Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221483/17/SCHI/Km

Linz, 09.07.1998

VwSen-221483/17/SCHI/Km Linz, am 9. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Eingabe (Berufung) des K S, vertreten durch Rechtsanwälte P, V und Partner, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried vom 12.3.1997, Ge96-54-1996, wegen Übertretung nach der GewO 1994, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 15.6.1998, zu Recht erkannt:

Die Eingabe (Berufung) wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs. 4 und § 63 Abs.5 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 51 Abs.1 und Abs. 3, 51c sowie 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis vom 12.3.1997, Ge96-54-1996, wurde der Rechtsmittelwerber schuldig erkannt, er habe am 20.5.1996 im Standort R, Ablaugearbeiten durchgeführt und zum Zwecke des Abwaschens der Laugen einen Dampfstrahler verwendet, welcher aufgrund seiner Lärmentwicklung geeignet ist, die Nachbarschaft durch Lärm zu belästigen. Es handelt sich daher um eine gewerbebehördlich genehmigungspflichtige Betriebsanlage, eine solche Genehmigung wurde ihm jedoch nicht erteilt, der Bw habe somit eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben und dadurch § 74 Abs.2 Z2 iVm § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen) verhängt worden ist. Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 500 S verpflichtet. Dieses Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber nachweisbar am 13.3.1997 mittels RSb zugestellt.

2.1. Mit Eingabe vom 5.9.1997 hat sich der Einschreiter gegen das angeführte Straferkenntnis gewendet und darauf hingewiesen, er habe unmittelbar nach Erhalt des Straferkenntnisses gegenüber Herrn J der Gewerbeabteilung der Bezirkshauptmannschaft R erklärt, daß er eine Berufung machen wolle, weil er sich diesen Bescheid nicht gefallen lasse. Diese mündliche Berufung sei jedoch von Herrn Jetzinger nicht zu Protokoll genommen worden, weil dieser der Ansicht gewesen sei, daß dies nicht möglich sei. Gemäß § 51 Abs.3 VStG könne die Berufung jedoch auch mündlich eingebracht werden und habe die Behörde die Gründe für die Berufungserhebung in einer Niederschrift festzuhalten. Die Gewerbebehörde habe jedoch die mündliche Berufung gesetzwidrigerweise nicht in einer Niederschrift festgehalten. Des weiteren habe die Gewerbebehörde es unterlassen, ihrer Anleitungspflicht gegenüber dem Beschuldigten nachzukommen. Er hätte angeleitet werden müssen, eine den Formerfordernissen entsprechende Berufungserklärung zu erstatten, einen Berufungsantrag zu stellen und nach Gründen der Berufung zu fragen. Da der Beschuldigte gemäß § 51 VStG fristgerecht eine Berufung bei der zuständigen Behörde eingebracht habe, sei für ihn nicht nachvollziehbar, warum die Gewerbebehörde ihm nun bereits zwei Zahlungsaufforderungen übersende. 2.2. Hätte die Gewerbebehörde den Beschuldigten als Berufungswerber anläßlich der Erhebung der mündlichen Berufung über die Gründe der Bekämpfung befragt, so hätte dieser folgendes ausgeführt: Mit Eingabe vom 12.7.1983 habe der Beschuldigte um die gewerbepolizeiliche Genehmigung für die Durchführung von Ablaugarbeiten im Standort R, angesucht. In der Folge sei auch ein Sachverständiger für Immissionsschutz zugezogen worden, welcher keine Lärmbelästigung der Nachbarn feststellen habe können. In der Verhandlungsschrift vom 28.11.1995 sei festgehalten worden, daß nach Wiederaufnahme der Ablaugarbeiten nochmals eine Lärmmessung durch das Bezirksbauamt durchgeführt würde, da mittlerweile eine Umhausung der Anlage errichtet worden wäre und sich im Vergleich mit der Messung im Jahr 1983 möglicherweise geänderte Werte ergäben. Aufgrund dessen sei der Beschuldigte in der Folge auch davon ausgegangen, daß er die Ablaugarbeiten im Standort Ried, Griesgasse 6a, weiterhin durchführen dürfe, jedoch lediglich nochmals eine Lärmmessung durch das Bezirksbauamt Ried durchgeführt würde. Dies wäre auch der Zeugin Barbara Asanger bekannt. So habe diese ausgeführt, daß Schallmeiner seit Jahren Ablaugarbeiten in der Griesgasse durchführe. Diesbezüglich sei zusammen mit Herrn Dr. J eine Betriebszeit festgelegt worden. Danach dürfe er bis 17.00 Uhr bzw. am Freitag bis 15.00 Uhr ablaugen (NS vom 28.5.1996). Des weiteren werde darauf hingewiesen, daß es sich bei der Ablauganlage in der G um keine Betriebsanlage im Sinn der GewO handle. Es fehle am Tatbestandselement der "Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt". Es fehle eindeutig an dieser Regelmäßigkeit. Im übrigen unterliegen gewerbliche Betriebsanlagen nicht automatisch der Genehmigungspflicht; es müßten vielmehr bestimmte Kriterien erfüllt sein. Von einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage könne nur dann gesprochen werden, wenn diese geeignet seien, Gefährdung und Belästigung bzw. nachteilige Einwirkungen im Sinne von § 74 Abs.2 GewO hervorzurufen. Nunmehr sei jedoch im gegenständlichen Fall bereits eine Messung eines Lärmsachverständigen durchgeführt worden und habe dieser keine Überschreitung der Immissionswerte gegenüber den Nachbarn feststellen können. Aus all diesen Gründen wiederhole der Beschuldigte nochmals seinen mündlichen Berufungsantrag: Der UVS als Berufungsbehörde möge das Straferkenntnis aufheben, in eventu dahingehend abändern, daß gegen den Beschuldigten eine mildere Geldstrafe verhängt werde.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. 4. Gemäß § 14 Abs.1 AVG sind mündliche Anbringen von Beteiligten - hiezu zählt auch die Einbringung einer mündlichen Berufung im Verwaltungsstrafverfahren (§ 24 VStG) - erforderlichenfalls ihrem wesentlichen Inhalt nach in einer Niederschrift festzuhalten. Der VwGH hat in VwSlg 5522 A/1961 hieraus abgeleitet und ausgesprochen, daß aus der Tatsache, daß über eine mündliche Berufungserhebung keine Niederschrift aufgenommen wurde, nur folgt, daß die Behörde ihrer in § 14 AVG festgelegten Aufgabe nicht nachgekommen ist. Auch der VfGH ist der Ansicht, daß die Unterlassung der Behörde, eine Niederschrift über eine mündliche Berufung aufzunehmen, an deren Rechtswirksamkeit nichts ändert (VfSlg. 9289/1981). Um nun festzustellen, ob der Einschreiter tatsächlich mündlich Berufung erhoben hat, bzw. ob die allenfalls mündlich erhobene Berufung von der Behörde pflichtwidrigerweise nicht in einer Niederschrift festgehalten wurde, hat der O.ö. Verwaltungssenat am Sitz der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. eine öffentliche mündliche Verhandlung am 15.6.1998 anberaumt und dazu die Parteien sowie Zeugen geladen und einvernommen. Aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Berufungsverhandlung, insbesondere den Aussagen der Zeugen J J und M H sowie den Angaben des Rechtsmittelwerbers bei der Beschuldigteneinvernahme in Verbindung mit dem vorgelegten Verwaltungsakt ist von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt auszugehen: 5.1. Der Berufungswerber hat das angefochtene Straferkenntnis vom 12.3.1997, Ge96-54-1996, am Donnerstag, den 13. März 1997 erhalten (RSb, Zustellnachweis); auf dem Straferkenntnis scheint ausdrücklich als Bearbeiter Mag. Z auf. Weiters enthält das Straferkenntnis eine dem Gesetz entsprechende Rechtsmittelbelehrung.

Nach Zustellung des Straferkenntnisses hat sich der Einschreiter telefonisch bei Mag. Zöbl beschwert. In weiterer Folge (wahrscheinlich am Montag, 17.3. oder Dienstag, 18.3.) erschien der Einschreiter bei der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I., und zwar im Vorzimmer von Dr. J, bei der dortigen Vorzimmerdame (Frau M H). Dort verlangte der Einschreiter Herrn Dr. J zu sprechen. Daraufhin wurde ihm mitgeteilt, daß dieser nicht anwesend wäre. Nicht mit Sicherheit geklärt werden konnte, ob der Einschreiter zu diesem Zeitpunkt bereits auch mit J J, dessen Zimmer sich neben dem Vorzimmer von Dr. J befindet und dessen Verbindungstür meist offensteht, gesprochen hat. Später (nach Ablauf der Berufungsfrist) ist der Einschreiter bei Herrn Dr. J erschienen, wobei ihm dieser erklärt hat, daß nunmehr das Straferkenntnis rechtskräftig sei.

Aufgrund der Zahlungsaufforderungen vom 3.6. und 26.6.1997 ist der Einschreiter auf der Bezirkshauptmannschaft R bei J J erschienen. Dabei hat er gegenüber J J erklärt, daß er ungerecht bestraft worden sei und ohnedies Dr. J sprechen wollte, diesen aber nie erreichte. Im Zuge dieses Gespräches wurde dann auch der Sachbearbeiter des Straferkenntnisses Mag. Z zugezogen, wobei dieser die Aussage des J J, wonach Berufung schriftlich eingebracht hätte werden müssen, berichtigte. Mit Schriftsatz vom 5.9.1997, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft R am 8.9.1997, hat der Einschreiter behauptet, rechtzeitig mündlich Berufung erhoben zu haben, welcher aber nicht protokolliert worden sei. 5.2. Dies ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie aus den glaubwürdigen Aussagen der Zeugen J J und M H, den Ausführungen des Einschreiters selbst im Zuge der Beschuldigtenvernehmung sowie der Angaben des Vertreters der belangten Behörde Mag. Z. 5.3. Bei der Beweiswürdigung war von folgenden Erwägungen und Umständen auszugehen:

Zunächst ist festzuhalten, daß das Straferkenntnis vom 12.3.1997 eine dem Gesetz entsprechende Rechtsmittelbelehrung enthielt; weiters scheint ausdrücklich als Bearbeiter Mag. Z auf. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich zwar, daß der Einschreiter seit Jahren (Jahrzehnten) mit Dr. J als zuständigen Juristen der Gewerbebehörde zu tun hatte. Wenn nun dieser bei der Vorsprache des Einschreiters nicht anwesend war, so wäre es wohl naheliegend gewesen, daß er sich an den Bearbeiter des Straferkenntnisses, Herrn Mag. Z, wendet, der überdies regelmäßig anwesend war (Verhandlungsprotokoll Seite 4 und Seite 5). Dazu kommt noch, daß die diesbezügliche Niederschrift (Beschuldigtenvernehmung) vom 29.11.1996 ebenfalls bereits von Mag. Z vorgenommen wurde. Es war daher dem Einschreiter jedenfalls zuzumuten, sich primär an Mag. Z betreffend Berufung gegen das Straferkenntnis zu wenden; umso mehr gilt dies dann, wenn der vom Berufungswerber in dieser Sache bevorzugte Jurist nicht erreichbar war und der Einschreiter bereits vorgängigen telefonischen Kontakt mit Mag. Z wegen des Straferkenntnisses hatte. Daß er sich aber bei seiner Vorsprache an Mag. Z gewendet hätte, hat der Einschreiter selbst nie behauptet. In der Verhandlung hat sich sinngemäß ergeben, daß der Einschreiter die Berufung deshalb ausdrücklich bei Dr. J einbringen wollte, um mit ihm die Erfolgschancen vorher abzuklären, bzw. allenfalls die Sache im Wege einer Berufungsvorentscheidung zu entschärfen (arg: "man redet sich schließlich leichter, wenn man jemand kennt; Herr Dr. J kennt ja meinen Fall seit Jahren sehr gut"). Der O.ö. Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß der Einschreiter bei seinem Erscheinen etwa am 17./18. März 1997 primär mit Dr. J sprechen bzw. die Sache abklären lassen wollte und dabei eine - wenn überhaupt - bloße Absichtserklärung, Berufung erheben zu wollen, allgemein geäußert hat, sodaß die anwesenden Behördenorgane (Vorzimmerdame, allenfalls J J) nicht verpflichtet waren, ihn iSd § 13a AVG zu belehren, bzw. seine Äußerungen sofort niederschriftlich festzuhalten, zumal der Einschreiter ausdrücklich (nur) darauf bestand, Herrn Dr. Jungk in dieser Sache zu sprechen. Aufgrund der langjährigen Behördenkontakte, der richtigen Rechtsmittelbelehrung und seinem eigenen Verhalten (nämlich nur Dr. J sprechen zu wollen, weil er offenbar zu dem "neuen" Juristen Mag. Z noch kein entsprechendes Vertrauen hatte oder der Meinung war, bei diesem auf kein Verständnis zu stoßen, insbesondere wegen des vorgängigen Telefonates mit ihm in dieser Sache), kann sich daher der Einschreiter nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der Anleitungspflicht der Behörde nach § 13a AVG berufen. In Zusammenschau und bei Abwägung aller Umstände ist daher der unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, daß der Einschreiter offenbar versucht, nachträglich die rechtzeitige Erhebung einer mündlichen Berufung zu konstruieren, denn ansonsten hätte der Einschreiter schon als er von Dr. J auf den Ablauf der Berufungsfrist hingewiesen worden war ("der Zug sei schon abgefahren", sh. TB-Protokoll S 4, eigene Angabe des Bw bei der Beschuldigtenvernehmung) und weiters anläßlich seines Erscheinens nach Erhalt der Mahnungen bei J J geradezu zwingend darauf hinweisen müssen, daß er bereits mündlich Berufung eingebracht hätte. Dies hat der Einschreiter aber erstmals in seiner Eingabe vom 5.9.1997 behauptet, weshalb ihm hier kein Glauben geschenkt werden konnte.

6. In rechtlicher Hinsicht hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Gemäß § 63 Abs.3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Gemäß § 63 Abs.5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten. Gemäß § 51 Abs. 3 VStG kann die Berufung auch mündlich eingebracht werden. Die Behörde hat die Gründe für die Berufungserhebung in der Niederschrift festzuhalten.

6.2. Aufgrund der oben unter Punkt 4. angeführten Feststellungen ist davon auszugehen, daß innerhalb der Berufungsfrist keine Berufung - auch keine mündliche Berufung - eingebracht worden ist.

6.3. Da somit keine rechtzeitig eingebrachte (mündliche) Berufung vorlag, war die Eingabe (Berufung) des Einschreiters vom 5.9.1997 als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß auf die Sache selbst näher einzugehen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer Beschlagwortung: Mündliche Berufung, nicht protokolliert

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