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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221618/2/Kl/Rd

Linz, 16.05.2000

VwSen-221618/2/Kl/Rd Linz, am 16. Mai 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des R, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis (Faktum 1 und 3) des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 25.3.1999, GZ: 502-32/Sta/209/98e sowie 502-32/Sta/82, 116, 163/98, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 25.3.1999, GZ wie oben, wurden über den Bw zu den Fakten 1 und 3 eine Geldstrafe von 1) 6.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Stunden, und 3) 3.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden, jeweils wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 verhängt, weil er als gemäß § 370 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der L Gastronomie- und Handels GesmbH mit dem Sitz in Linz, H, welche Betreiberin des Lokals "A" sowie der ua Betriebsanlage im Standort Linz, H, ist, zu vertreten hat, dass im oa Standort 1) in der Zeit von 29.5.1998 bis 8.6.1998 und 3) am 1.8.1998 eine gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich ein straßenseitiger Schanigarten vor dem oa Lokal betrieben wurde, indem sich

1a) im oa Gastgarten - bestehend aus 4 Tischen mit je 6 Sesseln sowie 3 Stehpulten - am 29.5.1998 um 23.10 Uhr ca. 20 Gäste aufhielten, welche Getränke konsumierten,

b) im oa Gastgarten - bestehend aus 4 Tischen mit 20 Sesseln sowie 2 Stehpulten - am 8.6.1998 um 00.13 Uhr 20 Gäste aufhielten, welche Getränke konsumierten,

3) im oa Gastgarten - bestehend aus 4 Tischen mit Bestuhlung sowie 4 Stehpulten mit Barhockern - am 1.8.1998 um 23.18 Uhr noch 15 Gäste aufhielten, welche Getränke konsumierten, ohne dass die hiefür erforderliche rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen wäre, obwohl diese Betriebsanlage (Gastgarten) geeignet ist, Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

(Anm: Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4.9.1997, GZ 501/W9700988B, wurde der ggst. Gastgarten lediglich mit einer Betriebszeit von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September bis 23.00 Uhr, genehmigt).

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin unrichtige rechtliche Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige Strafbemessung geltend gemacht. Begründend wurde ausgeführt, dass für die gegenständliche Betriebsanlage ein Betriebsanlagengenehmigungsbescheid (rechtskräftig) vorliegt und daher die Änderung der angeführten Betriebszeiten eine Änderung der Betriebsanlagengenehmigung iSd § 81 GewO darstellt. Der Tatvorwurf muss hingegen schon dem Täter erkennen lassen, ob ihm der genehmigungslose Betrieb einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage oder aber der Betrieb einer geänderten Betriebsanlage ohne Änderungsgenehmigung zum Vorwurf gemacht wird. Diesen Erfordernissen wird im Spruch des Straferkenntnisses nicht nachgekommen. Darüber hinaus sei die Strafe zu hoch bemessen und das Verschulden unrichtig beurteilt. Zum Faktum 1 wurde auch angeführt, dass eine höhere als die in der Strafverfügung vom 24.6.1998 verhängte Geldstrafe gemäß § 49 Abs.2 VStG rechtswidrig sei.

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt.

Hinsichtlich des Faktums 2 ist wegen der Höhe der verhängten Geldstrafe eine Kammer des Oö. Verwaltungssenates zuständig und ergeht eine diesbezügliche Entscheidung gesondert.

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer

2) eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt;

3) eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach Änderung betreibt (§ 81).

4.2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 4.9.1997, GZ 501/W9700988B, wurde der Firma L Gastronomie- und Handels GesmbH die Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage in folgendem Umfang erteilt:

"Erweiterung des Schanigartens auf öffentlichem Grund um weitere 6,10 m in Richtung Haus H bis zum Eingang der Galerie F bei Freilassung des Einganges zum Hause H bestehend aus fünf Tischen mit je vier Sesseln und den Gesamtabmessungen von 10,80 m x 2,00 m, der in der Zeit von 8.00 bis 22.00 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September bis 23.00 Uhr betrieben werden darf".

Gemäß der im Akt vorliegenden Anzeigen steht fest, dass sowohl im Zeitraum vom 29.5.1998 bis 8.6.1998 als auch am 1.8.1998, sich nach dem bescheidmäßig festgesetzten Betriebszeitende noch Gäste im Schanigarten befanden, welche Getränke konsumierten und noch bewirtet wurden. Diese Tatsachen wurden vom Bw nicht bestritten.

Die tägliche Betriebszeit in Gastgärten bis 22.00 Uhr bzw 23.00 Uhr wird bereits durch § 148 Abs.1 GewO 1994 garantiert. Ein dem § 148 Abs.1 unterliegender Gastgartenbetrieb ist unter den Voraussetzungen des § 74 genehmigungspflichtig und daher gemäß § 77 Abs.1 erforderlichenfalls, wenn auch nicht hinsichtlich der durch § 148 Abs.1 festgelegten Betriebszeiten - unter Auflagen zu genehmigen (VwGH vom 27.5.1997, 96/04/0243). Begehrt ein Gastgewerbetreibender ein späteres tägliches Ende als in § 148 Abs.1 festgelegt ist, so ist bezüglich des überschreitenden Zeitraumes ein Genehmigungsverfahren auch hinsichtlich der Immissionsart Lärm durchzuführen.

Gegenstand der obzit. Betriebsanlagengenehmigung ist ua der Betrieb des näher umschriebenen Gastgartens in der Zeit von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr, von 15. Juni bis einschließlich 15. September bis 23.00 Uhr. Wenn daher in dieser Betriebsanlage tatsächlich nach 22.00 Uhr Gastgartenbetrieb stattfindet, so handelt es sich dabei um eine Änderung dieser Betriebsanlagen, die nach der Bestimmung des § 81 Abs.1 GewO einer Genehmigung darf, wenn die Möglichkeit besteht, dass dadurch die im § 74 Abs.2 Z1 bis 5 umschriebenen Interessen verletzt werden können. Liegt keine Genehmigung vor, stellt dies allerdings eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO dar (vgl. VwGH vom 26.5.1998, 97/04/0245). Es hat daher der Bw die ihm mit dem angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfene Verwaltungsübertretung (Betrieb einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne Betriebsanlagengenehmigung) nicht begangen. Es war daher aus diesem Grunde der Berufung Erfolg beschieden, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Ergänzend wird ausgeführt, dass nach der Judikatur des VwGH mit Rücksicht auf die Lage der Betriebsanlage im geschlossenen Ortsgebiet bei einer Ausdehnung der Betriebszeit über 22.00 Uhr hinaus nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass die Nachbarn nicht zumindest iSd § 74 Abs.2 Z2 GewO belästigt würden. Bei dieser Sachlage bedeutet aber eine Ausdehnung der Betriebszeit weit über 22.00 Uhr hinaus, dass die Betriebsanlage damit den Charakter einer solchen nach § 359b Abs.1 Z2 GewO 1994 verliert und damit eine derartige Änderung einer Genehmigung iSd § 81 Abs.1 leg.cit. bedarf (VwGH vom 28.1.1997, 96/04/0186; unter Berücksichtigung der Gewerberechtsnovelle 1997 auch Grabler-Stolzlechner-Wendl, Gewerbeordnung, Springer Verlag, RZ 9, 20, 21, 25 und 46 zu § 359b).

Sinngemäß gilt dies auch bei einer Sonderregelung gemäß § 148 Abs.2 GewO durch Verordnung des Landeshauptmannes.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Gastgarten, Betriebszeitüberschreitung, Änderung der Betriebsanlage

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