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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221488/2/Kl/Rd

Linz, 09.06.1998

VwSen-221488/2/Kl/Rd Linz, am 9. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7.8.1997, Ge96-10-1996/Tr/Pö, wegen Verwaltungsübertretungen nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG sowie §§ 366 Abs.1 Z1 und 2 und 1 Abs.2 GewO 1994.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7.8.1997, Ge96-10-1996/Tr/Pö, wurden über den Bw Geldstrafen von 1) 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) und 2) 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden), wegen Verwaltungsübertretungen nach 1) § 366 Abs.1 Z1, § 5 Abs.2 Z1, § 94 Z21 und § 339 Abs.1 GewO 1994 und 2) §§ 366 Abs.1 Z2, 74 Abs.2 Z1 und 2 GewO 1994 verhängt, weil er als zum Tatzeitpunkt verantwortlicher Inhaber des Handelsgewerbes im Standort, am 3.1.1996, wie von Organen des Gendarmeriepostens Pasching anläßlich von Erhebungen um ca. 9.45 Uhr und von Organen der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 25.1.1996 und 11.4.1996 festgestellt wurde, in P, 1) in der dortigen Lager- und Abstellhalle Reparaturarbeiten (Einbau von gebrauchten Türen, Aufsetzen eines gebrauchten Daches, Arbeiten am Frontblech, an der Stoßstange und den Scheinwerfern) an einem unfallbeschädigten PKW, Marke Audi 100, durchgeführt und dadurch das Gewerbe "Kraftfahrzeugtechniker" ausgeübt hat, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben; 2) in der dortigen Lager- und Abstellhalle Reparaturarbeiten an Kraftfahrzeugen (siehe Punkt 1.) unter Zuhilfenahme von verschiedenen Werkzeugen und Maschinen durchgeführt hat, wodurch die Möglichkeit einer Belästigung von Nachbarn (zB O) durch Lärm (lärmintensive Arbeiten, Zu- und Abfahrt von Kunden PKW und Lieferanten, Probeläufe von PKW udgl) sowie die Möglichkeit einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit des Gewerbetreibenden und allfälliger Kunden durch die oa Reparaturarbeiten bzw die dort aufgestellten und verwendeten Maschinen (Hebebühne, Schweißgerät etc.) bestand und somit eine gewerbliche Betriebsanlage (KFZ-Werkstätte) ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben hat.

2. Dagegen wurde Berufung eingebracht, welche mangels eines Zustellnachweises als rechtzeitig eingebracht angesehen wird. Die Berufung wurde damit begründet, daß es unrichtig sei, daß der Bw das Gewerbe des Kraftfahrzeugtechnikers und das Gewerbe des KFZ-Spenglers ausgeübt habe. Ferner habe keine Möglichkeit einer Belästigung von Nachbarn stattgefunden und wurden keine Reparaturen durchgeführt, weswegen keine gewerbliche Betriebsanlage betrieben worden sei. Es wurde die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Weil schon aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der Bescheid aufzuheben war und überdies eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 und 2 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 idF BGBl.Nr. 314/94, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 94 Z19 GewO 1994 zählt das Gewerbe des Kraftfahrzeugtechnikers zu den Handwerken und dürfen Handwerke gemäß § 5 Abs.1 leg.cit. bei Erfüllung der allgemeinen und vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen (Befähigungsnachweis) aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden.

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Es muß sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG beziehen (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren II, zu § 32).

Nach der ständigen Judikatur des VwGH erfordert die oben beschriebene Tatkonkretisierung die Umschreibung der Tätigkeit, die den Gegenstand eines Gewerbes bildet - diesem Erfordernis ist die belangte Behörde auch tatsächlich nachgekommen -, die konkrete Anführung dieses Gewerbes sowie auch Feststellungen über die Ausübung der Tätigkeit wie auch über die Gewerbsmäßigkeit nach § 1 GewO 1994. 4.2.1. Während die belangte Behörde die im Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses näher umschriebenen Reparaturarbeiten an einem unfallbeschädigten PKW als Tätigkeiten im Rahmen des Gewerbes des Kraftfahrzeugtechnikers wertete, hat sie eine entsprechende Zuordnung zu diesem Gewerbe in den innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ergangenen Verfolgungshandlungen (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5.6.1996, 22.4.1996) lediglich hinsichtlich der Tatzeitpunkte 25.1.1996 und 11.4.1996 vorgenommen, während hinsichtlich des Tatzeitpunktes 3.1.1996 eine Zuordnung zum Gewerbe des "Kraftfahrzeugspenglers" vorgenommen und vorgeworfen wurde (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1.2.1996 und Strafverfügung vom 18.1.1996). Hinsichtlich letzteren Tatzeitpunktes ist eine weitere Verfolgungshandlung im Hinblick auf das Gewerbe "Kraftfahrzeugtechniker" nicht ergangen. Wie aber bereits ausgeführt wurde, ist auch die konkrete Anführung des Gewerbes wesentliches Tatbestandselement (Kinscher-Sedlak, GewO, 6. Auflage, S. 864, Anm. 44 mN).

4.2.2. Jedenfalls hat es aber die belangte Behörde hinsichtlich sämtlicher Tatzeitpunkte unterlassen, näher auszuführen, daß die dem Gewerbe "Kraftfahrzeugtechniker" unterliegend gewertete Tätigkeit selbständig, dh, auf eigene Rechnung und Gefahr, regelmäßig und in der Absicht, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeführt wurde. Nach der ständigen Judikatur des VwGH indizieren nämlich die einem bestimmten Gewerbe zugerechneten Arbeiten für sich allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit iSd § 366 Abs.1 Z1 GewO (vgl. zB VwGH vom 24.11.1992, 92/04/0156, vom 10.9.1991, 91/04/0098, vom 28.2.1995, 93/04/0002) (Kinscher-Sedlak, GewO, 6. Auflage, S. 862 f). Dieses essentielle Sprucherfordernis kann auch durch eine entsprechende Bescheidbegründung nicht ersetzt werden. Es wäre daher der belangten Behörde oblegen, im Spruch auch jene Sachverhaltsumstände, die die Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 GewO 1994 ausmachen, konkret vorzuwerfen.

Es genügt daher der Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses diesen Anforderungen nicht, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen war.

4.3. Gemäß § 74 Abs.1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Gemäß § 366 Abs.1 Z2 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt. Wie bereits oben ausgeführt wurde, wurden dem Bw Reparaturarbeiten an Kraftfahrzeugen vorgeworfen, ein Vorwurf der Gewerbsmäßigkeit fehlt jedoch. Weil die Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit - als Voraussetzung für die Annahme einer gewerblichen Betriebsanlage - nicht vorgeworfen wurde, fehlt es daher auch an einer Betriebsanlage iSd § 74 Abs.1 GewO und ist daher auch der diesbezügliche Tatvorwurf mangelhaft. Im übrigen wäre es erforderlich gewesen, neben der Umschreibung der Reparaturarbeiten als "Betreiben der Betriebsanlage" auch die als gewerbliche Betriebsanlage gewertete KFZ-Werkstätte näher darzustellen, um eine Subsumtion unter § 74 Abs.1 und 2 und § 366 Abs.1 Z2 GewO vornehmen zu können. Es war daher auch mangels einer ausreichenden Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist das Straferkenntnis diesbezüglich aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren gemäß § 66 Abs.1 VStG, weil das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war, keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: Gewinnabsicht, wesentliches Spruchelement, Umschreibung der Betriebsanlage

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