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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221505/2/KON/FB

Linz, 09.03.1998

VwSen-221505/2/KON/FB Linz, am 9. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. E H, D, W, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J B und Dr. J H, K, E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. Oktober 1997, Ge96-179-1995/Ew, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich beider Fakten behoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1 Z2 1. Fall VStG.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten in seiner Eigenschaft als gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer der A GmbH es zu verantworten zu haben, daß in S, W 54, von der genannten Gesellschaft am 24.7.1995, wie von Organen der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land anläßlich eines Lokalaugenscheines festgestellt wurde, I. die dortige, ehemalige Betriebsanlage der O.Ö. G GmbH, welche mit einer Reihe datumsmäßig angeführter Bescheide ge-werbebehördlich genehmigt wurde, ohne die hiefür erforderliche gewerbebe-hördliche Genehmigung nach erfolgter Änderung betrieben wurde, indem konsenslos im Tatvorwurf näher umschriebene Änderungen (Erweiterungen) dieser Betriebsanlage vorge-nommen wurden und II. beim Betrieb der Betriebsanlage die Auflagenpunkte des Genehmigungsbe- scheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Ge20-10456-1-1994 vom 30.8.1994, welche im Tatvorwurf angeführt sind, nicht eingehalten bzw erfüllt wurden.

Dadurch habe er folgende Rechtsvorschriften verletzt: zu I.: § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 Abs.1 und § 74 Abs.2 Z1, 2 und 5 GewO 1994. zu II.: § 367 Z25 GewO 1994 iVm dem Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Ge20-10456-1-1994 vom 30.8.1994.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Beschuldigten gemäß § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1994 (zu Punkt I.) bzw § 367 Z25 GewO 1994 (zu Punkt II.) Geldstrafen, im Falle deren Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Die zu Faktum I. verhängte Geldstrafe beträgt 5.000 S, die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden. Zu Faktum II. wurden insgesamt 56 Geldstrafen in der Höhe zwischen 500 S und 1.500 S sowie Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 6 bis 36 Stunden verhängt. Der vom Beschuldigten zu zahlende Gesamtbetrag (Verwaltungsstrafen + Strafkostenbeitrag) beträgt 42.350 S. Hiezu führt die belangte Behörde begründend aus, daß die objektive Tatbestandsmäßigkeit beider Fakten auf Feststellungen der Behörde bei dem am 24.7.1995 stattgefundenen Lokalaugenschein als erwiesen anzusehen sei. Die subjektive Tatseite in bezug auf beide Fakten sei insoferne gegeben, als der Beschuldigte iSd § 5 Abs.1 VStG nicht glaubwürdig dargelegt habe, daß ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretungen kein Verschulden treffe. Die Stellung des Beschuldigten als gewerberechtlicher Geschäftsführer im Sinne der Bestimmungen der §§ 39 Abs.4 und 370 Abs.2 GewO 1994 wird von der belangten Behörde im wesentlichen mit dem Vorliegen folgenden Sachverhalts begründet:

Mit Eingabe vom 19.12.1994 habe die A GmbH, Inhaberin der Gewerbeberechtigung "Umschmelzen von Leichtmetallen in der Form eines Industriebetriebes", die Bestellung des Beschuldigten zum neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer angezeigt. Dieser Anzeige sei unter anderem auch ein Dienstvertrag beigeschlossen worden, in dem festgehalten worden sei, daß der Beschuldigte (Dipl.-Ing. H) bei der genannten Gesellschaft in der Funktion eines Betriebsleiters und gewerberechtlichen Geschäftsführers angestellt werde. Dieser Dienstvertrag, datiert mit 1.12.1994, sei vom Beschuldigten unterfertigt worden und sei der Beschuldigte in der Zeit von 1.12.1994 bis 23.11.1995 bei der O.ö. Gebietskrankenkasse als Arbeitnehmer der Gesellschaft gemeldet gewesen. Aufgrund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen sei die Anzeige der Gewerbeinhaberin (A GmbH) über die Bestellung des Beschuldigten als gewerberechtlichen Geschäftsführer (wirksam ab 13.4.1995) für die Gewerbeberechtigung "Umschmelzen von Leichtmetallen in der Form eines Industriebetriebes" mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22.8.1995 zur Kenntnis genommen worden.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin mit einer auf die Bestimmungen des § 9 VStG gestützten Begründung, seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit bestritten. Er hebt dabei hervor, daß er keine nachweisliche Zustimmung als Beauftragter iSd § 9 Abs.4 VStG erteilt habe, da nach den Feststellungen des angefochtenen Straferkenntnisses seine Arbeitgeberin, die A GmbH, seine Bestellung zum neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer lediglich angezeigt habe und dieser Anzeige lediglich der Dienstvertrag beigeschlossen worden sei. In diesem Dienstvertrag sei festgehalten, daß er in der Funktion eines Betriebsleiters und gewerberechtlichen Geschäftsführers angestellt werde. Da sich die Behörde erster Instanz in dieser Frage lediglich auf den Dienstvertrag stütze, gehe sie von der unzutreffenden Annahme aus, daß hiemit sämtliche gesetzliche Voraussetzungen für eine verwaltungsstrafrechtliche Haftung nach § 9 VStG erfüllt seien. Im Gegenteil sei jedoch davon auszugehen, daß die erforderliche Zustimmung nicht schon aufgrund der Unterfertigung des Dienstvertrages gegeben sei. In diesem Sinne habe auch der Verwaltungsgerichtshof in der Unterfertigung eines Dienstvertrages seitens eines Poliers bei Fehlen einer entsprechenden Konkretisierung keine Zustimmung zur Bestellung als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs.4 erblickt (VwGH vom 14.4.1988, 87/08/0279). Weiters weise er darauf hin, daß er bereits ab Mai 1995 nicht mehr in der Firma A GmbH gearbeitet habe, da ihm seine Gehälter bereits seit April 1995 nicht mehr ausbezahlt worden seien. Aus diesem Grund habe er seiner Arbeitgeberin mit Schreiben vom 20.7.1995 mitgeteilt, daß er erst nach Eingang der noch ausständigen Gehälter wieder an seinem Arbeitsplatz erscheinen werde, was jedoch angesichts der finanziell mißlichen Lage der Arbeitgeberin nicht mehr erfolgt sei. Vielmehr sei das faktisch bereits im Mai 1995 beendete Dienstverhältnis durch Erklärung des Arbeitgebers mit Schreiben vom 23.8.1995 zur Kenntnis genommen worden. Seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit sei daher zum Tatzeitpunkt laut Spruch (24.7.1995) weggefallen, da er bereits zu diesem Zeitpunkt aus der Firma ausgeschieden sei. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei im Hinblick darauf, daß der Gewerbeinhaber unter Strafdrohung verpflichtet sei, die Tatsache des Ausscheidens des Geschäftsführers der Behörde anzuzeigen, zu folgern, daß die Geschäftsführereigenschaft mit dem Ausscheiden - und nicht etwa erst mit der Anzeige des Gewerbeinhabers über das Ausscheiden - ende.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Wenngleich die verwaltungsstrafrechtliche Delegation im Bereich der Gewerbeordnung nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 345 Abs.2 und 39 Abs.2 GewO 1994 erfolgen und nicht nach den Bestimmungen des § 9 VStG - auf letztere wird in der Berufung verwiesen - erweist sich das Bestreiten der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit durch den Beschuldigten im Ergebnis als berechtigt. Dies deshalb, weil, wie die Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde ergab, die Bestellung des Beschuldigten zum gewerberechtlichen Geschäftsführer nicht rechtswirksam erfolgte. Hiezu ist folgendes aufzuzeigen: Die Gewerbeinhaberin (A GmbH) hat mit Eingabe vom 19.12.1994 (ON 2 des erstbehördlichen Aktes) die Bestellung des Beschuldigten zum gewerberechtlichen Geschäftsführer angezeigt. Dieser Anzeige wurden als Belege eine Kopie des Dienstvertrages, abgeschlossen zwischen Dipl.-Ing. E H als Arbeitnehmer und der A GmbH als Arbeitgeber, beigeschlossen. Der Dienstvertrag ist datiert mit 1.12.1994. In diesem Dienstvertrag wird in dem mit Tätigkeit und Aufgabengebiet überschriebenen § 1 festgelegt wie folgt: "Der Angestellte wird beim Dienstgeber in der Funktion eines Betriebsleiters und gewerberechtlichen Geschäftsführers angestellt." Aufzuzeigen ist, daß dem Dienstvertrag kein Hinweis darüber zu entnehmen ist, daß der Beschuldigte in seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer der bestellenden Gewerbeinhaberin für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde (§ 333) gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist (§ 39 Abs.1 GewO 1994). Ebensowenig enthält der Dienstvertrag einen Hinweis dazu, daß es sich bei der Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer um einen solchen im Sinne der einschlägigen Bestimmungen der §§ 39 und 370 Abs.2 leg.cit. handelt.

Gemäß § 345 Abs.7 GewO 1994 sind den Anzeigen gemäß Abs.1 bis 6 die zum Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen für die Maßnahme oder Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, erforderlichen Belege anzuschließen; § 340 Abs.2 gilt sinngemäß. Zu den bei der Anzeige über die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers vorzulegenden Belege gehört unter anderem auch die Erklärung über das Nichtvorliegen von Gewerbeausschließungsgründen, welche von dem in Aussicht genommenen Geschäftsführer zu erstatten ist (siehe hiezu Kinscher-Sedlack, Gewerbeordnung, Manzsche Sonderausgabe 15, Seite 965, II/2.12, unter Hinweis auf Durchführungserlaß zur Gewerbeordnung). Aufzuzeigen ist, daß die Anzeige der Bestellung eines Geschäftsführers (§ 39 Abs.4) rechtsbegründend (konstitutiv) wirkt (VwGH vom 28.6.1988, 87/04/0063). Aufzuzeigen ist weiters, daß aufgrund des konstitutiven Charakters der Anzeige, das Fehlen der beizubringenden Belege - so auch der Erklärung über das Nichtvorliegen von Gewerbeausschließungsgründen - nicht als bloßes Formgebrechen iSd § 13 Abs.3 AVG angesehen werden kann (VwGH vom 28.6.1988, 87/04/0063). Dem vorliegenden Verfahrensakt ist auch nicht zu entnehmen, daß der Beleg, betreffend das Nichtvorliegen von Gewerbeausschließungsgründen noch vor dem Tatzeitpunkt 24.7.1995 von der Gewerbeinhaberin im Nachhang beigebracht worden ist. Vielmehr ist dieser Beleg, wie von der belangten Behörde im Wege telefonischer Rückfrage in Erfahrung gebracht wurde, auch bislang nie nachgereicht worden. Dies hat zur Folge, daß die erfolgte Anzeige der Gewerbeinhaberin betreffend die Bestellung des Beschuldigten zum gewerberechtlichen Geschäftsführer, mangels Erklärung über das Nichtvorliegen von Gewerbeausschließungsgründen, keine konstitutive Wirkung entfachte, sodaß eine rechtswirksame Bestellung des Beschuldigten zum gewerberechtlichen Geschäftsführer als unterblieben anzusehen ist. Die Bestellung ist aber nicht nur aufgrund des fehlenden Beleges über das Nichtvorliegen von Gewerbeausschließungsgründen rechtsunwirksam geblieben, sondern darüber hinaus auch aufgrund der Bestimmungen des Durchführungserlasses des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Gewerberechtsnovelle 1988, GZ: 32.831/86-III/1/88. In diesen wird gefordert, daß anläßlich des Verfahrens betreffend die Bestellung eines Geschäftsführers von der Gewerbebehörde auf einer Erklärung des Gewerbetreibenden und des in Aussicht genommenen Geschäftsführers zu bestehen ist, aus welcher hervorgeht, daß zwischen den beiden kein Ausschluß der gemäß § 39 Abs.1 leg.cit. geforderten Verantwortlichkeit des Geschäftsführers vereinbart wurde. Das Vorliegen einer solchen Erklärung wurde im übrigen auch von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, beispielsweise im Erkenntnis vom 28.4.1992, 92/04/0004, gefordert. Eine solche Erklärung ist im Zuge des Anzeigeverfahrens betreffend die Bestellung des Beschuldigten zum gewerberechtlichen Geschäftsführer ebenfalls unterblieben und stellt dies einen weiteren, die Rechtsunwirksamkeit der Bestellung bewirkenden Grund dar. Daran ändert auch nichts der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als Gewerbebehörde vom 22.8.1995, Ge10-12-403-3-1995/Aih/Wil, betreffend die Kenntnisnahme der Anzeige der Gewerbeinhaberin über die Bestellung des Beschuldigten zum gewerberechtlichen Geschäftsführer. Dies deshalb, weil dieser Bescheid nur rechtsbezeugender Natur ist und sohin mangels Konstitutivwirkung keine Rechtslage zu schaffen vermag. Andererseits war der unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsinstanz wiederum dazu verhalten, das Bestreiten der strafrechtlichen Verantwortlichkeit durch den Berufungswerber auf seine materielle Richtigkeit hin zu prüfen. Da diese Prüfung, wie oben dargelegt ergab, daß eine rechtswirksame Bestellung des beschuldigten gewerberechtlichen Geschäftsführers mangels Konstitutivwirkung der entsprechenden Anzeige unterblieben ist, kommen die Bestimmungen des § 370 Abs.2 GewO 1994 gegenüber dem Beschuldigten nicht zum Tragen, weshalb in weiterer Folge wie im Spruch zu entscheiden war. Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h Beschlagwortung: Anzeige der Geschäftsführerbestellung konstitutiv aber nur rechtswirksam, wenn vollständig durch Anschluß aller erforderlichen Belege gemäß DfE und Erkennbarer Übertretungsgrund der Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers.

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