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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221555/2/KON/Pr

Linz, 12.11.1998

VwSen-221555/2/KON/Pr Linz, am 12. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn S. G., vertreten durch RA Dr. M. L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 6.5.1998, Zl.Ge96-3-1998-Gra, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1, Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuldspruch:

"Der Beschuldigte, Herr G. S., hat sich, wie anläßlich einer Kontrolle durch die Gendarmerie Pregarten festgestellt wurde, am 8. November 1997 bis 04.45 Uhr, somit bis 45 Minuten nach der Sperrstunde im Gastgewerbebetrieb "B." (Betriebsart "Bar" mit einer Sperrstunde um 04.00 Uhr) aufgehalten, und diesen Betrieb trotz Aufforderung durch Herrn P. bzw. durch die Gendarmeriebeamten nicht um spätestens 04.00 Uhr verlassen, obwohl Gäste den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen haben.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 152 Abs. 3 in Verbindung mit § 368 Ziffer 9 der GewO. 1994, BGBl.Nr. 194/1994, i.d.g.F.;" In der Begründung ihres Bescheides hält die belangte Behörde betreffend den rechtlich relevanten Sachverhalt folgendes fest:

Laut Gendarmerieangaben, welchen ein nicht anzuzweifelnder Wahrheitsgehalt beigemessen werde, sei der Beschuldigte am 8.11.1997 um 04.45 Uhr, somit 45 Minuten nach Eintritt der mit 04.00 Uhr festgelegten Sperrstunde, zweimal von den Gendarmeriebeamten aufgefordert worden, das Lokal zu verlassen. Da er sich aber geweigert habe, den Aufforderungen nachzukommen und auch nicht bereit gewesen wäre, eine Organstrafverfügung zu zahlen sei vom GPK Anzeige erstattet worden. Auch wenn der Beschuldigte in seinen Rechtfertigungsangaben angebe, das Lokal nach Eintreffen der Gendarmerie freiwillig verlassen zu haben, so hätte er in diesem Fall ebenso eine Übertretung der GewO 1994 begangen, da er das Lokal bis zur vorgeschriebenen Sperrzeit um 04.00 Uhr hätte verlassen müssen. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht:

Die Rechtsansicht der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, wonach er sich gemäß § 152 GewO schon allein dadurch strafbar gemacht hätte, daß er sich im Lokal "B." noch nach 04.00 Uhr aufgehalten habe, sei unrichtig. In § 152 Abs.3 GewO werde unter anderem normiert, daß der Gastgewerbetreibende die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen hat und diese den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen haben. Aus dieser Gesetzesstelle könne nicht der Schluß gezogen werden, daß die Gäste von sich aus darauf zu achten hätten, ein Lokal bis zur Sperrstunde zu verlassen, sondern, daß sie dazu erst nach Aufforderung durch den Gastwirt verpflichtet seien. Selbst wenn man die Gesetzesstelle dahingehend auslegen würde, daß ein Gast von sich aus zur Sperrstunde ein Lokal verlassen müsse, so könnte ihm seine dann bestehende Rechtsunkenntnis nicht vorgeworfen werden, zumal die behauptete Rechtslage dem Gesetz keineswegs klar und deutlich zu entnehmen sei.

Am 8.11.1997 sei er im Lokal "B." nicht vor Eintritt der Sperrstunde um 04.00 Uhr zum Verlassen des Lokales aufgefordert worden. Erst nachdem die Gendarmeriebeamten um ca. 04.30 Uhr gekommen seien, habe der Kellner die Gäste aufgefordert, auszutrinken und das Lokal zu verlassen. Nachdem er dieser Aufforderung nachgekommen sei, habe er keine Verwaltungsübertretung begangen. In Entscheidung über die vorliegende Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 368 Z9 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, wer die Bestimmungen des § 152 oder der aufgrund des § 152 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält.

Gemäß § 152 Abs.3 leg.cit. hat der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den nach Abs.1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Der Gastgewerbetreibende hat die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

Gemäß § 44 a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird.

Diesem Erfordernis entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aus folgenden Gründen nicht:

Die gemäß § 152 Abs.3 leg.cit. den Gast treffende Verpflichtung, das Lokal bei Eintritt der Sperrstunde zu verlassen, ist von der Strafsanktion des § 368 Z9 leg.cit. nur dann erfaßt, wenn er vom Gastgewerbetreibenden rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam gemacht wird. Das rechtzeitige Aufmerksammachen des Gastes auf den bevorstehenden Eintritt der Sperrstunde durch den Gastgewerbetreibenden bildet sohin ein wesentliches Element des objektiven Straftatbestandes gemäß § 368 Z9 leg.cit., welches aber in der Tatumschreibung laut Schuldspruch nicht aufscheint. Dieser Mangel der Tatumschreibung bewirkt, daß das Verhalten des Beschuldigten nicht unter den Straftatbestand des § 368 Z9 leg.cit. subsumiert werden kann. Darüber hinaus ist dem Tatvorwurf lt. Schuldspruch auch nicht zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt, nämlich vor oder nach Eintritt der Sperrstunde um 04.00 Uhr, der Beschuldigte vom Gastgewerbetreibenden P. allenfalls aufgefordert worden wäre, das Lokal zu verlassen. Nach dem Wortlaut des Tatvorwurfes mit der Formulierung ".... Herr P. beziehungsweise die Gendarmeriebeamten" ist unklar, wer den Beschuldigten (der Gastgewerbetreibende oder die Gendarmeriebeamten) zum Verlassen des Lokals aufforderten.

Eine Sanierung des Schuldspruches durch die Berufungsbehörde war insoferne nicht mehr möglich, da bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses Verfolgungsverjährung eingetreten war.

Unabhängig von den aufgezeigten und zur Behebung führender Spruchmängeln ist festzuhalten, daß auch aus der Aktenlage nicht entnommen werden kann, ob der Gastgewerbetreibende P. den Beschuldigten auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam gemacht hat oder nicht. Nach der Gendarmerieanzeige hätte zwar Pläp gegenüber den Gendarmeriebeamten auf Befragen angegeben, um 04.00 Uhr die Sperrstunde ausgerufen zu haben, jedoch wird in der Anzeige auch festgehalten, daß die Angaben P. von den Gästen nicht bestätigt worden wären.

Darüber hinaus würde auch der in der Begründung angeführte Umstand, daß sich der Beschuldigte um 04.45 Uhr geweigert habe der Aufforderung der Gendarmerie das Lokal zu verlassen nachzukommen, nicht den Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllen. Dies auch im Hinblick darauf, daß die Gendarmerie im Zuge einer Sektorenstreife - sohin aus eigenem - und nicht über Ruf des Gastgewerbetreibenden rund 45 Minuten nach Eintritt der Sperrzeit eingeschritten ist.

Das von der belangten Behörde in der Begründung ihres Straferkenntnisses fest gestellte Verhalten des Beschuldigten wäre allenfalls nach anderen Verwaltungsvorschriften (SPG) zu ahnden gewesen.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden:

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses entfällt die Vorschreibung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge an den Beschuldigten (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h Beschlagwortung: rechtzeitiges Aufmerksammachen auf den Eintritt der Sperrstunde ist Merkmal des objektiven Tatbestandes der Verwaltungsübertretung gemäß § 368 Z9 GewO

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