbes "Vermietung von beweglichen und unbeweglichen Gütern" in der gegenständlichen Betriebsanlage berechtigt sei. Die Ausübung weiterer Gewerbe durch die Gesellschaft sei in der gegenständlichen Betriebsanlage nicht vorgesehen, sondern würden die einzelnen Geschäftslokale von deren Betreibern eigenverantwortlich geführt und wären diese verpflichtet, die entsprechenden behördlichen Vorschriften einzuhalten. Die in den Punkten 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Handlungen seien daher von den einzelnen Bestandnehmern und keineswegs vom Beschuldigten zu vertreten. Im Hinblick auf die Erfordernisse des heutigen Wirtschaftslebens müsse die Erfüllung der gewerberechtlichen Vorschriften dem jeweiligen Bestandnehmer selbstverantwortlich überlassen werden. Eine derartige Übertragung sei auch in den jeweils abgeschlossenen Mietverträgen in mehreren Bestimmungen erfolgt.

Der Bw habe beim Abschluß der jeweiligen Mietverträge durch konkrete Vertragsbestimmungen vorgesorgt, daß die Bestandnehmer zur Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verpflichtet sind. Die Erstbehörde hätte es unterlassen, den dazu angebotenen Zeugen Mag. Markus A zu vernehmen und in Musterverträge Einsicht zu nehmen. Es werde daher eine Verletzung der Ermittlungspflicht zum Vorwurf erhoben. (Der Bw verwies im folgenden auf einzelne Bestimmungen des Mustermietvertrages, aus denen seiner Ansicht nach hervorgehe, daß er die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle beschränken konnte.) Der Bw hätte durch wiederholte Aufforderungen an die Mieter eindringlich auf diese eingewirkt, die verwaltungsrechtlichen Vorschriften auch einzuhalten. Darüber hinaus erfolgte auch eine ständige Kontrolle durch den Prokuristen der Gesellschaft, Herrn Mag. Markus A, der als Betriebs- und Centerleiter der "P" für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften auch ausdrücklich als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs.2 VStG bestellt worden sei.

Es sei österreichweit Verwaltungspraxis, daß sich bei Einkaufszentren die einzelnen Bestandnehmer selbst für allfällige Verwaltungsübertretungen rechtfertigen und verantworten müßten. Die Möglichkeit, bei Nichteinhaltung von behördlichen Auflagen durch einzelne Mieter diesen die Kündigung anzudrohen oder gar den Vertrag zu kündigen, sei wegen der Kündigungsbeschränkungen des MRG nicht durchführbar.

Hinsichtlich der in Punkt 3. angeführten Übertretung sei von den Behörden nicht ausreichend berücksichtigt worden, daß bezüglich dieses Imbißstandes zwischenzeitlich ein Genehmigungsbescheid erlassen worden sei.

Zur Strafbemessung führte der Bw aus, daß die Strafen der Höhe nach unangemessen wären und keinesfalls dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Taten entsprechen würden. Das Verschulden des Bw sei jedenfalls so gering, daß gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden könne.

Darüber hinaus regte der Bw an, die Bestimmung des § 370 Abs.2 GewO beim Verfassungsgerichtshof anzufechten, da diese gegen den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsgrundsatz verstoße. Während § 9 Abs.2 VStG die Möglichkeit vorsehe, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens bestimmte Personen zu verantwortlichen Beauftragten zu bestellen, sei dies nach § 370 GewO nicht möglich.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat zur vollständigen Klärung der Sach- und Rechtslage am 9.3.1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der die Zeugen Mag. Markus A und Karl P vernommen wurden. Der Bw hatte sich entschuldigt, war aber durch seinen Rechtsanwalt vertreten. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt.

3.2. Bei dieser Verhandlung gaben die Zeugen an, daß Herr P, der als Haustechniker in der P beschäftigt ist, jeden Morgen durch das Haus geht und unter anderem auch überprüft, ob die Auflagen eingehalten werden. Wenn er Gegenstände auf Flächen vorfinde, die nach dem Betriebsanlagenge-nehmigungsbescheid freizuhalten sind, so mache er die jeweiligen Geschäftsbe-treiber darauf aufmerksam, daß diese unverzüglich zu entfernen sind. Üblicherweise werde seinen Aufforderungen unverzüglich nachgekommen. Wenn er allerdings in Ausnahmefällen wiederum feststellen müsse, daß die Sachen wieder heraußen stehen, spreche er nochmals mit den Geschäftsbetreibern. In besonders hartnäckigen Fällen verständige er Herrn Mag. A. Herr Mag. Markus A gab als Zeuge an, Prokurist bei der P zu sein und von der Geschäftsführung damit beauftragt worden zu sein, für die Einhaltung der gewerbebehördlichen Vorschriften zu sorgen. Er könne aus dieser geschäftlichen Position heraus gegenüber den Firmen Druck ausüben und den eingemieteten Firmen Anordnungen erteilen. Er kontrolliere selbst auch sporadisch. Wenn Beanstandungen auszusprechen waren, so erfolgte dies bisher immer in der Form, daß die Mieter aufgefordert wurden, die konsenswidrigen Zustände zu beseitigen, wobei ihnen Fristen von wenigen Stunden aufgetragen worden seien. Rechtliche Schritte seien bisher noch nicht eingeleitet worden, auch nicht Besitzstörungsklagen oder Kündigungen ausgesprochen worden. Dies deshalb, da es sich bei den Mietern ja um Geschäftspartner handle.

Im Zuge der Verhandlung legte der Rechtsvertreter des Bw den Mietvertrag zwischen der S-C-P Planungs- und Errichtungsges.m.b.H. und der N Ges.m.b.H. Wien sowie den Mietvertrag zwischen der P und der R N.m.b.H. vor, in die Einsicht genommen wurde. Aus diesen Verträgen geht unter anderem hervor, daß es den Mietern untersagt ist, außerhalb des Mietgegenstandes gelegene Bereiche, insbesondere die Mall, Fluchtwege, Anlieferungsrampen für Verkaufs-, Lagerzwecke, etc., in Anspruch zu nehmen. Allerdings ist aus den vorgelegten Verträgen nicht ersichtlich, daß die Nichtbefolgung dieser Vertragspunkte irgendwelche Folgen auf den Mietvertrag hätte oder sonstige Sanktionen nach sich ziehen würde. In § 29 Abs.1 des Vertrages zwischen der P und der N.m.b.H. wird ausdrücklich festgestellt, daß lediglich die für das gegenständliche Mietobjekt zwingend normierten Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Subsidiär zu Vertragsbestimmungen gelten die Normen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches. Der Rechtsvertreter des Bw legte weiters vor zwei Schreiben je-weils vom 25.4.1994, mit denen zwei verschiedene Mieter aufgefordert wurden, die Feuerwehrspur jederzeit (ausgenommen zwischen 6.00 und 9.00 Uhr) freizuhalten. Er legte weiters vor ein Rundschreiben der P vom 21.12.1993 betreffend die Aufforderung an alle Mieter, die behördlichen Vorschriften einzuhalten, da bei einer behördlichen Überprüfung am 16.12.1993 unvorschriftsmäßiges und unerlaubtes Aufstellen diverser Kleiderständer, Plakatständer, usw. festgestellt worden wäre. Schließlich legte er auch eine Kopie des Gesellschafterbeschlusses der P Betriebsgesellschaft m.b.H. & Co KG vom 8.9.1997 bzw. 17.9.1997 vor, aus dem hervorgeht, daß Herr Mag. Markus A als Prokurist und als Betriebsleiter des Einkaufszentrums P die Aufgabe des Verkehrs mit sämtlichen Verwaltungsbehörden übertragen wird. Er ist damit alleine verantwortlich, daß die behördlich jeweils vorgeschriebenen Auflagen eingehalten, diese behördlichen Auflagen - soweit rechtlich möglich - den einzelnen Bestandnehmern überbunden und die Einhaltung der Vorschriften durch die Bestandnehmer auch wirksam kontrolliert wird. Er ist befugt, gegen Zuwiderhandeln der Bestandnehmer im Einvernehmen mit der Geschäftsführung die erforderlichen rechtlichen Schritte zu ergreifen.

Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse gab der Rechtsvertreter des Bw keine Auskünfte, sondern verwies darauf, daß die Höhe der Strafe nur in bezug auf den minderen Grad des Verschuldens angefochten worden sei.

Die einzelnen Tatvorwürfe wurden nicht bestritten.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Zu den Spruchabschnitten 1. und 2.:

Vorauszuschicken ist, daß der Bw bereits wegen ähnlicher Übertretungen, begangen am 27.7.1995, von der Erstbehörde bestraft worden ist und die dagegen erhobenen Berufungen vom unabhängigen Verwaltungssenat abgewiesen wurden. Auch den erhobenen Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof blieb der Erfolg versagt. In seinem Erkenntnis vom 10.12.1996, Zlen 96/04/0154, 0155-5, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, daß die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf die einzelnen Bestandnehmer ohne gesetzlicher Grundlage nicht möglich ist. Daß aber das Gesetz (ausnahmsweise) die Möglichkeit einer solchen Übertragung der Verantwortlichkeit eröffne, behauptet selbst der Beschwerdeführer nicht.

Auch im nunmehr gegenständlichen Fall blieb unbestritten, daß die P Inhaberin der in Rede stehenden Betriebsanlage ist. Die im Straferkenntnis erster Instanz zitierten Genehmigungsbescheide gelten für diese Betriebsanlage. Aus diesen Bescheiden ist nicht zu entnehmen, daß diese Betriebsanlage auf gewerbliche Tätigkeiten der P Betriebsgesellschaft m.b.H. & Co KG beschränkt wäre.

Der von der Erstbehörde zur Anwendung gebrachte Verwaltungsstraftatbestand des § 367 Z25 GewO stellt auf die Nichteinhaltung von in Ansehung von gewerblichen Betriebsanlagen vorgeschriebenen Auflagen ab, und zwar durch den aus einem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid jeweils Verpflichteten. Es steht außer Zweifel, daß durch diese Bescheide ausschließlich die P Betriebsgesellschaft m.b.H. & Co KG verpflichtet wurde, weshalb auch sie zur Einhaltung dieser Auflagen verpflichtet ist.

Durch die Feststellungen der Erstbehörde an Ort und Stelle ist erwiesen, daß am 12.12.1996 die in den Spruchabschnitten 1. und 2. beschriebenen Mißstände herrschten und damit gegen die bezeichneten Auflagen verstoßen worden ist.

Es steht damit fest, daß in beiden Fällen der objektive Tatbestand des § 367 Z25 GewO verwirklicht wurde und die P dafür einzustehen hat.

4.3. Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, daß der Bw unbestritten der gewerberechtliche Geschäftsführer der P ist, weshalb gemäß § 370 Abs.2 GewO die Geldstrafen gegen ihn zu verhängen sind.

Der Anregung des Bw, der unabhängige Verwaltungssenat möge die Bestimmung des § 370 Abs.2 GewO wegen Gleichheitswidrigkeit vor dem Verfassungsge-richtshof anfechten, wurde nicht gefolgt, weil sich der unabhängige Verwaltungssenat nach einer Prüfung der Gesetzesmaterialien und der einschlägigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Gleichheitsgrundsatz der Rechtsauffassung des Bw nicht anschließen konnte.

Dazu kommt - unter Außerachtlassung der rechtlichen Unmöglichkeit, daß der gewerberechtliche Geschäftsführer seine Verantwortung gemäß § 9 Abs.2 VStG überträgt -, daß der anläßlich der mündlichen Verhandlung vorgelegte "Gesellschafterbeschluß" vom 8./17.9.1997 keine wirksame Übertragung der Verantwortlichkeit nach § 9 Abs.2 und Abs.4 VStG darstellt, weil wesentliche Voraussetzungen fehlen (z.B. der Hinweis auf die Übernahme der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit oder auf § 9 Abs.2 und 4 VStG).

Wenn der Bw vorbringt, daß die inkriminierten Handlungen nicht von ihm, sondern von den einzelnen Bestandnehmern zu vertreten wäre, weil im Hinblick auf die Erfordernisse des heutigen Wirtschaftslebens die Erfüllung der gewerberechtlichen Vorschriften dem jeweiligen Bestandnehmer als Gewerbetreibenden selbstverantwortlich überlassen wären, so muß ihm diesbezüglich widersprochen und die oben unter 4.2. enthaltenen Ausführungen entgegengehalten werden.

Aber auch durch die in den einzelnen Mietverträgen enthaltenen Hinweise auf "behördliche Auflagen" (ohne diese im Detail zu benennen!) sowie die vertragliche Verpflichtung der Bestandnehmer zu deren Einhaltung wurde die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Bw für die Einhaltung dieser Auflagen nicht auf die Bestandnehmer abgewälzt: Es ist zwar richtig, daß - zumindest im vorgelegten Vertrag zwischen der P und der R N.m.b.H. (im Vertrag zwischen der S-C-P und der N Ges.m.b.H. fehlt auch dieser Hinweis!) - es dem Mieter untersagt ist, außerhalb des Mietgegenstandes gelegene Bereiche, insbesondere die Mall, Fluchtwege, Anlieferungsrampen für Verkaufs-, Lagerzwecke, etc. in Anspruch zu nehmen.

Dennoch fehlt bereits im Vertrag ein Hinweis auf allfällige Sanktionen, wenn dennoch diese vertraglichen Verpflichtungen mißachtet werden; weiters fehlt ein Hinweis auf die jeweils einzuhaltenden behördlichen Auflagen sowie deren Inhalt.

Ein bloßer Hinweis auf behördliche Auflagen, ohne diese ausdrücklich zu bezeichnen, ist aber keine konkrete Anordnung. Darüber hinaus fehlt für den inkriminierten Tatzeitraum ein Nachweis, daß der Bw die Bestandnehmer der verfahrensgegenständlichen Übertretungen nochmals eindringlich auf die Einhaltung konkreter Verpflichtungen hingewiesen hätte.

Zur Kontrolle der Einhaltung der behördlichen Auflagen hat der Bw seinen Prokuristen Mag. Markus A beauftragt, der wiederum den Haustechniker Karl P mit der Durchführung der Kontrolltätigkeiten betraut hat. Herr Mag. A hat nur sporadisch Kontrollen durchgeführt, insbesonders dann, wenn ihm Herr P von Fällen berichtet hat, in denen Bestandnehmer seinen Aufträgen zur Beseitigung von unzulässig aufgestellten Gegenständen nicht befolgt haben. Daß der Bw die Durchführung der Kontrolltätigkeit durch Herrn Mag. A überprüft hätte, hat er selbst nicht einmal behauptet.

Zu einem effizienten Kontrollsystem gehört aber nicht nur die Erteilung von Anweisungen und deren Kontrolle, sondern für den Fall der Nichtbeachtung auch das in-Aussicht-stellen einer Konsequenz. Der Zeuge Mag. A hat aber glaubwürdig angegeben, daß noch nie Besitzstörungsklagen erhoben oder Kündigungen ausgesprochen worden sind. Wenn aber diese zivilrechtlichen Möglichkeiten, die gerade im ersteren Fall einfach zu handhaben sind, nicht einmal in jenen Fällen angewendet werden, wo Fluchtwege durch konsenslose Einbauten verstellt und beengt werden, sodaß im Falle eines Brandes oder einer Panik Menschenleben akut gefährdet sind, so muß dem Bw entgegengehalten werden, daß sein Kontrollsystem nicht ausreichend ist. Der Bw konnte daher nicht mit gutem Grunde davon ausgehen, daß unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund zu erwarten war. Es ist daher dem Bw Verschulden zumindest in Form der Fahrlässigkeit iSd § 5 Abs.1 VStG anzulasten.

4.4. Die Berichtigung des Spruches in den Tatvorwürfen 1. und 2. erfolgte lediglich zur besseren Klarstellung der Tatzeit: Bereits aus der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter, aber auch im angefochtenen Straferkenntnis selbst wurde auf den Überprüfungszeitpunkt 12.12.1996 hingewiesen. Da die Behörde lediglich aufgrund einer Überprüfung von den Konsenswidrigkeiten Kenntnis erlangen kann, war dieser Zeitpunkt nach den Denkgesetzen der Logik identisch mit der Tatzeit. Nach ständiger Lehre und Judikatur zu § 44a Z1 VStG ist dieser Vorschrift dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wurde, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Beide Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt, weil der Bw diese Möglichkeiten hatte. Daß der Bw wegen desselben Verhaltens nicht nochmals zur Verantwortung gezogen werden konnte, ist bereits dadurch bestätigt, daß tatsächlich kein weiteres Strafverfahren wegen desselben Verhaltens eingeleitet wurde und - wegen bereits eingetretener Verfolgungsverjährung - auch nicht mehr eingeleitet werden könnte. Die Änderung des Spruches erfolgte in diesem Punkt somit lediglich zur formalen Klarstellung.

4.5. Zu Spruchabschnitt 3.:

In diesem Teil des Straferkenntnisses fehlt nicht nur die Tatzeitangabe, sondern auch die Bezugnahme auf eine datumsmäßig festgelegte Überprüfung. Da dieser Mangel bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter vom 18.3.1997 enthalten war, konnte wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung dieser Mangel durch die Berufungsbehörde nicht mehr saniert werden. Es war daher dieser Tatvorwurf aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einzustellen.

4.6. Der Bw hat die Strafbemessung gerügt und auf den minderen Grad seines Verschuldens hingewiesen. Dem ist entgegenzuhalten, daß die nach den Bestimmungen des § 19 VStG vorgenommene Strafbemessung eher als mild denn als überhöht zu bezeichnen ist. Nach dieser Gesetzesbestimmung ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 - 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Letztere konnten wegen der Verweigerung der diesbezüglichen Angaben nur geschätzt werden.

Ausgehend von einem Strafrahmen von bis zu 30.000 S (§ 367 Einleitungssatz GewO) erscheint die verhängte Strafe angesichts der möglichen Gefährdung von Menschenleben im Falle eines Brandes oder einer Panik ohnedies im untersten Bereich angesiedelt, weshalb eine Verringerung der Strafe nicht möglich war. Schließlich waren auch die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend zu berücksichtigen.

Von der Verhängung einer Strafe iSd § 21 VStG bzw. vom Ausspruch einer Ermahnung konnte nicht Gebrauch gemacht werden, da die Folgen der Übertretung insofern nicht unbedeutend waren, als eine Gefährdungsmöglichkeit für Leben und Gesundheit von Menschen durch die inkriminierten Handlungen tatsächlich stattgefunden hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4.7. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Zu III.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20% der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da hinsichtlich der Spruchabschnitte 1. und 2. das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt wurde und in diesen Geldstrafen in Höhe von jeweils 6.000 S verhängt worden waren, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 2.400,-- S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an: Beilage Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers; Kontrollsystem; Bestandnehmer; Auflagen

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